Aktenzeichen 1 BvR 1382/10
Art 20 Abs 3 GG
Art 2 Abs 1 GG
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 321a Abs 4 S 5 ZPO
§ 543 Abs 2 ZPO
§ 544 Abs 4 S 2 Halbs 2 ZPO
Verfahrensgang
vorgehend BGH, 20. April 2010, Az: VIII ZR 319/08, Beschlussvorgehend BGH, 23. Februar 2010, Az: VIII ZR 319/08, Beschlussvorgehend OLG Bamberg, 17. November 2008, Az: 4 U 34/07, Urteilvorgehend LG Würzburg, 8. Februar 2007, Az: 12 O 2921/04, Urteil
Gründe
I.
1
                            Die Verfassungsbeschwerde betrifft die dem Bundesgerichtshof nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumte Möglichkeit,
      einen Beschluss über die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht näher zu begründen, und die Anwendung dieser
      Vorschrift auf die Entscheidung über eine nachfolgende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO.
   
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                            1. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren verurteilt, mehr als 2 Millionen Euro
      an den Kläger zu zahlen, der als Insolvenzverwalter Zahlung für eine Insolvenzschuldnerin aus einem mit der Beschwerdeführerin
      geschlossenen Unternehmenskaufvertrag begehrt hat.
   
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                            2. Der Bundesgerichtshof hat die vorrangig auf Verletzungen von Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG gestützte Nichtzulassungsbeschwerde
      mit der an den Wortlaut der § 544 Abs. 4 Satz 2, § 543 Abs. 2 ZPO angelehnten, formelhaften Begründung zurückgewiesen, die
      Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen
      Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge
      hat der Bundesgerichtshof ebenfalls zurückgewiesen. Der Senat habe das von der Anhörungsrüge als übergangen gerügte Vorbringen
      geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiterreichenden Begründung werde in entsprechender Anwendung des
      § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
   
II.
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                            Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Rechts auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1
      in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
   
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                            1. Die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde, soweit diese auf eine Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht gestützt
      werde, müsse mit Rücksicht auf eine im Anschluss daran in Frage kommende Anhörungsrüge nach § 321a ZPO unter Reduzierung des
      durch § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO eingeräumten Ermessens in einer Weise begründet werden, die eine inhaltliche Auseinandersetzung
      ermögliche; andernfalls werde die Durchsetzung der Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art.
      103 Abs. 1 GG in unzumutbarer Weise erschwert.
   
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                            Die Effektivität des Rechtsschutzes werde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt und das Anhörungsrügeverfahren ungeachtet der
      damit auch verfolgten Zielsetzung, das Bundesverfassungsgericht zu entlasten, zu einem bloßen „Durchlauferhitzer“, wenn Anhörungsrügen
      im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof von diesem lediglich formal beschieden würden und ein Beschwerdeführer
      keinen Aufschluss darüber erhalte, mit welcher Begründung die von ihm erhobenen Gehörsrügen vom Bundesgerichtshof für nicht
      durchgreifend erachtet worden seien. Die diesbezügliche Praxis des Bundesgerichtshofs könne nicht mit einem Hinweis auf §
      544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO begründet werden.
   
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                            2. Wenn der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde auch bei einer Rüge der Verletzung rechtlichen
      Gehörs nicht begründet werde, müsse der Beschwerdeführer das Bundesverfassungsgericht mit den gleichen Gehörsrügen konfrontieren,
      die er bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und gegebenenfalls im Anhörungsrügeverfahren erhoben habe; bei Anrufung
      des Bundesverfassungsgerichts stehe der Beschwerdeführer „mit leeren Händen dar“.
   
III.
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                            Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG
      nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme
      zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig (1.) und hat
      im Übrigen keinen Erfolg (2.).
   
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                            1. Mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde,
      soweit die Beschwerdeführerin sich nach ihrem Antrag auch gegen die Entscheidungen der Instanzgerichte wendet. Eine Verletzung
      spezifischen Verfassungsrechts durch das angegriffene Urteil des Landgerichts behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Im Übrigen
      hat die Beschwerdeführerin zwar ausgeführt, dass sie mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1
      GG gerügt habe. Der Verfassungsbeschwerdeschrift lässt sich eine hinreichende Darstellung einer Verletzung ihres Rechts auf
      rechtliches Gehör durch das Oberlandesgericht jedoch nicht entnehmen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu auch nicht ausdrücklich
      auf die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung verwiesen. Selbst wenn man ihr Vorbringen aber in diesem Sinne auslegte, genügte
      dies den Anforderungen an eine substantiierte Begründung nicht, weil es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, aufgrund
      eines undifferenzierten Hinweises auf Schriftsätze im Ausgangsverfahren den dortigen Vortrag auf verfassungsrechtlich relevante
      Lebenssachverhalte hin zu untersuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 ; 83, 216 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten
      Senats vom 5. Januar 2010 – 1 BvR 2973/06 -, juris, Rn. 4; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008
      – 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 ).
   
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                            2. Dass der Bundesgerichtshof die angegriffenen Beschlüsse nicht näher begründet hat, verletzt weder den Anspruch der Beschwerdeführerin
      auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip noch ihr Recht
      auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
   
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                            a) Der Bundesgerichtshof ist auch in Ansehung dieser grundgesetzlichen Gewährleistungen nicht gehalten gewesen, seine Entscheidung
      über die Nichtzulassungsbeschwerde über einen formelhaften Hinweis auf die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinaus
      näher zu begründen. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO räumt diese Möglichkeit ausdrücklich ein.
   
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                            aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare
      letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (vgl. BVerfGE 50, 287
      ; 65, 293 ; 71, 122 ; 81, 97 ; 86, 133 ; 94, 166 ; 104, 1 ; 118, 212 ; BVerfGK
      2, 213 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 1996 – 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, S. 1693).
      Dies gilt auch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen – wie hier – eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung
      der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen wird (vgl. BVerfGK 2, 213 ).
   
13
                            bb) Ausnahmsweise ist eine Begründung geboten, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der
      Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. BVerfGE 71, 122 ) oder ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde
      bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wegfällt und deswegen eine Prüfung der
      Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz für tragend erachteten Gründe erforderlich ist (vgl.
      BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. September 2010 – 1 BvR 2649/06 -, juris, Rn. 25 f.). Eine solche
      Ausnahme ist jedoch weder dargetan noch anderweitig ersichtlich.
   
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                            cc) An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde
      eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt wird. Dass die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde
      nach § 544 Abs. 2 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre,
      sondern neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats
      vom 5. Mai 2008 – 1 BvR 562/08 -, NJW 2008, S. 2635), bleibt ohne Einfluss auf die Begründungserleichterungen bei Beschlüssen
      über die Nichtzulassungsbeschwerde.
   
15
                            (1) In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der für Zivilverfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung
      mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung die Möglichkeit einer einmaligen Kontrolle einer Verletzung
      des Anspruchs auf rechtliches Gehör garantiert, auch wenn diese erstmals in einem Rechtsmittelverfahren geschieht (vgl. BVerfGE
      107, 395 ). Die Prüfung einer behaupteten Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kann im allgemeinen Rechtsmittelsystem
      oder im Rahmen eines Sonderrechtsbehelfs ohne Anrufung einer weiteren Instanz erfolgen (vgl. BVerfGE 107, 395 ). Dem
      Gesetzgeber steht bei der näheren Ausgestaltung ein Spielraum offen, bei dessen Ausfüllung auch die Interessen der anderen
      Verfahrensbeteiligten und Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten sind (vgl. BVerfGE 107, 395 ).
   
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                            Der Anspruch auf Justizgewährung garantiert neben dem Recht auf Zugang zu den Gerichten effektiven Rechtsschutz durch eine
      grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche richterliche Entscheidung
      (vgl. BVerfGE 54, 277 ; 107, 395 ; 108, 341 ). Die gebotene wirksame gerichtliche Kontrolle darf nicht in einer
      für den Rechtsschutzsuchenden unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE
      88, 118 ; 101, 397 ; 107, 395 ). Ein in der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel darf das Gericht
      nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 ; 96, 27 ).
   
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                            (2) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 1 ZPO kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs seitens des Berufungsgerichts
      mit Erfolg gerügt werden, weil bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten die Revision zur Sicherung einer einheitlichen
      Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist (vgl. nur BGHZ 154, 288 ); nach § 544 Abs. 7 ZPO
      kann das Revisionsgericht im Falle einer begründeten Gehörsrüge auch schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde das
      angefochtene Urteil aufheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet
      auf diese Weise die verfassungsrechtlich gebotene Möglichkeit zur einmaligen Kontrolle einer Gehörsverletzung.
   
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                            Die Effektivität dieser Kontrolle der Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine Gehörsverletzung wird jedoch nicht davon
      beeinflusst, ob der Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde näher begründet wird. Da die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde
      als letztinstanzliche Entscheidung nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann, ist eine nähere
      Begründung dieser Entscheidung auch nicht geeignet, die Wirksamkeit des Rechtsschutzes im fachgerichtlichen Rechtsmittelzug
      weiter zu beeinflussen. Eine Begründung mag daher zwar aus Gründen der Nachvollziehbarkeit für die Parteien wünschenswert
      sein (vgl. Sangmeister, NJW 2007, S. 2363 ), der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Anspruch
      auf effektiven Rechtsschutz gebietet eine solche jedoch nicht (vgl. BVerfGE 50, 287 ); ebensowenig folgt aus der Gewährleistung
      rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG ein Anspruch der Beteiligten auf eine mit Gründen versehene letztinstanzliche Entscheidung
      (vgl. BVerfGE 104, 1 ).
   
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                            (3) Eine ausführlichere Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht deswegen
      geboten, weil gegen sie – im Übrigen unabhängig davon, ob die Beschwerde auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör
      gestützt wurde – eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erhoben werden kann, wenn damit eine nicht nur sekundäre, sondern neue
      und eigenständige Gehörsverletzung durch den Bundesgerichtshof gerügt wird (vgl. BVerfGK 13, 496 ; BGH, Beschluss vom
      20. November 2007 – VI ZR 38/07 -, NJW 2008, S. 923).
   
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                            (a) Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt eine letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht
      mehr anfechtbare Entscheidung, weil die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO als außerordentlicher Rechtsbehelf keine weitere Instanz
      eröffnet.
   
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                            (b) Zwar wird es einem Beschwerdeführer durch das Fehlen einer näheren Begründung zu den Zulassungsvoraussetzungen erschwert,
      die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf eine neue und eigenständige Gehörsverletzung zu überprüfen (vgl. Kirchberg, in:
      Festschrift für Krämer, 2009, S. 43 ; Zuck, NJW 2008, S. 479). Eine solche Erschwerung lässt die von Verfassungs wegen
      zu gewährleistende einmalige fachgerichtliche Kontrolle auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103
      Abs. 1 GG weder „leerlaufen“ noch ist diese unzumutbar. Mit der Begründungserleichterung in § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO
      hält sich der Gesetzgeber vielmehr innerhalb seines weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der Kontrolle (vgl. BVerfGE 107,
      395 ), wobei er auch die Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten hat (vgl. BVerfGE 107, 395
      ). Die dem Bundesgerichtshof eingeräumte Arbeitserleichterung, von einer näheren Begründung nach § 544 Abs. 4 Satz 2
      Halbs. 2 ZPO abzusehen, ist mit Blick auf die besonderen Aufgaben eines obersten Gerichts des Bundes sachgerecht, dient der
      Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit und damit der Effektivität der Rechtsverfolgung im Interesse aller Rechtsschutzsuchenden
      (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 1996 – 1 BvR 1485/89 -, NJW 1997, S. 1693, zu § 115
      Abs. 5 FGO a.F.; vgl. auch BTDrucks V/2849, S. 3, zum Entwurf des späteren Gesetzes zur Entlastung des Bundesgerichtshofes
      in Zivilsachen vom 15. August 1969, BGBl I S. 1141). Von Verfassungs wegen geboten ist lediglich eine einmalige Kontrolle
      gerichtlichen Verfahrenshandelns auf eine Gehörsverletzung, nicht aber eine Begründung der hierauf ergehenden Entscheidung
      (vgl. BVerfGE 107, 395 ; BVerfGK 2, 213 ).
   
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                            (4) Die Verfassungsbeschwerde selbst ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf außerhalb des fachgerichtlichen Verfahrens, der
      der Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt und der Durchsetzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten dient
      (vgl. BVerfGE 107, 395 ). Der Anspruch auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
      mit Art. 20 Abs. 3 GG verlangt deswegen nicht, dass das Verfassungsbeschwerdeverfahren durch eine ausführliche Darlegung der
      fachgerichtlichen Auffassung zu einer möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG für
      die Beschwerdeführerin gleichsam vorbereitet und erleichtert wird, auch wenn es zunächst den Fachgerichten obliegt, die Grundrechte
      zu wahren und durchzusetzen (vgl. BVerfGE 107, 395 ), denn Letzteres geschieht unabhängig von einer Begründung der fachgerichtlichen
      Entscheidungen.
   
23
                            Die mit der Einführung der Anhörungsrüge bezweckte Entlastung des Bundesverfassungsgerichts durch Eröffnung der Möglichkeit
      einer Selbstkorrektur auch bei Gehörsverstößen des Bundesgerichtshofs wird dadurch hinreichend gewahrt, dass die Anhörungsrüge,
      wenn trotz der Begründungserleichterung genügend Anhaltspunkte für einen eigenständigen Gehörsverstoß durch den Bundesgerichtshof
      vorliegen, eröffnet bleibt, so dass der Bundesgerichtshof die angegriffene Entscheidung auf einen solchen überprüfen und gegebenenfalls
      korrigieren kann. Ohne solche Anhaltspunkte und bei einer nur „sekundären Gehörsrüge“ besteht hingegen keine Veranlassung
      für eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs und kann sofort Verfassungsbeschwerde erhoben werden
      (vgl. BVerfGK 13, 496 ; BGH, Beschluss vom 20. November 2007 – VI ZR 38/07 -, NJW 2008, S. 923).
   
24
                            b) Die Auslegung und Anwendung des § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO durch den Bundesgerichtshof, nach der auf eine Begründung der
      Entscheidung über die Anhörungsrüge in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO verzichtet werden kann
      (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2005 – III ZR 443/04 -, NJW-RR 2006, S. 63; BTDrucks 15/3706, S. 16), ist vom Bundesverfassungsgericht
      grundsätzlich hinzunehmen. Sie steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen effektiven Rechtsschutzes
      und rechtlichen Gehörs, da die vorgenannten Gründe für die Begründungserleichterung bei der Entscheidung über die Anhörungsrüge
      erst recht gelten.
   
25
                            Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
   




