Verwaltungsrecht

Rücknahme der Eintragung der Schlüsselzahl 95 in einem Führerschein mangels Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme

Aktenzeichen  11 CS 20.74

Datum:
24.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2716
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BKrFQV § 4, § 5 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1
BayVwVfG Art. 35, Art. 48

 

Leitsatz

1. Im Eilverfahren muss nicht entschieden werden, ob es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 BKrFQ durch die zuständige Fahrerlaubnisbehörde um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, der nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden kann, oder ob die Eintragung nur dem erleichterten Nachweis des Erwerbs der Weiterqualifikation dient und damit kein Verwaltungsakt ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsakts ist die Behörde beweispflichtig für die Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit. Etwaige Unaufklärbarkeiten gehen zu ihren Lasten.(Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Handelt es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 hingegen nicht um einen Verwaltungsakt, sondern nur um eine Nachweiserleichterung, so trägt der Antragsteller die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Eintragung vorliegen.      (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 S 19.1537 2019-12-18 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Rücknahme der in seiner Fahrerlaubnis eingetragenen Schlüsselzahl 95.
Am 5. November 2015 beantragte er unter Vorlage einer am 14. August 2015 ausgestellten Bescheinigung der Fahrschule H… in Würzburg, mit der seine Teilnahme an einer Weiterbildung gemäß § 5 des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes und § 4 der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung vom 10. bis 14. August 2015 bestätigt wird, beim Landratsamt Würzburg (im Folgenden: Landratsamt) die Eintragung der Schlüsselzahl 95 für die Fahrerlaubnisklassen C1 und C1E. Am 26. November 2015 stellte das Landratsamt dem Antragsteller einen neuen Führerschein aus, in dem die Schlüsselzahl 95 eingetragen war.
Mit Strafurteil vom 29. November 2017, rechtskräftig seit 7. Dezember 2017, verurteilte das Amtsgericht Würzburg den Inhaber der Fahrschule H… wegen Beihilfe zur mittelbaren Falschbeurkundung. Nach den Feststellungen im Strafurteil habe der Antragsteller den Inhaber der Fahrschule gebeten, für einen anderweitig verfolgten Kollegen eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz auszustellen, ohne dass dieser an der Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen habe. Dies habe der Fahrschulinhaber getan und damit Beihilfe geleistet zu der mittelbaren Falschbeurkundung des Dritten, der den diesbezüglichen Strafbefehl akzeptiert habe. Das Strafverfahren wegen Beihilfe zur mittelbaren Falschbeurkundung gegen den Antragsteller stellte das Amtsgericht nach § 153 Abs. 2 StPO ein.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 forderte die Regierung von Unterfranken das Landratsamt auf, die Schlüsselzahl 95 hinsichtlich des Antragstellers und eines weiteren Betroffenen zu widerrufen. Der Antragsteller habe die Teilnahmebescheinigung erhalten, obwohl er nicht an der Weiterbildung teilgenommen habe. Die in den beigefügten Tagesnachweisen angegebene Ausbilderin Frau K… habe am 10. Juni 2016 bei einer Zeugenvernehmung in dem Strafverfahren, das wegen mittelbarer Falschbeurkundung und Beihilfe hierzu gegen den Antragsteller, den Inhaber der Fahrschule H… und einen weiteren Beschuldigten geführt wurde, angegeben, schon seit 2013 nicht mehr bei der Fahrschule H… tätig zu sein. Der Inhaber der Fahrschule sei wegen Beihilfe zur mittelbaren Falschbeurkundung verurteilt worden. Gegen einen bereits rechtskräftig verurteilten weiteren angeblichen Teilnehmer an der Weiterbildungsmaßnahme sei bereits ein Widerrufsverfahren eingeleitet worden.
Nach Anhörung des Antragstellers nahm das Landratsamt mit Bescheid vom 30. Juli 2018 die Eintragung der Schlüsselzahl 95 rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Eintragung zurück und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die unverzügliche Vorlage des Führerscheins sowie die sofortige Vollziehung dieser Anordnungen an. Der Verwaltungsakt könne nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG zurückgenommen werden, da er rechtswidrig sei. Frau K… habe die Weiterbildung nicht abgehalten. Bei der Teilnahmebescheinigung handele es sich daher um eine Fälschung und die Voraussetzungen für die Erteilung der Schlüsselzahl 95 seien von Anfang an nicht erfüllt gewesen. Die Behauptung des Antragstellers, ein Mann habe die Fortbildung abgehalten, dessen Namen er nicht mehr wisse, sei nicht glaubhaft. Auf Vertrauensschutz könne er sich nicht berufen, da er die Erteilung der Schlüsselzahl durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien.
Den gegen den Bescheid vom 30. Juli 2018 erhobenen Widerspruch hat die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2019 zurückgewiesen. Es stehe fest, dass Frau K… die Weiterbildung nicht abgehalten habe. Nach dem Strafurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 29. November 2017 stehe ebenfalls fest, dass der Inhaber der Fahrschule auf Betreiben des Antragstellers einem Dritten eine auf den 13. Februar 2015 datierte Teilnahmebescheinigung für eine Weiterbildung ausgestellt habe, an der der Dritte nicht teilgenommen habe. Dass das Strafverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung gegen den Antragsteller nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass er an der Weiterbildung nicht teilgenommen habe. Die Rücknahme sei nicht ermessensfehlerhaft.
Über die Klage gegen den Bescheid vom 30. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2019 hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entscheiden (Az. W 6 K 19.1526). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. Dezember 2019 abgelehnt. Das Landratsamt habe die Schlüsselzahl nach Art. 48 BayVwVfG zurücknehmen können, da die Eintragung sich nach summarischer Prüfung als rechtswidrig erweise. Die in den Einzelnachweisen angegebene Ausbilderin sei nach ihrer Zeugenaussage im Jahr 2015 in der Fahrschule H… nicht mehr tätig gewesen. Der Verdacht, dass die dem Antragsteller erteilte Bescheinigung unrichtig sei, werde durch das rechtskräftige Urteil gegen den Inhaber der Fahrschule erhärtet, mit dem festgestellt worden sei, dass mindestens einer weiteren Person ein unrichtiger Nachweis ausgestellt worden sei. Der Antragsteller könne diese Umstände nicht entkräften, indem er nur pauschal behaupte, ein Mann sei der Ausbilder gewesen. Zwar könne man nicht von ihm verlangen, dass er den konkreten Namen des Ausbilders noch wisse, es wäre ihm aber möglich und zumutbar gewesen, Erkundigungen bei der Fahrschule einzuholen. Nach § 18 FahrlehrerG in der damals geltenden Fassung hätten umfassende Aufzeichnungen geführt werden müssen. Der Antragsteller habe diese Aufzeichnungen aber nicht vorgelegt.
Unabhängig von den Erfolgsaussichten der Hauptsache falle die Interessenabwägung auch zu Lasten des Antragstellers aus. Aus dem Urteil gegen den Inhaber der Fahrschule ergebe sich, dass der Antragsteller diesen veranlasst habe, dem Dritten die falsche Bescheinigung auszustellen. Er habe selbst dazu beigetragen, dass Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigung bestünden. Die Zweifel an der Richtigkeit des dem Antragsteller ausgestellten Nachweises gingen zu seinen Lasten. Er könne jederzeit an einer ordnungsgemäßen Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen und sich die Schlüsselzahl 95 erneut eintragen lassen.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, es treffe nicht zu, dass er den Inhaber der Fahrschule zur Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung für einen Dritten veranlasst habe, denn dann wäre er wegen Anstiftung verurteilt worden. Das Verwaltungsgericht habe dabei verwechselt, dass dem Dritten ein solches Verhalten vorgeworfen worden und der diesbezügliche Strafbefehl rechtskräftig geworden sei. Das Verfahren gegen den Antragsteller sei demgegenüber eingestellt worden. Er habe deshalb keinerlei Einfluss mehr darauf nehmen können, was in dem Urteil gegen den Fahrschulinhaber geschrieben stehe. Wäre der Antragsteller schuldig, so würde die Verfahrenseinstellung eine Rechtsbeugung darstellen. Er müsse auch keine Bemühungen unternehmen, um die von der Fahrschule gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen zu erhalten. Die Behörde müsse diese Informationen einholen, bevor sie die Eintragung der Schlüsselzahl zurücknehme. Das Landratsamt trage die Beweislast dafür, dass die vom Antragsteller vorgelegte Bescheinigung keine ordnungsgemäße Urkunde sei. Das Strafgericht habe dies nicht so gesehen. Die Behörde oder das Gericht müssten aufklären, ob er an der Maßnahme tatsächlich teilgenommen habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgericht aufzuheben oder abzuändern wäre. Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen und die Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
1. Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen, denn es ist nach Aktenlage nicht abschließend geklärt, ob der Antragsteller an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat, die durch einen männlichen Ausbilder durchgeführt worden ist oder ob es sich bei der vorgelegten Bescheinigung vom 14. August 2015 um eine reine Gefälligkeit gehandelt hat.
Im Eilverfahren muss dabei nicht entschieden werden, ob es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes vom 22. August 2006 (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung – BKrFQV, BGBl I S. 2108), zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. August 2017 (BGBl I S. 3232), durch die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 BKrFQV zuständige Fahrerlaubnisbehörde um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, der nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden kann (vgl. VG München, B.v. 15.7.2015 – M 1 S 15.2430 – juris Rn. 30), oder ob die Eintragung nur dem erleichterten Nachweis des Erwerbs der Weiterqualifikation dient und damit kein Verwaltungsakt ist (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 87). Denn in beiden Fällen ist die Behörde berechtigt, die Vorlage des Führerscheins zu verlangen, um die Schlüsselzahl 95 zu entfernen, wenn diese zu Unrecht eingetragen worden ist.
Ob dazu die Eintragung der Schlüsselzahl 95 zuvor zurückgenommen werden muss, wird das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren klären müssen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass sowohl in § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes vom 14. August 2006 (BKrFQG, BGBl I S. 1958), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl I S. 2162), als auch in § 5 Abs. 2 Satz 1 BKrFQV davon ausgegangen wird, dass der Eintrag der harmonisierten Schlüsselzahl dem Nachweis der Fahrerqualifikation dient. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 BKrFQV wird die Schlüsselzahl eingetragen, soweit sich aus den Bescheinigungen nach § 5 Abs. 1 BKrFQV ergibt, dass die jeweilige Qualifikation erworben worden ist. Eine Überprüfung der Bescheinigungen durch die Fahrerlaubnisbehörde ist dabei nicht vorgesehen. Auch der 7. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates besagt, dass die Mitgliedstaaten einen Befähigungsnachweis ausstellen sollen, mit dem die Grundqualifikation oder die Weiterbildung bescheinigt wird, damit ein Kraftfahrer die ordnungsgemäße Einhaltung seiner Verpflichtungen nachweisen kann. Dazu soll nach dem 15. Erwägungsgrund die Schlüsselzahl 95 auf dem Führerschein vermerkt werden. Ein Vergleich mit dem im Jahr 2016 für Grenzgänger eingeführten Fahrerqualifizierungsnachweis nach § 5 Abs. 4 Satz 4 BKrFQV und der nach Anlage 3 zu § 5 Abs. 4 Satz 4 BKrFQV vorgesehenen Bescheinigung über die Grundqualifikation und Weiterbildung für die Fahrerinnen und Fahrer im Personenverkehr deutet aber ebenfalls darauf hin, dass es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 nicht zwingend um einen Verwaltungsakt handeln muss.
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Eintragung der Schlüsselzahl 95 sei nicht rechtswidrig, da das Strafverfahren gegen ihn eingestellt worden sei und er sich die Feststellungen zu seiner Person im Strafurteil gegen den Inhaber der Fahrschule nicht entgegenhalten lassen müsse, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Im Strafverfahren (Az. 101 Cs 851 Js 22475/15) gegen ihn wurde untersucht, ob er und der Inhaber der Fahrschule H… sich der Beihilfe zu einer mittelbaren Falschbeurkundung eines anderweitig mittlerweile rechtskräftig verurteilten Dritten schuldig gemacht haben. Dabei hat das Strafgericht in dem rechtskräftigen Urteil gegen den Fahrschulinhaber ausgeführt, der Antragsteller habe den Fahrschulinhaber gebeten, für den anderweitig verfolgten Dritten, der offenbar im gleichen Unternehmen arbeitete wie der Antragsteller, eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Weiterbildung gemäß § 5 BKrFQG auszustellen, ohne dass dieser an der Weiterbildung teilgenommen habe. Dass diese Bitte nach Ansicht des Strafrichters keine strafrechtliche Verfolgung erforderte, sondern das Strafverfahren gegen den Antragsteller wegen geringer Schuld nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt werden konnte, hat keinen Zusammenhang mit der Frage, ob der Antragsteller für sich selbst einen ordnungsgemäßen Erwerb der Weiterbildungsqualifikation nachgewiesen hat. Ob er wegen der Vorlage der ihn selbst betreffenden Weiterbildungsbescheinigung vom 14. August 2015 beim Landratsamt strafrechtlich verfolgt worden ist und ggf. vom Vorwurf der mittelbaren Falschbeurkundung freigesprochen wurde, hat er weder vorgetragen noch lässt sich dies den vorgelegten Behördenakten entnehmen.
Nicht abschließend geklärt ist aber, ob die Eintragung der Schlüsselzahl 95 im Führerschein des Antragstellers zu Unrecht erfolgt ist, da er nicht an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen hat und ob er die Eintragung mit unlauteren Mitteln erlangt hat. Bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für die Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 48 Rn. 59; Kastner in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 48 Rn. 73; BVerwG, U.v. 25.3.1964 – VI C 150.62 – BVerwGE 18, 168 Leitsatz; U.v. 8.12.2009 – 1 C 16.08 – juris Rn. 36) und etwaige Unaufklärbarkeiten gehen zu ihren Lasten. Anders muss dies eventuell dann beurteilt werden, wenn die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt zurücknehmen möchte, dessen Voraussetzungen der Antragsteller zu beweisen hatte (vgl. Sachs a.a.O. Rn. 60). Jedenfalls dann, wenn unzutreffende Angaben des Begünstigten dem Erlass des Verwaltungsakts zugrunde lagen, ist er beweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen für den Erlass gleichwohl vorlagen (vgl. Sachs a.a.O. Rn. 60; BVerwG, U.v. 7.7.1966 – III C 219.64 – BVerwGE 24, 294 = BeckRS 1966, 522 Rn. 13), wobei es wiederum Sache der Behörde ist, den Gebrauch von unlauteren Mitteln nachzuweisen (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1982 – 8 C 62.81 – BVerwGE 66, 168 = juris Rn. 12).
Handelt es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 um einen Verwaltungsakt, so muss das Verwaltungsgericht daher prüfen, ob sich aus den von der Regierung von Unterfranken dem Landratsamt vorgelegten Unterlagen nicht nur hinreichend sicher ergibt, dass die Tagesnachweise manipuliert worden sind, da die Ausbilderin zu dieser Zeit nicht mehr in der Fahrschule tätig war, sondern auch, ob im Zeitraum 10. bis 14. August 2015 keine Weiterbildung von einem anderen Ausbilder abgehalten worden ist. Nachdem der Antragsteller nach Aktenlage selbst nicht wegen mittelbarer Falschbeurkundung verurteilt worden ist, muss ggf. weiter aufgeklärt werden, ob er tatsächlich an einer Weiterbildung teilgenommen hat, wenn eine solche in diesem Zeitraum stattgefunden hat. Eine diesbezügliche Auswertung der Unterlagen der Fahrschule oder eine Befragung des Fahrschulinhabers finden sich in der Akte nicht. Der Rückschluss, dass vom 10. bis 14. August 2015 keine Weiterbildungsmaßnahme stattgefunden habe, weil der Fahrschulinhaber der Beihilfe zur mittelbaren Falschbeurkundung schuldig gesprochen worden ist, da er am 13. Februar 2015 eine Gefälligkeitsbescheinigung für einen anderweitig verurteilten Dritten über die Teilnahme an einer Weiterbildung vom 9. bis 13. Februar 2015 ausgestellt hat, überzeugt nicht. Es mag zwar manches dafür sprechen, dass auch die Bescheinigung vom 14. August 2015 eine Gefälligkeit dargestellt hat, ein ausreichender Nachweis hierfür findet sich jedoch in der Akte nicht.
Handelt es sich bei der Eintragung der Schlüsselzahl 95 hingegen nicht um einen Verwaltungsakt, sondern nur um eine Nachweiserleichterung, so trägt der Antragsteller die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Eintragung vorliegen. Zweifel daran gehen dann zu seinen Lasten.
2. In jedem Fall fällt aber die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Nach Aktenlage spricht vieles dafür, dass er nicht ordnungsgemäß an einem Kurs zur Weiterbildung teilgenommen hat. Zum einen sind die vorgelegten Tagesnachweise nicht korrekt, zum anderen wurde in der Fahrschule H… zumindest in einem anderen Fall eine falsche Weiterbildungsbescheinigung ausgestellt. Die pauschalen Angaben des Antragstellers, der Kurs sei von einem Mann abgehalten worden, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnere, überzeugen demgegenüber nicht. Der Weiterbildungsnachweis wurde augenscheinlich zwei Mal von der gleichen Person unterschrieben, nämlich einmal für die Fahrschule und einmal für den Ausbilder. Sollte sich nur bei den Tagesnachweisen ein Fehler eingeschlichen und die Weiterbildung tatsächlich mit einem anderen Ausbilder stattgefunden haben, so wäre davon auszugehen, dass auch der richtige Ausbilder die Unterschrift geleistet hat. Es müsste sich dabei gemäß der Unterschrift auf dem Weiterbildungsnachweis entweder um den Inhaber der Fahrschule selbst oder jedenfalls um einen Vertretungsberechtigten dieser Fahrschule gehandelt haben. Dass der Antragsteller diese Person nicht kennt, erscheint wenig glaubhaft.
Darüber hinaus ist in der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass der Nachweis ohnehin nur noch bis August 2020 gültig ist. Angesichts der Gesamtumstände erscheint es daher nicht unzumutbar, wenn der Antragsteller darauf verwiesen wird, dass er jederzeit einen neuen, ordnungsgemäßen Nachweis erbringen könne.
3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anh. § 164 Rn. 14).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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