Aktenzeichen 35 W (pat) 434/18
§ 18 Abs 2 GebrMG
§ 84 Abs 2 PatG
§ 93 ZPO
Leitsatz
Grill und Holzkohlekammer
1. Zur Akte nachgereichte Schutzansprüche bewirken keine unmittelbare inhaltliche Änderung eines eingetragenen Gebrauchsmusters. Löschungsanträge sind daher auch in diesem Fall gegen die eingetragenen Schutzansprüche zu richten. Ein (zusätzlich) an die nachgereichten Schutzansprüche angepasster Löschungsantrag lässt den weiterhin aufrechterhaltenen, ursprünglich gegen die eingetragenen Schutzansprüche gerichteten Löschungsantrag inhaltlich unberührt.
2. Verteidigt ein Gebrauchsmusterinhaber ein mit einem gegen einzelne Schutzansprüche gerichteten Teillöschungsantrag angegriffenes Gebrauchsmuster mit einem nicht-angegriffenen Unteranspruch, ist dies unzulässig. Die entsprechenden Grundsätze zur beschränkten Verteidigung eines mit einer Nichtigkeitsklage nur teilweise angegriffenen Patents (BGH GRUR 2017, 604 – Ankopplungssystem) sind insoweit auf das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren zu übertragen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die angegriffenen Schutzansprüche nur noch im Umfang nachgereichter und im Übrigen zulässig geänderter Schutzansprüche verteidigt werden.
3. Soweit ein Gebrauchsmusterinhaber seinen Widerspruch gegen einen Löschungsantrag auf vorher zur Akte nachgereichte Schutzansprüche beschränkt, führt eine Anwendung von § 93 ZPO bei der darauf folgenden Kostenentscheidung regelmäßig zu unbilligen Ergebnissen. Vielmehr ist es angezeigt, die Kostenentscheidung in derartigen Fällen danach zu treffen, in welchem Umfang der Gebrauchsmusterinhaber das angegriffene Gebrauchsmuster mit den nachgereichten Schutzansprüchen erfolgreich verteidigen konnte.
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 20 2014 010 338.0
(hier: Teillöschungsantrag)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richter Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. Univ. Gruber
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2018 abgeändert. Das Streitgebrauchsmuster 20 2014 010 338.0 wird im Umfang seiner angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 gelöscht, während die weiteren eingetragenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13 und 14 unberührt bleiben.
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Löschungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Beteiligten streiten über den Bestand mehrerer Schutzansprüche des am 1. April 2015 beantragten Gebrauchsmusters 20 2014 010 338.0 (i.F.: Streitgebrauchsmuster).
2
Das Streitgebrauchsmuster ist aus der Patentanmeldung 10 2014 213 770.5 mit Anmeldetag 15. Juli 2014 abgezweigt worden. Es ist am 17. Juni 2015 mit der Bezeichnung “Grill und Holzkohlekammer” und den Schutzansprüchen 1 – 15 eingetragen worden. Es ist in Kraft.
3
Die dem Streitgebrauchsmuster zugrundeliegende Erfindung betrifft einen Grill mit einem Gehäuse, einer innerhalb des Gehäuses allseitig mit Abstand zum Gehäuse angeordneten Trägerschale, einer in der Trägerschale stehenden, im wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer mit Deckel, einem oberhalb der Holzkohlekammer angeordneten Grillrost und einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der Trägerschale einen in die Holzkohlekammer gerichteten Luftstrom erzeugt (vgl. Abs. [0001] der Gebrauchsmusterschrift (i.F.: GS)).
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Gemäß Abs. [0002] GS handle es sich entsprechend den gattungsbildenden Merkmalen um einen Holzkohlegrill, der sich aufgrund seiner besonderen Konstruktion und Ausstattung ganz besonders als Tischgrill eigne. Beispielhaft verweist das Streitgebrauchsmuster auf die Druckschrift EP 1 838 187 B1, die als Entgegenhaltung D4 in das Verfahren eingeführt wurde. Für den bekannten Holzkohlegrill sei wesentlich, dass er innerhalb eines Gehäuses eine Holzkohlekammer für glühende Holzkohle aufweise, wobei die Holzkohlekammer mit einer siebartigen Abdeckung versehen sei. Die Holzkohleschale sei mit einer geschlossenen Wandung ausgestattet und werde über eine zentrische, kegelförmige Aufwölbung und eine darin angeordnete Lochung von unten her mit Verbrennungsluft versorgt (vgl. Abs. [0003] GS). In der Beschreibung der Streitgebrauchsmusterschrift ist weiter ausgeführt, dass die aus dem Stand der Technik bekannte Holzkohlekammer in mehrerlei Hinsicht problematisch sei. Sie sei im Wesentlichen geeignet zur Wärmeabstrahlung nach oben, nämlich durch ein abdeckendes Flammsieb hindurch. Aufgrund der schalenförmigen Ausbildung der Holzkohlekammer reflektiere sie im Wesentlichen die Wärmestrahlung nach oben, wodurch die wirksame Fläche ganz erheblich reduziert sei. Außerdem drohe das Flammsieb aufgrund der filigranen Ausgestaltung, insbesondere nach mehreren Heizzyklen, zu brechen bzw. spröde zu werden (vgl. Abs. [0004] GS).
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Hiervon ausgehend bestehe die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, den gattungsbildenden Grill derart auszugestalten und weiterzubilden, dass er sich bei einfachster Konstruktion zur gefahrlosen Handhabung eignet. Die Holzkohlekammer soll stabil ausgeführt sein, so dass sie einem ständigen Gebrauch auch bei hohen Temperaturen innerhalb der Kammer Stand hält. Gleichzeitig soll die Kammer nahezu ungehindert hinreichend Wärme abstrahlen (vgl. Abs. [0005] GS).
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Die eingetragenen Schutzansprüche 1 – 15 haben folgenden Wortlaut:
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1. Grill mit einem Gehäuse (1), einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten Trägerschale (3), einer in der Trägerschale (3) stehenden, im wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer (20) mit Deckel (24), einem oberhalb der Holzkohlekammer (20) angeordneten Grillrost und einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der Trägerschale (3) einen in die Holzkohlekammer (20) gerichteten Luftstrom erzeugt,
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dadurch gekennzeichnet, dass
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die zylindrische Wand (23) der Holzkohlekammer (20) aus einem Edelstahlblech gefertigt ist und dass das Edelstahlblech geschlitzt, gelocht oder gestreckt ist.
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2. Grill nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wand (23) axial verlaufende, parallel zueinander ausgebildete Schlitze aufweist, die sich zwischen einem durchgehenden bodenseitigen Rand und einem durchgehenden deckelseitigen Rand erstrecken.
11
3. Grill nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wand aus radial zueinander versetzten Wandelementen (37) besteht, die einander zumindest geringfügig überlappen und jeweils zwischen sich einen axial verlaufenden Schlitz bilden.
12
4. Grill nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitze eine Breite im Bereich von 1 bis 3 mm haben.
13
5. Grill nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wand (23) als Streckgitter ausgeführt ist.
14
6. Grill nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wand (23) als Lochblech ausgeführt ist.
15
7. Grill nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Lochblech eine runde Lochung (36) hat.
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8. Grill nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Lochblech eine ovale bzw. elliptische oder längliche Lochung (36) hat.
17
9. Grill nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Lochblech eine rechteckige, vorzugsweise eine quadratische Lochung (36) hat.
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10. Grill nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Lochungen (36) benachbarter Lochreihen auf einer horizontalen Linie liegen oder versetzt zueinander angeordnet sind.
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11. Grill nach einem der Ansprüche 6 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Löcher einen Durchmesser im Bereich von 1 bis 3 mm, vorzugsweise im Bereich von 2 mm, haben.
20
12. Grill nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitze oder Lochungen (36) vorzugsweise stanztechnisch hergestellt sind und dass nach innen gerichtete Stülpungen der Ränder ausgebildet sind.
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13. Grill nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckel (24) in seiner Fläche gelocht ist.
22
14. Grill nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass innerhalb der Holzkohlekammer (20) ein siebartiges Inlet aus feinmaschigem Edelstahl angeordnet ist, welches mit zumindest geringem Spiel zu der Innenwandung der Holzkohlekammer (20) innerhalb dieser in der Trägerschale (2) steht und/oder mit der Holzkohlekammer (20) verbunden ist.
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15. Holzkohlekammer (20) mit Merkmalen nach einem der Ansprüche 1 bis 14, soweit sie die Holzkohlekammer (20) für sich gesehen betreffen.
24
Die Antragsgegnerin hat eine Kundin der Antragstellerin mit Schreiben vom 15. Juli 2015 mit Fristsetzung bis 22. Juli 2015 aus dem Streitgebrauchsmuster abgemahnt. Die Antragstellerin hat in Beantwortung dieses Schreibens ihrerseits die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 22. Juli 2015 unter Fristsetzung bis 29. Juli 2015 aufgefordert, auf die Durchsetzung von Rechten aus dem Streitgebrauchsmuster zu verzichten, und einen Teil-Löschungsantrag angekündigt.
25
Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 27. Juli 2015 geänderte Schutzansprüche 1 – 8 beim DPMA nachgereicht, verbunden mit der Erklärung, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft aus dem Streitgebrauchsmuster nur noch Rechte im Umfang der neu gefassten Schutzansprüche geltend zu machen. Diese nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 haben folgenden Wortlaut:
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1. Tischgrill mit einem Gehäuse (1), einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten Trägerschale (2), einer in der Trägerschale (2) stehenden, im wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer (20) mit Deckel (24), einem oberhalb der Holzkohlekammer (20) angeordneten Grillrost und einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der Trägerschale (2) einen in die Holzkohlekammer (20) gerichteten Luftstrom erzeugt, wobei die Wand (23) der Holzkohlekammer (20) aus einem geschlitzten Edelstahlblech gefertigt ist und wobei die Schlitze von einer axialen Ausrichtung abweichen.
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2. Tischgrill nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wand (23) parallel zueinander ausgebildete Schlitze aufweist, die sich zwischen einem durchgehenden bodenseitigen Rand und einem durchgehenden deckelseitigen Rand erstrecken.
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3. Tischgrill nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitze unter einem Winkel schräg zur Achse verlaufen.
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4. Tischgrill nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schlitze eine Breite im Bereich von 1 bis 3 mm haben.
30
5. Tischgrill nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckel (24) in seiner Fläche gelocht ist.
31
6. Tischgrill nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass innerhalb der Holzkohlekammer (20) ein siebartiges Inlet aus feinmaschigem Edelstahl angeordnet ist, welches mit zumindest geringem Spiel zu der Innenwandung der Holzkohlekammer (20) innerhalb dieser in der Trägerschale (2) steht und/oder mit der Holzkohlekammer (20) verbunden ist.
32
7. Tischgrill mit einem Gehäuse (1), einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten Trägerschale (2), einer in der Trägerschale (2) stehenden, im wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer (20) mit Deckel (24), einem oberhalb der Holzkohlekammer (20) angeordneten Grillrost und einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der Trägerschale (2) einen in die Holzkohlekammer (20) gerichteten Luftstrom erzeugt, wobei die Wand (23) der Holzkohlekammer (20) aus einem Edelstahlblech gefertigt ist, wobei das Edelstahlblech geschlitzt, gelocht, oder gestreckt ist und wobei die Wand (23) aus radial zueinander versetzten Wandelementen (37) besteht, die einander zumindest geringfügig überlappen und jeweils zwischen sich einen axial verlaufenden Schlitz bilden.
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8. Holzkohlekammer (20) mit Merkmalen nach einem der Ansprüche 1 bis 7.
34
Über die Nachreichung dieser geänderten Schutzansprüche hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht informiert.
35
Mit Schriftsatz vom 2. September 2015 hat die Antragstellerin gegen das Streitgebrauchsmuster Teillöschungsantrag im Umfang der eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 gestellt. Sie macht als Löschungsgrund – sowohl wegen fehlender Neuheit als auch wegen Fehlen eines erfinderischen Schritts – fehlende Schutzfähigkeit geltend und hat zu dem aus ihrer Sicht maßgeblichen Stand der Technik mit dem Löschungsantrag und im weiteren Verfahren eine Vielzahl von Entgegenhaltungen und Unterlagen in das Verfahren eingeführt.
36
Der Teillöschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 28. September 2015 zugestellt worden. Sie hat dem Teillöschungsantrag mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2015, eingereicht per Fax am selben Tag, im Umfang der Schutzansprüche 1 – 8 vom 27. Juli 2015 widersprochen.
37
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2015 hat die Antragstellerin ihren Teillöschungsantrag gegen die eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 wiederholt und außerdem eine an die nachgereichten Schutzansprüche angepasste Antragsfassung eingereicht, die sich gegen die geänderten Schutzansprüche 1 – 4 und 8 richtet. Bezüglich der geänderten Schutzansprüche hat sie neben fehlender Schutzfähigkeit auch unzulässige Erweiterung beanstandet.
38
Die Beteiligten haben sodann weitere Schriftsätze gewechselt, in denen sie u.a. ihren Sachvortrag in einem parallelen, das Stammpatent, aus dem das Streitgebrauchsmuster abgezweigt wurde, betreffenden Einspruchsverfahren in das Löschungsverfahren einschließlich weiterer Entgegenhaltungen und Unterlagen eingeführt haben. Die Antragsgegnerin hat zudem mit Schriftsatz vom 1. Februar 2017 fünf Hilfsanträge mit geänderten Anspruchsfassungen eingereicht.
39
Die Gebrauchsmusterabteilung hat mit Zwischenbescheid vom 29. März 2018 den Beteiligten als vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass mit einer Teillöschung des Streitgebrauchsmusters zu rechnen sei, und zwar in dem Umfang, in dem die eingetragene Fassung des Streitgebrauchsmusters über den Umfang der nachgereichten Fassung vom 27. Juli 2015 hinausgehe.
40
In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung am 13. September 2018 hat die Antragstellerin entsprechend ihrem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt, das Streitgebrauchsmuster im Umfang der eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 bzw. – bezogen auf die nachgereichte Fassung vom 27. Juli 2015 – im Umfang der geänderten Schutzansprüche mit Ausnahme der geänderten Schutzansprüche 4 – 7 zu löschen. Die Antragsgegnerin hat ihrerseits eine nochmals in einem Punkt geänderte Fassung der nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 eingereicht, und zwar hat Schutzanspruch 8 folgenden Wortlaut erhalten:
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8. Holzkohlekammer (20) mit den Merkmalen nach einem der Ansprüche 1 bis 7.
42
Die Schutzansprüche 1 – 7 i.d.F. vom 27. Juli 2015 sind ansonsten unverändert in die Fassung vom 13. September 2018 übernommen worden. Die Antragsgegnerin hat das Streitgebrauchsmuster im Umfang der Schutzansprüche 1 – 8 i.d.F. vom 13. September 2018 verteidigt. Dass die Antragsgegnerin auch die von ihr eingereichten Hilfsanträge zum Gegenstand ihrer Sachantragstellung in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, ist aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 nicht ersichtlich.
43
Mit in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 verkündetem Beschluss hat die Gebrauchsmusterabteilung das Streitgebrauchsmuster teilgelöscht, soweit es über den Gegenstand der als Hauptantrag am 13. September 2018 eingereichten Anspruchsfassung hinausgeht, den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen und von den Kosten der Antragstellerin 20% und der Antragsgegnerin 80% auferlegt.
44
Zur Begründung hat die Gebrauchsmusterabteilung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
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Der ursprünglich eingereichte Teillöschungsantrag sei zulässig, da er auch bei nachgereichten Schutzansprüchen gegen die eingetragene Fassung zu richten sei. Da die Antragsgegnerin die eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10 und 15 nicht mehr verteidigt habe, seien diese ohne weitere Sachprüfung zu löschen. Die anstelle der angegriffenen Schutzansprüche nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 seien zulässig, insbesondere liege eine unzulässige Erweiterung nicht vor. Die Verteidigung des Streitgebrauchsmusters mit den nachgereichten Schutzansprüchen 1 – 8 sei auch nicht durch die BGH-Rechtsprechung “Ankopplungssystem” ausgeschlossen. Da die nachgereichten Schutzansprüche 4 – 7 von der Antragstellerin nicht angegriffen worden seien, seien sie auf ihre Schutzfähigkeit hin nicht zu überprüfen. Der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs 1 sei nach einer vom Fachmann vorgenommenen Auslegung seiner Merkmale schutzfähig; insbesondere sei dieser Gegenstand ausführbar offenbart, gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und durch diesen Stand der Technik auch nicht nahegelegt. Gleiches gelte in Bezug auf die nachgereichten und ebenfalls angegriffenen Schutzansprüche 2, 3 und 8.
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Der Beschluss ist den Beteiligten am 1. Oktober 2018 zugestellt worden.
47
Gegen diesen Beschluss haben beide Beteiligte selbständig Beschwerde eingelegt, nämlich die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018, eingereicht per Fax am selben Tag und – wie in der ersten Instanz beantragt – gerichtet auf die weitergehende Teillöschung des Streitgebrauchsmusters, sowie die Antragsgegnerin mit Schriftsatz v. 30. Oktober 2018, eingereicht per Fax wiederum am selben Tag und nur (“isoliert”) gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses gerichtet.
48
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der angefochtene Beschluss eine Reihe von Rechtsfehlern aufweise. Insbesondere habe die Gebrauchsmusterabteilung verkannt, dass die Anspruchsfassung vom 13. September 2018 durch den Wegfall des Teilmerkmals “zylindrisch” in Zusammenhang mit der im kennzeichnenden Teil des Schutzanspruchs 1 genannten Wand unzulässig erweitert sei. Sie beanstandet ferner, dass Schutzanspruch 8 der eigentliche Hauptanspruch und die Anspruchsfassung nach Hauptantrag uneinheitlich seien. Ferner führt sie weitere Entgegenhaltungen und Unterlagen zum Stand der Technik ein, darunter auch weitere, als AS26 – AS29 bezeichnete Druckschriften. Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters insbesondere ggü. dem in das erstinstanzliche Verfahren eingeführte Produkt “Grillerette Classic” (Entgegenhaltungen AS2 – AS2h) nicht neu sei, jedenfalls keinen erfinderischen Schritt auch mit Blick auf die vorgenannten, in das Beschwerdeverfahren eingeführten Druckschriften aufweise.
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Die Antragsgegnerin erwidert hierauf, dass eine unzulässige Erweiterung in Bezug auf den Schutzanspruch 1 vom 13. September 2018 nicht gegeben sei. Die Beanstandung der fehlenden Einheitlichkeit sei nicht nachvollziehbar. Neuheit sei gegeben, auch ein erfinderischer Schritt. Die neuen Entgegenhaltungen änderten hieran nichts, zumal es sich um gattungsfremden Stand der Technik handele.
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Mit ihrer Kostenbeschwerde beanstandet die Antragsgegnerin, dass die Kostenquotelung im angefochtenen Beschluss nicht angemessen sei. Sie habe den Widerspruch gegen den Löschungsantrag von Anfang an auf ihre nachgereichten Ansprüche vom 27. Juli 2015 beschränkt, zu denen sie erklärt habe, dass sie für Vergangenheit und Zukunft Rechte nur im Umfang dieser nachgereichten Ansprüche geltend machen werde. Dies stelle ein sofortiges Anerkenntnis dar. Sie habe der Antragstellerin auch keinen Anlass zur Stellung des Löschungsantrags gegeben. Es sei daher nicht von einem Teil-Unterliegen der Antragsgegnerin auszugehen, so dass die Antragstellerin die Kosten des Löschungsverfahrens zu tragen habe.
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Die Antragstellerin ist demgegenüber der Auffassung, dass die Antragsgegnerin die Kosten in vollem Umfang zu tragen habe. Nachdem die Antragsgegnerin eine Kundin der Antragstellerin abgemahnt und auf die Verzichtsaufforderung der Antragsgegnerin nicht reagiert habe, sondern beim DPMA die geänderten Schutzansprüche eingereicht habe, ohne die Antragstellerin hiervon in Kenntnis zu setzen, entspreche es der Billigkeit, wenn die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen habe.
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Der Senat hat mit Hinweis vom 11. Mai 2020 unter Übersendung einer Merkmalsgliederung den Beteiligten seine vorläufige Auffassung zur Sach- und Rechtslage mitgeteilt. Insbesondere hätten die nachgereichten Schutzansprüche keine unmittelbare Änderung des Streitgebrauchsmusters bewirkt, so dass der beschwerdegegenständliche Löschungsantrag gegen die eingetragenen Ansprüche gerichtet sei. Eine unzulässige Erweiterung sei nach vorläufiger Auffassung hinsichtlich der nachgereichten Fassung nicht zu bejahen, wobei davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster nur noch im Umfang der eingetragenen Schutzansprüche 1 und 15 verteidigen wolle. Bedenken bestünden bezüglich der Tenorierung des angefochtenen Beschlusses. Hinsichtlich der Schutzfähigkeit bzw. der Zulässigkeit der in das Verfahren eingeführten Anspruchsfassungen hat der Senat ebenfalls Bedenken geäußert, ebenso bezüglich einer Kostenauferlegung nach § 93 ZPO.
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Die Antragstellerin ist weiter der Auffassung, dass der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs 1 unzulässig erweitert sei.
54
Die Antragsgegnerin hat auf den Senatshinweis mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 eine an die mit dem o.g. Senatshinweis übersendete Merkmalsgliederung angepasste Antragsformulierung eingereicht und ist weiter der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 – 3 schutzfähig sei. Die Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 4 und 5 seien zulässig, da das betr. Merkmal aus dem Schutzanspruch 4 in der ursprünglichen Beschreibung offenbart sei und es der Antragsgegnerin möglich sein müsse, die Ursprungsoffenbarung zur Verteidigung ihres Gebrauchsmusters auszuschöpfen. Des Weiteren hat die Antragsgegnerin auch klargestellt, dass sie die eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 6 – 10 und 12 nicht verteidige. Im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche liege auch ein sofortiges Anerkenntnis der Antragsgegnerin vor, weswegen auch insoweit die Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen seien.
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In der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2020 sind die Beteiligten ergänzend darauf hingewiesen worden, dass der Senat bei der Auslegung des Schutzanspruchs 8 dazu tendiere, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeiten der nachgereichten Schutzansprüche in Zusammenhang mit Schutzanspruch 8 einzeln oder ggf. in Kombination ausschöpfen möchte, der Senat aber hinsichtlich des Schutzanspruchs 15 i.d.F. des nachgereichten Schutzanspruchs 8 vom 13. September 2018 davon ausgehe, dass es sich um einen einheitlichen Anspruchssatz handele, der mit dem Bestand des geänderten Schutzanspruchs 1 stehe und falle. Ferner sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass eine Teillöschung nicht angegriffener Schutzansprüche im angefochtenen Beschluss von der Beschwerde der Antragsgegnerin, die bislang nur auf den Kostenpunkt gerichtet sei, nicht umfasst sein dürften und weitere Rechtsbehelfe von ihr insoweit nicht eingelegt worden seien, es aber nicht ausgeschlossen werden könne, dass solche bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden könnten.
56
Die Antragstellerin hat dazu erklärt, dass der nachgereichte Schutzanspruch 8 auf den nachgereichten Schutzanspruch 3 rückbezogen sei; dieser sei aber in den ursprünglichen Schutzansprüchen gar nicht enthalten gewesen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt Bedenken gegen die Zulässigkeit der nachgereichten Anspruchsfassung bestünden.
57
Die Antragsgegnerin erachtet die nachgereichten Ansprüche weiter als zulässig. Es müsse der Antragsgegnerin möglich sein, sich gegenüber dem Stand der Technik auch durch neu gefasste Schutzansprüche abzugrenzen und dazu die gesamte ursprüngliche Offenbarung auszuschöpfen.
58
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 ferner weitere geänderte Anspruchsfassungen als Hilfsanträge 6, 7 und 8 eingereicht, die sie ebenfalls für zulässig und schutzfähig erachtet. Sie bestreitet die öffentliche Zugänglichkeit der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung übergebenen Entgegenhaltungen AS33 und AS34.
59
Die Antragstellerin, die weitere Unterlagen in der mündlichen Verhandlung übergeben hat, hält die Anspruchsfassungen nach den neuen Hilfsanträgen 6 – 8 ebenfalls für nicht zulässig bzw. ihre Gegenstände für nicht schutzfähig.
60
Die Antragstellerin beantragt,
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den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA vom 13. September 2018 abzuändern und das Streitgebrauchsmuster im Umfang der angegriffenen und eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 zu löschen,
62
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen und
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der Antragsgegnerin die Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
64
Die Antragsgegnerin beantragt,
65
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA vom 13. September 2018 abzuändern,
66
den gegen die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 15 gerichteten Teil-Löschungsantrag im Umfang der Schutzansprüche 1 und 15 in der Fassung dieser Schutzansprüche gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 gestellten Hauptantrag zurückzuweisen, wobei die nicht angegriffenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13 und 14 unberührt bleiben,
67
hilfsweise, in der Reihenfolge der Hilfsanträge 1 – 5 gemäß Schriftsatz vom 8. Juni 2020, sowie 6 – 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020, den gegen die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 15 gerichteten Teil-Löschungsantrag im Umfang der Schutzansprüche in der Fassung nach einem dieser Hilfsanträge zurückzuweisen,
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der Antragstellerin die Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen und
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die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
70
In das erstinstanzliche Löschungsverfahren sind folgende Entgegenhaltungen und Unterlagen eingeführt worden:
71
AS1 Einzugsermächtigung der Antragstellerin
72
AS2 Prospekt “Grillerette Classic” …
73
AS2a E-Mail vom 20. Juni 2014 …
74
AS2b E-Mail vom 23. Juni 2014 …
75
AS2c Eidesstattliche Versicherung …
76
AS2d Screenshots aus einem Videostück “Homevideo Grillerette Classic”, welches auf die Website “vimeo” hochgeladen und auf dieser veröffentlicht wurde und Screenshots bezüglich “Plays” des Videostücks im Zeitraum 9. Juli 2014 bis 16. Juli 2014
77
AS2e Screenshot eines Suchergebnisses von Google zum Videostück vom 1. Juli 2014
78
AS2f vergrößerte Sprengdarstellung des “Grillerette Classic” aus Anlage AS2
79
AS2g vergrößerte Luftstromdarstellung des “Grillerette Classic” aus Anlage AS2
80
AS3 Screenshots aus einem Videostück ” … Grill”, welches am 4. November 2011 auf die Website “YouTube” hochgeladen und auf dieser veröffentlicht wurde
81
AS3a Sprengdarstellung des ” … Grills” gemäß Anlage AS3
82
AS4 Screenshots aus einem Videostück … , welches am 17. Februar 2012 auf die Website “YouTube” hochgeladen und auf dieser veröffentlicht wurde
83
AS4a Schnittdarstellung des ” … Grills” gemäß Anlage AS4
84
AS5 WO 2006/053693 A1
85
AS5a FIG. 2 von WO 2006/053693 A1
86
AS6 DE 20 2009 013 947 U1
87
AS7 Änderungsfassung zu den mit der Eingabe vom 1. Februar 2017 von der Antragsgegnerin als Hauptantrag eingereichten Ansprüchen 1 bis 8
88
AS8 Dudendefinition für “Zylinder”
89
AS9a Dudendefinition für “schlitzen”
90
AS9b Dudendefinition für “Schlitz”
91
AS10 Dudendefinition für “Kammer”
92
AS11 Anlagenkonvolut zum Einspruch der Antragstellerin gegen das zum Streitgebrauchsmuster korrespondierende deutsche Patent 10 2014 213 770
93
AS12 Anlagenkonvolut zum Einspruch der A. …GmbH gegen das deutsche Patent 10 2014 213 770
94
AS13(1) Anlagenkonvolut zum Einspruch der O. …KG gegen das deutsche Patent 10 2014 213 770
95
AS13(2) EP 2 138 081 A1
96
AS14 DE 32 33 319 A1
97
AS15 DE 2 266 12 A
98
AS16 DE 144 675 A
99
AS17 DE 20 2006 015 638 U1
100
AS18(1) Auszug aus einer Mitteilung vom 14.08.2017 des EPA zu der europäischen Patentanmeldung 15 738 248.2 der Antragsgegnerin
101
AS18(2) DE 10 2011 114 563 A1
102
AS19 DE 20 2008 014 940 U1
103
AS20 DE 91 12 110 U1
104
AS21 AU 2014 100 346 A4
105
AS22 US 6,941,941 B1
106
AS23 Aussetzungsbeschluss vom 10.02.2017 des Landgerichts M.…in Sachen einer Patentverletzungsklage aus dem deutschen Patent 10 2014 213 770
107
AS24 DE 20 2017 101 704 U1
108
AS25 Auszug aus einer Mitteilung vom 24.07.2018 des EPA zu der europäischen Patentanmeldung 15 738 248.2 der Antragsgegnerin.
109
Über die Dokumente AS11 bis AS13 sind durch Verweis auf das parallele Einspruchsverfahren auch die nachfolgend genannten Dokumente eingeführt worden:
110
AS1a WO 2014/094 745 A1
111
AS1b DE 20 2014 001 383 U1
112
AS1c US 2 575 082 A
113
AS1d GB 2 168 474 A entspricht AS29
114
D1 DE 20 2014 001 383 U1 entspricht AS1b
115
D2 GB 2 168 474 A entspricht AS1d
116
D3 US 2 575 082 A
117
D4 EP 1 838 187 B1 aus dem Streitgebrauchsmuster
118
D5 WO 2014/094 745 A1 entspricht AS1a
119
E1 DE 20 2008 014 940 U1 entspricht AS 21
120
E2 AU 2013 101 148 B4
121
E3 EP 2 329 750 B1
122
E4 Katalog P.… GmbH, Auflage 8, 02/2012
123
E5 Wikipedia Eintrag Lochplatte, gemäß der Version vom 20. Dezember 2013
124
E6 CN 203138133 U
125
E7 Bilder des Produktes “Grillerette Classic” …, welches vor dem 14. Juli 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist (vgl. AS2)
126
E8 Kopie der Akteneinsicht des Gebrauchsmusters DE 20 2014 010 338 U1 (ohne Anlagen des Antrags vom 2.9.2015)
127
E9 US 3,851,639 A
128
E10 US 6,932,001 B2
129
E11 DE 91 12 110 U1 entspricht AS20
130
E12 JP 2001304553 A entspricht AS27.
131
In der Beschwerdeinstanz sind als weitere Entgegenhaltungen und Unterlagen in das Verfahren eingeführt worden:
132
AS2h Zweite eidesstattliche Versicherung … vom 04. Dezember 2018
133
AS2i Technische Zeichnung der Grillerette Classic vom 12. August 2014
134
AS2j Übersicht über internationale Edelstahlbezeichnungen, von http://www.metalservis.com.tr/sayfam/1786/Paslanmaz-%C3%87elik-Muadiler.htm
135
heruntergeladen am 07.12.2018
136
AS26 KR 10 2011 101 600 A
137
AS26a englische Maschinenübersetzung der Druckschrift AS26
138
AS27 JP 2001304553 A
139
AS27a englische Maschinenübersetzung der Druckschrift AS27
140
AS28 KR 101184999 B1
141
AS28a englische Maschinenübersetzung der Druckschrift AS28
142
AS29 GB 2 168 474 A
143
AS30 Abmahnung der Gebrauchsmusterinhaberin vom 15.07.2015
144
AS30a Urkunde über Eintragung des Streitgebrauchsmusters (Anlage UN5)
145
AS30b Bilder der Holzkohlekammer des beanstandeten Tischgrills (Anlage UN6)
146
AS30c Erteilungsbeschluss Patentanmeldung 10 2014 213 770.5 (Anlage UN7)
147
AS31 Erwiderung der Löschungsantragstellerin vom 22.07.2015
148
AS33 Veröffentlichung zum Produkt “LongLife-Modell 2015” …
149
AS34 Rezension zum … Edelstahl-Kohlebehälter
150
AS35 Hinweise der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zum Patentverfahren 10 2015 209 010.8
151
AS36 Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 22.07.2015
152
AS37 Konzept der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020.
153
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
154
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg, als sie zur Teil-Löschung des Streitgebrauchsmusters im beantragten Umfang, nämlich der mit dem Löschungsantrag angegriffenen, eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 führt. Auf die (auch) als Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin anzusehende Antragstellung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 war auszusprechen, dass die nicht-angegriffenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13 und 14 hiervon unberührt bleiben. Die ebenfalls zulässige Kostenbeschwerde der Antragsgegnerin bleibt ohne Erfolg.
155
1. Gegenstand des Löschungsverfahrens sind ausschließlich die eingetragenen und mit Teil-Löschungsantrag angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 des Streitgebrauchsmusters.
156
a) Die eingetragenen Schutzansprüche des Streitgebrauchsmusters sind durch die von der Antragsgegnerin nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 vom 27. Juli 2015 inhaltlich nicht verändert worden.
157
Die Eintragung eines Gebrauchsmusters ist ein vom Deutschen Patent- und Markenamt, einer Behörde der öffentlichen Verwaltung bewirkter Hoheitsakt, die nur durch einen (gegenteiligen) Hoheitsakt substantiell verändert werden kann (vgl. BGH, GRUR 1998, 910 – Scherbeneis). Mithin ist Prüfungsgegenstand im Löschungsverfahren das Gebrauchsmuster in der eingetragenen Fassung auch dann, wenn der Gebrauchsmusterinhaber nachträglich neu formulierte Schutzansprüche mit der Erklärung zur Gebrauchsmusterakte eingereicht hat, er wolle für Vergangenheit und Zukunft keine über diese Schutzansprüche hinausgehenden Rechte aus dem Gebrauchsmuster geltend machen (BGH, a.a.O.).
158
Die Antragstellerin hat nach alledem ihren ursprünglichen Teil-Löschungsantrag zulässigerweise gegen die eingetragenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 des Streitgebrauchsmusters gerichtet. Die nicht-angegriffenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13, und 14 sind hingegen in keiner Hinsicht Verfahrensgegenstand.
159
b) Die Antragstellerin hat diesen Teil-Löschungsantrag im weiteren Verfahren vom Umfang her nicht verändert.
160
Soweit die Antragstellerin im Verfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung ihren Löschungsantrag, gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 “zudem” gegen die nachgereichte Anspruchsfassung “mit Ausnahme der Ansprüche 4, 5, 6 und 7” beantragt hat, ergibt sich hieraus nichts Anderes. Zum einen hatte sie in erster Linie weiter die Löschung der eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 weiterverfolgt. Zum anderen begegnet eine derartige Antragstellung Bedenken, weil, wie ausgeführt, Gegenstand des Löschungsverfahrens weiterhin die durch die nachgereichten Schutzansprüche gerade nicht ersetzten, eingetragenen Schutzansprüche sind. Diese – zusätzlich zum ursprünglichen Löschungsantrag erfolgte – Antragstellung kann nur dahingehend ausgelegt werden, dass die Antragstellerin damit zum Ausdruck bringt, dass sie den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Löschung (§ 15 Abs. 1 GebrMG) auch im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche vom 27. Juli 2015 nicht erfüllt sieht.
161
Soweit die Antragstellerin in ihrer zusätzlichen, erstinstanzlichen Antragstellung den nachgereichten Schutzanspruch 2, der auf den ursprünglichen und nicht angegriffenen Schutzanspruch 2 zurückgeht, angreift, ist hierin keine automatische Erweiterung des streitgegenständlichen Teil-Löschungsantrags auf den eingetragenen Schutzanspruch 2 zu sehen. Bleibt die eingetragene Fassung Gegenstand des Löschungsverfahrens, muss eine Erweiterung eines gegen eingetragene Schutzansprüche gerichteten Teil-Löschungsantrags in klarer und eindeutiger Weise erklärt werden. Die von der Löschungsantragstellerin lediglich auf nachgereichte Schutzansprüche bezogene, zusätzliche Antragstellung in der mündlichen Verhandlung genügt diesen Anforderungen nicht. Die Antragstellerin, die auf die Bedenken des Senats bezüglich ihrer zusätzlichen Antragstellung hingewiesen worden ist (Ziff. 4. der Senatshinweise vom 11. Mai 2020), hat zudem ihren in der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2020 gestellten Sachantrag nochmals ausdrücklich auf die ursprünglich angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 bezogen.
162
2. Das Streitgebrauchsmuster ist im Umfang der eingetragenen Schutzansprüche 6 – 10 und 12 ohne weitere Sachprüfung zu löschen, da sich der auf die nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 vom 27. Juli 2015 beschränkte Widerspruch der Antragsgegnerin nicht auf diese Schutzansprüche bezogen hat (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG).
163
a) Auch wenn mit der Erklärung, über den Umfang neuer Schutzansprüche keine Ansprüche mehr geltend machen zu wollen, verbundene, nachgereichte Schutzansprüche, wie ausgeführt, nicht zu einer inhaltlichen Veränderung eingetragener Schutzansprüche führen, bewirken diese jedenfalls eine an die Allgemeinheit gerichtete Selbstbeschränkung des Inhabers auf die nachgereichten Schutzansprüche (BGH, GRUR 1998, 910 – Scherbeneis). Die Antragsgegnerin konnte daher zulässigerweise das Streitgebrauchsmuster nur noch im Umfang der nachgereichten, beschränkten Schutzansprüche verteidigen. Denn in derartigen Fällen ist von einem bindend vorweggenommenen Verzicht auf Widerspruch im Sinne von § 17 Abs. 1 GebrMG gegen einen Löschungsantrag auszugehen, soweit dieser sich auf einen Gegenstand bezieht, der über die eingeschränkten nachgereichten Schutzansprüche hinausgeht (BGH a.a.O.).
164
b) Dementsprechend hat die Antragsgegnerin ihren im Übrigen rechtzeitig erfolgten Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Löschungsantrag nur im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 erhoben. Allerdings fehlt es an einer wirksamen Selbstbeschränkung gegenüber der Allgemeinheit, wenn lediglich solche Ansprüche eingereicht werden, die zugleich eine unzulässige Erweiterung enthalten und deswegen nicht Gegenstand des Streitgebrauchsmusters werden können (BGH, a.a.O.).
165
Soweit im nachgereichten Schutzanspruch 1 gegenüber dem eingetragenen Schutzanspruch 1 im kennzeichnenden Teil entfallen ist, dass die Wand zylindrisch sein soll, stellt dies keine unzulässige Erweiterung dar.
166
Die Wand (23) ist im eingetragenen wie im nachgereichten Schutzanspruch 1 als Wand der im Wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer definiert. Als Wand eines Hohlzylinders ist sie somit auch an sich zylindrisch. In der GS ist diesbezüglich beschrieben, dass bei der stanztechnischen Fertigung von Schlitzen Ränder an der Kontur der Schlitze entstehen können (vgl. Abs. [0014]). Auch kann die Wand im oberen Bereich umgebördelt und im unteren Bereich abgeflanscht ausgeführt sein (vgl. Abs. [0065], [0077], [0079], Figuren 2, 10, GS). Die Wand und somit auch die Holzkohlekammer sind daher nicht als idealzylindrisches Bauteil aufzufassen; vielmehr kommt es in Form und Kontur zu Abweichungen von einem idealen Hohlzylinder. Holzkohlekammer und Wand sind demnach beide im Wesentlichen zylindrisch ausgeführt.
167
Auch wenn im eingetragenen Schutzanspruch 1 die Wand als zylindrische Wand ohne das Attribut “im Wesentlichen” vom Wortlaut enger gefasst gewesen ist, so lässt im Lichte des Streitgebrauchsmusters aber bereits diese Fassung nur ein Verständnis dahingehend zu, dass die Wand als Bestandteil einer im Wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer selber auch nicht ideal zylindrisch, sondern allenfalls im Wesentlichen zylindrisch ausgeführt ist. Die Streichung des Adjektivs “zylindrisch” führt daher zu keiner Erweiterung des nachgereichten Schutzanspruchs 1, also auch nicht zu einer unzulässigen Erweiterung.
168
Die nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 vom 27. Juli 2015 weisen nach alledem keine unzulässige Erweiterung auf.
169
c) Die angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 des Streitgebrauchsmusters sind im über die nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 vom 27. Juli 2015 hinausgehenden Umfang ohne Sachprüfung zu löschen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG).
170
Die nachgereichten Schutzansprüche 1 – 8 stellen einen neuen, auch neu nummerierten, einheitlichen Anspruchssatz dar. Insbesondere können die nachgereichten Schutzansprüche 6, 7 und 8 nicht einfach als eingeschränkte Fassungen der eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 6 – 8 betrachtet werden. Vielmehr kommt es bei der Beurteilung, in welchem Umfang, konkret: in Bezug auf welche angegriffenen Schutzansprüche das Streitgebrauchsmuster ohne weitere Sachprüfung zu löschen ist, auf eine inhaltliche Betrachtungsweise an. Ist der Gegenstand eines angegriffenen Schutzanspruchs in keiner Weise mehr in die nachgereichten Schutzansprüche übernommen worden, so ist der jeweilige Schutzanspruch als solcher löschungsreif, da das Streitgebrauchsmuster in Bezug auf den Gegenstand des betreffenden Schutzanspruchs nicht verteidigt wird und dieser Gegenstand vom ansonsten erhobenen Widerspruch gegen den Löschungsantrag nicht umfasst wird.
171
Vorliegend sind die Gegenstände der angegriffenen Schutzansprüche 6 – 10 und 12 in den nachgereichten Schutzansprüchen nicht mehr enthalten, während die Antragsgegnerin den Schutzanspruch 1 mit einem geänderten Schutzanspruch 1 und den ebenfalls angegriffenen Schutzanspruch 15 im Umfang des nachgereichten Schutzanspruchs 8 verteidigt hat. Die weiteren nachgereichten Schutzansprüche stellen Modifikationen nicht angegriffener und deswegen nicht verfahrensgegenständlicher Schutzansprüche dar: Die nachgereichten Schutzanspruch 2, 4, 5, 6 sind modifizierte Fassungen der eingetragenen und nicht angegriffenen Schutzansprüche 2, 4, 13, 15, während der nachgereichte Schutzanspruch 3 einen neuen Unteranspruch und der nachgereichte Schutzanspruch 7 eine Kombination des Schutzanspruchs 1 mit Merkmalen des ebenfalls nicht angegriffenen Schutzanspruchs 3 darstellen. Dass die Antragsgegnerin die angegriffenen Schutzansprüche 6 – 10 und 12 von Anfang an nicht verteidigen wollte, hat sie in ihrem Schriftsatz vom 8. Juni 2020 (dort S. 10 = Bl. 266 d.A.) selber eingeräumt; sie hat diese Schutzansprüche auch nicht mehr zum Gegenstand ihres in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 gestellten Sachantrags gemacht.
172
Die eingetragenen Schutzansprüche 6 – 10 und 12 sind daher als solche ohne weitere Sachprüfung zu löschen, die weiteren, angegriffenen Schutzansprüche 1 und 15 allerdings nur insoweit, als sie über die nachgereichten Schutzansprüche 1 bzw. 8 vom 27. Juli 2015 hinausgehen.
173
3. Die Antragsgegnerin hat den angegriffenen eingetragenen Schutzanspruch 1 mit einem in den Fassungen eines Haupt- sowie von Hilfsanträgen 1 bis 5 geänderten Schutzanspruch 1 verteidigt. Zwar erweisen sich die Gegenstände des Schutzanspruchs 1 nach dem zulässigen Haupt- und den ebenfalls zulässigen Hilfsanträge 1 bis 3 als neu, sie beruhen aber nicht auf einem erfinderischen Schritt. Die weiteren zur Verteidigung des Schutzanspruchs 1 vorgelegten Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 4 und 5 sind unzulässig. Die Hilfsanträge 6, 7 und 8 beziehen sich auf eine eingeschränkte Verteidigung des eingetragenen Schutzanspruchs 15, siehe dazu unten Ziff. 4.
174
a) Der Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags umfasst folgende Merkmale in gegliederter Form:
175
M1 Tischgrill mit einem Gehäuse (1),
176
M2 einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten Trägerschale (2),
177
M3 einer in der Trägerschale (2) stehenden, im wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer (20)
178
M3.1 mit Deckel (24),
179
M4 einem oberhalb der Holzkohlekammer (20) angeordneten Grillrost und
180
M5 einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der Trägerschale (2) einen in die Holzkohlekammer (20) gerichteten Luftstrom erzeugt,
181
M3.2 wobei die Wand (23) der Holzkohlekammer (20) aus einem geschlitzten Edelstahlblech gefertigt ist
182
M3.2.1 und wobei die Schlitze von einer axialen Ausrichtung abweichen.
183
Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag hinsichtlich des Merkmals M3.2‘,
184
M3.2‘ wobei die zylindrische Wand (23) der Holzkohlekammer (20) aus einem geschlitzten Edelstahlblech gefertigt ist.
185
Beim Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 2 kommt gegenüber dem Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag noch das Merkmal M3.2.2 dazu,
186
M3.2.2 und gerade so breit ausgelegt sind, dass es zur optimalen Wärmeabstrahlung reicht, wobei sie so schmal sein müssen, dass weder Glut noch Funkenflug durch die Schlitze hindurch nach außen gelangt.
187
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 2 wiederum hinsichtlich des Merkmals M3.2‘.
188
Beim Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 kommt gegenüber dem Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 noch das Merkmal M3.2.3 hinzu,
189
M3.2.3 und wobei die Schlitze eine Breite im Bereich von 1 bis 3 mm haben.
190
Der Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 dann wieder hinsichtlich des Merkmals M3.2‘.
191
b) Als im vorliegenden Fall zuständiger Fachmann ist ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Maschinenbau oder mit entsprechendem akademischen Grad anzusehen, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Grillgeräten jedweder Art verfügt.
192
c) Die Merkmale der schutzbeanspruchten Gegenstände bedürfen der Erläuterung:
193
Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags stellt auf einen Tischgrill, also auf einen auf einem Tisch betreibbaren Grill ab. Der Tischgrill umfasst ein Gehäuse 1 (Merkmal M1) und eine innerhalb des Gehäuses allseitig mit Abstand zum Gehäuse angeordnete Trägerschale 2 (Merkmal M2).
194
Mit Blick auf die untenstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 der GS kann die Trägerschale mit ihrem Randbereich 8 am Gehäuse aufgesetzt werden (vgl. Abs. [0061] GS), muss also nicht kontaktlos vom Gehäuse beabstandet sein.
195
Figuren 1, 3 und 2 aus der GS
196
In der Trägerschale soll eine im Wesentlichen zylindrische Holzkohlekammer 20 stehen, wobei die Holzkohlekammer über einen Deckel 24 verfügt (Merkmale M3, M3.1).
197
Über die stehende Aufnahme der Holzkohlekammer auf dem Boden erfüllt die Schale 2 die anspruchsgemäße Träger-Funktion. Die Kammer 20 muss gegenständlich geeignet sein, Holzkohle aufzunehmen. Die Holzkohlekammer ist als im Wesentlichen zylindrisch definiert, wobei dies keine Beschränkung auf eine, wie in den Ausführungsbeispielen (vgl. Figuren 2, 6 bis 12, GS) gezeigt, lediglich kreiszylindrische Form darstellt. Die geforderte zylindrische Ausgestaltung bezieht sich sowohl auf die innere als auch äußere Gestalt der Kammer. Innen ist sie zur Aufnahme der Holzkohle als Hohlzylinder ausgestaltet, verfügt aber auch über eine zylindrische Außenhaut.
198
Die Holzkohlekammer soll anspruchsgemäß eine Wand (23) umfassen, so dass die Wand als Bestandteil der im Wesentlichen zylindrischen Holzkohlekammer ebenfalls im Wesentlichen zylindrisch ausgestaltet ist. Die Wand ist aus einem Edelstahlblech gefertigt und weist Schlitze auf (Merkmale M3.2, M3.2.1).
199
Die Edelstahl-Wand ist demnach mit Schlitzen perforiert, also mit Lochungen versehen, die eine signifikant größere Längs- als Quererstreckung aufweisen. Die Figuren 10 und 11 der GS zeigen in axialer Richtung der zylindrischen Kammer ausgerichtete Schlitze (vgl. untenstehend wiedergegebene Figur 10 mit Ausschnittsvergrößerung, GS), die als Langlöcher mit einer in etwa dreifachen Längserstreckung gegenüber deren Breite ausgebildet sind (vgl. Abs. [0008], [0082], GS).
200
Figur 10 mit Ausschnittsvergrößerung aus der GS
201
Anspruchsgemäß sollen die Schlitze von der in den Figuren 10 und 11 der GS gezeigten axialen Ausrichtung abweichen (Merkmal M3.2.1). Die Schlitze können somit auch schräg oder horizontal am Zylinderumfang ausgerichtet sein, sollen aber eben keine vertikale Ausrichtung also in Axialrichtung der Kammer aufweisen. Dabei ist für den Fachmann die Längsrichtung des Schlitzes für dessen Ausrichtung bestimmend.
202
In der GS ist angegeben, dass fertigungsbedingt Ränder an der Kontur der Schlitze entstehen können (vgl. Abs. [0014], GS) und der obere Bereich der Wand umgebördelt sowie der untere Bereich abgeflanscht ausgebildet sein können. (vgl. Abs. [0065], [0077], [0079], Figuren 2, 10, GS). Die Wand und die Holzkohlekammer an sich sind daher nicht als idealzylindrisches Bauteil zu verstehen, vielmehr ist die Holzkohlekammer hinsichtlich ihrer Wand aus einem im Wesentlichen hohlzylindrischen Körper gebildet, bei dem Abweichungen in Form und Kontur auftreten.
203
Auf die hohlzylindrische Holzkohlekammer ist ein Deckel aufsetzbar (Merkmal M3.1). Oberhalb der Holzkohlekammer ist ein Grillrost angeordnet (Merkmal M4). Eine Luftversorgungseinrichtung erzeugt von unterhalb der Trägerschale einen in die Holzkohlekammer gerichteten Luftstrom (Merkmal M5), wobei als Luftversorgungseinrichtung ein Ventilator (vgl. Abs. [0064], Figur 2, GS) verwendet werden kann.
204
Über das zusätzliche Merkmal M3.2.2 des Gegenstandes des Schutzanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 ist die Breite der Schlitze derart zu bemessen, dass eine optimale Wärmeabstrahlung erreicht wird und dennoch weder Glut noch Funkenflug durch die Schlitze hindurch nach außen gelangen kann. Als vorteilhafte Schlitzbreite wird im Absatz [0010] der GS ein Maß von 1 mm bis 3 mm genannt.
205
Der Fachmann versteht dieses Merkmal dahingehend, dass bei einem im stationären Grillbetrieb von der Luftversorgungseinrichtung bereitgestellten Luftstrom – also nicht beim Anheizen des Grills mit dann ggf. deutlich höherem Luftstrom – und bei einer vorgeschriebenen Befüllung der Holzkohlekammer mit einer für die Verwendung bei Tischgrills üblichen Holzkohle sowie bei den im Betrieb zu erwartenden lediglich geringen mechanischen Einwirkungen auf den Tischgrill die Breite der Schlitze derart schmal zu wählen ist, dass weitestgehend keine Funken und keine Glut durch die Schlitze hindurch gelangen sollen. Dass die merkmalsgemäße Definition dennoch einen vereinzelten Funkenflug und den Austritt von Kleinstmengen an Glut zulässt, weil dies in der Praxis schlichtweg nicht zu verhindern sein wird, liegt für den Fachmann auf der Hand. Mit Blick auf die Figuren 10 und 11 der GS ist die Wärmeabstrahlung bei einer hinsichtlich des Funken- und Glutaustritts maximal möglichen Schlitzbreite dann über die Länge und die Anzahl der Schlitze optimiert.
206
Das Merkmal M3.2.3 des Gegenstandes nach den Schutzansprüchen 1 in den Fassungen nach den Hilfsanträgen 4 und 5 definiert die Schlitzbreite konkret als in einem Bereich von 1 bis 3 mm liegend.
207
d) Der Schutzanspruch 1 in den Fassungen nach Haupt- und den Hilfsanträgen 1 bis 3 ist zulässig.
208
Die Merkmale des Tischgrills nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag gehen auf den eingetragenen Schutzanspruch 1 i.V.m. den Absätzen [0002] (Tischgrill, M1) und [0008] (“…die Schlitze von der axialen Ausrichtung abweichen…”, M3.2.1) der GS zurück, wobei bei dem Merkmal M3.2 gegenüber dem eingetragenen Schutzanspruch 1 entfallen ist, dass die Wand zylindrisch sein soll. Dies stellt, wie bereits im Abschnitt II.2.b. ausgeführt, eine zulässige Änderung dar.
209
Das gegenüber dem Merkmal M3.2 geänderte Merkmal M3.2‘ der Gegenstände der jeweiligen Schutzansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 ist im eingetragenen Schutzanspruch 1 offenbart.
210
Das neu in den Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 3 aufgenommenen Merkmal M3.2.2 ist im Abs. [0008] der GS beschrieben.
211
Der mithin durch den nachgereichten Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag in zulässiger Weise beschränkt verteidigte eingetragene Schutzanspruch 1 ist nach alledem in der über die nachgereichte Fassung hinausgehenden Umfang ohne weitere Sachprüfung zu löschen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG). Prüfungsgegenstand ist für die weitere Beurteilung der Schutzfähigkeit daher die nachgereichte Fassung.
212
e) Die Gegenstände des angegriffenen Schutzanspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag und in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 sind neu, beruhen aber nicht auf einem erfinderischen Schritt.
213
ea) Der Auffassung der Antragstellerin, der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag sei nicht neu, insbesondere gegenüber dem Konvolut AS2 (Dokumente AS2a bis AS2g), kann nicht gefolgt werden.
214
Mit Blick auf die untenstehend wiedergegebenen Dokumente AS2f und AS2g offenbart das Konvolut AS2 einen Tischgrill (vgl. AS2, Foto Seite 1) mit einem Gehäuse (Merkmal M1), einer Trägerschale und einer zylindrischen Holzkohlekammer mit Deckel (Merkmale M2, M3, M3.1) sowie dem definierten Grillrost (Merkmal M4) und einer anspruchsgemäßen Luftversorgungseinrichtung (Merkmal M5).
215
Dokumente AS2f und AS2g aus dem Konvolut AS2
216
Die zylindrische Wand der Holzkohlekammer ist mit rechteckigen Ausschnitten versehen, wobei die Abmessungen der Ausschnitte vertikal in Umfangsrichtung 10 mm und in ihrer axialen Höhe 6 mm betragen (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 13.11.2017 aus dem erstinstanzlichen Löschungsverfahren, Seite 4). An der unteren Längskante jeden Ausschnitts ist ein in radialer Richtung nach außen abstehendes Leitblech angeordnet. Diese Ausschnitte weichen zwar ohne weiteres erkennbar von einer axialen Ausrichtung ab, sind aber nicht als Schlitze mit einer signifikant größeren Längsabmessung gegenüber der Querabmessung zu verstehen.
217
Somit offenbart Konvolut AS2 nicht die die Ausbildung von Schlitzen in der Wand und deren anspruchsgemäße Ausrichtung betreffenden Teilmerkmale M3.2 und M3.2.1.
218
Demnach kommt es bei der Beurteilung der Neuheit des Gegenstandes nach Schutzanspruch 1 gegenüber dem Konvolut AS2 nicht mehr darauf an, ob im Hinblick auf das Merkmal M3.2 die Wand der Holzkohlekammer der Grillerette, wie im Dokument AS2 auf Seite 3 oben angegeben, aus einem nicht näher spezifizierten Stahl (steel charcoal container), oder, wie von der Antragstellerin versichert (vgl. Dokumente AS2h, Punkt 8., “Edelstahlblech” i.V.m. AS2i, AS2j) und anspruchsgemäß gefordert, aus Edelstahl gefertigt ist.
219
Die am 26. Juni 2014, also vor dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters, international veröffentlichte Druckschrift AS1a (WO 2014/094 745 A1) offenbart (vgl. Patentanspruch 1, Seite 9, Zeilen 29 bis Seite 11, Zeile 20, Figuren 1 bis 4) einen Grill, der auch als Tischgrill verwendet werden kann (vgl. Seite 1, Zeilen 10 bis 12). Der Tischgrill ist mit einem Gehäuse 1 und einer Trägerschale 2, in der stehend eine im Wesentlichen zylindrische Holzkohlekammer 20 mit Deckel 24 aufgenommen ist, ausgestaltet (Merkmale M1, M2, M3, M3.1). Dieser Grill umfasst auch einen oberhalb der Holzkohlekammer angeordneten Grillrost 3 und eine als Ventilator 18 ausgebildete Luftversorgungseinrichtung (Merkmale M4, M5). Die Wand 23 der Holzkohlekammer ist als feinmaschiges Sieb ausgebildet (vgl. Seite 11, Zeilen 5 bis 8, Seite 13, Zeilen 4 bis 6).
220
Diese Druckschrift lehrt (vgl. Seite 8, Zeilen 29 bis 32), aus Gründen der Langlebigkeit und zur besseren Reinigung, die Trägerschale, das Sieb sowie den Grillrost aus Edelstahl zu fertigen.
221
Unter dem dort offenbarten feinmaschigen Edelstahl-Sieb kann aber keine aus einem Edelstahlblech gefertigte Wand mit Schlitzen verstanden werden, insbesondere nicht mit Schlitzen, die von einer axialen Ausrichtung abweichen. Die Druckschrift AS1a offenbart somit das die Ausgestaltung der Wand aus einem Blech mit Schlitzen betreffende Teilmerkmal M3.2 sowie das die Ausrichtung der Schlitze betreffende Merkmal M3.2.1 nicht.
222
Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist demnach neu gegenüber der Druckschrift AS1a.
223
Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen ferner ab. Im Übrigen wurde zu diesen Dokumenten seitens der Antragstellerin in Bezug auf die Neuheit des Gegenstandes nach Schutzanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags auch nichts vorgetragen.
224
eb) Der Tischgrill des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt, da er dem Fachmann in einer Zusammenschau der Druckschriften AS1a und AS27/AS27a nahegelegt ist.
225
Als Ausgangspunkt zur Beurteilung des erfinderischen Schrittes ist die Druckschrift AS1a geeignet.
226
Die Druckschrift AS1a offenbart einen Tischgrill mit den Merkmalen M1, M2, M3, M3.1, M4 und M5 des Tischgrills nach Schutzanspruch 1, wobei die Wand der Holzkohlekammer aus einem feinmaschigen Edelstahlsieb gebildet ist.
227
Das durch das Streitgebrauchsmuster in der nunmehr maßgebenden Fassung des Hauptantrags gelöste Problem wird darin gesehen, einen gattungsbildenden Tischgrill mit einer sehr stabilen und robusten Holzkohlekammer vorzuschlagen, so dass sie einem ständigen Gebrauch auch bei hohen Temperaturen innerhalb der Kammer standhält und dennoch hinreichend Wärme abstrahlt.
228
Diesbezüglich ist in der Druckschrift AS1a (vgl. Seite 4, Zeilen 28 bis 30) angegeben, dass es sich bei dem dort offenbarten Sieb der Holzkohlekammer des gattungsgemäßen Tischgrills um ein qualitativ hochwertiges Edelstahlsieb für einen hinreichend langen Gebrauch handeln soll.
229
Im Dokument AS1a (vgl. Seite 1, Zeilen 27 bis 28) ist aber auch das allgemeine Wissen des Fachmanns bereits wiedergegeben, dass bei Holzkohlekammern verwendete Siebe, hier insbesondere filigrane, also feinmaschige Flammsiebe, nach mehreren Heizzyklen verspröden und brechen.
230
Trotz der im Dokument AS1a erwähnten Vorteile eines feinmaschigen Edelstahlsiebes gegenüber einem herkömmlichen Sieb, hat der Fachmann daher hinreichend Anlass, die Holzkohlekammer der AS1a gegenüber der Verwendung eines Siebes, auch eines ggf. feinmaschigen Edelstahl-Siebes weiterzuentwickeln.
231
In diesem Zusammenhang ist die Druckschrift AS27 für den Fachmann von Relevanz.
232
Die Druckschrift AS27 i.V.m. deren englischsprachiger Maschinenübersetzung AS27a offenbart einen Tischgrill (vgl. Abstract, Abs. [0020], [0025], indoors, table, cooking heater, Figuren 2, 4) mit einem Gehäuse (body 7). Eine Trägerschale (receiver 4) ist vom Gehäuse beabstandet ausgebildet und trägt einen Gitterrost (grid part 3). Mittig im Gitterrost angeordnet ist eine kreiszylindrische Holzkohlekammer (vgl. Abs. [0010], “…cylinder part 2 which stores the fire sources 1, such as charcoal…”), die bis oberhalb des Gitterosts mit Holzkohle befüllt werden kann (vgl. Abs. [0026], “…position higher than the cooking grid part 3…”).
233
Die Holzkohlekammer besteht aus zwei auf- bzw. ineinander steckbaren zylindrischen Wandelementen (short cylinder object 2A) und einem Deckel (covering device 12). Die Wandelemente 2A sind als Rohrelemente mit geringer Wandstärke ausgebildet (vgl. Figur 2), wobei das untere Wandelement (vgl. Figuren 2, 4) von oben in den Gitterrost 3 steckbar vorgesehen ist (vgl. Abs. [0030]). Auch wenn in der Druckschrift AS27 explizit nichts zu dem Material der Wandelemente angegeben ist, so geht der Fachmann angesichts ihrer Verwendung und den in den Figuren offenbarten Materialstärken von Blechrohren als Grundkörpern der Wandelemente aus. Im unteren Wandelement 2A ist eine Vielzahl von als Langlöchern ausgebildeten Schlitzen (vgl. Abs. [0015], many bore 8) (Teilmerkmal M3.2) vorgesehen. Die Schlitze sind in mehreren axialen Reihen entlang des Umfangs der zylindrischen Wand des unteren Wandelements ausgebildet und gegenüber der Zylinderachse geneigt (Merkmal M3.2.1).
234
Zum Braten des um die Holzkohlekammer herum auf dem Gitterrost aufgelegten Grillguts dient neben der von der Glut über Wärmeleitung (vgl. Abs. [0009], conductive heat) direkt auf den Gitterrost übertragenen Wärme auch die über die Schlitze 8 des unteren Wandelements 2A nach außen abgegebene Strahlungswärme (vgl. Abs. [0009], [0010], [0018], “…radiant heat by the accommodation cylinder part 2… via the bore 8…”).
235
Die Druckschrift AS27/AS27a lehrt explizit (vgl. Abs. [0035]), dass u.a. über die Schlitze und die Oberfläche der Wand des rohrförmigen Wandelements 2A zum Grillen des Grillguts genügend Strahlungswärme von der Holzkohle nach radial außen auf das Grillgut ausgestrahlt wird.
236
Der Fachmann entnimmt demnach der Druckschrift AS27/A27a den Hinweis, die Wand einer Holzkohlekammer aus einem hinreichend stabilen und robusten Blech-Rohrsegment auszubilden und dabei über das Vorsehen einer Vielzahl von Schlitzen in der Wand eine hohe Wärmemenge radial nach außen abgeben zu können.
237
Es liegt also nahe, ausgehend von dem aus der Druckschrift AS1a bekannt gewordenen Tischgrill, ein instabiles und thermisch, aufgrund von Versprödung und Bruchneigung, wenig beständiges feinmaschiges Edelstahl-Sieb (vgl. AS1a, Seite 1, Zeilen 27 bis 28), der Lehre der Druckschrift AS27/AS27a folgend, durch eine rohrartige und gegenüber dem Sieb wesentlich solidere Edelstahl-Wand mit von einer axialen Richtung abweichenden Schlitzen zu ersetzen, wobei unverändert hinreichend viel Wärme abgestrahlt werden kann. Die Verwendung von Edelstahl auch für die rohrartige Wand ist schon aufgrund der bereits in der Druckschrift AS1a entsprechend getroffenen Materialauswahl für das feinmaschige Sieb und zudem angesichts der dort genannten vorteilhaften Edelstahl-Ausgestaltung sämtlicher Funktionsteile (vgl. Seite 8, Zeilen 29 bis 32, Trägerschale, Holzkohlekammer, Anzündschale und Gitterost) im Hinblick auf Langlebigkeit und eine einfache Reinigung naheliegend.
238
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Fachmann hätte angesichts des Hinweises in der AS1a, dass ein qualitativ hochwertiges Edelstahlsieb für einen hinreichend langen Gebrauch verwendet werden solle, keine Veranlassung, den dort offenbarten Tischgrill überhaupt weiterzuentwickeln. Auch ließe der Fachmann ausgehend vom Tischgrill des Dokuments AS1a die Druckschrift AS27 ohnehin unberücksichtigt, da diese ein ganz anderes Prinzip eines Tischgrills offenbare. Des weiteren seien nach einer zusammenschauenden Betrachtung der Dokumente AS1a und AS27/AS27a ohnehin noch mehrere nicht naheliegende fachmännische Schritte notwendig, um überhaupt zum schutzbeanspruchten Gegenstand zu gelangen.
239
Dem folgt der Senat nicht, denn der Fachmann weiß, dass gerade feinmaschige Siebe hinsichtlich ihrer mechanischen Beständigkeit limitiert sind und insbesondere bei der Verwendung im Hochtemperaturbereich sowie bei mechanischer Fremdeinwirkung sowohl im Gebrauch als auch bei der Reinigung zu Verformung, Bruch und Rissbildung neigen. Dieses allgemeine Fachwissen ist bereits in der Druckschrift AS1a (vgl. Seite 1, Zeilen 27 bis 28) dokumentiert. Der Fachmann mag in dem Hinweis auf ein hochwertiges feinmaschiges Edelstahlsieb in der Druckschrift AS1a (vgl. Seite 4, Zeilen 28 bis 30) sicherlich eine technische Möglichkeit erkennen, eine Holzkohlekammer mit einer gewissen Stabilität und Beständigkeit bei gleichzeitig hoher Wärmeabstrahlung bereitzustellen. Dennoch ist dem Fachmann bewusst, dass selbst bei Verwendung eines feinmaschiges Edelstahlsiebs die siebartige Wand der Holzkohlekammer hinsichtlich ihrer Stabilität und Beständigkeit im Betrieb mit hohen Temperaturen als auch bei mechanischen Beanspruchungen, wie sie bspw. im Zuge der wiederkehrenden manuellen Reinigung zu erwarten sind, stark limitiert und folglich nachteilig ist.
240
Der Fachmann sieht sich demnach, wenn nicht bereits aus seinem Fachwissen heraus, dann aber angesichts der expliziten Hinweise aus der Druckschrift AS1a veranlasst, die Holzkohlekammer des Dokuments AS1a bezüglich ihrer mechanischen Beständigkeit bei gleichzeitig ausreichend guter Wärmeabstrahlung weiterzuentwickeln.
241
Die Lösung dieses Problems offenbart die Druckschrift AS27/AS27a. Der Fachmann entnimmt ihr – neben der ohnehin aus dem Stand der Technik bestens bekannten Ausgestaltung einer Holzkohlkammerwand als stabile und robuste Blechwand – die weiterführende allgemeine Lehre, eine ausreichende Anzahl von entsprechend dimensionierten Schlitzen in der Blechwand vorzusehen, um eine optimale Wärmabstrahlung radial nach außen zu gewährleisten. Diese Lehre betrifft aber lediglich die Ausgestaltung der Wand und deren wärmeübertragende Wirkung und ist gänzlich unabhängig von der Anordnung der Holzkohlekammer im Tischgrill. Die Tatsache, dass die geschlitzte Wand der Holzkohlekammer bei dem Tischgrill der Druckschrift AS27/AS27a, anders als bei dem gattungsgemäßen Tischgrill nach dem Dokument AS1a, oberhalb des Gitterrosts angeordnet ist, stellt somit für den Fachmann auch keinen Grund dar, die Lehre der Druckschrift AS27/AS27a unberücksichtigt zu lassen. Dass ausgehend von der Druckschrift AS1a vielmehr das Dokument AS27/AS27a für den Fachmann bei der Problemlösung von höchster Relevanz ist, ist bereits dadurch belegt, dass es sich bei den aus den Druckschriften AS1a und AS27/AS27a bekannt gewordenen Holzkohlekammern hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Konzeption und Funktion um gattungsgleiche Holzkohlekammern, unabhängig von ihrer jeweiligen Verwendung im Tischgrill, handelt. Beide Holzkohlekammern sind kreiszylindrisch aufgebaut, umfassen gelochte Deckel, werden im Bereich der Durchtrittsöffnungen der Wände mit Holzkohle befüllt, von unten mit Luft durchströmt und sollen insbesondere radial nach außen Wärme abstrahlen.
242
Die Übertragung der Lehre der Druckschrift AS27/AS27a auf den Tischgrill nach Dokument AS1a erfolgt auch, soweit sie nur die Weiterbildung der Holzkohlekammer und nicht die Weiterbildung des gesamten Tischgrills nach Druckschrift AS1a betrifft, im Zuge eines einzigen rein handwerklichen und folglich naheliegenden Schritts, in dem der Fachmann ausgehend von dem Dokument AS1a lediglich die Siebwandung durch eine geschlitzte Blechwandung ersetzt. Dass die aus der Druckschrift AS27 bekannt gewordene geschlitzte Blechwandung auch bei einer Holzkohlekammer eines Tischgrills, bei dem die Holzkohlekammer vollständig unterhalb des Gitterrostes angeordnet ist, verwendbar ist, sieht der Fachmann sofort, da es sich, wie oben bereits ausgeführt, bei beiden Holzkohlekammern um gattungsgleiche Holzkohlekammern handelt. Die beim Tischgrill der Druckschrift AS27/AS27a mit Längsschlitzen gestaltete gitterartige Aufnahme für die Holzkohlekammer lässt der Fachmann als spezielle Ausgestaltung des Gitterrostes bei seinen Überlegungen unberücksichtigt, da sie hinsichtlich der Problemstellung erkennbar keine weitere Verbesserungsmöglichkeit bieten kann.
243
ec) Auch die Gegenstände des Schutzanspruchs 1 nach den jeweiligen Hilfsanträgen 1 bis 3 beruhen nicht auf einem erfinderischen Schritt, da sie dem Fachmann in der Zusammenschau der Druckschriften AS1a und AS27/AS27a nahegelegt sind.
244
In der Zusammenschau der Druckschriften AS1a und AS27/AS27a ergibt sich zunächst auch das Merkmal, wonach die geschlitzte Wand zylindrisch ausgestaltet ist (Merkmal M3.2‘).
245
Im Hinblick auf die über das Merkmal M3.2.2 geforderte Ausgestaltung der Schlitze entnimmt der Fachmann dem Dokument AS27/AS27a außerdem, dass Anzahl und Dimension der Schlitze hinsichtlich einer optimalen Wärmestrahlung (vgl. AS27a, Abs. [0035]) ausgelegt sind. Da die Holzkohlekammer gemäß der AS27/AS27a im oberen Bereich zum Benutzer hin nicht abgeschirmt ist, erkennt der Fachmann beim Studium der Figuren 2 und 4 der Druckschrift AS27/AS27a, dass die Schlitze der Kammerwand ihre Dimensionierung und Anzahl nach derart ausgelegt sind, dass auch Funkenflug und Glutaustritt zum Benutzer hin im Wesentlichen verhindert werden.
246
f) Die geänderte Fassung des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 und 5 ist unzulässig.
247
Im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren ist die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig, weil ein mit der Nichtigkeitsklage angegriffenes Patent nur in dem Umfang beschränkt verteidigt werden kann, in welchem es angegriffen wurde. Mit der beschränkten Verteidigung eines teilweise angegriffenen Patents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem auf diesen rückbezogenen, aber nicht angegriffenen Unteranspruch würde das Streitpatent der Sache nach im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Die Möglichkeit, das Patent beschränkt zu verteidigen, dient aber allein der Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten gegenüber dem vom Nichtigkeitskläger geführten Angriff auf die Wirksamkeit des Patents und nicht zur gerichtlichen Überprüfung des Patents im Übrigen (vgl. BGH GRUR 2017, 604 – Ankopplungssystem).
248
Diese Grundsätze sind auf das gebrauchsmusterrechtliche Löschungsverfahren zu übertragen.
249
Denn die Rechts- und Interessenlage ist im gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren dieselbe. Bei Teil-Löschungsanträgen werden nicht angegriffene Schutzansprüche nicht Gegenstand des Löschungsverfahrens und damit einer inhaltlichen Prüfung auf Rechtsbeständigkeit, insbesondere auf Neuheit und Vorliegen eines erfinderischen Schritts. Zudem wäre ein vom Gebrauchsmusterinhaber selbst gestellter Löschungsantrag als unzulässig zu erachten, zumal ein Verfahren mit dem vom Gebrauchsmusterinhaber verfolgten Zweck, den Rechtsbestand des betr. Gebrauchsmusters feststellen zu lassen, nicht geboten ist (so bereits die Entscheidung des damaligen 1. Beschwerdesenats des DPA vom 18. Juli 1955, Bl.f.PMZ 1955, 299; vgl. auch Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 16, Rn. 48; Loth, GebrMG, 2. Aufl., § 15, Rn. 8). Mit der beschränkten Verteidigung eines mit Teil-Löschungsantrag angegriffenen Gebrauchsmusters durch Kombination eines angegriffenen Schutzanspruchs mit einem auf diesen rückbezogenen, jedoch nicht angegriffenen Unteranspruch würde auf Betreiben des Gebrauchsmusterinhabers ein nicht verfahrensgegenständlicher Schutzanspruch zur Überprüfung im Löschungsverfahren gestellt werden, obwohl dieser insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis hat.
250
Vorliegend stellt die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 4 und 5 eine Kombination des eingetragenen und angegriffenen Schutzanspruchs 1 mit den Merkmalen des auf diesen rückbezogenen und mit dem vorliegenden Teil-Löschungsantrag nicht angegriffenen Schutzanspruch 4 dar (Merkmal M3.2.3). Dies ist nach alledem als unzulässig zu erachten.
251
4. Die Antragsgegnerin hat den angegriffenen eingetragenen Schutzanspruch 15 im Umfang eines in den Fassungen nach Haupt- sowie den Hilfsanträgen 1 bis 5 geänderten Schutzanspruchs 8 bzw. 7 sowie im Umfang eines in den Fassungen der Hilfsanträge 6 bis 8 geänderten Schutzanspruchs 1 verteidigt. Da die Anspruchsfassung nach Hauptantrag keine unzulässige Erweiterung enthält (s.o. 3. d), ist der eingetragene Schutzanspruch 15 im darüberhinausgehenden Umfang, insbesondere, soweit er auf Merkmale des eingetragenen Schutzanspruchs 1 bezogen ist, ohne weitere Sachprüfung zu löschen; Gegenstand der weiteren Beurteilung sind daher die nachgereichten Schutzansprüche 8 bzw. 7. Die Gegenstände des Schutzanspruchs 8 in der Fassung nach dem zulässigen Haupt- und in den Fassungen der ebenfalls zulässigen Hilfsanträge 1 bis 3 erweisen sich ebenso wie die Gegenstände des Schutzanspruchs 1 in den Fassungen nach den zulässigen Hilfsanträgen 6 und 7 als neu, sie beruhen aber nicht auf einem erfinderischen Schritt. Neben den Hilfsanträgen 4 und 5 ist auch der Hilfsantrag 8 unzulässig.
252
a) Der angegriffene Schutzanspruch 8 nach Hauptantrag ist auf eine Holzkohlekammer mit den Merkmalen nach einem der Ansprüche 1 bis 7 gerichtet. Die derart definierte Holzkohlekammer soll demnach eine Wand umfassen, die aus einem geschlitzten Edelstahlblech gefertigt ist und die Schlitze von einer axialen Ausrichtung abweichen. Die Holzkohlekammer ist mit einem Deckel definiert und soll räumlich und körperlich für die Verwendung in einem Tischgrill geeignet sein.
253
Die Holzkohlekammern nach den Schutzansprüchen 8 bzw. 7 der Hilfsanträge 1 bis 5 unterscheiden sich von der Holzkohlekammer nach Schutzanspruch 8 in der Fassung des Hauptantrags sowohl hinsichtlich des Merkmals 3.2‘ (Hilfsanträge 1, 3 und 5) als auch durch die zusätzlichen Merkmale M3.2.2 (Hilfsantrag 2 bis 5) und M3.2.3 (Hilfsanträge 4 und 5).
254
Die jeweiligen Schutzansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 6, 7 und 8 sind ihrerseits auf Holzkohlekammern für einen Tischgrill mit den Merkmalen der Tischgrills nach den Schutzansprüchen 1 gemäß Hauptantrag, Hilfsantrag 2 bzw. Hilfsantrag 4 gerichtet. Sie gleichen demnach inhaltlich den Schutzansprüchen 8 bzw. 7 in den Fassungen des Hauptantrags und der Hilfsanträge 2 und 4.
255
b) Eine Holzkohlekammer für einen Tischgrill mit den diese Holzkohlekammer an sich betreffenden Merkmalen aus dem Schutzanspruch 1 nach Haupt- und den Hilfsanträgen 1 bis 3 ist zwar neu (vgl. obige Ausführungen im Abschnitt II.3.ea. und II.3.ec.), aber dem Fachmann in der Zusammenschau der Druckschriften AS1a und AS27/AS27a nahegelegt (vgl. obige Ausführungen im Abschnitt II.3.eb. und II.3.ec.). Die Gegenstände der Schutzansprüche 8 nach Haupt- und den Hilfsanträgen 1 bis 3 sind demnach nicht schutzfähig.
256
c) Die Fassung des Schutzanspruchs 7 nach Hilfsantrag 4 und 5 stellt eine unzulässige Kombination der eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 1 und 15 mit den Merkmalen des auf diese direkt oder indirekt rückbezogenen und nicht angegriffenen Schutzanspruchs 4 dar (Merkmal M3.2.3, vgl. Abschnitt II.3.f.).
257
d) Die auf Holzkohlekammern für einen Tischgrill mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsantrag 2 gerichteten Schutzansprüche 1 in den Fassungen der Hilfsanträge 6 und 7 unterscheiden sich hinsichtlich der die Holzkohlekammer kennzeichnenden Merkmalen nicht von den Schutzansprüchen 8 nach Haupt- und Hilfsantrag 2, deren Gegenstände dem Fachmann nahegelegt sind (vgl. Abschnitt II.4.b.).
258
e) Die Aufnahme des Merkmals M3.2.3 aus dem nicht angegriffenen Schutzanspruch 4 in den Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 ist unzulässig (vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt II.3.f. und II.4.c.).
259
5. Soweit die Antragsgegnerin in ihrem in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 gestellten Sachantrag auch beantragt hat, dass die nicht angegriffenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13 und 14 unberührt bleiben, war dem zu entsprechen.
260
a) Dieser Antrag ist als unselbständige Anschlussbeschwerde gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO und nicht als Erweiterung der von der Antragsgegnerin selbständig eingelegten Beschwerde gegen den beschwerdegegenständlichen Beschluss anzusehen. Denn diese Beschwerde ist nur gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss gerichtet; dementsprechend hat sie innerhalb der Beschwerdefrist nach §§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 73 Abs. 2 Satz 1 PatG auch nur die für sog. “isolierte Kostenbeschwerden” nach § 3 Abs. 1 PatKostG i.V.m. Ziff. 401 300 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG fällige Beschwerdegebühr i.H.v. 200,- € entrichtet, nicht aber die für Beschwerden über Entscheidungen über Löschungsanträge fällige Gebühr i.H.v. 500,- € (vgl. Ziff. 401 100 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG).
261
Im Übrigen muss eine Anschlussbeschwerde nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden, sondern es kann genügen, wenn ein Verfahrensbeteiligter nicht nur gegen den Antrag des Rechtsmittelführers ankämpft, sondern sich durch die angefochtene Entscheidung selbst beschwert fühlt und einen eigenen Sachantrag stellt (vgl. zur Rechtsprechung des Senats: Beschluss vom 11. April 2019, 35 W (pat) 9/17; siehe im Übrigen: Benkard/Schäfers/Schwarz, PatG, 11. Aufl., § 73 Rn. 81; Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 73 Rn. 212 ff.; vgl. auch: BGH NJW 90, 447, 499 (Anschlussrevision); Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 524 Rn. 6; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 524 Rn. 11). Dies ist hier der Fall, da der Sachantrag der Antragsgegnerin, soweit danach die nicht angegriffenen Schutzansprüche unberührt bleiben sollen, dahingehend auszulegen ist, dass sie die Einbeziehung dieser nicht-angegriffenen Schutzansprüche im Tenor des angefochtenen Beschlusses beanstandet.
262
b) Die Antragsgegnerin hat diese Beanstandung auch zu Recht erhoben.
263
Denn nach dem Wortlaut des Tenors im angefochtenen Beschluss wird “das Streitgebrauchsmuster gelöscht, soweit es über die Anspruchsfassung nach Hauptantrag hinausgeht.” Die Gebrauchsmusterabteilung hat damit die nachgereichten Schutzansprüche in vollem Umfang, einschließlich ihres Rückbezugs auf den geänderten Schutzanspruch 1, an die Stelle der eingetragenen Schutzansprüche des Streitgebrauchsmusters gesetzt, und zwar auch insoweit, als das Streitgebrauchsmuster gar nicht angegriffen wurde. Die nicht angegriffenen Schutzansprüche 2 – 5, 11, 13 und 14 bleiben aber, wie in oben in Ziff.1 ausgeführt, unberührt, und zwar auch gerade einschließlich ihres Rückbezugs auf den ursprünglichen Schutzanspruch 1. Die Gebrauchsmusterabteilung hat somit über etwas entschieden, was von der Antragstellerin gar nicht beantragt worden war, sprich: das Streitgebrauchsmuster in weiterem Umfang gelöscht, als der Löschungsantrag selber gereicht hat.
264
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
265
a) Soweit die Antragsgegnerin die angegriffenen Schutzansprüche des Streitgebrauchsmusters von vorneherein nur im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche vom 27. Juli 2015 verteidigt und ihren Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Löschungsantrag hierauf beschränkt hat, sieht der Senat keinen Anlass zu einer Auferlegung von Kosten zu Lasten der Antragstellerin gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG i.V.m. § 93 ZPO.
266
Auch wenn die Antragsgegnerin geänderte Schutzansprüche zur Akte nachgereicht hat, so ändert dies nichts daran, dass die Antragstellerin gleichwohl ihren Löschungsantrag gegen die eingetragenen Schutzansprüche zu richten hatte (s.o. Ziff. 1.). Die Antragsgegnerin konnte ihrerseits zulässigerweise die angegriffenen Schutzansprüche nur noch im Umfang der nachgereichten Schutzansprüche verteidigen (s.o. Ziff. 2.). Schon bei dieser Ausgangslage ist es unangemessen, ja unbillig, der Antragstellerin Kosten nach § 93 ZPO aufzuerlegen, da sie ihren Löschungsantrag gar nicht anders stellen konnte, sondern – angemessen – die Kostenentscheidung danach zu treffen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin die angegriffenen Schutzansprüche mit den nachgereichten Schutzansprüchen erfolgreich verteidigen konnte (vgl. Goebel, GRUR 1999, 833, 837, dort unter III.). Die Situation ist zudem hier eine andere als bei einem Anerkenntnis im Rahmen einer Nichtigkeitsklage. Denn dort handelt es sich um ein geprüftes Schutzrecht. Das Gebrauchsmuster ist hingegen ein ungeprüftes Schutzrecht. Macht der Inhaber eines ungeprüften Schutzrechts von diesem Gebrauch, indem er etwa andere aus dem Gebrauchsmuster abmahnt, dann hat ein mit dem Streitgebrauchsmuster konfrontierter Antragsteller auch Anlass, nachprüfen zu lassen, ob das Streitgebrauchsmuster rechtsbeständig ist. Dann erscheint es auch unbillig, ihm die Kosten für einen Löschungsantrag auch nur teilweise aufzuerlegen, weil der Gebrauchsmusterinhaber eine beschränkte Anspruchsfassung nachgereicht hat. Denn wer aus einem ungeprüften Schutzrecht vorgeht, handelt in gewisser Weise “auf eigene Gefahr”, wenn sich das Schutzrecht als nicht rechtsbeständig erweist. Es erscheint dann auch unangemessen, Kostenrisiken in Fällen, in denen der Gebrauchsmusterinhaber durch nachgereichte Ansprüche versucht, gleichsam “die Notbremse zu ziehen”, auf einen Löschungsantragsteller abzuwälzen, der gar nichts anderes kann, als seinen Löschungsantrag gegen die eingetragenen Schutzansprüche zu richten.
267
b) Da die angegriffenen Schutzansprüche 1, 6 – 10, 12 und 15 gänzlich zu löschen waren, waren die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Soweit sie mit ihrer Anschlussbeschwerde eine die nicht angegriffenen Schutzansprüche betreffende Änderung des angefochtenen Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung bewirkt hat, fällt dies nur verhältnismäßig gering ins Gewicht und führt zu keiner Kostenquotelung.
268
7. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG. Von grundsätzlicher Bedeutung sind insbesondere die Frage der Übertragung der Grundsätze zur beschränkten Verteidigung eines mit einer Teil-Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents und die Frage der Anwendbarkeit des § 93 ZPO bei einem (Teil-) Löschungsantrag, welches mit vor Einreichung des Löschungsantrags zur Akte nachgereichten Schutzansprüchen beschränkt verteidigt wird. Da diese Fragen aber mit der weiteren Gestaltung von Teil-Angriff und Verteidigung des Streitgebrauchsmusters, wie dies im vorliegenden Verfahren in gewisser Weise exemplarisch erfolgt ist, eng zusammenhängen, sieht der Senat von einer Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde ab.