Aktenzeichen 3 AZR 437/18
§ 10 S 3 Nr 4 AGG
§ 10 S 1 AGG
§ 10 S 2 AGG
§ 5 Abs 2 S 2 Alt 2 BetrAVG
§ 313 Abs 1 BGB
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Düsseldorf, 15. Februar 2017, Az: 12 Ca 7819/15, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 6. Juli 2018, Az: 6 Sa 444/17, Urteil
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Juli 2018 – 6 Sa 444/17 – wird hinsichtlich der Anträge zu 2. und 3. sowie 5. und 6. zurückgewiesen.
Auf die Revisionen der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Übrigen teilweise aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrentenansprüche.
2
Der im Oktober 1951 geborene Kläger wurde zum 1. Januar 1979 von der Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen GmbH (im Folgenden LEG NRW) eingestellt. Die LEG NRW war im Jahr 1970 aus einem Zusammenschluss der W-L H GmbH (im Folgenden WLH) mit drei weiteren Unternehmen hervorgegangen. Im Rahmen einer Aufspaltung ging das Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2004 auf die LEG GmbH und von dieser am 25. September 2009 auf die Beklagte über.
3
Bei der WLH gab es Richtlinien für eine betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Daneben bestand eine Betriebsvereinbarung vom 17. Juli 1969 (BV 1969), die unter Ziff. IV. Regelungen zu einer „Zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ beinhaltete. Darin war vorgesehen, dass der Arbeitgeber zu 2/3 Beiträge für eine Höherversicherung zur Rentenversicherung zu übernehmen habe. Durch Betriebsvereinbarung vom 28. April 1970 (BV 1970) wurde die BV 1969 wie folgt geändert:
„1.
…
2.
Nach Abschnitt III wird folgender Abschnitt IV eingefügt:
IV.
Zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
(1)
Eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt im Rahmen
a)
der betrieblichen Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung,
b)
der Höherversicherung (Abschnitt IV a).
(2)
Die betrieblichen Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind – unabhängig von der Gültigkeit dieser Betriebsvereinbarung – jederzeit widerruflich, die danach gewährten Leistungen freiwillig.
3.
Der bisherige Abschnitt IV wird Abschnitt IV a und erhält die Überschrift ‚Höherversicherung‘.“
4
Mit einem an „alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ gerichteten Schreiben vom 4. Dezember 1970 gab die LEG NRW bekannt, dass aufgrund eines Vorstandsbeschlusses die Richtlinien der WLH für alle Mitarbeiter der LEG NRW gelten sollten. Hinsichtlich der Höherversicherungspflicht sollte zu gegebener Zeit eine Entscheidung getroffen werden. Die „Richtlinien“ unter der Überschrift „Landesentwicklungsgesellschaft …“ (im Folgenden Richtlinie) haben folgenden Inhalt:
„Richtlinien
zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung
I.
Die Heimstätte gewährt ihren Bediensteten eine betriebliche Ausgleichsbeihilfe, soweit diese zur Erreichung einer entsprechend den bei ihr oder ihren Tochtergesellschaften abgeleisteten vollen Dienstjahren prozentual gestaffelten Gesamtversorgung erforderlich ist. …
II.
Die betriebliche Ausgleichsbeihilfe … setzt voraus, daß die vorgesehene Mindestwartezeit von 10 Jahren im Dienst der Heimstätte von Beginn des 31. Lebensjahres ab erfüllt ist und das Arbeitsverhältnis zur Heimstätte bis zum Eintritt des Versorgungsfalles noch bestanden hat. …
III.
Die Gesamtversorgung umfaßt:
1. Bedienstetenversorgung
…
IV.
Die Bedienstetenversorgung errechnet sich nach Ableistung von 10 Dienstjahren (Wartezeit) aus
35 %
und steigt in den nächsten vollen 15 Dienstjahren jährlich um je
2 %
und vom 26. Dienstjahr ab für jedes volle Dienstjahr um je
1 %
bis zum Höchstsatz von
75 %
der zuletzt bezogenen tariflichen Bezüge, bestehend aus Tarifgehalt, Haushaltszulage und ggf. Kinderzulage. Sonstige tarifliche und außertarifliche Zulagen werden bei der Ermittlung der Bedienstetenversorgung nicht berücksichtigt. Die Bedienstetenversorgung darf jedoch die vor Eintritt des Versorgungsfalles zuletzt erreichten Nettobezüge nicht überschreiten.
Im Falle eines außertariflichen Gehaltes wird das Tarifgehalt der für die sonstigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis geltenden Vergleichsgruppe zugrunde gelegt. Allgemeine Tarifänderungen nach Eintritt des Versorgungsfalles werden berücksichtigt.
Als Dienstjahre im Sinne dieser Richtlinien zählen nur Dienstjahre … vom Beginn des 31. Lebensjahres an. …
Bestandteile der Bedienstetenversorgung sind:
a) Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, einschl. Höherversicherung;
…
c) angesammelte Kapitalbeträge bei Versicherungen, Banken oder Sparkassen, zu deren Ansammlung die Heimstätte beigetragen hat;
…
e) andere Bezüge, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit bei der Heimstätte vor Eintritt des Versorgungsfalles stehen.
Hierzu gewährt die Heimstätte
f) eine betriebliche Ausgleichsbeihilfe als Differenzbetrag zwischen den Beträgen a) bis e) und der Bedienstetenversorgung.
Kürzungen der unter a) bis e) aufgeführten Bestandteile der Bedienstetenversorgung bedingen eine Erhöhung der betrieblichen Ausgleichsbeihilfe, Erhöhungen dieser Bestandteile bedingen eine Minderung der betrieblichen Ausgleichsbeihilfe vom jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung ab ohne Rücksicht auf ihre Begründung.
Die unter a) bis e) aufgeführten Bestandteile der Bedienstetenversorgung werden auf die Gesamtversorgung angerechnet
zu a)
in voller Höhe.
… Bedienstete, die von der Möglichkeit zur Befreiung von der Höherversicherungspflicht Gebrauch gemacht haben, werden so behandelt, als hätten sie an der Höherversicherung teilgenommen; die Gegenwerte der nicht entrichteten Beiträge zur Höherversicherung werden angerechnet.
…
zu c)
in der Weise, als wären für den Gegenwert der geleisteten Beiträge im Zeitpunkt ihres Anfallens Beiträge zur Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet worden. Ausnahmsweise werden Kapitalzahlungen aufgrund von Versicherungs- und Kapitalansammlungsverträgen, die vor dem 20.6.1948 abgeschlossen worden sind, sowie Kapitalzahlungen aufgrund der für die leitenden Angestellten nach einer Sonderregelung geleisteten Beiträge mit dem Rentenwert der Kapitalsumme bewertet; im Falle der Altersversorgung ab Vollendung des 65. Lebensjahres werden früher fällig gewordene Kapitalzahlungen unter Berücksichtigung von Zinsen zum Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres mit dem Rentenwert der Kapitalsumme bewertet;
zu d)
in voller Höhe;
Kapitalsummen werden mit dem Rentenwert angerechnet;
…
Bedienstetenversorgung erhält der Bedienstete, der die Wartezeit erfüllt hat und
a) erwerbsunfähig ist oder
b) das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Bedienstete, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, können vom Zeitpunkt des Rentenbeginns ab Bedienstetenversorgung erhalten.
…
VIII.
Die Zahlung der betrieblichen Ausgleichsbeihilfe beginnt
…
b) mit dem 1. des auf den Tag der Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Monats oder
c) mit dem Zeitpunkt, von dem ab Bedienstete nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten,
jedoch nicht vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei der Heimstätte …
…“
5
Der Kläger wurde nach Ablauf seiner Probezeit mit Schreiben der LEG NRW vom 27. Juni 1979 in Auszügen wie folgt informiert:
„Ab 01.07.1979 haben Sie die Möglichkeit, an der Höherversicherung zur Angestelltenversicherung teilzunehmen. Wahlweise ist es auch möglich, diese Beträge für eine Lebensversicherung zu verwenden. Wenn Sie von der Möglichkeit der zusätzlichen Altersversorgung keinen Gebrauch machen, werden Sie bei Eintritt des Versorgungsfalles so behandelt, als hätten Sie an der Höherversicherung teilgenommen. Die Gegenwerte der nicht entrichteten Höherversicherungsbeiträge werden voll auf die Gesamtversorgung angerechnet.
… Falls Sie an der Höher- oder Lebensversicherung teilnehmen möchten, bitten wir um entsprechende Nachricht.
Die Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung fügen wir zu Ihrer Unterrichtung bei.“
6
Zum 1. Januar 1980 unterschrieb der Kläger einen (Gruppen-)Lebensversicherungsvertrag bei der P als Versicherter auf seinen Todes- und Erlebensfall, in welchem die LEG NRW als Versicherungsnehmerin benannt war und als Versicherungsende der 1. Januar 2011 angegeben war. Die Versicherungsbeiträge wurden dorthin abgeführt.
7
In einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1994 (im Folgenden BV 1994) wurde ua. Folgendes geregelt:
„Betriebsvereinbarung
Die mit Betriebsvereinbarung vom 17.07.1969 in der Fassung vom 28.04.1970 gemäß Abschnitt IV. vereinbarten ‚Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Betriebsangehörigen‘ werden mit Wirkung vom 01.01.1995 wie folgt geändert und ergänzt:
1. …
2. In Abschnitt IV. wird nach dem 2. Absatz folgender Absatz neu aufgenommen:
Die Nettobezüge werden von den vor Eintritt des Versorgungsfalles erhaltenen Bruttobezügen – ohne Sonderzuwendungen (z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) – errechnet, indem folgende Beträge abgezogen werden:
a)
bei einem am Tag des Beginns der Betriebsrente nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsberechtigten sowie bei einem Versorgungsberechtigten, der an diesem Tag Anspruch auf Kindergeld oder eine entsprechende Leistung für mindestens ein Kind hat, der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer (ohne Kirchensteuer) nach Steuerklasse III/0 zu zahlen wäre,
b)
bei allen übrigen Versorgungsberechtigten der Betrag, der am Tag des Beginns der Betriebsrente als Lohnsteuer (ohne Kirchensteuer) nach Steuerklasse I/0 zu zahlen wäre,
sowie
c)
die Beiträge, die als Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten sowie zur Arbeitslosenversicherung nach Maßgabe der am Tag des Beginns der Betriebsrente geltenden Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen zu zahlen wären.
Lohnsteuer im Sinne der Buchstaben a) und b) ist die Lohnsteuer für Monatsbezüge nach der allgemeinen Lohnsteuertabelle.
…
Arbeitnehmeranteile im Sinne des Buchstaben c) sind die Beträge, die als Arbeitnehmeranteile zu zahlen wären, wenn der Versorgungsberechtigte mit den Bruttobezügen beitragspflichtig wäre. Für den Krankenversicherungsbeitrag ist der nach § 247 SGB V jeweils maßgebende Beitragssatz zugrunde zu legen.“
8
Sodann wurde im Jahr 1998 in einer von der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat unterschriebenen Vereinbarung (im Folgenden PN 1998) anlässlich der Abschaffung der gesetzlichen Höherversicherungsmöglichkeit in der Rentenversicherung nachstehende Abrede getroffen:
„Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Protokollnotiz zur Höherversicherung (§ 234 SGB VI)
Die Höherversicherung ist in den alten Bundesländern durch das Gesetz über die Höherversicherung vom 14.03.1951 (BGBl. I S. 188) eingeführt worden. Sie wurde als Versicherungsmöglichkeit zum 31.12.1991 abgeschafft.
…
Die Vorschrift des § 234 SGB VI a. F. ist durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) mit Wirkung vom 01.01.1998 gestrichen und demzufolge die Höherversicherung für die Zeit ab 01.01.1998 übergangslos abgeschafft worden. Dies erfordert eine Anpassung und Auslegung der Richtlinien zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung.
Zwischen Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat wurde einvernehmlich folgende Regelung zur Höherversicherung ab 01.01.1998 vereinbart:
•
Der Arbeitgeberanteil zur Höherversicherung wird gemäß den Beitragsklassen zur Höherversicherung, die mit Rundschreiben Nr. 14/73 bekanntgegeben worden sind, weitergezahlt. Arbeitnehmer, die von der Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht haben, diese Beträge voll oder anteilig für den Abschluß einer Lebensversicherung zu verwenden, erhalten ab Fälligkeit der Lebensversicherung den Arbeitgeberanteil ebenfalls weitergezahlt.
•
Der Arbeitnehmer kann über den Arbeitgeberanteil frei verfügen. Ein Nachweis über eine vorgenommene Anlage des Betrages wird nicht verlangt.
•
Bei Eintritt des Versorgungsfalles (Rentenbeginn) wird vom 01.01.1998 bis zum Betriebsrentenbeginn eine fiktive Höherversicherungsrente aus dem vollen Monatsbeitrag, bestehend aus dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, nach der Beitragstabelle 14/73 (DM 18,–, DM 72,–, DM 144,– oder DM 216,–) angerechnet.
•
Der Arbeitgeberanteil ist steuer- und sozialversicherungspflichtiges Entgelt. Eine Pauschalversteuerung nach § 40 b EStG ist nicht möglich.“
9
Der von der Beklagten an den Kläger gezahlte Arbeitgeberanteil zur fiktiven Höherversicherung betrug zuletzt 68,00 Euro monatlich.
10
Aufgrund tarifvertraglicher Regelung galt bei der Beklagten eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,75 Stunden. Der einschlägige Manteltarifvertrag für eine Tarifgemeinschaft von „LEG“-Unternehmen (MTV) in der ab 1. Juli 2006 gültigen Fassung gestattete auf betrieblicher Ebene eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. In diesem Fall war ein entsprechender Freizeitausgleich für das Kalenderjahr zu regeln oder, wenn der Freizeitausgleich aus betriebsbedingten oder in der Person des/der Beschäftigten liegenden Gründen nicht möglich war, eine finanzielle Abgeltung ohne Zuschläge mit dem Februargehalt zu zahlen. Auf der Grundlage entsprechender Betriebsvereinbarungen wurde im Betrieb der Beklagten auf Basis von 38,5 Stunden/Woche gearbeitet. Der Kläger erhielt regelmäßig mit dem Februargehalt eine Ausgleichszahlung.
11
§ 10 MTV in der Fassung vom 29. Januar 1974 hatte ua. folgenden Inhalt:
„Vergütung
1.
Die monatliche Vergütung der Angestellten setzt sich zusammen aus:
a) Tarifgehalt
b) Haushaltszulage
c) Kinderzulage …“
12
§ 10 MTV in der Fassung ab 1. Juli 2006 hat ua. folgenden Inhalt:
„Vergütung
1.
Die Vergütungen der Beschäftigten einschließlich der Auszubildenden ergeben sich aus dem Vergütungstarifvertrag.“
13
Zudem erhielt der Kläger eine variable erfolgs- und leistungsabhängige Vergütung gemäß dem zum 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Vergütungstarifvertrag der Tarifgemeinschaft der „LEG“-Unternehmen (VTV). Dort heißt es auszugsweise:
„§ 2 Vergütung
1.
Die Vergütung der Beschäftigten besteht aus dem monatlichen Grundgehalt und einer nicht ruhegehaltsfähigen variablen erfolgs- und leistungsorientierten Vergütung, die sich jeweils auf ein Geschäftsjahr bezieht.“
14
Für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. Oktober 2011 schlossen die Parteien auf der Basis des Tarifvertrags zur Altersteilzeit vom 12. April 2000 (TV ATZ) eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell. § 10 TV ATZ lautet im Auszug:
„Betriebliche Altersversorgung
1.
Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung werden ab Bezug der gesetzlichen Rente fällig. …
2.
Als Bemessungsgrundlage für die betriebliche Altersversorgung gilt die ruhegehaltsfähige Vergütung, die der/die Beschäftigte erhalten hätte, wenn er/sie bis zum Rentenbezug im bisherigen Umfang beschäftigt geblieben wäre.“
15
Nachdem der Kläger am 31. Oktober 2011 bei der Beklagten ausgeschieden war, wurde ihm mit Schreiben vom 29. März 2012 rückwirkend zum 1. November 2011 eine Betriebsrente iHv. 595,62 Euro brutto bewilligt und in der Folgezeit ausgezahlt. Dem festgesetzten Betrag lag folgende Berechnung zugrunde:
Tarifgehalt:
4.571,56 Euro
Haushaltszulage:
51,13 Euro
Ruhegehaltsfähiges Entgelt:
4.622,69 Euro
16
Ausgehend von 28 Dienstjahren (Oktober 1981 bis Oktober 2011) errechnete die Beklagte eine Bedienstetenversorgung iHv. 68 vH:
Bedienstetenversorgung:
3.143,43 Euro
DRV-Rente:
–
1.717,06 Euro
Fiktive Höherversicherungsrente:
–
500,64 Euro
Kürzungsbetrag Überschreitung Nettoentgelt:
–
330,11 Euro
Betriebsrente:
595,62 Euro
17
Zugrunde gelegt wurde folgende Nettoentgeltberechnung:
Tarifgehalt:
4.571,56 Euro
Haushaltszulage:
51,13 Euro
Ausgleichszulage:
56,75 Euro
Bruttoentgelt:
4.679,44 Euro
Lohnsteuer (Steuerklasse I/0):
–
1.025,91 Euro
Krankenversicherung:
–
304,42 Euro
Rentenversicherung:
–
465,60 Euro
Arbeitslosenversicherung:
–
70,19 Euro
Nettoentgelt:
2.813,32 Euro
Bedienstetenversorgung:
3.143,43 Euro
Kürzungsbetrag:
330,11 Euro
18
Für den Krankenversicherungsbeitrag berechnete die Beklagte ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze für 2011 iHv. 3.712,50 Euro einen Arbeitnehmeranteil von 8,2 vH.
19
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 31. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 8. Januar 2016 zugestellten Klage. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe die Betriebsrente in mehrfacher Hinsicht falsch berechnet. Bei dem ruhegehaltsfähigen Entgelt müsse auf das tarifliche Jahresgehalt abgestellt werden; jeweils für Juni und November seien zusätzlich ein 13. und 14. Gehalt einzubeziehen. Außerdem sei der als Ausgleich für die 38,5 Stunden-Woche gezahlte „Anpassungsbetrag“ auf den Monat umgerechnet iHv. 90,97 Euro mit einzurechnen. Die Beklagte habe zu Unrecht seine Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 30. Lebensjahrs unberücksichtigt gelassen. Hierin liege eine unzulässige Altersdiskriminierung und eine Diskriminierung von Frauen. Für die Berechnung sei nach der Richtlinie auf das tatsächlich letzte Nettoentgelt, nicht auf ein fiktiv berechnetes Nettoentgelt nach der BV 1994 abzustellen. Ihm sei mit Schreiben vom 27. Juni 1979 eine Individualzusage erteilt worden, von der nicht durch Betriebsvereinbarung zu seinen Lasten abgewichen werden dürfe. Dementsprechend sei der von ihm tatsächlich gezahlte Beitrag zur privaten Krankenversicherung anteilig in Abzug zu bringen, nicht eine fiktive gesetzliche Krankenversicherung. Die mit der BV 1994 bezweckte Gleichbehandlung stelle keinen wichtigen oder triftigen Grund dar, der einen Eingriff in einen bereits erworbenen Besitzstand oder eine Anwartschaftsdynamik rechtfertige. Selbst wenn aber die BV 1994 für ihn gölte, so habe sie nur für die Zeit ab dem 1. Januar 1995 Wirkung entfalten können.
20
Eine fiktive Höherversicherungsrente dürfe nicht angerechnet werden, da er mit Schreiben vom 27. Juni 1979 die Zusage erhalten habe, dass dies nur geschehe, wenn er keine zusätzliche Altersversorgung abschließe. Eine solche habe er aber in Form der von der Beklagten angebotenen Lebensversicherung wahrgenommen. Wenn eine Anrechnung erfolge, dann könne dies nicht in der von der Beklagten zugrunde gelegten Höhe erfolgen, bei der nicht berücksichtigt werde, dass sich die Markt- und Wertverhältnisse mittlerweile grundlegend geändert hätten. Er hätte nach Auskunft der Rentenversicherung lediglich einen um 240,44 Euro erhöhten Rentenanspruch erworben. Zudem seien nach Abschnitt IV. der Richtlinie die bei Versicherungen angesammelten Kapitalbeträge nur insoweit auf die Bedienstetenversorgung anzurechnen, als der Arbeitgeber hierzu mindestens die Hälfte beigetragen habe. Die Beklagte habe einen Beitragsanteil von 61,6 vH geleistet. Demgemäß könnten von dem genannten Rentenwert von 240,44 Euro nur 61,6 vH, also 148,11 Euro als Gegenwert auf die Versorgung angerechnet werden. Zudem müsse bei einer möglichen Anrechnung der Höherversicherung § 5 Abs. 2 BetrAVG beachtet werden. Da der von der Beklagten monatlich geleistete Beitrag steuerpflichtig gewesen sei, habe der Netto-Beitragsanteil unterhalb der Hälfte des Gesamtbetrags gelegen. Eine Anrechnung sei deshalb unzulässig. Ferner stünden ihm 14 Mal im Jahr Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu.
21
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1.
an ihn für den Zeitraum November 2011 bis Dezember 2012 rückständige Betriebsrente von 9.206,05 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 3.916,99 Euro seit dem 16. April 2012, auf jeweils 661,14 Euro seit dem 16. Mai 2012 und 16. Juni 2012, auf jeweils 661,13 Euro seit dem 16. Juli 2012, 16. August 2012, 16. September 2012, 16. Oktober 2012, 16. November 2012 und 16. Dezember 2012;
2.
an ihn für die Monate November 2011, Juni 2012 und November 2012 eine weitere, über den unter 1. genannten Betrag hinausgehende rückständige Betriebsrente von 6.289,25 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 525,35 Euro seit dem 16. April 2012, auf jeweils 2.881,95 Euro seit dem 16. Juni 2012 und 16. November 2012;
3.
an ihn für den Zeitraum November 2011 bis Dezember 2012 rückständige Betriebsrente von weiteren 1.345,22 Euro zu zahlen, zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, und zwar auf 574,10 Euro seit dem 16. April 2012 und auf jeweils 96,39 Euro seit dem 16. Mai 2012, 16. Juni 2012, 16. Juli 2012, 16. August 2012, 16. September 2012, 16. Oktober 2012, 16. November 2012 und 16. Dezember 2012;
4.
an ihn für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013 rückständige Betriebsrente von 9.101,40 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, zu berechnen aus jeweils 758,45 Euro seit dem 1. Januar 2013 und dem ersten Tag eines jeden Folgemonats bis einschließlich 1. Dezember 2013;
5.
an ihn für die Monate Juni 2013 und November 2013 eine weitere, über den unter 4. genannten Betrag hinausgehende rückständige Betriebsrente von 6.096,74 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, zu berechnen aus jeweils 3.048,37 Euro seit dem 1. Juni 2013 und 1. November 2013;
6.
an ihn für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013 rückständige Betriebsrente von weiteren 1.187,04 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen iHv. jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, zu berechnen aus jeweils 98,92 Euro seit dem 1. Januar 2013 und dem ersten Tag eines jeden Folgemonats bis einschließlich 1. Dezember 2013
22
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und sich bezüglich der Ansprüche aus dem Jahr 2011 auf die Einrede der Verjährung berufen. Sie hat vorgebracht, „Tarifgehalt“ im Sinne der Richtlinie sei allein das Grundgehalt. Urlaubs- und Weihnachtsgeld seien schon nach den damaligen tariflichen Regelungen gesondert geregelt worden. Die variable Vergütung sei bei ihrer Einführung zum 1. Januar 2008 schon tarifvertraglich als nicht ruhegehaltsfähig bezeichnet worden. Die Nettoentgeltobergrenze sei nach den Regularien der BV 1994 zu berechnen. Es seien nur die Entgeltbestandteile einzubeziehen, die auch Grundlage der Bedienstetenversorgung seien.
23
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage teilweise insoweit stattgegeben, als es den Zuschuss zur fiktiven Höherversicherung iHv. 68,00 Euro im Rahmen der Berechnung der Nettogehaltsobergrenze berücksichtigt und die Anrechnung der fiktiven Höherversicherungsrente auf den Zeitraum bis Ende 1997 begrenzt hat. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Ansprüche weiter, die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Klageabweisung.