Aktenzeichen 7 AZR 142/15
§ 125 S 1 BGB
§ 126 Abs 1 BGB
§ 126 Abs 2 S 2 BGB
§ 16 S 1 TzBfG
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Dresden, 11. Februar 2014, Az: 9 Ca 2678/13, Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 6. November 2014, Az: 9 Sa 149/14, Urteil
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 6. November 2014 – 9 Sa 149/14 – aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 11. Februar 2014 – 9 Ca 2678/13 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des 30. September 2013 geendet hat.
2
Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung als Magister Artium in den Fächern Germanistische Sprachwissenschaft, Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Er wurde zunächst in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. März 2013 befristet als wissenschaftliche Hilfskraft an der Philosophischen Fakultät der Universität D beschäftigt. Mitte April 2013 wurde der Kläger gebeten, sich in die Verwaltung der Universität D zu begeben. Dort legte die Personalsachbearbeiterin W dem Kläger am 26. April 2013 einen auf den 18. April 2013 datierten Dienstvertrag in zweifacher Ausfertigung vor, der für beide Vertragsparteien Unterschriftsfelder vorsah und zu diesem Zeitpunkt seitens des Beklagten noch nicht unterzeichnet war. Dieser Vertrag enthält in § 1 ua. folgende Regelungen:
„§ 1
Herr H wird für die Zeit vom 01.05.2013 bis einschließlich 30.09.2013 befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne des § 71 SächsHSFG als Vollbeschäftigter an der Universität D weiterbeschäftigt.
Die befristete Weiterbeschäftigung erfolgt gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG).
…
Das Dienstverhältnis endet automatisch, ohne dass es insoweit einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 30.09.2013. Einer Weiterbeschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus wird ausdrücklich widersprochen.
…“
3
Der Kläger unterzeichnete beide Ausfertigungen des Dienstvertrags und gab sie der Personalsachbearbeiterin W am gleichen Tag zurück. Der Kläger nahm am 2. Mai 2013 seine Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Philosophischen Fakultät der Universität D auf, ohne zuvor ein vom Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten zu haben. Ein solches ging ihm erst am 16. Mai 2013 zu.
4
Der Kläger hat sich mit seiner am 28. August 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 6. September 2013 zugestellten Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. September 2013 gewandt. Er hat geltend gemacht, die Befristungsabrede sei unwirksam, da die erforderliche Schriftform nicht gewahrt sei. Der Arbeitsvertrag sei schon am 26. April 2013 geschlossen worden. Die Vorlage des nicht unterzeichneten Vertragsdokuments sei als Angebot des Beklagten auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu verstehen, da dieser Vorlage der Antrag seines Vorgesetzten vorausgegangen sei, ihm – dem Kläger – den Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags anzubieten. Dieses Vertragsangebot habe er durch Unterzeichnung der Urkunde am 26. April 2013 angenommen. Jedenfalls sei der Arbeitsvertrag am 2. Mai 2013 dadurch zustande gekommen, dass er seine Tätigkeit im Einverständnis mit dem Beklagten fortgesetzt habe. Der Beklagte habe den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht von der Wahrung der Schriftform abhängig gemacht.
5
Der Kläger hat beantragt
1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit Datum vom 18. April 2013 mit Ablauf des 30. September 2013 beendet wurde,
2.
den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter iSd. § 71 SächsHSG weiterzubeschäftigen.
6
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede genüge dem Schriftformerfordernis, da die Personalsachbearbeiterin A den Dienstvertrag noch vor dem 2. Mai 2013 unterzeichnet habe. Ein Zugang der beiderseits unterzeichneten Vertragsausfertigung beim Kläger vor Vertragsbeginn sei zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. Außerdem habe der Kläger durch die Aufnahme seiner Tätigkeit auf den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung verzichtet. Andernfalls hätte in der Zeit vom 2. Mai 2013 bis zum Zugang der unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger am 16. Mai 2013 nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Der Arbeitsvertrag sei nicht konkludent durch die Fortsetzung der Tätigkeit zustande gekommen, weil der Abschluss des Arbeitsvertrags durch die im Vertrag enthaltenen Unterschriftsfelder und die Erklärung der Frau W bei Vertragsunterzeichnung am 26. April 2013, nach Unterzeichnung durch den Arbeitgeber werde dem Kläger ein beiderseits unterzeichnetes Exemplar per Hauspost übermittelt, für beide Seiten erkennbar unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt worden sei. Von der Aufnahme der Tätigkeit habe kein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter des Beklagten Kenntnis gehabt. Jedenfalls sei es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Befristungsabrede zu berufen.
7
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.