Arbeitsrecht

Befristung – Schriftform

Aktenzeichen  7 AZR 756/14

Datum:
14.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2016:141216.U.7AZR756.14.0
Normen:
§ 14 Abs 4 TzBfG
§ 125 S 1 BGB
§ 126 Abs 1 BGB
§ 126 Abs 2 S 2 BGB
§ 16 S 1 TzBfG
Spruchkörper:
7. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Dresden, 9. Oktober 2013, Az: 3 Ca 4187/12, Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 10. Juli 2014, Az: 9 Sa 684/13, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Juli 2014 – 9 Sa 684/13 – aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2013 – 3 Ca 4187/12 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des 31. Januar 2013 geendet hat.
2
Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und Promotion im Fachbereich Soziologie. Er wurde vom beklagten Freistaat zunächst in der Zeit vom 1. April 2012 bis zum 30. September 2012 auf der Grundlage von zwei befristeten Arbeitsverträgen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Philosophischen Fakultät der Universität D beschäftigt. Nachdem der Vorgesetzte des Kläger dessen Weiterbeschäftigung beantragt hatte, übersandte das Dezernat Personal dem Kläger einen auf den 23. August 2012 datierten Dienstvertrag in zweifacher Ausfertigung, der für beide Vertragsparteien Unterschriftsfelder vorsah und zu diesem Zeitpunkt seitens des Beklagten noch nicht unterzeichnet war. Dieser Vertrag enthält in § 1 ua. folgende Regelung:
        
„DIENSTVERTRAG
        
nach § 21 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes
        
…       
        
Herr Dr. N wird für die Zeit vom 01.10.2012 bis einschließlich 31.01.2013 als Vollbeschäftigter befristet nach § 21 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der jeweils geltenden Fassung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne des § 71 SächsHSG zur Vertretung während der Elternzeit von Frau Dr. P an der Universität D weiterbeschäftigt.
        
Das Dienstverhältnis endet automatisch, ohne dass es insoweit einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 31.01.2013. Einer Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus wird ausdrücklich widersprochen.
        
…“    
3
In dem Begleitschreiben wurde der Kläger gebeten, die Ausfertigungen des vorgesehenen Vertrags umgehend unterschrieben zurückzuschicken. Nach Unterzeichnung des Vertrags durch den Arbeitgeber werde er ein Exemplar des Vertrags per Hauspost erhalten.
4
Der Kläger setzte seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Philosophischen Fakultät der Universität D ab dem 1. Oktober 2012 fort, ohne zuvor ein vom Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten zu haben. Ein solches ging ihm erst am 8. Oktober 2012 zu.
5
Der Kläger hat sich mit seiner am 18. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 3. Januar 2013 zugestellten Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 31. Januar 2013 gewandt. Er hat geltend gemacht, die Befristungsabrede sei unwirksam, da die erforderliche Schriftform nicht gewahrt sei. Der Arbeitsvertrag sei schon Anfang September 2012 geschlossen worden. Die Vorlage des nicht unterzeichneten Vertragsdokuments sei unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Antrags seines Vorgesetzten als Vertragsangebot des Beklagten zu verstehen. Dieses Angebot habe er durch Übersendung der unterzeichneten Urkunde an den Beklagten Anfang September 2012 angenommen. Jedenfalls sei der Arbeitsvertrag am 1. Oktober 2012 dadurch zustande gekommen, dass er seine Tätigkeit im Einverständnis mit dem Beklagten fortgesetzt habe. Der Beklagte habe den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht von der Wahrung der Schriftform abhängig gemacht.
6
Der Kläger hat beantragt
        
1.    
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 23. August 2012 mit Ablauf des 31. Januar 2013 beendet worden ist,
        
2.    
den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über den 31. Januar 2013 hinaus zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter iSd. § 71 SächsHSG weiterzubeschäftigen.
7
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede genüge dem Schriftformerfordernis, da die Personalsachbearbeiterin A den Dienstvertrag am 27. September 2012 unterzeichnet habe. Ein Zugang der beiderseits unterzeichneten Vertragsausfertigung beim Kläger vor Vertragsbeginn sei zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. Außerdem habe der Kläger durch die Aufnahme seiner Tätigkeit auf den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung verzichtet. Andernfalls hätte in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum Zugang der unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger am 8. Oktober 2012 nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Der Arbeitsvertrag sei nicht konkludent durch die Fortsetzung der Tätigkeit zustande gekommen, weil der Abschluss des Arbeitsvertrags durch die im Vertrag enthaltenen Unterschriftsfelder und das Begleitschreiben für beide Seiten erkennbar unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt worden sei. Von der Aufnahme der Tätigkeit habe kein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter des Beklagten Kenntnis gehabt. Jedenfalls sei es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Befristungsabrede zu berufen.
8
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

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