Aktenzeichen 1 BvR 2007/10
Art 2 Abs 1 GG
Art 6 Abs 2 GG
§ 4 NiSG
§ 8 Abs 1 Nr 4 NiSG
Gründe
I.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den mit dem Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung
vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2433) eingeführten § 4 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung
am Menschen (NiSG). Die Vorschrift bestimmt, dass Minderjährigen die Nutzung von Sonnenbänken in Sonnenstudios, ähnlichen
Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Einrichtungen nicht gestattet werden darf. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift
sind mit einem Bußgeld bedroht (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 NiSG). Sie lautet:
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Nutzungsverbot für Minderjährige
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Die Benutzung von Anlagen nach § 3 zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher ultravioletter Strahlung in Sonnenstudios, ähnlichen
Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Räumen darf Minderjährigen nicht gestattet werden.”
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Zur Begründung führt der Gesetzgeber an, dass das Risiko, im Erwachsenenalter an Hautkrebs zu erkranken, steige, wenn Menschen
bereits in Kindheit und Jugend verstärkt der ultravioletten Strahlung (UV-Strahlung) ausgesetzt gewesen seien. Bei Kindern
und Jugendlichen, die schon früh eine erhöhte Anzahl an UV-bedingten Pigmentmalen erworben hätten, steige das Risiko einer
Melanom-entstehung, wenn sie sich neben natürlicher UV-Strahlung (Sonne) zusätzlich künstlicher UV-Strahlung aussetzten. Schäden
an Hautzellen, die zu Hautkrebs führen könnten, würden vor allem im Jugendalter angelegt, wenn sich die Haut noch entwickele
(BTDrs. 16/12276, S. 17).
II.
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1. Die am 2. Juni 1994 geborene Beschwerdeführerin zu 1) nutzt gelegentlich – im Einverständnis mit ihren Erziehungsberechtigten
– Solarien und möchte dies auch weiterhin tun. Sie rügt eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs.
1 GG.
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Es gebe keine allgemeine Pflicht der Verfassung, gesund oder vernünftig zu leben. Weiter fehle es auch an einer Beeinträchtigung
von Grundrechten Dritter. Die möglicherweise auf die Allgemeinheit zukommenden Gesundheitskosten, unterstellt die Nutzung
künstlicher UV-Bestrahlung hätte tatsächlich langfristig gesundheitsgefährdende Wirkung, rechtfertigten das Verbot nicht.
Auch die Verpflichtung des Staates zum Schutze von Jugendlichen rechtfertige den Eingriff nicht, soweit es sich um ein grundsätzliches
Verbot der Solariennutzung für alle Minderjährigen handele.
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Das Verbot sei ungeeignet zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, da damit zu rechnen sei, dass sich die Betroffenen verstärkt
der natürlichen UV-Strahlung durch die Sonne aussetzten, die in ihrer Wirkungsweise der künstlichen UV-Strahlung gleich stehe.
Zudem sei das gesetzgeberische Schutzkonzept deshalb nicht schlüssig, weil die Nutzung von Solarien im privaten oder häuslichen
Umfeld nicht unterbunden werde.
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Der Gesetzgeber habe nicht hinreichend zwischen der Schwere des Eingriffs, dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe und den
Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen abgewogen. Es gebe auch positive Wirkungen der UV-Strahlung im Zusammenhang mit
der Bildung von Vitamin D.
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2. Die Beschwerdeführer zu 2) und 3) sind die Eltern der Beschwerdeführerin zu 1). Sie sehen sich durch das Verbot daran gehindert,
ihrer Tochter den Besuch öffentlicher Solarien zu erlauben und rügen die Verletzung ihres Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs.
2 Satz 1 GG, weil der Eingriff nicht verhältnismäßig sei.
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Ein milderes Mittel stelle die Möglichkeit dar, die Nutzung öffentlich zugänglicher Solarien durch Minderjährige von einer
ausdrücklichen Erlaubnis der Eltern oder davon abhängig zu machen, dass Eltern ihre Kinder begleiten. Dadurch werde im Ergebnis
das gleiche Schutzniveau erreicht.
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3. Der Beschwerdeführer zu 4) ist Betreiber eines Sonnenstudios, dessen Kunden in der Vergangenheit teilweise Jugendliche
im Alter ab etwa 16 gewesen seien. Durch den Wegfall dieses Kundenanteils aufgrund des Verbots sei der Umsatz des Betriebs
nicht unerheblich zurückgegangen.
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Der Beschwerdeführer zu 4) rügt zunächst die Verletzung seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Er hält das Verbot im
Wesentlichen aus den gleichen Erwägungen wie die anderen Beschwerdeführer für unverhältnismäßig. Zudem macht er eine Verletzung
seines Grundrechts auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG geltend.
III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 93a
Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen geklärt sind, wie sich aus den nachfolgenden
Ausführungen ergibt.
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Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG genannten Rechte
der Beschwerdeführer angezeigt, denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Die Beschwerdeführerin zu 1) wird durch das Nutzungsverbot in § 4 NiSG nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus
Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Der Eingriff ist gerechtfertigt.
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a) Der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG ist gegenständlich nicht beschränkt, er umfasst jedes menschliche Verhalten ohne
Rücksicht darauf, welches Gewicht ihm für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfGE 80, 137 ; 90, 145 ;
91, 335 ). So umschließt die allgemeine Handlungsfreiheit die prinzipielle Befugnis, sein Äußeres nach eigenem Gutdünken
zu gestalten (vgl. BVerfGE 47, 239 ). Auch ein Verhalten, das Risiken für die eigene Gesundheit oder gar deren Beschädigung
in Kauf nimmt, ist vom Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit geschützt (vgl. BVerfGE 59, 275 – Schutzhelmpflicht
-; 90, 145 – Cannabiskonsum -; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juli 1986 – 1 BvR 331/85 u.a.
-, NJW 1987, S. 180 – Gurtanlegepflicht -; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 – 1 BvR 2181/98
u.a. -, NJW 1999, S. 3399 – Organentnahme -).
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§ 4 NiSG richtet sein Verbot zwar nicht unmittelbar gegen Minderjährige, sondern wendet sich in erster Linie an Betreiber
von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen. Die Vorschrift wirkt sich im Ergebnis aber auch für die Beschwerdeführerin
zu 1) wie ein Verbot der Nutzung von Solarien aus und ist damit funktionales Äquivalent (vgl. BVerfGE 105, 279 ; 110,
177 ; 113, 63 ) eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit.
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b) Der Eingriff durch § 4 NiSG in die allgemeine Handlungsfreiheit ist gerechtfertigt. Die Regelung verfolgt ein legitimes
Ziel (aa) und erweist sich als verhältnismäßig (bb).
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aa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen das
Ziel, die Bevölkerung – insbesondere Minderjährige – vor UV-Strahlung zu schützen, da eine Vielzahl von wissenschaftlichen
Untersuchungen nach seiner Auffassung belegt, dass diese sowohl die Hautkrebsentstehung als auch den Verlauf einer bestehenden
Hautkrebserkrankung entscheidend beeinflusst. UV-Strahlung werde von internationalen Organisationen als karzinogen eingestuft
(vgl. BTDrs. 16/12276, S. 8). Besonders empfindlich reagiert dabei nach Einschätzung des Gesetzgebers die Haut bei Jugendlichen.
Schäden an den Hautzellen, die zu Hautkrebs führen könnten, würden vor allem im Jugendalter angelegt, wenn sich die Haut noch
entwickele (vgl. BTDrs. 16/12276, S. 17). § 4 NiSG soll offensichtlich gerade dem Gesundheitsschutz der Minderjährigen dienen.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich ein legitimes Gemeinwohlanliegen, Menschen davor
zu bewahren, sich selbst leichtfertig einen größeren persönlichen Schaden zuzufügen (vgl. BVerfGE 60, 123 ; BVerfG, Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 – 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S. 3399 ). Insbesondere der Schutz
der Jugend ist nach einer vom Grundgesetz selbst getroffenen Wertung ein Ziel von bedeutsamem Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen
(vgl. BVerfGE 83, 130 ).
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bb) Das Nutzungsverbot ist zur Verfolgung dieses Ziels auch geeignet (1), erforderlich (2) und verhältnismäßig im engeren
Sinne (3).
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(1) Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Maßnahme der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits
die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfGE 96, 10 ; 100, 313 ; 103, 293 ; 117, 163 ). Dass
das Verbot des § 4 NiSG die UV-Strahlenexposition von Kindern und Jugendlichen generell verringern kann, ist nicht ernstlich
zweifelhaft.
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Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass sich Jugendliche aufgrund des Verbots verstärkt der natürlichen UV-Strahlung
durch die Sonne aussetzen könnten, die das gleiche Gefährdungspotential wie künstliche UV-Strahlung habe. Dieser Einwand stellt
die Geeignetheit des § 4 NiSG zur Erreichung des mit seiner Einführung verfolgten Zwecks schon deshalb nicht infrage, weil
Sonnenstudios und ähnliche Einrichtungen jederzeit, insbesondere zu jeder Jahreszeit, und unabhängig von Witterung und Tageszeit
die Möglichkeit bieten, sich der UV-Strahlung auszusetzen. Dass der Ausschluss dieser, die natürlichen Optionen ergänzenden
zusätzlichen Bestrahlungsmöglichkeit zumindest unter mitteleuropäischen Witterungsbedingungen geeignet ist, eine deutliche
Reduzierung der auf Kinder und Jugendliche einwirkenden UV-Strahlung zu erreichen, durfte der Gesetzgeber annehmen.
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Das gilt umso mehr, als in der Gesetzesbegründung zu § 4 NiSG darauf hingewiesen wird, dass bei Kindern und Jugendlichen,
die schon früh eine erhöhte Anzahl an UV-bedingten Pigmentmalen erworben hätten, das Risiko einer Melanomentstehung steige,
wenn sie sich neben natürlicher UV-Strahlung durch die Sonne zusätzlich künstlicher UV-Strahlung aussetzten (vgl. BTDrs. 16/12276,
S. 17). Der Gesetzgeber geht demnach davon aus, dass die Nutzung von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen in der Regel
zusätzlich zur – und nicht an Stelle der – natürlichen Besonnung erfolgt. Diese Einschätzung ist nicht nur vertretbar sondern
naheliegend.
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Auch die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Möglichkeit, dass interessierte Kreise “Bräunungsclubs” bilden, sich Kinder
und Jugendliche selbst eine Sonnenbank anschaffen oder sonst im privaten Bereich künstlicher UV-Strahlung aussetzen, ändert
nichts an der Geeignetheit des Verbots. Insbesondere die Anschaffungspreise von Solarien sprechen dafür, dass diese Formen
der Nutzung eher eine Ausnahme bleiben dürften. Außerdem vermag der Verzicht des Gesetzgebers auf ein faktisch kaum oder nur
durch zusätzliche Grundrechtseingriffe zu kontrollierendes Besonnungsverbot im Privatbereich dem Verbot im Übrigen nicht die
Eignung zu nehmen, sofern auch dies spürbare Wirkung erwarten lässt. Dies aber ist, wie dargelegt, der Fall.
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(2) Da ein anderes, gleich wirksames, aber die allgemeine Handlungsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung
steht, ist das gesetzliche Verbot auch erforderlich.
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An der Erforderlichkeit des Verbots fehlt es insbesondere auch nicht deshalb, weil, wie die Beschwerdeführer meinen, die vom
Gesetzgeber zur Begründung der Regelung herangezogenen Erkenntnisse zur Schädlichkeit der UV-Strahlung bei Kindern und Jugendlichen
nicht gesichert seien und die im Sinne des gesetzgeberischen Anliegens einschlägigen Studien in der Wissenschaft kritisiert
würden.
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Wird der Gesetzgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose
und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht bei
der verfassungsrechtlichen Beurteilung je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein
hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden
kann. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam
sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE
121, 317 m.w.N.).
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Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Einschätzung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass UV-Strahlung im Allgemeinen
und bei Kindern und Jugendlichen im Besonderen eine für die Haut negative Wirkung vor allem im Hinblick auf die Entstehung
und den Verlauf von Hautkrebs hat. Allein der Umstand, dass – wie die Beschwerdeführer behaupten – die Zusammenhänge im Einzelnen
nicht hinreichend geklärt sein mögen und vom Gesetzgeber herangezogene Studien wissenschaftlicher Kritik ausgesetzt sind,
führt nicht zu einer Überschreitung des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bei der Einschätzung der Gefahr. Hieraus
ergibt sich nämlich nicht, dass die vom Gesetzgeber gesehenen Gefahren, deren Eindämmung er mit Einführung des § 4 NiSG verfolgt,
nicht bestünden. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Erwägungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlsam sind. Bestätigt
wird dies durch den Umstand, dass selbst die Beschwerdeführer von einer gesundheitsschädlichen Wirkung der (übermäßigen) UV-Exposition
ausgehen und die Annahmen des Gesetzgebers damit nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen sind.
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(3) Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
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Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in ein Grundrecht und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der
ihn rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein (vgl. BVerfGE 30, 292 ; 67, 157 ;
81, 70 ; 83, 1 ; 90, 145 ). Die Maßnahme darf die Adressaten mithin nicht übermäßig belasten (vgl. BVerfGE 90,
145 ).
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Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit durch das Verbot des § 4 NiSG ist für den betroffenen Minderjährigen nicht
besonders schwer, aber auch keineswegs belanglos. Das Verbot der Benutzung von Sonnenstudios und ähnlichen Einrichtungen wirkt
nur eingeschränkt, weil den Minderjährigen die Möglichkeit des “Sonnenbadens” im Freien und der Nutzung von UV-Licht im privaten
Bereich bleibt. Andererseits wird dem Minderjährigen mit dem Verbot des § 4 NiSG im Bereich privater Lebensgestaltung und
damit in einem Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit die Dispositionsbefugnis über die Gestaltung seines Aussehens
und seiner Freizeitgestaltung teilweise genommen, ohne dass es sich dabei um ein gemeinwohlschädliches Verhalten handeln würde.
Außerdem verfolgt die angegriffene Regelung mit dem Schutz vor selbstschädigendem Verhalten ein Ziel, das nur in besonders
gravierenden Fällen in der Abwägung mit einem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu bestehen vermag (vgl. BVerfGE
60, 123 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 – 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S.
3399 ). Denn sie umfasst gerade auch im Freizeitbereich die Freiheit, Handlungen vorzunehmen oder Verhaltensweisen an
den Tag zu legen, die gesundheitliche Risiken in sich bergen.
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Anderes gilt allerdings im Bereich des Jugendschutzes, der als Rechtfertigungsgrund für Grundrechtseingriffe im Grundgesetz
ausdrücklich anerkannt ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 GG). Mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz der Minderjährigen, ihre mangelnde
Einsichtsfähigkeit und Reife sind deshalb seit langem verschiedene Regelungen auch zum Schutz der Minderjährigen vor Selbstgefährdung
und Selbstschädigung in der Rechtsordnung etabliert. Das verfassungsrechtlich bedeutsame Interesse an einer ungestörten Entwicklung
der Jugend berechtigt den Gesetzgeber zu Regelungen, durch welche der Jugend drohende Gefahren abgewehrt werden (vgl. BVerfGE
30, 336 ). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welchem Zusammenhang und in welcher altersmäßigen
Abstufung und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können
(vgl. BVerfGE 110, 141 ; 121, 317 ). Dabei steht ihm unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
der Jugendlichen und dem Erziehungsrecht der Eltern ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 96,
56 ; 121, 317 ).
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Gemessen hieran hat der Gesetzgeber mit dem Verbot des § 4 NiSG den Minderjährigen keine unzumutbare Einschränkung ihrer allgemeinen
Handlungsfreiheit zugemutet. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass er mit der Annahme der mangelnden Einsichtsfähigkeit oder
jedenfalls mangelnden grundsätzlichen Einsichtsbereitschaft eines nicht unerheblichen Teils der Minderjährigen bis zur Vollendung
des 18. Lebensjahres in das Gefährdungspotential künstlicher UV-Bestrahlung seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum
überschritten hat. Mit dem Ende der Minderjährigkeit hat der Gesetzgeber vielmehr eine vom Grundgesetz – wenn auch in anderem
Zusammenhang – anerkannte Altersgrenze gewählt (vgl. Art. 38 Abs. 2 GG), die zudem im Bürgerlichen Recht (vgl. § 2 BGB) eine
maßgebliche Rolle spielt und auch bei der Frage des Jugendschutzes in Bezug auf den Tabakkonsum relevant ist (vgl. § 10 JuSchG).
Dass der Gesetzgeber in anderen Bereichen des Jugendschutzes niedrigere Altersgrenzen, wie zum Beispiel beim Konsum von Alkohol,
festgelegt hat, zwingt ihn nicht dazu, diese Grenze auch hier heranzuziehen.
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Das Verbot des § 4 NiSG erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber Minderjährigen die Benutzung
von Solarien verboten hat, obwohl die UV-Strahlung im Hinblick auf die Vitamin-D-Bildung auch positive Auswirkungen haben
kann. Nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers kann der Vitamin-D-Haushalt auch durch Nahrungsmittel,
Nahrungsergänzungsmittel und den Aufenthalt im Freien ausreichend reguliert werden (BTDrs. 16/12276, S. 9). Es ist daher nicht
davon auszugehen, dass das Verbot bei Minderjährigen zu gesundheitlichen Problemen aufgrund eines Vitamin-D-Mangels führen
wird.
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2. Es kann dahinstehen, ob das Verbot des § 4 NiSG in das grundrechtlich geschützte Erziehungsrecht der Beschwerdeführer zu
2) und 3) eingreift, weil es ihnen die Möglichkeit nimmt, nach ihren eigenen Erziehungsvorstellungen darüber zu entscheiden,
ob ihr Kind ein Sonnenstudio oder eine ähnliche Einrichtung besuchen können soll. Der Eingriff wäre jedenfalls gerechtfertigt.
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Der Eingriff in das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG wäre nur geringfügig, da es den Eltern unbenommen bleibt, ihrem
Kind im privaten Lebensbereich den Zugang zu einer UV-Bestrahlung zu eröffnen, wenn sie dies für verantwortbar und richtig
halten. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen auch nicht gehalten, aus Verhältnismäßigkeitserwägungen ein bloßes Verbot
mit elterlichem Einverständnisvorbehalt vorzusehen. Angesichts der allenfalls geringen Eingriffsintensität durfte er sich
auf ein umfassendes, nicht nach Altersgruppen und daran anknüpfende Einverständnispflichten differenzierendes und damit für
alle Beteiligten leicht praktikables Verbot entscheiden.
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3. Der Beschwerdeführer zu 4) ist durch das in § 4 NiSG geregelte Nutzungsverbot von Sonnenstudios für Minderjährige nicht
in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.
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Die darin liegende Regelung der Berufsausübung belastet die Betreiber von öffentlich zugänglichen Sonnenstudios nicht in unzumutbarer
Weise. Der Eingriff selbst ist in seiner Reichweite beschränkt. Von den potentiellen Kunden werden den Betreibern von Sonnenstudios
und ähnlicher Einrichtungen nur die Minderjährigen und nur für die Dauer ihrer Minderjährigkeit entzogen. Angesichts der hohen
Bedeutung des Jugendschutzes und der vom Gesetzgeber vertretbar eingeschätzten Gefahr, die Kindern und Jugendlichen durch
die Nutzung von Sonnenbänken droht, erweist sich diese Einschränkung nicht als unverhältnismäßig.
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.