IT- und Medienrecht

Glaubhaftmachung, Verwaltungsgerichte, Antragsgegner, Ärztliches Attest, Bevollmächtigter, Einstweilige Anordnung, Prozeßbevollmächtigter, Antragstellers, Streitwertfestsetzung, Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch, Prozeßkostenhilfeverfahren, Gesundheitszeugnis, Festsetzung des Streitwerts, Streitwertkatalog, Beschwerdeschrift, Beschwerde gegen, Wert des Beschwerdegegenstandes, Strafrechtliches Ermittlungsverfahren, Unentschuldigtes Fehlen, Kostenentscheidung

Aktenzeichen  M 26b E 20.6541

Datum:
30.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38364
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Arzt und wendet sich gegen die Behauptung des Antragsgegners, er stelle im Zusammenhang mit der Befreiung von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, unrichtige Atteste aus.
Am 7. Dezember 2020 ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
Der Antragsgegner wird einstweilen verpflichtet, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, der Antragsteller stelle unrichtige ärztliche Gesundheitszeugnisse über das Vorliegen von Erkrankungen aus, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unmöglich machen.
Zur Glaubhaftmachung des Anspruchs wurde ein Schreiben vom … November 2020 des Schulwerks A* … … …, Abteilung Recht und Personal, vorgelegt, in dem es heißt, hinsichtlich der vom Antragsteller ausgestellten Atteste bestehe inzwischen die rechtliche Auffassung des Kultusministeriums, dass diese als nicht glaubhaft angesehen werden könnten, da nach einschlägigen Ermittlungen lediglich „Blanko-Bestätigungen“ ohne differenziert vorgenommenen medizinischen Aussagegehalt vorlägen. Die rechtliche Einschätzung werde zwischenzeitlich auch durch einschlägige gerichtliche Entscheidungen gestützt.
Des Weiteren legte die Bevollmächtigte des Antragstellers eine von ihr stammende eidesstattliche Versicherung vom … Dezember 2020 vor, in der sie erklärt, die Ausstellerin des Schreibens vom … November 2020 habe am … November 2020 um 8:40 Uhr in einem Telefonat mit ihr verlautbaren lassen, dass es nur einen Arzt gebe, der als unglaubhaft angesehen werde, und dass seitens der Staatsanwaltschaft und der Landesärztekammer bereits Ermittlungen gegen ihn geführt würden, die dazu führten, dass der Aussagegehalt der Atteste nicht anerkannt werde.
Bei den Äußerungen der Mitarbeiterin des Schulwerks A* … … …, einer kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts, handele es sich um hoheitliches Handeln. Die Weisung des Kultusministeriums, welche von Frau A* … gegenüber der Bevollmächtigten glaubhaft versichert worden sei, stelle einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers dar, untergrabe das Vertrauen seiner Patienten und führe zu einem Umsatzschaden sowie einer Rufschädigung. Durch die Behauptung von Mitarbeitern des Kultusministeriums, die Atteste des Antragstellers stellten keine Grundlage für eine Maskenbefreiung dar, werde sinngemäß behauptet, er erteile unrichtige Atteste, ohne dass es hierfür einen Nachweis gebe. Vielmehr liefen gegen den Antragsteller glaublich strafrechtliche Ermittlungsverfahren, die noch nicht abgeschlossen seien und deren Ergebnis daher völlig offen sei. Die Behauptungen des Antragsgegners seien daher spekulativ. Sie stellten einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers dar, weil er ohne Tatsachengrundlage gegenüber der Öffentlichkeit sogar der Begehung von Straftaten bezichtigt werde.
Auch wenn man davon ausginge, dass die Beweislage hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Behauptungen offen sei, so sei nach den allgemeinen Grundsätzen der Folgenabwägung dem Antrag stattzugeben.
Mit ergänzendem Schriftsatz vom … Dezember 2020 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers eine schriftliche Äußerung einer Demonstrationsteilnehmerin vom … Dezember 2020 vor, in der diese berichtet, sie sei bei einer Demonstration am … Oktober 2020 in B* …, ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, von der Polizei kontrolliert worden. Sie habe gegenüber den Polizeikräften behauptet, das vom Antragsteller ausgestellte Attest, das sie vom Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung befreie, nicht bei sich zu haben. Sie leide an diversen näher bezeichneten Erkrankungen und sei deswegen beim Antragsteller in Behandlung, welcher ihr aufgrund dieser Beschwerden ein Attest ausgestellt habe. Aus dem gleichzeitig vorgelegten Anhörungsbogen des Landratsamts Landsberg am Lech vom … November 2020 zur Anhörung von Frau B* … wegen einer Ordnungswidrigkeit geht hervor, dass Frau B* … anlässlich der Polizeikontrolle bei der Demonstration am … Oktober 2020 ein nicht personalisiertes Attest der Arztpraxis des Antragstellers vorgezeigt habe, bei dem es sich lediglich um einen allgemeingültigen Vordruck gehandelt habe, aus dem keinerlei Individualrechte abgeleitet werden konnten.
Mit weiterem Schriftsatz vom … Dezember 2020 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers eine kaum lesbare Kopie eines Anhörungsschreibens eines Polizeihauptmeisters der Polizeiinspektion A* … … im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vor, in dem es heißt, dass Atteste des Antragstellers nach Gerichtsurteil nicht anerkannt würden.
Mit weiterem Schriftsatz vom … Dezember 2020 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers Einschreiben der Grundschule C* … vom … Dezember 2020 vor, in welchem die Schulleiterin den Eltern zweier Schüler mitteilt, dass die vorgelegten Schreiben aus der Praxis des Antragstellers nicht als echte ärztliche Atteste angesehen werden könnten, sodass das Fernbleiben der Kinder vom Unterricht als unentschuldigtes Fehlen gewertet würde.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller habe schon nicht glaubhaft dargelegt, dass der Antragsgegner jemals geäußert habe, der Antragsteller stelle unrichtige ärztliche Gesundheitszeugnisse über das Vorliegen von Erkrankungen aus, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unmöglich machten. Das hierzu vorgelegte Schreiben der Diözese A* … vom … November 2020 sei hierfür nicht geeignet. Das Schreiben gebe eine Auffassung der Diözese A* … wieder, in welchem dem (offenbar Bayerischen) Kultusministerium eine Aussage zugeschrieben werde. Die zugeschriebene Aussage habe den Inhalt, dass die vom Antragsteller ausgestellten Atteste nicht glaubhaft seien, nicht hingegen dass es sich um unrichtige Atteste handle.
Eine Befreiung von der Maskenpflicht auf dem Schulgelände sei ausschließlich gegenüber der Schulleitung glaubhaft zu machen und erfolge daher nicht beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, wobei sich die Einzelheiten aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 der nunmehr 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) und dem Rahmen-Hygieneplan für Schulen ergäben. In Zweifelsfragen wendeten sich die Schulleitungen an die unmittelbar vorgesetzten Schulaufsichtsbehörden, dies sei bei Realschulen, Gymnasien und beruflichen Oberschulen das Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Die Beratung erfolge meist telefonisch und habe jeweils die Eignung konkreter Atteste zur Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen zum Gegenstand. Die Entscheidung, ob ein Attest zur Glaubhaftmachung geeignet sei, treffe nach der Beratung letztlich die Schulleitung in eigener Verantwortung. Die Behauptung, dass Mitarbeiter des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus pauschale Aussagen über Atteste des Antragstellers treffen würden und diese deshalb nicht mehr mit Erfolg vorgelegt werden könnten, sei ebenso unzutreffend wie der Vorwurf, dass Äußerungen der Mitarbeiter des Kultusministeriums den Antragsteller in seiner Ehre und Reputation zu verletzen geeignet seien. Der eidesstattlichen Versicherung der Bevollmächtigten des Antragstellers sei ebenfalls nichts zu entnehmen, das geeignet wäre, die behauptete und dem Kultusministerium zugeschriebene Äußerung glaubhaft zu machen. Auf die Rechtswidrigkeit einer solchen Äußerung komme es daher schon nicht an. Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auf der Internetseite des Antragstellers weiterhin ein Vordruck für ein Blanko-Attest zum Herunterladen bereitgestellt werde. Außerdem werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. November 2020 – Au 3 E 20.2315 – Rn. 6 und 29 hingewiesen sowie auf die im Internet abrufbaren Berichte der Augsburger Allgemeinen vom 22. September 2020 („Falsche Atteste – Kripo ermittelt gegen … Arzt …“) und vom 17 November 2020 („… Arzt … … sorgte bei Corona-Demo erneut für Eklat“) sowie des Kreisboten vom 23. September 2020 („Kripo München ermittelt gegen … …“).
Mit Schriftsatz vom … Dezember 2020 erwiderte die Bevollmächtigte des Antragstellers hierauf unter anderem, der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch richte sich gegen Äußerungen von Hoheitsträgern, welche in allem, was sie sagten, einer besonderen Sorgfaltspflicht unterlägen. Die Beachtung dieser Pflicht verbiete Verlautbarungen des Inhalts, dass die Atteste des Antragstellers allesamt nicht anerkannt werden könnten, obwohl man nicht wisse, ob zwischenzeitlich fachlich überzeugende und damit wahre Beurkundungen erfolgen würden. Dies führe zu einer Ausgrenzung des Antragstellers in der Öffentlichkeit, welche sachlich nicht gerechtfertigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
1. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat die Antragspartei sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) zu bezeichnen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 1 und 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO). Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch -grund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20 m.w.N.). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Das Gericht kann grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen, es sei denn, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG) schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragspartei unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein Obsiegen der Antragspartei in der Hauptsache offensichtlich oder doch zumindest überwiegend wahrscheinlich ist.
2. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Unterlassung der streitgegenständlichen Behauptung nicht glaubhaft gemacht.
2.1. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung einer Äußerung eines Hoheitsträgers setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition oder ein sonstiges subjektives Recht vorliegt und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Diese Voraussetzungen sind allgemein anerkannt (vgl. BayVGH, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1609 juris Rn. 17; SächsOVG, B.v. 7.8.2013 – 4 B 383/12 – juris Rn. 6; OVG MV, B.v. 25.1.2008 – 2 M 43/07 -, juris Rn. 910), weshalb die Kammer insoweit offenlassen kann, ob ein solcher Anspruch unmittelbar aus den Grundrechten (so bspw.: BVerwG, U.v. 21.5. 2008 – 6 C 13/07 -, juris Rn. 13/16) oder aus einer entsprechenden Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) herzuleiten ist (so z. B.: OVG MV, B.v. 25.1.2008 – 2 M 43/07 – juris Rn. 9-10).
2.2. Gegenstand des Verfahrens ist im vorliegenden Fall der Anspruch, den Antragsgegner zu verpflichten, es künftig zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, der Antragsteller stelle unrichtige ärztliche Gesundheitszeugnisse über das Vorliegen von Erkrankungen aus, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unmöglich machten.
Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist zunächst, dass die konkret in Anspruch genommene Behörde des Antragsgegners (hier: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus) die streitgegenständliche Behauptung in der Vergangenheit geäußert hat und eine Wiederholung dieser Äußerung droht.
Im vorliegenden Fall ist es dem Antragsteller schon nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass der Antragsgegner, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) als handelnder Behörde, die streitgegenständliche Behauptung geäußert hat, so dass die Gefahr einer Wiederholung drohen könnte.
Glaubhaft gemacht im Sinne von § 920 Abs. 2, § 294 ZPO ist eine Tatsache, wenn nach richterlicher Überzeugung ihr Vorliegen wahrscheinlicher ist als ihr Nichtvorliegen (BeckOK ZPO/Mayer, 39. Ed. 1.12.2020, ZPO § 920 Rn. 12).
Aus der Antragsbegründung ergibt sich, dass der Antragsteller davon ausgeht, es gebe eine Weisung des StMUK, wonach Atteste des Antragstellers zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung, die vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit, generell unrichtig bzw. zur Glaubhaftmachung per se nicht geeignet seien. Das StMUK bestreitet dies. Vielmehr seien die Mitarbeiter des StMUK in konkreten Einzelfällen beratend tätig, wenn sich Schulleiter oder Schulleiterinnen im Rahmen ihrer eigenverantwortlichen Prüfung der Glaubhaftigkeit von Attesten zur Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Schulbereich in Zweifelsfragen an diese Mitarbeiter in deren Eigenschaft als Vertreter der zuständigen Schulaufsichtsbehörde wendeten. Die Mitarbeiter böten jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall rechtliche Beratung an. Eine generelle Weisung des Inhalts, dass Atteste des Antragstellers per se unwahr oder zur Glaubhaftmachung nicht geeignet seien, gebe es nicht.
Vor diesem Hintergrund ist das zur Glaubhaftmachung vorgelegte Schreiben der Mitarbeiterin des Schulwerks der Diözese A* … vom … November 2020 nicht geeignet, glaubhaft zu machen, das StMUK habe eine generelle Aussage getroffen, Atteste des Antragstellers seien per se „unwahr“, oder sich sonst in dieser Richtung geäußert. Aus dem Schreiben geht wörtlich lediglich hervor, im StMUK bestehe inzwischen die rechtliche Auffassung, dass die Atteste als nicht glaubhaft angesehen werden könnten, da nach einschlägigen Ermittlungen lediglich „Blanko-Bestätigungen“ ohne differenziert vorgenommenen medizinischen Aussagegehalt vorlägen. Die rechtliche Einschätzung werde zwischenzeitlich auch durch einschlägige gerichtliche Entscheidungen gestützt. Gegenstand des Schreibens ist nicht eine konkrete Äußerung des Antragsgegners, sondern das Bestehen einer Rechtsauffassung, die sich auf einschlägige gerichtliche Entscheidungen stützt. Es versteht sich von selbst, dass das Innehaben einer Rechtsauffassung nicht Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs sein kann. Erst die Äußerung einer Rechtsauffassung kann einen zu unterlassenden rechtswidrigen Eingriff in grundrechtliche Positionen bewirken und zwar dann, wenn diese etwa in ehrverletzender Weise geäußert wird oder rechtlich schlicht nicht vertretbar erscheint. Dabei ist für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des durch eine bestimmte Äußerung erfolgten Eingriffs der konkrete Wortlaut der Äußerung von entscheidender Bedeutung, da die Wahl der Formulierung darüber entscheidet, ob eine Äußerung gerechtfertigt ist oder nicht. So macht es einen entscheidenden Unterschied, ob etwa formuliert würde, in einem anderen Fall sei ein inhaltsgleiches Attest vom zuständigen Gericht als nicht für eine Glaubhaftmachung tauglich zurückgewiesen worden, oder ob beispielsweise formuliert würde, jemand stelle generell immer nur unwahre Atteste aus. Das vom Antragsteller vorgelegte Schreiben des Schulwerks der Diözese A* … gibt über konkrete Äußerungen des StMUK keinen Aufschluss und ist daher nicht geeignet glaubhaft zu machen, das StMUK habe in der Vergangenheit wörtlich oder sinngemäß behauptet, der Antragsteller stelle unwahre Atteste aus.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der eidesstattlichen Versicherung der Bevollmächtigten des Antragstellers vom … Dezember 2020, da die eidesstattliche Versicherung eine Äußerung der Mitarbeiterin des Schulwerks der Diözese A* … zum Inhalt hat, welche keinerlei Bezug zum StMUK des Antragsgegners aufweist. Die Äußerungen der Mitarbeiterin der Diözese A* …, laut eigener Angabe der Bevollmächtigten einer kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts und damit einer eigenständigen juristischen Person des öffentlichen Rechts, sind dem Antragsgegner nicht zurechenbar. Auch inhaltlich findet das StMUK keinerlei Erwähnung.
Ebensowenig geeignet, die angebliche Behauptung des Antragsgegners glaubhaft zu machen, ist die schriftliche Stellungnahme einer Demonstrationsteilnehmerin vom … Dezember 2020. Abgesehen davon, dass die Einlassung der Demonstrationsteilnehmerin, sie habe der Polizei gegenüber behauptet, dass einschlägige Attest nicht mit sich zu führen, im Widerspruch zur Sachverhaltsdarstellung des Landratsamts steht, sie habe den Polizeibeamten ein nicht personalisiertes Attest des Antragstellers vorgezeigt, lässt die Stellungnahme keinerlei Bezug zu dem im vorliegenden Verfahren in Anspruch genommenen StMUK erkennen. Vielmehr sind die Polizeieinsatzkräfte ebenso wie das Landratsamt als Ordnungswidrigkeitenbehörde dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration zuzuordnen. Gleiches gilt für das vorgelegte Anhörungsschreiben eines Polizeihauptmeisters der Polizeiinspektion A* … …
Schließlich kann auch das Schreiben der Grundschule C* … vom … Dezember 2020 zur Glaubhaftmachung der angeblichen Behauptung des StMU nichts beitragen. Dem Schreiben kann lediglich entnommen werden, dass die Schulleitung der Grundschule die im konkreten Fall vorgelegten ärztlichen Atteste aus der Praxis des Antragstellers nicht akzeptierte. Ein irgendwie gearteter Bezug zum in Anspruch genommenen StMUK ist nicht ersichtlich.
Fehlt es wie im vorliegenden Fall aber bereits an der Glaubhaftmachung, dass eine künftig zu unterlassende Behauptung in der Vergangenheit geäußert wurde, so liegen schon deswegen die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nicht vor. Eine Prüfung der Rechtswidrigkeit der (angeblichen) Behauptung, des Eingriffs in Grundrechte des Antragstellers und der Wiederholungsgefahr bedarf es daher nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und Ziffer 1.5 Satz 2 das Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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