Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens

Aktenzeichen  11 C 20.545

Datum:
24.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20625
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75, § 122 Abs. 2 S. 3, § 152 Abs. 1, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 2, § 46 Abs. 1
BayVwVfG Art. 26 Abs. 2 S. 1, S. 2
GebOSt § 1

 

Leitsatz

Auch schon vor einer Gutachtensanordnung ist der Betroffene nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG verpflichtet, an der Aufklärung eines fahreignungsrelevanten Sachverhalts mitzuwirken und ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel anzugeben, u.a. auch vorhandene Unterlagen vorzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 11 CS 19.1565, BeckRS 2019, 30468). Verweigert er eine geeignete, ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung, die auch erforderlich ist, weil sie Tatsachen aus seinem persönlichen Lebensbereich betrifft und ggf. die Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht voraussetzt, berechtigt dies die Behörde zu einer für ihn nachteiligen Beweiswürdigung (vgl. BayVGH, a.a.O.) (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 18.1245 2020-02-06 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen A79, A179, AM, B, BE, CE 79, C1, C1E und L gerichtete Klage.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2018 teilte ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der den Kläger im Rahmen einer Betreuungssache untersucht hatte, dem Beklagten mit, er hege als verkehrsmedizinisch qualifizierter Gutachter ernste Bedenken gegen die Fahreignung des Klägers. Die medizinischen Voraussetzungen für eine rechtliche Betreuung habe er nicht festgestellt, jedoch Hinweise auf Komplikationen bei einem unzureichend eingestellten, seit 2005 bekannten, primär insulinpflichtigen Diabetes mellitus, der Bedenken gegen die Fahrtauglichkeit begründe. Der Kläger sei als Berufskraftfahrer tätig. Er habe zugesagt, seinen Hausarzt und Augenarzt zur gesundheitlichen Abklärung aufzusuchen und entsprechende Befunde weiterzuleiten, dies jedoch bisher nicht getan.
Daraufhin übersandte der Kläger ein Blutbild vom 31. März 2018. Da der Beklagte dies nicht für ausreichend erachtete, forderte er den Kläger auf, bis 18. Juni 2018 ein Attest seines Diabetologen Dr. W sowie seines Augenarztes vorzulegen.
Aus dem vom Betreuungsgericht an den Beklagten übermittelten psychiatrischen Fachgutachten vom 19. März 2018 ergab sich, dass die Angaben des Klägers, engmaschig den Blutzucker zu messen und Insulin zu spritzen, in augenscheinlich erheblichem Widerspruch zum Nichtmitführen eines Messgeräts, von Aufzeichnungen zu erhobenen Messwerten oder des Insulinpens standen. Dies korrespondiere mit ausweichenden Angaben zur haus- und augenärztlichen Betreuung. Es bestehe der konkrete Verdacht auf eine Wesensänderung durch Diabetes bei unzureichend eingestelltem Diabetes mellitus.
Nachdem der vom Kläger aufgesuchte Diabetologe und sein Hausarzt fernmündlich erklärt hatten, keine Angaben zur Fahreignung machen zu können, forderte der Beklagte den Kläger unter Verweis auf das fachärztliche Schreiben vom 16. Mai 2018, das psychiatrische Gutachten vom 19. März 2018 sowie die Nichtvorlage der geforderten ärztlichen Atteste mit Schreiben vom 31. Juli 2018 gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV i.V.m. Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV auf, bis 1. Oktober 2018 ein ärztliches Gutachten zur Klärung seiner Fahreignung hinsichtlich der Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV beizubringen.
Dem kam der Kläger nicht nach. Im Rahmen der Anhörung zu Entziehung der Fahrerlaubnis verwahrte er sich dagegen, dass er auf einen Anruf seiner geisteskranken, drogenabhängigen Mutter, die ihm seit dem Ableben seiner Frau das Leben zur Hölle mache, behördlicher Willkür ausgesetzt werde. Er habe sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Sein Gesundheitszustand sei völlig in Ordnung. Die Behauptungen des Facharztes und Gutachters sowie seiner Mutter habe er bereits mehrfach widerlegt, ohne dass dies zur Kenntnis genommen worden sei. Der Gutachter habe sich auch nicht bei seinen Hausärzten informiert.
Am 8. Oktober 2018 erklärte der Diabetologe gegenüber dem Beklagten, dass sich der Kläger seit Juli 2018 nicht mehr in der Praxis vorgestellt habe.
Daraufhin entzog der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. November 2018 gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis aller Klassen und verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds, seinen Führerschein spätestens fünf Tage nach Zustellung des Bescheids beim Beklagten abzugeben. Weiter ordnete er die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. In Nummer 5 des Bescheids wurde eine Kostenentscheidung zulasten des Klägers getroffen.
Am 27. November 2018 legte der Kläger Widerspruch gegen den Entziehungsbescheid ein, den er nicht begründete.
Am 10. Dezember 2018 ließ er durch seinen Bevollmächtigten Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten stellen. Nachfolgend wurden ein augenärztliches Zeugnis vom 21. Januar 2019 sowie eine Bescheinigung des behandelnden Diabetologen vom 19. November 2018 vorgelegt, die dem Beklagten am 22. Januar 2019 zugingen. Nach der diabetologischen Bescheinigung liegt beim Kläger ein gut eingestellter Diabetes mellitus Typ 2 ohne diabetische Folgeerkrankung vor. Die Insulintherapie könne ganz beendet werden. Es werde nur noch Metform 500 1-0-1 eingenommen. Die Blutzuckerwerte lägen gut dokumentiert um sechs mmol/Liter mit nur geringen Schwankungen. Es träten keine Hypoglykämien auf. Die Compliance sei gut. Es lägen lückenlose Aufzeichnungen der Blutzuckerwerte vor. Aus Sicht des Arztes lägen aus diabetologischer Sicht keine Einwände gegen eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer vor.
Auf entsprechende behördliche Anforderung vom 12. Juli 2019 hin holte der Kläger eine nochmalige ärztliche Bescheinigung seines Diabetologen vom 22. Juli 2019 ein, wonach weiterhin keine Einwände gegen eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer bestünden.
Daraufhin widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 7. August 2019 die Nummern 1 bis 4 des Entziehungsbescheids vom 8. November 2018 mit Wirkung für die Zukunft und händigte dem Kläger am 15. August 2019 seinen Führerschein wieder aus.
Eine Erledigungserklärung wurde in der Folge nicht abgegeben.
Mit Beschluss vom 6. Februar 2020 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten der Klage ab. Im Zeitpunkt der Bewilligungsreife Anfang Januar 2019 sei die Klage als Untätigkeitsklage noch unzulässig gewesen, weil seit der Einlegung des Widerspruchs am 27. November 2018 noch nicht die in § 75 VwGO vorgesehenen drei Monate abgelaufen gewesen seien. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sei die Anfechtungsklage hinsichtlich der Nummern 1 bis 4 des angegriffenen Bescheids unzulässig, weil sich der Entziehungsbescheid insoweit durch den Widerruf vom 7. August 2019 erledigt habe, und hinsichtlich der Nummer 5 unbegründet, weil die Gebühr in Höhe von 200,- EUR nicht zu beanstanden sei. Nach §§ 1, 4 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) i.V.m. Nr. 206 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage 1 zu § 1 GebOSt) betrage der Gebührenrahmen 33,20 bis 256,00 EUR. Die Auslagen in Höhe von 4,11 EUR für die Postzustellung hätten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt erhoben werden dürfen. Die Kostenerhebung beruhe auch auf einer richtigen Sachbehandlung im Sinne des Art. 16 Abs. 5 KG. Im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung habe der Beklagte auf die fehlende Fahreignung des Klägers schließen und ein ärztliches Gutachten nach § 11 Abs. 2 FeV fordern dürfen. Die Beibringungsaufforderung vom 31. Juli 2018 sei formell und materiell rechtmäßig gewesen, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig. Aufgrund der fachärztlichen Mitteilung vom 16. Mai 2018, des psychiatrischen Gutachtens vom 19. März 2018 und der durch den behandelnden Arzt nicht beurteilbaren Fahreignung habe ein auf Tatsachen beruhender Verdacht bestanden. Der Kläger habe das rechtmäßig geforderte Gutachten, durch das seine Fahreignung habe ermittelt werden sollen, bis zum Ablauf der hierfür gesetzten angemessenen Frist nicht vorgelegt, sodass der Beklagte nach § 11 Abs. 8 FeV von einer fehlenden Fahreignung des Klägers habe ausgehen dürfen. Daher habe ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden müssen. Der Annexantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Herausgabe des Führerscheins sei wegen der zwischenzeitlich erfolgten Herausgabe unzulässig.
Gegen diesen Beschluss ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Beschwerde einlegen, den er mit am 9. März 2020 eingegangenen Schreiben persönlich begründete. Der Gerichtsbeschluss beruhe auf falschen Tatsachen. Es treffe nicht zu, dass sich die Behörde bei dem ihr bekannten Hausarzt erkundigt habe. Dies sei erfunden worden. Er habe dem Gutachter hierfür eine Vollmacht erteilt, der jedoch lediglich die Behauptungen seiner kranken Mutter an den Zweckverband weitergeleitet habe. Ansonsten hätte er erfahren, dass an den Behauptungen seiner Mutter nichts dran sei. Die Vorstellung bei einem Facharzt sei in keinster Weise notwendig gewesen. Dennoch habe er sich bei Herrn Dr. W. vorgestellt. Was solle dieser Arzt schon beim ersten Termin sagen? Bereits beim zweiten Termin seien die Behauptungen widerlegt worden. Danach habe man ihm seinen Führerschein vorenthalten, weswegen er einen Anwalt habe beauftragen müssen. Er habe durch die fehlerhaften Recherchen des Gutachters und der Behörde einen enormen finanziellen Schaden erlitten. Es sei unvorstellbar, wie Behörden und Ämter einen Menschen lediglich durch falsche Behauptungen in den finanziellen Ruin treiben könnten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, mit der der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis weiterverfolgt, ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO). Auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Klägers kommt es daher nicht an.
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (BVerfG, B.v. 13.3.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347 = juris 2. Ls.). Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist oder konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2002 – 1 BvR 1450/00 – NJW-RR 2002, 1069 = juris Rn. 12; B.v. 29.9.2004 – 1 BvR 1281/04 – NJW-RR 2005, 140 = juris Rn. 14).
Hieran gemessen sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht offen.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Klage gegen den Entziehungsbescheid vom 8. November 2018 im grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2020 – 11 C 19.1674 – juris Rn. 16; B.v. 1.2.2019 – 11 C 18.1631 – juris Rn. 12 m.w.N.) unzulässig, weil seit der Einlegung des Widerspruchs noch keine drei Monate (§ 75 Satz 2 VwGO) abgelaufen waren. Allerdings hat sich die Sach- und Rechtslage im Laufe des Klageverfahrens zugunsten des Klägers geändert, sodass ausnahmsweise hiervon abweichend der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich war (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2018 – 10 C 17.322 – juris Rn. 6 m.w.N.). Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Bescheid jedoch größtenteils durch den Widerrufsbescheid vom 7. August 2019 und die Herausgabe des Führerscheins erledigt, womit der Klage insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Nachdem der Kläger seine Klage, soweit sie unzulässig geworden war, weder für erledigt erklärt noch einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt hat, wäre die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen.
Hinsichtlich der nicht erledigten Kostentragungspflicht in der nicht widerrufenen Nummer 5 des angefochtenen Entziehungsbescheids wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) und zu den Einwänden des Klägers ergänzend ausgeführt, dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom 25. Januar 2011 (BGBl I S. 98), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Juni 2020 (BGBl I S. 1528), derjenige die Gebühr schuldet, der die Amtshandlung veranlasst hat. Das ist hier der Kläger, weil der Beklagte aufgrund des rechtmäßig angeordneten und nicht beigebrachten Fahreignungsgutachtens auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 5. Dezember 2019 (BGBl I S. 2008), die Fahrerlaubnis entziehen musste.
Soweit der Kläger der Sache nach meint, dass keine hinreichenden konkreten Tatsachen vorgelegen hätten, um die Anordnung eines Fahreignungsgutachtens zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 26; Siegmund in Freymann/Wellner jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 18.6.2020, § 11 FeV Rn. 36 ff.), trifft dies nicht zu. Der fachärztliche Gutachter, der die Aufklärung der Fahreignung angeregt hat, hat nicht Behauptungen der Mutter des Klägers an den Beklagten weitergeleitet, sondern sich aufgrund einer Untersuchung am Arbeitsplatz am 19. Februar 2018 eine eigene medizinische Meinung gebildet und sich an die Fahrerlaubnisbehörde gewandt, weil die Angaben des Klägers zur Behandlung des Diabetes mellitus in augenscheinlichem Widerspruch zum Nichtmitführen eines Messgeräts und eines Insulinpens sowie zum Nichtvorhandensein von entsprechenden Aufzeichnungen gestanden hatten und der Kläger ihm die zugesagten Befunde seines Hausarztes und Augenarztes nicht hatte zukommen lassen. Auch hat der Kläger während dieser Untersuchung gerade nicht erklärt, dass kein insulinpflichtiger Diabetes (mehr) vorliege, wie es sich nach den jüngsten ärztlichen Bescheinigungen darstellt. Auch nach dem vorgelegten Arztbrief des Diabetologen vom 2. Juli 2018 war eine Therapie mit zu injizierendem Berlinsulin erforderlich.
Entgegen der Meinung des Klägers hat sich der Beklagte vor Anordnung des Gutachtens mit Schreiben vom 31. Juli 2018 auch nicht nur telefonisch bei dem von ihm konsultierten Diabetologen erkundigt, sondern am 25. Juli 2018 auch seinen Hausarzt angerufen. Nach dem Aktenvermerk von diesem Tag (Bl. 30 d.A.) haben beide Ärzte angegeben, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben hinsichtlich der Fahreignung des Klägers machen könnten. Auch beim Hausarzt waren hierzu keine aussagefähigen Unterlagen vorhanden, was dem Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2018 mitgeteilt worden ist.
Der Kläger hat es sich selbst zuzuschreiben, dass der Gutachter im Betreuungsverfahren zu dem ihm nachteiligen medizinischen Urteil gekommen ist und dass dem Beklagten nicht rechtzeitig bekannt geworden ist, dass bei ihm kein insulinpflichtiger Diabetes mellitus (mehr) vorliegt. Dem Gutachter konnte der Kläger keine Aufzeichnungen über seine Blutzuckermessungen vorlegen und keine konsistenten Angaben zu seiner Erkrankung machen. Dem Beklagten hat er keine ausreichenden ärztlichen Bescheinigungen vorgelegt bzw. letztere erst nach Entziehung der Fahrerlaubnis eingeholt. Auch schon vor einer Gutachtensanordnung ist der Betroffene nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG verpflichtet, an der Aufklärung eines fahreignungsrelevanten Sachverhalts mitzuwirken und ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel anzugeben, u.a. auch vorhandene Unterlagen vorzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 11 CS 19.1565 – juris Rn. 24 m.w.N.). Verweigert er eine geeignete, ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung, die auch erforderlich ist, weil sie Tatsachen aus seinem persönlichen Lebensbereich betrifft und ggf. die Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht voraussetzt, berechtigt dies die Behörde zu einer für ihn nachteiligen Beweiswürdigung (vgl. BayVGH, a.a.O.). Dem Umstand, dass weitere ärztliche Untersuchungen die Bedenken gegen die Fahreignung des Klägers zerstreut haben, hat diese dadurch Rechnung getragen, dass sie die Entziehung der Fahrerlaubnis für die Zukunft widerrufen und dem Kläger seinen Führerschein wieder ausgehändigt hat.
Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen – anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz – Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel