Aktenzeichen W 6 S 21.48
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7
FeV Nr. 9.1 der Anlage 4 zur
StVG § 3 Abs. 3
StGB § 69
VwGO § 108 Abs. 1
VwGO § 122 Abs. 1
Leitsatz
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2020 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1984 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L.
Nach einer Mitteilung der Polizeiinspektion Bad K. vom 18. November 2020 wurde dem Landratsamt Bad K. (künftig: Landratsamt) bekannt, dass gegen den Antragsteller ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geführt wird. Der Antragsteller steht im Verdacht, im Zeitraum um den 14. Juli 2020 im Ausland 19 Ecstasy-Tabletten sowie 5 LSD-Trips an seine Wohnadresse bestellt zu haben. Die Sendung sei durch das Hauptzollamt K. abgefangen worden. Eine deshalb am 2. November 2020 durchgeführte Durchsuchung des Antragstellers, seines Pkws sowie seiner Wohnung seitens der Polizeiinspektion Bad K. verlief negativ. Eine Überprüfung des Mobiltelefons des Antragstellers ergab keine strafrelevanten Inhalte. Bei der anschließenden Vernehmung räumte der Antragsteller die Bestellung der Betäubungsmittel ein und erklärte, diese seien nur zu seinem Eigenbedarf bestimmt gewesen. Der Antragsteller genehmigte seine Aussage unterschriftlich. Ein beim Antragsteller freiwillig durchgeführter Drogentest war negativ.
Mit Schreiben vom 25. November 2020 hörte das Landratsamt den Antragsteller unter Verweis auf diesen Vorgang zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Betäubungsmittel seien nach Angabe des Antragstellers zum Eigenbedarf bestimmt gewesen. Hinweise auf eine fälschliche Selbstbezichtigung seien nicht ersichtlich. Daher sei der Antragsteller als Konsument von Amphetamin anzusehen und seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen stehe fest, sodass ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10. Dezember 2020 eingeräumt.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 zeigte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers an und entgegnete, eine Entziehung der Fahrerlaubnis wäre rechtswidrig. Eine Einnahme von Betäubungsmitteln sei nicht nachgewiesen und der Antragsteller habe seine Einlassung bezüglich des Eigenbedarfs gegenüber der Staatsanwaltschaft inzwischen widerrufen. Es käme allenfalls die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens in Betracht.
Mit Bescheid vom 8. Dezember 2020 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis (Nr. 1) und forderte ihn auf, den Führerschein Nr. … unverzüglich beim Landratsamt abzugeben (Nr. 2). Die Nr. 1 und 2 wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 3). Für den Fall der Nichtbefolgung der Pflicht aus Nr. 2 bis spätestens 18. Dezember 2020 wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 EUR angedroht (Nr. 4). Dem Antragsteller wurden die Kosten auferlegt (Nr. 5 und 6).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Fahrerlaubnis sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen gewesen. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV entfalle bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (ausgenommen Cannabis) die Fahreignung unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, der Betäubungsmittelkonzentration sowie einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand. Die Entziehung sei daher bereits gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sei oder wenn dieser die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt habe (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333). Der Antragsteller sei im Verdacht gestanden, Betäubungsmittel (Ecstasy und LSD) im Ausland an seine Wohnadresse bestellt zu haben. Er habe bei der Vernehmung eingeräumt, dass diese zum Eigenkonsum gedacht gewesen seien. Hieran müsse er sich festhalten lassen. Der Widerruf der Aussage sei aufgrund des mit einer Bestellung verbundenen finanziellen Aufwandes nicht glaubhaft, da es für einen beabsichtigten Handel keine Anhaltspunkte gebe. Dass es nicht zwingend zum Konsum gekommen wäre, sei nicht realistisch, ansonsten hätte der Antragsteller nicht wissentlich Betäubungsmittel bestellt. Es sei unerheblich, dass sich bei der Durchsuchung der Wohnung keine weiteren Hinweise ergeben hätten, da weitere Betäubungsmittel an anderer Stelle gelagert sein könnten. Auch der negative Drogenschnelltest sei unerheblich. Betäubungsmittel wie LSD und Ecstasy seien nur im Zeitraum von 1 – 4 Tagen nachweisbar. Der Schluss darauf, dass der Antragsteller nie Betäubungsmittel konsumiert habe, sei hieraus nicht möglich. Es sei nebensächlich, dass beim Antragsteller bislang keine Vorstrafen oder andere Hinweise in Bezug auf Drogendelikte bestünden. Die Tatsache, dass er offenbar Wege zur Beschaffung von Betäubungsmittel kenne, spreche für einen früheren Erwerb. Es stehe aufgrund des vorliegenden Sachverhalts zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, dass der Antragsteller als Konsument von Ecstasy und LSD anzusehen und daher fahrungeeignet sei. Die Entziehung sei deshalb ohne Ermessen der Behörde zwingende Folge. Die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins ergebe sich daraus, dass nach der Entziehung ausgestellte Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern seien. Die sofortige Vollziehung werde angeordnet, um sicherzustellen, dass der Antragsteller ab Zustellung des Bescheids kein Kraftfahrzeug mehr führe. Von Betäubungsmittelkonsumenten gingen erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr aus. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs überwiege das Aufschubinteresse des Antragstellers. Persönliche Härten könnten im Interesse der Allgemeinheit nicht berücksichtigt werden. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29 i.V.m. Art. 31 und Art. 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz (KG) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m. §§ 1 bis 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr und Nr. 206 des Gebührentarifs. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 10. Dezember 2020 zugestellt.
Am 9. Dezember 2020 übermittelte die Staatsanwaltschaft Schweinfurt dem Landratsamt unter dem Aktenzeichen … die Abschrift eines zum Zeitpunkt der Mitteilung noch nicht erlassenen Strafbefehlsentwurf, nach welchem der Antragsteller aufgrund der Bestellung von Ecstasy und LSD-Trips im Juli 2020 wegen Anstiftung zur vorsätzlichen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit versuchtem unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe in Höhe von 75 Tagessätzen verurteilt werden soll.
Am 17. Dezember 2020 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts ab.
Ebenfalls am 17. Dezember 2020 ließ der Antragsteller Klage erheben (Az.: W 6 K 20.2089), über die noch nicht entschieden ist, und am 11. Januar 2020 im zugrundeliegenden Eilverfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß Bescheid des Landratsamts Bad Kissingen vom 8. Dezember 2020 wiederherzustellen und die sofortige Vollziehung aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Nichteignung des Antragstellers stehe objektiv nicht fest, da weder eine nachgewiesene Einnahme noch das Einräumen einer Einnahme von Betäubungsmitteln vorliege. Die Durchsuchung des Antragstellers, seines Pkw, seiner Wohnung und seines Mobiltelefons habe keine Hinweise ergeben. Es sei nichts sichergestellt worden. Die Durchsuchung habe damit keinerlei Indiz für den Besitz von Betäubungsmitteln erbracht. Ein freiwilliger Schnelltest sei negativ gewesen. Selbst bei einem nicht erfolgten Widerruf der Aussage des Antragstellers sei darin nicht zum Ausdruck gebracht worden, dass der Antragsteller bereits jemals konsumiert habe. Daraus könne nicht als Tatsache entnommen werden, dass es vormals bereits einen Konsum gegeben habe und nach Erhalt der Konsum tatsächlich erfolgt wäre. Im Übrigen verbiete sich der Grundsatz, dass eine getätigte Aussage, sei sie auch unterzeichnet, die Grundlage der Entscheidung sein könne, wenn sonst nichts für diese Version spreche, aber Zweifel durch Mutmaßungen zum Schweigen gebracht würden. Im strafrechtlichen Verfahren diene die Einräumung des nicht strafbaren Konsums der Entlastung und nicht der Selbstbezichtigung. Der Antragsgegner übernehme das strafrechtliche Einlassungsverhalten weitgehend ungeprüft. Es gebe im Fahrerlaubnisrecht keine Annahme von Tatsachen um jeden Preis. Der Antragsgegner stelle aber fernliegende Mutmaßungen an, um entgegenstehende Fakten übergehen zu können. Selbst eine widerrufene Aussage sei im Fahrerlaubnisrecht niemals die einzige Grundlage für die Entziehung ohne Beachtung von weiteren objektiven Anhaltspunkten. Die Annahme, der Antragsteller habe Betäubungsmittel eingenommen, beruhe auf einem nicht hinreichend tatsachenbegründeten Verdacht. Der Antragsgegner nehme anhand einiger Mutmaßungen eine schematische Eingliederung des Falles in die von ihm als Grundlage der Entscheidung herangezogene Rechtsprechung vor. Der Antragsgegner hätte im Übrigen den Ausgang des Strafverfahrens abwarten müssen, da ein Fall des § 69 StGB in Betracht gekommen sei. Die Entziehung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da als milderes Mittel die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens angemessen gewesen wäre. Der Antragsteller sei bereit, Zweifel an der Fahreignung durch ein ärztliches Gutachten auszuräumen. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 11. Januar 2021, auf die es letztlich aufgrund der objektiven Umstände nicht zwingend ankomme, liege anbei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten sowie auf die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, jeweils vom 11. Januar 2021, verwiesen.
Das Landratsamt beantragte für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurden im Wesentlichen die bereits im Bescheid genannten Gründe wiederholt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, es seien aufgrund des feststehenden Konsums keine weiteren Ermittlungen notwendig gewesen. Negative berufliche Folgen für den Antragsteller könnten nicht berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass der Antragsteller im Ausland über einen Bekannten Betäubungsmittel bestelle, könne nicht als bloße Mutmaßung hingestellt werden, sondern indiziere, dass es sich nicht um die erste Bestellung bzw. Beschaffung von Betäubungsmitteln handle, da sonst nicht bekannt wäre, wo diese erhältlich seien. Für die Behörde seien keinerlei Hinweise ersichtlich gewesen, dass im Strafverfahren eine Entziehung der Fahrerlaubnis im Raum hätte stehen können. Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers sei eine Schutzbehauptung, um die Entziehung zu verhindern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2020 ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist in Anwendung des § 88 VwGO als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2020 auszulegen.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 17. Dezember 2020 erhobenen Klage (W 6 K 20.2089) gegen die Nr. 1 und 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids ist statthaft und zulässig. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheides) sowie gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheids) entfällt, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Nr. 4 des Bescheids verfügte Androhung eines Zwangsgeldes ist ebenfalls statthaft. Die Zwangsgeldandrohung ist von Gesetzes wegen sofort vollziehbar (Art. 21a VwZVG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
2. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen.
Die Anordnung des Sofortvollzugs genügt vorliegend den formellen Anforderungen. Die Vorschrift des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verlangt eine Darlegung der Gründe, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für ausnahmsweise geboten erachtet (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 55). Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 8. Dezember erfüllt diese formell-rechtlichen Anforderungen; Einwände hiergegen wurden im Übrigen auch nicht vorgebracht.
3. Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt, dass die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2020 mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Es spricht überwiegendes dafür, dass die darin getroffenen Regelungen rechtswidrig sind und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3.1 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV).
Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen und unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die vorherige Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens.
Zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (ausgenommen Cannabis), sofern nicht gemäß der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV eine vom Regelfall abweichende Bewertung der Umstände zu berücksichtigen ist. Bleibt es bei der Regelannahme der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV, steht die Nichteignung fest. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2019 – 11 ZB 19.1435 – BeckRS 2019, 30470 Rn. 14; B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 – juris Rn. 10 m.w.N.). Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig sog. harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 11 CS 20.1292 – BeckRS 2020, 24670 Rn. 11; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11 m.w.N.). Ein Ermessen steht der Behörde insoweit nicht zu.
3.2 Nach diesen Maßstäben war die Entziehung der Fahrerlaubnis mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Zur Überzeugung des Gerichts ergeben sich im Eilverfahren keine überzeugenden Anhaltspunkte, dass der Antragsteller Betäubungsmittel wie etwa LSD oder Ecstasy/MDMA (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I und III) konsumiert oder konsumiert hat und sich deshalb nach der Regelvermutung des Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat.
Dies ergibt sich aus einer richterlichen Würdigung der Gesamtumstände im Eilverfahren (§ 108 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO). Danach hat der Antragsteller die Einnahme von Betäubungsmitteln weder eingeräumt (dazu 3.2.1), noch liegt im Übrigen der tragfähige Nachweis eines die Fahreignung gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ausschließenden Konsums von Betäubungsmitteln vor (dazu 3.2.2).
3.2.1
Der Antragsteller hat nicht im Sinne der vom Antragsgegner angeführten Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11) eingeräumt, dass er in der Vergangenheit Betäubungsmittel eingenommen hat, sodass er seine Fahreignung nicht bereits deshalb nach Maßgabe der Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV verloren hat.
Gegen den Antragsteller wird bei der Staatsanwaltschaft Schweinfurt unter dem Aktenzeichen … … … … ein Strafverfahren wegen Anstiftung zur vorsätzlichen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit versuchtem unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln geführt. Der Ausgang des Strafverfahrens ist dem Gericht nicht bekannt. Dem liegt zugrunde, dass der Antragsteller im Juli 2020 Betäubungsmittel in Form von Ecstasy und LSD bei einer nicht näher bekannten Person in den Niederlanden bestellt haben soll, welche jedoch vor Erhalt durch das Hauptzollamt Köln sichergestellt wurden. Bei einer ersten Beschuldigtenvernehmung am 2. November 2020 räumte der Antragsteller die Bestellung ein und gab an, die Betäubungsmittel seien nur zu seinem Eigenbedarf bestimmt gewesen.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners lässt sich alleine hieraus ein eingeräumter Konsum von Betäubungsmitteln nicht ableiten. Dem Gericht sind weder die von der Polizei im Rahmen der Vernehmung gestellten Fragen noch etwaige sonstige bei der Befragung getroffene Angaben des Antragstellers bekannt. Maßgeblich für die Beurteilung ist deshalb nur die Äußerung des Antragstellers, wie sie im Vernehmungsprotokoll vom 2. November 2020 (Bl. 7 der Behördenakte) dokumentiert wurde. Mit der Einlassung, die bestellten Betäubungsmittel seien lediglich zum Eigenbedarf bestimmt gewesen, gab der Antragsteller jedoch weder explizit zu, bereits zuvor irgendwelche Betäubungsmittel eingenommen zu haben, noch lässt sich der Äußerung bei unbefangener Betrachtung ein solcher Aussagegehalt implizit entnehmen. Der Hinweis auf einen Eigenbedarf als beabsichtigter Verwendungszweck der bestellten Ecstasy-Tabletten und LSD-Trips kann nicht mit dem Einräumen eines vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums gleichgesetzt werden. Da es ebenso denkbar ist, dass der Antragsteller – wie er im Rahmen seiner eidesstattlichen Versicherung vom 11. Januar 2021 versicherte – im Juli 2020 erstmals Betäubungsmittel bestellte, lässt die inzwischen gegenüber der Staatsanwaltschaft widerrufene Aussage zum Zweck der fraglichen Bestellung – selbst wenn wie ursprünglich geäußert die bestellte Ware zum Eigenbedarf hätte erfolgen sollen – nicht zwingend darauf schließen, dass es bereits zuvor zu einer fahreignungsausschließenden Einnahme von harten Drogen seitens des Antragstellers kam.
In diesem Zusammenhang überzeugt auch der Einwand des Antragsgegners nicht, wonach der Widerruf der ursprünglichen Aussage nicht glaubhaft wäre, da neben dem zunächst eingeräumten Eigenbedarf eine andere schlüssige Verwendung der bestellten Betäubungsmittel nicht ersichtlich sei. Letztlich kann es nämlich dahinstehen, ob die Einlassung des Antragstellers gegenüber der Polizei oder aber deren nachträglicher Widerruf zutreffend war. Denn selbst wenn man den Antragsteller an seiner ursprünglichen Äußerung festhält, ergäbe sich daraus lediglich das Einräumen einer vom Hauptzollamt Köln vereitelten Absicht eines Betäubungsmittelkonsums. Der „Versuch“ der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) wird von der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV jedoch nicht erfasst, und zwar unabhängig davon, ob der „Versuch“ wie hier am Eingreifen Dritter scheiterte oder der Kraftfahrer freiwillig von ihm zurückgetreten ist. Denn die Anlage 4 zur FeV enthält eine Aufstellung häufiger vorkommender Erkrankungen und Mängel, zu denen ein (etwaiger) Mangel, der nur in einer erfolglos betätigten Absicht des Betäubungsmittelkonsums besteht, nicht zählt, und zwar auch dann nicht, wenn diese Absicht eine spätere erfolgreiche Einnahme von Betäubungsmitteln befürchten lässt. Zwar mag anzunehmen sein, dass eine Person, von der sicher feststünde, dass sie nichts unversucht lassen wird, um schon bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit „harte“ Drogen einzunehmen, deshalb ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen wäre. Aus dieser Einschätzung können dann aber nur unter Rückgriff auf den allgemeinen Tatbestand der Nichteignung (§§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV) rechtliche Konsequenzen gezogen werden (vgl. etwa zu charakterlichen Fahreignungszweifeln bei einer Person, die nachweislich entschlossen war, in allernächster Zukunft Betäubungsmittel einzunehmen, BayVGH, B.v. 21.7.2011 – 11 CS 11.106 – juris). Dagegen obliegt es weder den Fahrerlaubnisbehörden noch den Gerichten, den Katalog typischer Nichteignungstatbestände der Anlage 4 zur FeV durch Rechtsfortbildung auf atypische oder seltene Fallgestaltungen auszudehnen (zum Ganzen NdsOVG, B.v. 4.7.2017 – 12 ME 77/17 – BeckRS 2017, 116186 Rn. 16). Im vorliegenden Falle lässt sich allerdings alleine aus der nachweislich gegebenen Tatsache, dass der Antragsteller einmalig Ecstasy und LSD an seine Wohnanschrift bestellte, nicht bereits darauf schließen, dass er in Bezug auf die Einnahme harter Drogen eine derart intentionale Konsumabsicht verfolgen würde, derentwegen er bereits ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und 46 Abs. 1 Satz 1 FeV sein könnte, zumal weitere Ermittlungen der Polizei keinerlei sonstige Indizien für einen Betäubungsmittelkonsum erbrachten und auch im Übrigen keine objektiven Umstände hierfür sprechen.
3.2.2 Auch darüber hinaus sind keine überzeugenden Anhaltspunkte gegeben, dass der Antragsteller aufgrund einer Einnahme von Betäubungsmitteln (außer Cannabis) nach der Regelvermutung der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV fahrungeeignet ist.
Die auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis erfordert eine feststehende Ungeeignetheit des Betroffenen. Im Fall der Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV setzt dies die Überzeugung der Behörde sowie des im Streitfall angerufenen Gerichts voraus, dass der Fahrerlaubnisinhaber tatsächlich Betäubungsmittel (außer Cannabis) eingenommen hat. Die materielle Beweislast hierfür liegt im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren grundsätzlich bei der Behörde mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 3 Rn. 24 m.w.N.).
Das Gericht teilt die dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Auffassung des Antragsgegners jedoch nicht, wonach anhand des Umstands, dass der Antragsteller unstreitig im Juli 2020 Ecstasy und LSD-Trips bestellt und als Zweck der Bestellung zunächst den Eigenbedarf angegeben hat, zwingend auch von einem feststehenden Konsum von Betäubungsmitteln auszugehen ist.
3.2.2.1 Daher kann es zunächst offenbleiben, ob die Verfahrensregelung des § 3 Abs. 3 StVG einer Verwertung des Sachverhalts, der dem laufenden Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Schweinfurt (Az. …) zugrunde liegt, im behördlichen Entziehungsverfahren vorliegend entgegenstand.
Gegen eine solche Sperrwirkung spricht hier jedoch, dass der auf eine aus Sicht der Behörde feststehende Nichteignung (§ 11 Abs. 7 FeV) gestützten Entziehung der Fahrerlaubnis nicht der dem Strafverfahren zugrundeliegende Vorwurf einer versuchten Bestellung von Betäubungsmitteln im Ausland zugrunde lag. Gestützt war die Entziehung der Fahrerlaubnis vielmehr auf die Überzeugung des Landratsamts, dass der Antragsteller Betäubungsmittel (außer Cannabis) einnimmt oder eingenommen hat. Dieser angenommene Sachverhalt ist aber nicht Gegenstand des laufenden Strafverfahrens.
3.2.2.2 Nach einer Gesamtbetrachtung der Indizien, die für und gegen das Vorbringen des materiell beweisbelasteten Antragsgegners sprechen, ist das Gerichts nicht der Überzeugung, dass der Antragsteller Betäubungsmittel konsumiert oder konsumiert hat.
Neben einem – hier unstreitig nicht gegebenen – medizinischen Nachweis von harten Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers kann sich im Rahmen der richterlichen Tatsachenwürdigung die Überzeugung von einer Betäubungsmitteleinnahme grundsätzlich auch auf sonstige Umstände stützen, die im Einzelfall – trotz etwaiger fortbestehender Restzweifel – den hinreichend gesicherten Schluss auf einen Betäubungsmittelkonsum zulassen. Im hier zugrundeliegenden Entziehungsverfahren obliegt es insoweit der Fahrerlaubnisbehörde, im Zweifel die Tatsachen nachzuweisen, die den Entzug der Fahrerlaubnis begründen, nicht aber ist es Sache des Fahrererlaubnisinhabers, gegenüber der Behörde oder dem Gericht seine fortbestehende Eignung zu belegen.
Der positive Nachweis eines Betäubungsmittelkonsums durch den Antragsteller ließe sich im vorliegenden Fall allenfalls mittelbar aus dem unstreitigen Indiz ableiten, dass der Antragsteller im Juli 2020 einmalig (erfolglos) Betäubungsmittel in Form von Ecstasy und LSD bestellte und gegenüber den Ermittlungsbehörden zunächst einräumte, dass der Zweck der Bestellung ein Eigenbedarf gewesen sei. Darüber hinaus gibt es vorliegend keine objektiven Anhaltspunkte, die für einen Betäubungsmittelkonsum des Antragstellers sprechen. Insbesondere wurden bei einem freiwillig durchgeführten Drogenschnelltest keine entsprechenden Substanzen im Körper des Antragstellers festgestellt und verlief eine Durchsuchung des Antragstellers, seines Fahrzeugs, seiner Wohnung sowie seines Mobiltelefons durch die Polizei ohne Anhaltspunkte auf Konsum von Betäubungsmitteln.
Zwar spricht der Umstand, dass der Antragsteller im Ausland eine nicht nur unerhebliche Menge von Ecstasy und LSD-Trips bestellte, durchaus für die Hypothese des Landratsamts, wonach der Antragsteller auch Betäubungsmittel konsumiert bzw. konsumiert hat, zumal er gegenüber der Polizei zunächst einräumte, die sichergestellte Bestellung sei für den Eigenbedarf bestimmt gewesen. Alleine daraus lässt sich aber noch kein sicherer Schluss ziehen, dass der Antragsteller tatsächlich auch Betäubungsmittel einnimmt. Wenngleich die Erklärungen des Antragstellers in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 11. Januar 2021 rudimentär und nicht ins Detail gehend erscheinen, ist die darin vom Antragsteller geschilderte Version, wonach er keine Betäubungsmittel einnimmt und die bestellten Drogen auch nicht eingenommen hätte, da für jemand anderen bestimmt, jedenfalls nicht undenkbar.
So erscheint es durchaus plausibel, wenn der Antragsteller vortragen lässt, dass seine ursprüngliche Erklärung, wonach die bestellten Drogen zum Eigenbedarf bestimmt gewesen seien, im Hinblick auf die rechtliche Straffreiheit des bloßen Konsums zunächst der Verteidigung im Strafverfahren dienen sollte. Gleichfalls ist es im Hinblick auf das offenbar noch nicht abgeschlossene Strafverfahren auch nachvollziehbar, wenn der Antragsteller zu seiner Verteidigung im zugrundeliegenden Verfahren nur pauschal ausführt, die Betäubungsmittel seien nicht für ihn gewesen, ohne dabei auf nähere Einzelheiten einzugehen, die den Antragsteller hier entlasten, möglicherweise aber im Strafverfahren belasten könnten, insbesondere im Hinblick auf einen durchaus denkbaren, vom Antragsteller geplanten Weiterverkauf der eingeführten Betäubungsmittel, welcher allerdings – ohne Konsum – nicht ohne weiteres auch zur zwingenden Entziehung der Fahrerlaubnis führen würde. Es spricht deshalb ähnlich viel für die Annahme des Landratsamts, wonach der Antragsteller als Besteller von Betäubungsmitteln solche auch konsumiert, wie für die Version des Antragsstellers, wonach er keine Drogen einnimmt und er die bestellten Betäubungsmittel stattdessen weitergegeben hätte. Das Gericht kann letztlich – wie auch die Behörde – lediglich Mutmaßungen hinsichtlich der tatsächlich vom Antragsteller beabsichtigten Verwendung der im Juli 2020 bestellten Betäubungsmittel anstellen. Es kann sich aber alleine aus dem Umstand, dass der Antragsteller LSD und Ecstasy bestellte und zunächst Eigenbedarf als Zweck der Bestellung angab, keine Gewissheit darüber bilden, dass er tatsächlich auch entsprechende Substanzen einnahm oder einnimmt.
Bei den weiteren vom Landratsamt angeführten Umständen, wonach (1.) der Widerruf der Aussage des Antragstellers aufgrund des mit einer Bestellung verbundenen finanziellen Aufwandes nicht glaubhaft sei, dass es (2.) nicht realistisch sei, dass es nicht zum Konsum der bestellten Betäubungsmittel gekommen wäre, da der Antragsteller ansonsten nicht wissentlich Betäubungsmittel bestellt hätte, dass es (3.) unerheblich sei, dass sich bei der Durchsuchung der Wohnung keine weiteren Hinweise ergeben hätten, da weitere Betäubungsmittel an anderer Stelle gelagert sein könnten, dass (4.) auch der negative Drogenschnelltest unerheblich sei, da Betäubungsmittel wie LSD und Ecstasy nur im Zeitraum von 1-4 Tagen nachweisbar seien und dass der Schluss darauf, dass der Antragsteller nie Betäubungsmittel konsumiert habe, hieraus nicht möglich sei, dass es (5.) nebensächlich sei, dass beim Antragsteller bislang keine Vorstrafen oder andere Hinweise in Bezug auf Drogendelikte bestünden, sowie dass schließlich (6.) die Tatsache, dass der Antragsteller offenbar Wege zur Beschaffung von Betäubungsmittel kenne, für einen früheren Erwerb spreche, handelt es sich im Ergebnis um bloße Einwände, die gegen das vom Antragsteller zu seiner Rechtsverteidigung Vorgebrachte angeführt werden. Diese sind allerdings nicht geeignet, den für eine Fahrerlaubnisentziehung erforderlichen positiven Nachweis einer Betäubungsmitteleinnahme zu erbringen. Dass der Antragsteller etwa den finanziellen Aufwand auf sich nahm und offensichtlich auch über die Kenntnisse und Wege verfügt, um sich im Ausland Betäubungsmittel zu bestellen, spricht nicht zwingend auch für einen Konsum. Mangels sonstiger objektiver Indizien für einen konkreten Konsumakt könnten diese Gesichtspunkte gleichermaßen auch auf einen Betäubungsmittelhandel des Antragstellers ohne gleichzeitige Einnahme hindeuten. Im Übrigen mögen die Tatsachen, dass die Ermittlungen gegen den Antragsteller ohne weitere belastende Ergebnisse blieben sowie dass keine Vorstrafen bestehen, zwar tatsächlich noch keinen Beleg dafür erbringen, dass der Antragsteller keine Betäubungsmittel konsumiert. Maßgeblich ist aber, dass diese Gesichtspunkte auch nicht für die Auffassung des insoweit beweisbelasteten Antragsgegners sprechen, dass der Antragsteller harte Drogen einnimmt. Vielmehr sind dies – zwar nicht zwingende, allerdings zusätzliche – Indizien, die der Antragsteller zu Recht gegen die Behauptung des Landratsamts anführen lässt.
Vor diesem Hintergrund bestehen nach Auffassung des Gerichts begründete Zweifel daran, dass der Antragsteller aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV fahrungeeignet ist und es durfte nach alldem der Antragsgegner mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen, weshalb der Entziehungsbescheid vom 8. Dezember 2020 nach summarischer Prüfung rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Die Rechtswidrigkeitsfolge erstreckt sich auch auf die Anforderung, den Führerschein abzuliefern und die Zwangsmittelandrohung.
4. Da an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes regelmäßig kein öffentliches Interesse bestehen kann, ist die aufschiebende Wirkung der Klage auch nach einer Abwägung der Interessen des Antragstellers mit den öffentlichen Interessen wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Zur Überzeugung des Gerichts überwiegt vorliegend nicht das im Hinblick auf den Rang der betroffenen Rechtsgüter gewichtige öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs, vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführen geschützt zu werden, das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt. Denn eine Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen steht eben nicht fest.
Im Fall des Antragstellers kann angesichts der aktenkundigen Feststellungen weder von einem feststehenden Fall der Ungeeignetheit, noch von einem feststehenden Fall der Fahreignung sicher ausgegangen werden. Denn wenngleich wie ausgeführt von einer Nichteignung des Antragstellers infolge eines feststehenden Konsums harter Drogen vorliegend nicht ausgegangen werden darf, kann die von ihm eingeräumte Bestellung von Betäubungsmitteln sowie seine ursprüngliche Angabe, wonach die bestellten Betäubungsmittel zum Eigenbedarf bestimmt gewesen seien, durchaus Zweifel an der Fahreignung aufgrund eines möglichen Konsums von Betäubungsmitteln (außer Cannabis) begründen. Diese wären gegebenenfalls im Rahmen eines anzuordnenden ärztlichen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV aufzuklären (vgl. zur hier relevanten Abgrenzung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV und § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV: BayVGH, B.v. 21.7.2011 – 11 CS 11.1061 – juris). Da diese Fahreignungszweifel unmittelbar aus der eingeräumten Bestellung von Betäubungsmitteln sowie aus den Angaben des Antragstellers im Strafverfahren resultieren, wäre jedoch insoweit vor Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde zunächst die Sperrwirkung des offenbar noch laufenden Ermittlungsverfahrens (§ 3 Abs. 3 StVG) abzuwarten. Wenngleich kein Regelfall des § 69 Abs. 2 StGB vorliegt, kann ungeachtet des aktenkundigen Strafbefehlsentwurfs der Staatsanwaltschaft Schweinfurt – etwa im Hinblick auf eine mögliche Änderung des Aussageverhaltens des Antragstellers oder eine rechtliche Neubewertung der Tat – nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass im laufenden Strafverfahren eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB in Betracht kommt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 sowie Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für die streitwertrelevante Fahrerlaubnisklasse B ergibt sich danach ein Streitwert von 5.000,00 EUR, der im Eilverfahren auf 2.500,00 EUR zu halbieren war.