Aktenzeichen 1 BvR 689/11
§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG
§ 114 ZPO
§ 119 Abs 1 S 2 ZPO
§ 321a ZPO
Verfahrensgang
vorgehend OLG Karlsruhe, 22. Dezember 2010, Az: 14 U 114/09, Beschluss
Gründe
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                            Über die Verfassungsbeschwerde ist nicht mehr zu entscheiden, weil der Beschwerdeführer sie für erledigt erklärt hat (vgl.
      BVerfGE 85, 109 ). Zu befinden ist noch über die Anträge des Beschwerdeführers auf Erstattung seiner Auslagen und Gewährung
      von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts. Die Entscheidung darüber obliegt der Kammer (§ 93d Abs. 2 Satz
      1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 72, 34 ). Beide Anträge haben keinen Erfolg.
   
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                            1. Für die erstrebte Anordnung der Auslagenerstattung bestehen keine genügenden Billigkeitsgründe.
   
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                            a) Nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ist im Falle der Erledigung der Verfassungsbeschwerde über die Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers
      nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände vorzunehmen. Auf eine
      summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde kommt es regelmäßig nicht an (vgl. BVerfGE 33, 247 <264
      f.>; 85, 109 ; 87, 394 ; Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 34a Rn. 40, 44 f.). Im Hinblick
      auf Funktion und Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts kommt eine Erstattung von Auslagen jedoch dann
      in Frage, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann, oder wenn die
      verfassungsrechtliche Lage – etwa durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem gleich liegenden Fall – geklärt
      worden ist (vgl. BVerfGE 85, 109 ). Grundsätzlich kommt die Anordnung der Auslagenerstattung auch in Betracht, wenn
      der verantwortliche Hoheitsträger die mit der Verfassungsbeschwerde gerügte Belastung beseitigt oder der Verfassungsbeschwerde
      auf andere Weise abgeholfen hat, und diesem Verhalten entnommen werden kann, dass der Hoheitsträger selbst davon ausgeht,
      das Anliegen des Beschwerdeführers sei berechtigt gewesen (vgl. BVerfGE 85, 109 ; 87, 394 ; 91, 146 ).
   
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                            b) Im vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht zwar seine angegriffene Ausgangsentscheidung im Hinblick auf § 119 Abs.
      1 Satz 2 ZPO korrigiert (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Dezember 2009 – 1 BvR 1781/09 -, NJW
      2010, S. 987 f. Rn. 13 ff.). Im Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde vor Erlass der Abhilfeentscheidung des Oberlandesgerichts
      und bis zum Wegfall der Beschwer des Beschwerdeführers war die Verfassungsbeschwerde indessen unzulässig, so dass trotz der
      Abhilfe eine Auslagenerstattung nicht der Billigkeit entspricht. Das Oberlandesgericht hatte bei Einlegung der Verfassungsbeschwerde
      noch nicht über die statthafte Anhörungsrüge des Beschwerdeführers entschieden. Bei Einlegung war mithin der Rechtsweg noch
      nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), ohne dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG
      dargetan hätte. Mit der im Anhörungsrügeverfahren erlassenen Abhilfeentscheidung des Oberlandesgerichts war eine Beschwer
      des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Juli 2002 – 1 BvR
      226/02 -, NJW 2002, S. 3388; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. April 2008 – 1 BvR 206/08 -, juris, Rn. 4 f.).
      Dass das Oberlandesgericht in dieser Entscheidung nicht auf die Anhörungsrüge, sondern auf die zugleich eingelegte Gegenvorstellung
      des Beschwerdeführers Bezug genommen hat, ist ohne Belang.
   
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                            2. Aus den genannten Gründen ist dem Beschwerdeführer entsprechend §§ 114 ff. ZPO (vgl. BVerfGE 1, 109 ; 1, 415 ;
      79, 252 ; 92, 122 ) Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht zu gewähren; denn seine Rechtsverfolgung
      im Verfassungsbeschwerdeverfahren bot zu keinem Zeitpunkt hinreichende Aussicht auf Erfolg.
   
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                            Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
   




