Arbeitsrecht

Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des Bundesamtes für Zentrale Dienste in Kindergeldsachen im Verfahren vor dem BFH

Aktenzeichen  V B 39/13

Datum:
12.2.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 63 EStG 2009
§ 38 FGO
§ 70 S 1 FGO
§ 17a Abs 5 GVG
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO
EStG VZ 2011
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

1. NV: Der BFH prüft bei einer Entscheidung über eine Revision oder über eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht, ob das FG für seine Entscheidung örtlich zuständig war.
2. NV: Bei der Frage, ob durch einen längeren Auslandsaufenthalt ein volljähriges Kind seinen inländischen Wohnsitz aufgegeben oder beibehalten hat, handelt es sich um eine Einzelfallwürdigung, die sich abstrakt generellen Maßstäben entzieht.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 21. Februar 2013, Az: 5 K 5276/11, Urteil

Gründe

1
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) zuzulassen, weil nach Ansicht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht gemäß § 38 Abs. 1 FGO das für den Hauptsitz des Bundesamtes für Zentrale Dienste in Berlin zuständige Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg, sondern gemäß § 38 Abs. 2 FGO das wohnsitznähere FG Köln hätte entscheiden müssen.
2
Nach § 70 Satz 1 FGO i.V.m. § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes prüft der Bundesfinanzhof (BFH) bei der Entscheidung über eine Revision oder eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil nicht, ob das FG sachlich und örtlich zuständig war (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2012 V S 29/11 (PKH), BFH/NV 2012, 763).
3
Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die unzutreffende Annahme der Zuständigkeit auf Gründen beruht, die offensichtlich unhaltbar und unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Grundsätze nicht mehr verständlich sind und sich deshalb in einer nicht mehr hinnehmbaren, willkürlichen Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) entfernt (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.A.1.b). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Diese Zuständigkeitsfrage ist im Übrigen für anhängige Verfahren ab dem 1. Mai 2013 durch die Sonderregelung in § 38 Abs. 2a Satz 3 FGO im Sinne des FG-Bezirks, in dem der Kläger seinen Wohnsitz hat, geregelt (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 38 Rz 4).
4
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen. Die Frage, ob ein volljähriges Kind, das mit der getrennt vom Kläger lebenden Mutter seit über drei Jahren in die USA verzogen ist, gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland beibehalten hat und noch im Haushalt seines im Inland wohnenden Vaters lebt, wenn es ihren Vater gelegentlich aufsucht, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls und entzieht sich abstrakt generellen Regeln. So hat der Kläger zum Nachweis einer Divergenz auch keine abstrakten Rechtssätze aus der Rechtsprechung des BFH benannt. Vielmehr folgert er aus verschiedenen Entscheidungen des BFH, dieser gehe von einem Grundsatz aus, nach dem im Heimatland “eher” ein Wohnsitz beibehalten werde als im Ausland. Dies genügt nicht. In der Antwort auf die Frage, ob durch einen längeren Auslandsaufenthalt eines Kindes der inländische Wohnsitz aufgegeben wird, handelt es sich um eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände, bei der u.a. zu berücksichtigen ist, wie oft und wie lange sich das Kind zwischenzeitlich im Inland aufgehalten hat (BFH-Beschluss vom 17. Mai 2013 III B 121/12, BFH/NV 2013, 1381). Soweit dem FG bei dieser Beurteilung materiell-rechtlich Fehler unterlaufen sein sollten, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen.

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