Familienrecht

Kindergeld – Beibehaltung des Wohnsitzes – mehrjähriger Auslandsaufenthalt – Auslandsstudium

Aktenzeichen  III R 38/14

Datum:
23.6.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 63 Abs 1 S 3 EStG 2009
§ 32 Abs 1 EStG 2009
§ 32 Abs 6 EStG 2009
§ 8 AO
EStG VZ 2013
EStG VZ 2014
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

1. Während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung behält ein Kind seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland im Regelfall nur dann bei, wenn es diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzt (Bestätigung des Senatsurteils vom 25. September 2014 III R 10/14, BFHE 247, 239). Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Kind den weit überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeit im Inland verbringt.
2. Bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten zum Zwecke einer Berufsausbildung unterscheiden sich die Anforderungen an das Innehaben der inländischen Wohnung nicht danach, ob es sich um die Anfangsphase der Berufsausbildung oder eine spätere Phase handelt.
3. Für die Frage, ob das Kind während des Auslandsaufenthalts einen inländischen Wohnsitz beibehalten oder begründet hat, können auch außerhalb des jeweiligen kindergeldrechtlichen Streitzeitraums liegende tatsächliche Umstände berücksichtigt werden.

Verfahrensgang

vorgehend FG Nürnberg, 23. Oktober 2014, Az: 6 K 441/14, Urteil

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 23. Oktober 2014  6 K 441/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist deutscher Staatsangehöriger mit chinesischer Herkunft. Er ist der Vater seines im Februar 1994 geborenen Sohnes (S). S beendete seine schulische Ausbildung im Juli 2012. In der Zeit vom 10. September 2012 bis 15. Juli 2013 absolvierte er einen einjährigen Sprachkurs in China. Nach dessen Ende entschied sich S für ein im September 2013 beginnendes und voraussichtlich bis Juli 2017 andauerndes Bachelorstudium in China.
2
Während des Bachelorstudiums wohnte S in einem Studentenwohnheim. Dort stand ihm nur ein Platz zur Unterbringung der notwendigsten Kleidungsstücke und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden am Studienort nicht. Aus vom Kläger vorgelegten Flugtickets und -buchungen ergaben sich Inlandsaufenthalte des S vom 15. Juli 2013 bis 30. August 2013 und vom 10. Juli 2014 bis 28. August 2014. Ein weiterer Flug nach Deutschland war für den 11. Januar 2015 geplant. Während der Inlandsaufenthalte war S in der elterlichen Wohnung in seinem Kinderzimmer untergebracht. In der Wohnung lebt auch der Bruder des S.
3
Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 22. Januar 2014 ab September 2013 auf und forderte das bereits ausbezahlte Kindergeld vom Kläger zurück. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 7. März 2014).
4
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 233 veröffentlichten Gründen statt und hob den Aufhebungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf.
5
Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
6
Die Familienkasse beantragt, das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

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