Baurecht

Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der Eigentumsgarantie durch die Versagung einer Geldentschädigung wegen Nichtumsetzung eines Bebauungsplans nach §§ 42, 43 Abs 3 S 1 BauGB

Aktenzeichen  1 BvR 2232/10

Datum:
15.9.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110915.1bvr223210
Normen:
Art 14 Abs 1 S 1 GG
Art 14 Abs 1 S 2 GG
§ 40 Abs 1 Nr 1 BauGB
§ 40 Abs 1 Nr 8 BauGB
§ 40 Abs 2 BauGB
§ 42 BauGB
§ 43 Abs 3 S 1 BauGB
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 8. Juli 2010, Az: III ZR 221/09, Urteilvorgehend OLG Stuttgart, 27. Juli 2009, Az: 102 U 1/09, Urteil

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Rechtsstreit auf dem Gebiet des Planungsschadensrechts.

I.
2
1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer zweier zusammenhängender Grundstücke in H. Auf den Grundstücken befindet sich eine
umfriedete, privat genutzte Parkanlage mit einer zu privaten Wohnzwecken genutzten Villa. Seit dem Jahr 1939 waren die Grundstücke
in einer Ortsbausatzung als Wohngebiet mit Gewerbebetrieb ausgewiesen. Im April 1982 wurde der Beschluss zur Aufstellung des
Bebauungsplans G. bekannt gemacht. Im Jahr 1983 stellten die Beschwerdeführer unter anderem einen Antrag auf Erteilung eines
Bauvorbescheids zum Bau von drei jeweils abgestuften Baukörpern mit insgesamt 51 Wohneinheiten. Dieser wurde im Hinblick auf
eine im Jahr 1985 eingetretene Veränderungssperre in demselben Jahr abgelehnt. Das hiergegen angestrengte Verwaltungsstreitverfahren
vor dem Verwaltungsgericht S. ruht.

3
Im Jahr 1987 trat der Bebauungsplan G. in Kraft. Er weist auf den Grundstücken im Wesentlichen eine öffentliche Grünfläche
(Parkanlage mit innerer Erschließung) und eine Fläche für den Gemeinbedarf (Kindergarten) aus. Am Standort der Villa sind
bauliche Anlagen im gastronomischen und kulturellen Bereich zulässig.

4
2. Ein von den Beschwerdeführern angestrengtes Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan blieb vor dem Verwaltungsgerichtshof
und in der Rechtsmittelinstanz vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos. Die gegen diese gerichtlichen Entscheidungen erhobene
Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. Februar
1999 – 1 BvR 565/91 -, NVwZ 1999, S. 979).

5
Die Stadt H. hat bislang nichts zur Umsetzung des Bebauungsplans unternommen. Im Hinblick auf den Kindergarten ist zwischen
den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitig, dass hierfür derzeit kein Bedarf mehr besteht.

6
3. Nachdem eine Einigung mit der Stadt H. scheiterte, beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung einer Geldentschädigung
für die aufgrund der Planänderung vereitelte Möglichkeit der Bebauung. Diese wurde durch Bescheid des Regierungspräsidiums
Stuttgart vom 1. August 2007 abgelehnt. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Landgericht
Stuttgart durch Grundurteil vom 14. Januar 2009 für gerechtfertigt erklärt.

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4. Auf die Berufung der Stadt H. änderte das Oberlandesgericht Stuttgart durch angegriffenes Urteil vom 27. Juli 2009 die
Entscheidung des Landgerichts und wies den Hauptantrag als unbegründet und einen auf Übernahme eines der beiden Grundstücke
gegen Entschädigung gerichteten Hilfsantrag als derzeit unbegründet zurück.

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Die §§ 39 ff. BBauG 1976/BauGB sähen eine Aufsplittung des Entgelts für die Übernahme der Flächen oder einer Entschädigung
nicht – wie von den Beschwerdeführern gedacht – in der Art vor, dass zuerst der Wertverlust ihrer Grundstücke durch die Herabzonung
von deren Qualität von Bauland auf eine öffentliche Grünfläche und Gemeinbedarfsfläche und bei der Übernahme oder Enteignung
der restliche Wert einer öffentlichen Grünfläche und Gemeinbedarfsfläche auszugleichen sei.

9
Für die Zeit der Herabzonung durch den Bebauungsplan bis zur Planverwirklichung erhalte der Eigentümer keine (Nutzungs-)Entschädigung.
Eine Nutzungsentschädigung nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen als Folge der Verzögerung zu gewähren, passe nicht in das
System der Entschädigungsregelung, die das Baugesetzbuch hinsichtlich des Übernahmeanspruchs in § 40 BBauG 1976/BauGB vorsehe.

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Wenn die Beschwerdeführer hier auf ein Übernahmeverlangen beziehungsweise auf den Antrag auf Entziehung des Eigentums verwiesen
würden, werde nicht verkannt, dass die Rechtsfolge, die diese Anträge auslösten, ihrem Willen gerade widerspräche. Das Gesetz
lasse den Eigentümern bis zur (zwangsweisen) Umsetzung der Festsetzungen des Bebauungsplans G. die Wahl, die Grundstücke zu
behalten und die mit den Festsetzungen des Bebauungsplans einhergehenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen oder die
Grundstücke an die Antragsgegnerin zur Verwirklichung der Planung abzugeben.

11
Die Gewährung eines Übernahmeanspruchs finde ihre innere Rechtfertigung darin, dass die öffentliche Hand oder der aus einer
speziellen privaten Festsetzung Begünstigte in der Regel ohnehin letztlich das Eigentum an der betreffenden Fläche erwerben
müsse. Mit dem Übernahmeanspruch werde dem betroffenen Eigentümer die Möglichkeit eröffnet, selbst die Initiative zu einer
entschädigungsrechtlichen Lösung der infolge der fremdnützigen planerischen Festsetzung aufgetretenen Interessenkollision
zu ergreifen, ohne die Einleitung eines Enteignungsverfahrens nach den §§ 85 ff. BauGB abwarten zu müssen.

12
Für die Beschwerdeführer sei ein Übernahmeverlangen beziehungsweise ein Antrag auf Entziehung des Eigentums nicht unzumutbar.
Sie könnten sich durch entsprechende Vertragsregelungen im Übernahmevertrag gegen einen Missbrauch des Bebauungsplans durch
die Antragsgegnerin wappnen und sie würden im Fall einer Eigentumsentziehung durch die gesetzlichen Regelungen ausreichend
dagegen geschützt, dass die zu übertragenden Grundstücke nicht gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans G. verwendet würden.

13
5. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision wies der Bundesgerichtshof durch angegriffenes Urteil vom 8. Juli 2010 (BGHZ
186, 136) zurück.

14
§ 42 Abs. 1 BauGB sei im vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar. Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei bei Vorliegen der Voraussetzungen
nach §§ 40 und 41 Abs. 1 BauGB eine Entschädigung nur nach diesen Vorschriften zu gewähren.

15
§ 42 Abs. 1 BauGB sei auch nicht deshalb anwendbar, weil der Verweis in § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Entschädigung allein
nach den §§ 40, 41 BauGB verfassungskonform einschränkend auszulegen sei, wie die Revision geltend mache.

16
Zunächst sei in den Blick zu nehmen, dass es sich bei den Festsetzungen des hier streitgegenständlichen Bebauungsplans um
eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handele. Für ein bestimmtes Gebiet seien Art,
Maß und Umfang der Grundstücksnutzung für die Zukunft neu geordnet worden. Es liege deshalb allein mit der Planung noch keine
Enteignung der Beschwerdeführer vor. Begrenzungen der Eigentümerbefugnisse durch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung seien
als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Überschreite
der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die dargelegten Grenzen, so seien hierauf gestützte
Beschränkungen oder Belastungen rechtswidrig und könnten im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden. Zu einem Entschädigungsanspruch
führten sie von Verfassungs wegen nicht. Fehle eine erforderliche Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung, so müsse sich
der Betroffene um die Aufhebung des Eingriffsakts bemühen. Er könne aber nicht unter Verzicht auf die Anfechtung eine ihm
vom Gesetz nicht zugebilligte Entschädigung beanspruchen; mangels gesetzlicher Grundlage könnten die Gerichte auch keine solche
zusprechen.

17
Ob insbesondere der inzwischen eingetretene Zeitablauf und die Erklärung der Stadt H., zwar jederzeit die Realisierung der
Planung beginnen zu können, aber derzeit kein Interesse daran zu haben, die Bewertung rechtfertige, die ursprüngliche Planung
sei jedenfalls inzwischen rechtswidrig geworden, könne hier dahinstehen. Dies müssten die Beschwerdeführer vor den zur Entscheidung
berufenen Verwaltungsgerichten geltend machen. Daran seien sie nicht deshalb gehindert, weil es einen rechtskräftig zu ihren
Lasten ausgegangenen Vorprozess gegeben habe.

18
Eine einschränkende Auslegung des § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB und damit eine Anwendung des § 42 Abs. 1 BauGB könne auch nicht
deshalb in Betracht gezogen werden, weil die Beschwerdeführer in einer mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Ungewissheit
darüber seien, wann es zu einer Enteignung zwecks Verwirklichung der Planung komme.

19
Der Gesetzgeber habe diese Belastung des Eigentümers, der von einer Planung mit den hier in Rede stehenden Festsetzungen nach
§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 8 BauGB betroffen sei, mit der Zuerkennung eines Übernahmeanspruchs ausgeglichen, sofern es ihm
mit Rücksicht auf die Festsetzungen oder Durchführung des Bebauungsplans wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten sei, das Grundstück
zu behalten oder es in der bisherigen Art zu nutzen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe das Berufungsgericht festgestellt.
Mit dem Übernahmeanspruch sei das Initiativrecht (auch) auf den Eigentümer übergegangen. Er könne die Phase der Unsicherheit
selbst beenden und eine Entschädigungsleistung gegen Abtretung des Grundbesitzes erlangen. Diese Entschädigung biete ihm grundsätzlich
die Möglichkeit, ein gleichwertiges Grundstück zu erwerben.

20
Dabei sei das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit des § 40 Abs. 2 BauGB – und damit des Ausschlusses
des § 42 Abs. 1 BauGB – nicht voraussetze, dass der öffentlichen Hand – jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt – ein Recht
zur Enteignung nach Maßgabe der §§ 85 ff. BauGB zustehe.

II.
21
Mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 14 GG.

22
§ 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB müsse nach ihrer Auffassung verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass in der vorliegenden
Fallkonstellation § 42 BauGB anwendbar sei.

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Nehme man die Vorschriften der §§ 40 f. BauGB einerseits und § 42 BauGB andererseits in den Blick, so werde deutlich, dass
bei Ausweisung einer privaten Grünfläche oder einer (eingeschränkten) Baumöglichkeit ohne die Beschränkung auf eine Gemeinbedarfseinrichtung,
den Beschwerdeführern ein Anspruch nach § 42 BauGB zustehen würde. Sie blieben Eigentümer und könnten Planungsschadensansprüche
nach § 42 BauGB geltend machen. Demgegenüber räume § 43 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 40 BauGB Entschädigungsansprüche
nur dann ein, wenn gleichzeitig die zur öffentlichen Nutzung vorgesehene Fläche übertragen werde. Diese Regelung diene einer
Bebauungsplanverwirklichung ohne Enteignung nach §§ 85 ff. BauGB oder gegebenenfalls Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB.

24
Vergleiche man die Regelung des § 42 mit jener des § 40 BauGB falle auf, dass mit dem Blick auf das “Behaltendürfen” des Eigentums
der geringere Eingriff des Entzugs einer Nutzungsmöglichkeit zu einer sofortigen Entschädigung führe, während der erhebliche
Eingriff eines planungsrechtlichen vorbereitenden Eigentumsentzugs nur dann entschädigt werde, wenn der Grundstückseigentümer,
gegebenenfalls gegen seinen Willen und ohne dass die Enteignungsfähigkeit geprüft werde, auf sein “Behaltendürfen” des Eigentums
verzichte, indem er die Übernahme gemäß § 40 BauGB verlange.

25
Die Regelung des § 40 BauGB sei unbedenklich, wenn der Grundstückseigentümer sein Eigentum aufgeben wolle. Sie sei auch unbedenklich,
wenn die Enteignungsvoraussetzungen materiellrechtlich vorlägen und (kumulativ) die Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener
Frist sichergestellt sei. Die Unbedenklichkeit setze damit – als vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Geschäftsgrundlage – voraus,
dass der Planungsträger zum einen die Realisierung der festgesetzten Nutzung betreibe und zum anderen die Realisierung auch
gegen den Willen der Grundstückseigentümer durchsetzbar sein müsse. Seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt und bleibe es
bei der vom Bundesgerichtshof angenommenen Auslegung des § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB, präsentiere sich diese Regelung als Zwang
zur Grundstücksübertragung oder als “ewige” (entschädigungslos hinzunehmende) Veränderungssperre, wovon das Baugesetzbuch
an anderer Stelle (§ 18 BauGB) nicht ausgehe.

26
Der streitgegenständliche Bebauungsplan habe mit seinen Festsetzungen einen eigentumsrechtlich relevanten Doppelschritt planungsrechtlich
vorbereitet:

27
In einem ersten Schritt werde die zulässige Bebaubarkeit entzogen. Dies wäre auch ohne die Festsetzung einer öffentlichen
Grünfläche möglich gewesen und hätte zu einem Entschädigungsanspruch nach § 42 BauGB geführt. In einem zweiten Schritt werde
die Grundlage für den Eigentumsentzug durch Festsetzung der öffentlichen Grün- und Gemeinbedarfsflächen vorbereitet.

28
§ 43 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 40 BauGB wolle vorrangig dafür Sorge tragen, dass dieser zweite Vorgang, der zum Entzug
der Fläche führe, entschädigungsrechtlich einheitlich vollzogen werde. Wenn der Eigentumsentzug (zweiter Schritt) aber weder
betrieben werde noch nach §§ 85 ff. BauGB durchsetzbar sei, könnten die Grundstückseigentümer nicht zum Verzicht auf das verfassungsrechtlich
gesicherte “Behaltendürfen” des Eigentums gezwungen werden, nur um die Entschädigung für den Entzug der Baumöglichkeit (erster
Schritt) zu erhalten.

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Bei einer solchen Auslegung präsentiere sich § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB als ein verfassungswidriger Zwang zur Eigentumsaufgabe
zum Zwecke der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs. Art. 14 GG garantiere auch das “Behaltendürfen” des Eigentums.
Dies sei nicht nur direkt, sondern auch indirekt dadurch geschützt, dass der Entzug von Nutzungsmöglichkeiten nicht in einem
Fall (§ 42 BauGB) entschädigt werde, im anderen Fall (§ 40 BauGB) aber nur dann, wenn gleichzeitig das Eigentum insgesamt
aufgegeben werde.

30
Der Unterschied zwischen § 40 und § 42 BauGB sei, bezogen auf die vorliegende Fallkonstellation, willkürlich, weil der Entzug
der baulichen Nutzungsmöglichkeiten bei der Ausweisung einer privaten Grünfläche entschädigungsrechtlich anders behandelt
werde, wie in dem Fall, in dem zusätzlich zum Entzug dieser Baumöglichkeit (erster Schritt) eine öffentliche Nutzung (hier:
öffentliche Grün- und Gemeinbedarfsflächen) im Bebauungsplan festgesetzt werde (zweiter Schritt).

31
Den Beschwerdeführern könne nicht entgegengehalten werden, sie seien, wie vom Bundesgerichtshof angenommen, auf einen erneuten
Primärrechtsschutz zu verweisen. Nach den Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts könne im vorliegenden Fall von einer Funktionslosigkeit
des Bebauungsplans nicht ausgegangen werden. Für die Beschwerdeführer sei es daher unzumutbar, erneut Primärrechtsschutz in
Anspruch zu nehmen. Das leite sich aus der Tatsache ab, dass sie dieser Pflicht in vollem Umfang nachgekommen seien.

III.
32
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen
nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen
verfassungsrechtlichen Fragen zum Eigentumsschutz und damit korrespondierenden Entschädigungsansprüchen geklärt sind. Die
Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 14 GG angezeigt.
Die angegriffenen Entscheidungen sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

33
1. a) Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des sogenannten einfachen
Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Soweit
sich die Beschwerde gegen Gerichtsurteile wendet, kann das Bundesverfassungsgericht nicht untersuchen, ob diese vom einfachen
Recht her “richtig” sind. Es kann vielmehr lediglich überprüfen, ob durch die Rechtsanwendung im konkreten Fall Grundrechte
oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt worden sind. Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde ist erst
dann eröffnet, wenn den Gerichten ein “spezifischer” Verfassungsverstoß unterlaufen ist. Die Kontrollkompetenz des Bundesverfassungsgerichts
umfasst nur Auslegungsfehler, die eine grundsätzlich unrichtige Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere
vom Umfang seines Schutzbereichs, erkennen lassen und auch in ihrer materiellen Tragweite von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE
18, 85 ; 42, 143 ; 62, 189 ; 85, 248 ; BVerfGK 4, 243 ).

34
b) Das Bundesverfassungsgericht hat in Bezug auf den streitgegenständlichen Bebauungsplan bereits entschieden, dass es sich
dabei um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt (vgl. BVerfG, Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. Februar 1999 – 1 BvR 565/91 -, NVwZ 1999, 979 ). Die von den Beschwerdeführern
aufgeworfenen Fragen sind daher anhand der zu Art. 14 Abs. 1 und 2 GG entwickelten Grundsätze zu beurteilen. Diese lassen
sich – namentlich nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz
(vgl. BVerfGE 100, 226) – wie folgt zusammenfassen:

35
aa) Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die
schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes
Verhältnis bringen. Er muss sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten; insbesondere ist er an den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Das Wohl der
Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen. Einschränkungen der
Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Der Kernbereich der Eigentumsgarantie
darf dabei nicht ausgehöhlt werden. Zu diesem gehört sowohl die Privatnützigkeit, also die Zuordnung des Eigentumsobjekts
zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein soll, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis
über den Eigentumsgegenstand (vgl. BVerfGE 70, 191 ; 79, 174 ; 87, 114 ; 91, 294 ; 100, 226 ).

36
bb) Der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers sind unterschiedliche Schranken gezogen. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit
des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz (vgl. BVerfGE 42, 263
; 50, 290 ; 70, 191 ; 95, 64 ). Demgegenüber ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers umso größer,
je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung
(vgl. BVerfGE 53, 257 ; 100, 226 ; 126, 331 ).

37
Begrenzungen der Eigentümerbefugnisse sind in diesem Rahmen als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs.
2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Überschreitet der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken
des Eigentums die dargelegten Grenzen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam (BVerfGE 52, 1 ), hierauf gestützte
Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden. Zu einem Entschädigungsanspruch
führen sie von Verfassungs wegen nicht (vgl. BVerfGE 58, 300 ; 100, 226 ).

38
cc) Es ist dem Gesetzgeber allerdings grundsätzlich nicht verwehrt, eigentumsbeschränkende Maßnahmen, die er im öffentlichen
Interesse für geboten hält, auch in Härtefällen durchzusetzen, wenn er durch kompensatorische Vorkehrungen ansonsten unverhältnismäßige
oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt (vgl.
BVerfGE 58, 137 ; 79, 174 ; 83, 201 ). Durch einen solchen Ausgleich kann in bestimmten Fallgruppen die
verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer sonst unverhältnismäßigen oder gleichheitswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung
im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG herbeigeführt werden (vgl. BVerfGE 100, 226 ).

39
Ausgleichsregelungen sind freilich nicht generell ein verfassungsrechtlich zulässiges Mittel, unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen
mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang zu bringen. Normen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, müssen grundsätzlich
auch ohne Ausgleichsregelungen die Substanz des Eigentums wahren und dem Gleichheitsgebot entsprechen (vgl. BVerfGE 79, 174
m.w.N.). Wo ausnahmsweise die Anwendung des Gesetzes zu einer unzumutbaren Belastung des Eigentümers führt, können Ausgleichsregelungen
aber zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und zum Ausgleich gleichheitswidriger Sonderopfer in Betracht kommen (vgl. BVerfGE
100, 226 ).

40
Ausgleichsregelungen im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Inhalt und Schranken
des Eigentums zu bestimmen, ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. Er ist gehalten, die verfassungsrechtlichen Grenzen
inhaltsbestimmender Gesetze zu wahren, und darf, wenn er ein zwingendes Verbot ausspricht, nicht darauf vertrauen, dass die
Verwaltung oder die Gerichte Verletzungen der Eigentumsgarantie gegebenenfalls durch ausgleichende Vorkehrungen oder Geldleistungen
vermeiden. Soweit kompensatorische Entschädigungsansprüche begründet werden sollen, kann dies ohnehin, auch mit Rücksicht
auf das Budgetrecht des Parlaments, nur durch ein Gesetz geschehen (vgl. BVerfGE 100, 226 ).

41
Ausgleichsregelungen, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen, sind unzulänglich,
wenn sie sich darauf beschränken, dem Betroffenen einen Entschädigungsanspruch in Geld zuzubilligen. Die Bestandsgarantie
des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung
des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten. Als Instrumente stehen
dem Gesetzgeber hierfür Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz sonstiger administrativer
und technischer Vorkehrungen zur Verfügung. Ist ein solcher Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem
Aufwand möglich, kann für diesen Fall ein finanzieller Ausgleich in Betracht kommen, oder es kann geboten sein, dem Eigentümer
einen Anspruch auf Übernahme durch die öffentliche Hand zum Verkehrswert einzuräumen (vgl. BVerfGE 100, 226 ).

42
2. Gemessen an diesen Grundsätzen lassen weder das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2009 noch das Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2010 in ihrer Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts eine Verletzung von Verfassungsrecht
erkennen (a). Auch die Verfassungswidrigkeit der den Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtslage lässt sich nicht feststellen
(b).

43
a) Die Versagung der begehrten Entschädigung durch die angegriffenen Entscheidungen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nach dem klaren Wortlaut des § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB kommt einfachrechtlich die Zuerkennung einer Entschädigung nach § 42
BauGB nicht in Betracht. Die Fachgerichte haben – von den Beschwerdeführern unbeanstandet – festgestellt, dass hier die Voraussetzungen
des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche) und § 40 Abs. 1 Nr. 8 BauGB (Festsetzung einer öffentlichen
Grünfläche) vorliegen. § 43 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestimmt für diesen Fall, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40
BauGB eine Entschädigung nur nach dieser Vorschrift und damit grundsätzlich nur in Form eines Übernahmeanspruchs (§ 40 Abs.
2 BauGB) zu gewähren ist. Eine darüber hinaus gehende Kompensation nach § 42 BauGB – wie von den Beschwerdeführern verlangt
– scheidet bei einer Auslegung, deren Grenze der Wortlaut der anzuwendenden Normen vorgibt, folglich aus.

44
Angesichts dieser einfachrechtlichen Gesetzeslage war es den Fachgerichten verwehrt, § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB in dem von den
Beschwerdeführern gewünschten Sinne “verfassungskonform” auszulegen. Es bedarf daher an dieser Stelle keiner Entscheidung
darüber, ob für eine verfassungskonforme Auslegung überhaupt Anlass bestünde.

45
Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers
in Widerspruch treten würde (BVerfGE 18, 97 ; 71, 81 ). Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn
eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend
neu bestimmt, das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfGE 54, 277 ; 71, 81
).

46
Hier würde die Zuerkennung einer Entschädigung nach § 42 BauGB die so gezogene Grenze überschreiten. Sie würde dem eindeutigen
und insoweit keiner anderweitigen Auslegung zugänglichen Wortlaut des § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB widersprechen. Außerdem stünde
dem der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen, in jedem Fall des Vorliegens der Voraussetzungen von § 40 BauGB eine
Entschädigung nur nach dieser Vorschrift zu gewähren. Mit der im Zuge der Novelle des Bundesbaugesetzes im Jahr 1976 als §
44b Abs. 3 Satz 1 BBauG eingefügten Bestimmung, wurde durch den Gesetzgeber nämlich kein neuer Grundsatz aufgestellt. Der
Bundesgerichtshof hatte vielmehr bereits vor der Novelle von 1976 klargestellt, dass die §§ 40 und 42 BBauG (§§ 40 und 41
BauGB) aufgrund der damaligen Fassung des § 44 BBauG 1960 (§ 42 BauGB) diesem vorgehen (BGHZ 50, 93 ; vgl. Bielenberg/Runkel,
in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2001, § 43 Rn. 32). § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB will gerade vermeiden,
dass im Fall der in § 40 Abs. 1 BauGB aufgeführten fremdnützigen Festsetzungen der Eigentümer das betroffene Grundstück behalten
und bis zu dessen endgültiger planmäßiger Verwendung Vermögensnachteile in Geld liquidieren kann (vgl. Paetow, in: Berliner
Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002 , § 43 Rn. 6).

47
b) Ein Verstoß der den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegenden Bestimmung des § 43 Abs. 3 Satz 1 BauGB und der damit
eine weitergehende Entschädigung versagenden Rechtslage gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG kann gleichfalls
nicht festgestellt werden.

48
aa) Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verlangt vom Gesetzgeber, bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums
die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers mit den Belangen des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich zu bringen, wobei
er die Grenzen zumutbarer Eigentumsbelastungen nur ausnahmsweise mit Hilfe von Entschädigungs- und Kompensationsvorbehalten
verschieben darf (vgl. BVerfGE 100, 226 ). Eine Verfassungswidrigkeit der Beschränkung auf den Übernahmeanspruch in §
43 Abs. 3 Satz 1 BauGB oder der Entschädigungsrechtslage für planbedingte Eigentumsbelastungen insgesamt könnte danach nur
festgestellt werden, wenn eine unverhältnismäßige Beschränkung des Grundeigentums zu Lasten der Beschwerdeführer vorläge und
diese nicht beseitigt und auch nicht durch gesetzlich vorgesehene Entschädigungen hinreichend kompensiert werden könnte.

49
Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die langjährige und in ihrer Dauer gegenwärtig nicht absehbare Beschränkung
ursprünglich möglicher Grundstücksnutzungen durch den geltenden Bebauungsplan die Eigentümerbefugnisse der Beschwerdeführer,
insbesondere ihr durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Bestandserhaltungsinteresse (vgl. BVerfGE 72, 175 ; 75, 108 ;
78, 249 ; 83, 201 ), unverhältnismäßig beschränkt, weil der Verweis auf den Übernahmeanspruch nach § 40 Abs. 2 BauGB
angesichts offenbar nicht vorliegender Enteignungsvoraussetzungen und nicht zuletzt deshalb völlig ungewisser Realisierungschancen
der planerischen Festsetzungen keinen angemessenen Ausgleich zu schaffen vermag. Denn es ist nicht geklärt, ob die Beschwerdeführer
die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht im Wege des Primärrechtsschutzes beseitigen können. Auf den hierfür vor den Verwaltungsgerichten
grundsätzlich eröffneten Rechtsschutz gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans müssen sie sich verweisen lassen. Dieser
Weg ist für sie auch zumutbar, da er weder in prozessualer noch in inhaltlicher Hinsicht aussichtslos ist.

50
bb) Zwar haben die Beschwerdeführer bereits ohne Erfolg ein Normenkontrollverfahren gegen den in Frage stehenden Bebauungsplan
durchgeführt (vgl. oben I. 2.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Dezember 1989 – 3 S 1842/88 -, juris; BVerwG, Beschluss
vom 21. Februar 1991 – BVerwG 4 NB 16/90 -, NVwZ 1991, S. 873) 
. Gegenstand jenes Verfahrens war jedoch die Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung des Satzungsgebers zum Zeitpunkt seiner
Entscheidung über den Erlass des Bebauungsplans (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.
Dezember 1989 – 3 S 1842/88 -, juris Rn. 38 ff.) 
. Ihr Entschädigungsbegehren im hiesigen Ausgangsverfahren begründen die Beschwerdeführer demgegenüber in erster Linie mit der
zwischenzeitlichen Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse – der jahrelangen Nichtumsetzung der Plankonzeption im Bereich
ihrer Grundstücke, dem offenbar unstreitig entfallenen Bedarf für den Kindergarten und der erklärtermaßen fehlenden Absicht
der Stadt, den Bebauungsplan in diesem Bereich in absehbarer Zeit umzusetzen. Diese Einwände könnten grundsätzlich auch einen
erneuten Angriff gegen die Wirksamkeit der die Beschwerdeführer belastenden Festsetzungen des Bebauungsplans tragen, ohne
dass den neuen Tatsachen die Rechtskraft des ersten Normenkontrollurteils entgegenhalten werden könnte (vgl. – vornehmlich
zur Fallgruppe des Funktionsloswerdens – BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 – BVerwG 4 CN 3.97 -, NVwZ 1999, S. 986 ;
Beschluss vom 3. November 1993 – BVerwG 4 NB 33.93 -, NVwZ-RR 1994, S. 236 ; Beschluss vom 16. Juli 1990 – BVerwG 4 NB
20.90 -, NVwZ-RR 1991, S. 54 ; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 47 Rn. 146; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
VwGO, Stand: Juli 2005, § 47 Rn. 111; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 370).

51
Es ist Sache der Beschwerdeführer, den geeigneten Rechtsbehelf – erneute Normenkontrolle nach § 47 VwGO oder Inzidentkontrolle
der Festsetzungen im Rahmen eines Bauvorbescheid- oder Baugenehmigungsverfahrens – zu wählen, der ihrem Anliegen am ehesten
entspricht, und dessen jeweilige Erfolgsaussichten abzuschätzen. Verfahrensrechtlich von vornherein ausgeschlossen ist jedenfalls
keiner der beiden Wege (vgl. gegen eine Geltung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 VwGO im Falle der Geltendmachung der Funktionslosigkeit
eines Bebauungsplans Bayerischer VGH, Urteil vom 25. März 2004 – 25 N 01.308 -, NVwZ-RR 2005, S. 776 ; VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 10. Juni 2010 – 5 S 2986/08 -, NVwZ 2010, S. 960 ; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO,
Stand: Juli 2005, § 47 Rn. 38; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 47 Rn. 85; vgl. zur Gegenauffassung OVG für das Land
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Juli 1999 – 10a D 53/97.NE -, juris, Rn. 31; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 16. November
2004 – 9 KN 249/03 -, juris, Rn. 14 ff.; offen gelassen von BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 – BVerwG 4 CN 3.97 -, NVwZ
1999, S. 986 ).

52
cc) Auch in der Sache erscheint der Primärrechtsschutz mit den geltend gemachten neuen Einwendungen nicht aussichtslos. Die
Verwaltungsgerichte werden unabhängig von der gewählten Verfahrensart voraussichtlich darüber zu entscheiden haben, ob der
Bebauungsplan zwischenzeitlich funktionslos geworden ist, oder – falls dies nicht der Fall ist – ob die beanstandeten Festsetzungen
unter den nun gegebenen Bedingungen die Eigentumsbefugnisse der Beschwerdeführer noch verhältnismäßig einschränken (vgl. zur
Möglichkeit, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans außerhalb der Fallgruppe der Funktionslosigkeit unter veränderten Umständen
nicht mehr vertretbar sein können VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Juni 2010 – 5 S 2986/08 -, NVwZ 2010, S. 960 ;
vgl. dazu ferner BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. September 2007 – 1 BvR 1698/04 – juris, Rn. 13).
Bei Prüfung der Vereinbarkeit der Nutzungseinschränkungen für die Grundstückseigentümer, die mit den Festsetzungen im Gemeinwohlinteresse
einher gehen, werden die Verwaltungsgerichte die zeitliche Dimension der Belastungswirkung im Hinblick auf die schon verstrichene
Zeit und – falls sich die Feststellung aus den Verfahren vor den ordentlichen Gerichten bestätigt – ihre weiterhin offene
Dauer ebenso zu berücksichtigen haben, wie sie sich mit dem Fortbestehen der von der Stadt geltend gemachten Gemeinwohlbelange
auseinanderzusetzen haben werden.

53
Von den Verwaltungsgerichten in den Blick zu nehmen ist dabei auch der Umstand, ob – wie von den Beschwerdeführern geltend
gemacht – das Vorliegen der Voraussetzungen einer Enteignung zum Zwecke der Planverwirklichung dauerhaft und eindeutig ausgeschlossen
ist. Zwar kommt dem Bebauungsplan keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu (vgl. BVerfGE 74, 264 ; BVerfG, Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Juli 2009 – 1 BvR 2187/07 u.a. – juris, Rn. 15), weshalb das Vorliegen der Enteignungsvoraussetzungen
zum Zwecke seiner Umsetzung weder bei seinem Erlass noch bei einer ursprünglichen Normenkontrolle zu prüfen ist. Es kann indes
nicht ohne Einfluss auf die Abgewogenheit einer beschränkenden Eigentumsgestaltung durch einen Bebauungsplan oder jedenfalls
für das Festhalten hieran sein, wenn von vornherein oder zu einem späteren Zeitpunkt zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen
für eine zur Planumsetzung erforderliche Enteignung auf Dauer ausgeschlossen sind und ein einvernehmlicher Erwerb vom Eigentümer
ausscheidet.

54
Schließlich kann im Rahmen des Primärrechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten bei der Bewertung der bauleitplanerischen
Belastungswirkungen von Festsetzungen zu Gemeinwohlzwecken im Sinne des § 40 Abs. 1 BauGB zwar berücksichtigt werden, dass
der Eigentümer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BauGB die Übernahme von Grundstücksflächen, letztlich auch
deren Eigentumsentziehung nach § 43 Abs. 1 BauGB beanspruchen kann. Belastet eine Festsetzung auch unter Berücksichtigung
der absehbaren zeitlichen Dimension ihrer Umsetzung den Eigentümer ungeachtet dieses Übernahmeanspruchs unverhältnismäßig
in seinem Grundstückseigentum, kann nach den oben (unter 1. b) dargelegten Grundsätzen der daraus folgende Verstoß gegen Art.
14 Abs. 1 GG indes nicht durch eine anderweitige, im Gesetz nicht vorgesehene Entschädigungsleistung kompensiert werden. Es
hat dann bei dem nach der jeweiligen Verfahrensart vor den Verwaltungsgerichten möglichen, dem Primärrechtsschutzanspruch
jedenfalls genügenden, Rechtsfolgenausspruch für den festgestellten Verfassungsverstoß zu verbleiben.

55
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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