Arbeitsrecht

Eingruppierung einer Krankenpflegerin –  Stationsleitung und große Station

Aktenzeichen  7 Sa 156/19

Datum:
21.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 8309
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
TVöD (VKA) § 16
Entgeltordnung Anl. 1 Teil B, Absch. XI., Ziff. 2, Leitende Beschäftigte in der Pflege, Entgeltgruppe P 13
ZPO § 256 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Eine “große Station” im Sinne der Entgeltgruppe P 13 liegt regelmäßig vor, wenn die betreffende Station den Wert von 12 Beschäftigten nach den Vorbemerkungen zur Entgeltordnung Nr. 9 überschreitet. (Rn. 48)
2. Eine Eingruppierung der Stationsleitung in P 12 ist auch bei regelhaftem Überschreiten dieser Zahl möglich, wenn der Stationsleitung ein geringeres Maß an Führungsverantwortung obliegt als im Krankenhausbereich üblich. (Rn. 55)
3. Der Arbeitgeber trägt hinsichtlich dieses geringeren Maßes an Führungsverantwortung   die Darlegungs- und Beweislast. (Rn. 58)

Verfahrensgang

4 Ca 669/18 2019-03-14 Schlussurteil ARBGWUERZBURG ArbG Würzburg

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Würzburg – Kammer Schweinfurt – vom 14.03.2019 – 4 Ca 669/18 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig.
1. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.
2. Es handelt sich um eine zulässige allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO. Sie ist gerichtet auf die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten aus einer bestimmten und im Hauptantrag konkret benannten tariflichen Entgeltgruppe ab einem bestimmten Zeitpunkt. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Antragstellung bestehen im Anwendungsbereich der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst keine prozessrechtlichen Bedenken, weil die klagende Partei regelmäßig die ihr zustehende Gehaltsdifferenz nicht abschließend beziffern kann und deshalb keine Leistungsklage erheben kann, BAG, Urteil vom 07.07.2010 – 4 AZR 862/08 -, dort Rdz. 15, zitiert nach juris.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 12 der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA), Teil B., Abschnitt XI., Ziffer 2 und Bezahlung nach dieser Entgeltgruppe. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin erfüllt die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe P 12, Fallgruppe 2. Dies ergibt die Auslegung des Tarifwerkes.
Das Erstgericht ist insoweit mit zutreffender Begründung zum zutreffenden Ergebnis gelangt. Das Gericht nimmt daher Bezug auf die sorgfältigen und richtigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes und macht sich diese zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen führt das Gericht noch aus:
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten.
Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt, BAG, Urteil vom 26.04.2017 – 10 AZR 589/15 -, dort Rdz. 14, zitiert nach juris.
2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:
(1) Die Vergütungsgruppen von der Entgeltgruppe P 9 über die Entgeltgruppen P 10 bis P 16 der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA), Teil B, Abschnitt XI., Ziffer 2 bauen hierarchisch aufeinander auf. Sie folgen dabei einer generalisierten Aufbaustruktur der Krankenhäuser und Kliniken. Die bis zum Jahre 2016 praktizierte Eingruppierung folgte festen Unterstellungsmerkmalen. Seit 01.01.2017 folgt die Eingruppierung bestimmten Strukturmerkmalen. Gedanklicher Ausgangspunkt ist der hierarchische Aufbau der Organisationseinheiten der Häuser mit Richtgrößen hinsichtlich der unterstellten Fachkräfte und abstrakten Heraushebungsmerkmalen. Damit wird eine größere Flexibilität bei der Eingruppierung angestrebt und ermöglicht, Breier ua., Entgeltordnung VKA, Eingruppierung in der Praxis, Leitende Beschäftigte in der Pflege, D 1.3.11.2, dort Rdz. 1ff.
Nach der Vorbemerkung Nr. 1 zu Abschnitt XI., Ziffer 2 legen die Tarifvertragsparteien dem Aufbau der Tätigkeitsmerkmale für Leitungskräfte in der Pflege folgende regelmäßige Organisationsstruktur zugrunde:
1. Die Gruppen- bzw. Teamleitung stellt die unterste Leitungsebene dar. Einer Gruppen- bzw. einer Teamleitung sind i. d. R. nicht mehr als 9 Beschäftigte unterstellt.
2. Die Station ist die kleinste organisatorische Einheit. Einer Stationsleitung sind i. d. R. nicht mehr als 12 Beschäftigte unterstellt.
3. Ein Bereich bzw. eine Abteilung umfasst i. d. R. mehrere Stationen. Einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung sind i. d. R. nicht mehr als 48 Beschäftigte unterstellt.
Nach den grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen geht es dabei nicht um die Zahl der tatsächlich Beschäftigten. Teilzeitkräfte sind nur anteilig entsprechend ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten zu berücksichtigen, Grundsätzliche Eingruppierungsregelungen, Vorbemerkung Nr. 9 Unterstellungsverhältnisse, Satz 3. Für die Eingruppierung ist dabei unschädlich, wenn im Organisations- und Stellenplan ausgewiesene Stellen nicht besetzt sind, Grundsätzliche Eingruppierungsregelungen, Vorbemerkung Nr. 9 Unterstellungsverhältnisse, Satz 4. Die Beschäftigten müssen fachlich unterstellt sein, Abschnitt XI., Ziffer 2., Leitende Beschäftigte in der Pflege, Vorbemerkung Nr. 1, Satz 2. Fachlich unterstellte Beschäftigte sind dabei solche, für die der Leitungskraft die Fachaufsicht obliegt.
Die kleinste organisatorische Einheit ist die Station, Abschnitt XI., Ziffer 2 Leitende Beschäftigte in der Pflege, Vorbemerkung Nr. 1, Satz 1, Nr. 2. Die Station ist eine räumlich abgegrenzte Einheit. Dort werden durch die Stationsleitung die sachlichen und personellen Mittel organisiert und koordiniert, um die anfallenden pflegerischen Aufgaben in der Grund- und Behandlungspflege in der gebotenen Qualität durchführen zu können. In diesem Zusammenhang obliegt der Stationsleitung insbesondere die fachliche und disziplinarische Führung der dort beschäftigten Pflegekräfte wie Dienstplanerstellung, Aufstellung des Urlaubsplanes, gebotene stationsspezifische Fort- und Weiterbildung für die Pflegekräfte und Mitarbeitergespräche.
Im Rahmen seiner Organisationsgewalt bestimmt der Arbeitgeber Größe und Aufgaben der einzelnen Stationen und übergeordnet des Bereiches bzw. der Abteilung.
An dieser Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und seiner Umsetzung in den Häusern orientiert sich die Eingruppierung der leitenden Beschäftigten in der Pflege.
Zu berücksichtigen sind dabei nach dem Tarifwerk einerseits ein höheres Maß von Verantwortlichkeit (Heraushebungsmerkmal der Entgeltgruppe P 11, Fallgruppe 1 gegenüber Entgeltgruppe P 10; der Entgeltgruppe P 13 gegenüber der Entgeltgruppe P 12 Fallgruppe 1 und der Fallgruppe P 16 gegenüber der Fallgruppe P 15) sowie Tätigkeiten, die sich durch Umfang und Bedeutung des Aufgabengebietes herausheben (Heraushebungsmerkmal der Entgeltgruppe P 15 gegenüber der Entgeltgruppe P 14, Fallgruppe 1).
Andererseits ist im Tarifwerk auch die schiere Größe der Einheit „Gruppe“ bzw. „Team“, der „Station“ und des „Bereiches“ bzw. „Abteilung“ als Heraushebungsmerkmal verankert worden (Heraushebungsmerkmal der Entgeltgruppe P 11 Fallgruppe 1 gegenüber Entgeltgruppe P 10; Entgeltgruppe P 13 gegenüber Entgeltgruppe P 12, Fallgruppe 1 und Entgeltgruppe P 15 gegenüber Entgeltgruppe P 14, Fallgruppe 1). Im Heraushebungsmerkmal selbst ist nur jeweils die „große Station“ bzw. die „große Abteilung“ oder der „große Bereich“ genannt.
(2) Einen Anknüpfungspunkt zur näheren Bestimmung des Merkmales „groß“ und damit zur Abgrenzung der normalen Organisationseinheit von der großen Organisationseinheit bieten die Heraushebungsmerkmale selbst nicht. Eine nähere Bestimmung dessen, was die Tarifvertragsparteien unter dem weiten Begriff „groß“ verstanden wissen wollten, ist vorrangig im Tarifwerk zu suchen. Den Anknüpfungspunkt bieten insoweit die Vorbemerkungen. Danach sind einer Stationsleitung in der Regel nicht mehr als 12 Beschäftigte unterstellt und einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung nicht mehr als 48 Beschäftigte. Die genannte Größe knüpft dabei wieder an Unterstellungsmerkmale als Kriterium der Eingruppierung an. Um Abweichungen nach oben und unten zu ermöglichen nach Maßgabe des Maßes von Verantwortlichkeit und Umfang und Bedeutung des Aufgabengebietes, wurde die Zahl der unterstellten Beschäftigten nicht als absolute Grenze gefasst, indem die Tarifvertragsparteien jeweils ein „in der Regel“ voranstellten.
Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „in der Regel“ so viel wie „regelmäßig“, „gewöhnlich“, „meistens“ oder „vorwiegend“.
Bezogen auf die Größe einer Gruppe, eines Teams, einer Station, eines Bereiches oder einer Abteilung bedeutet diese Formulierung ferner, dass das genannte Kriterium regelmäßig vorgibt, wie die Gruppe, das Team, die Station, der Bereich oder die Abteilung einzuordnen ist. Das Kriterium ist im vorliegenden Fall die Zahl der fachlich unterstellten Beschäftigten, umgerechnet in Vollzeitäquivalente.
Bezogen auf die Größe einer Gruppe, eines Teams, einer Station, eines Bereiches oder einer Abteilung bedeutet diese Formulierung auch, dass, auf der Zeitachse gesehen, nicht das vorübergehende Überschreiten oder Unterschreiten einer definierten Zahl eine Umgruppierung auslöst, sondern ein angemessener Beurteilungszeitraum zu bestimmen ist, in dem die definierte Zahl im Durchschnitt überschritten oder unterschritten wird. Dies ergibt sich auch schon daraus, dass nach den Grundsätzlichen Eingruppierungsmerkmalen, Vorbemerkung Nr. 9, Unterstellungsverhältnisse, Satz 4 vom Ansatz her auf den Stellenplan abzustellen ist, nicht auf die regelmäßig stärker schwankende Zahl der tatsächlich Beschäftigten. Auf diese zeitliche Dimension kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da die Tarifvertragsparteien mit der Stichtagsregelung des 01.01.2017 eine Punktbetrachtung für die Überleitung gewählt haben.
Die hier relevante Organisationseinheit (normale) Station grenzt sich deshalb regelmäßig oder gewöhnlich ab von der großen Station über die Zahl der fachlich unterstellten Beschäftigten. Diese Zahl hat der Tarifvertrag in den Vorbemerkungen mit 12 fachlich unterstellten Beschäftigten bestimmt. Abweichungen davon sind durch den Tarifvertrag gerade nicht ausgeschlossen. Im nicht gewöhnlichen oder nicht regelmäßigen Fall kann deshalb trotz einer höheren Zahl an fachlich unterstellten Beschäftigten noch keine große Station bzw. bei einer geringeren Zahl an fachlich unterstellten Beschäftigten bereits eine große Station vorliegen.
Dies entspricht auch dem Willen der Tarifvertragsparteien und dem von ihnen verfolgten Zweck der Tarifnorm, wie ihn der Beklagte von der Klägerin unbestritten dargestellt hat. Es sollte gerade nicht mehr ausschließlich auf das Unterstellungsverhältnis abgestellt werden für die Eingruppierung, sondern auch auf andere Kriterien. Dabei kann es sich nicht um die Kriterien handeln, die die Tarifvertragsparteien mit dem „höheren Maß von Verantwortlichkeit“ umschrieben haben. Denn für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 13 stellt das Tarifwerk die Heraushebungsmerkmale des „höheren Maßes an Verantwortung“ und der „großen Station“ alternativ und gleichberechtigt nebeneinander.
Das „höhere Maß von Verantwortung“ findet sich aus Sicht des Gerichtes nicht in einem gestiegenen Maß an Führungsverantwortung. Für die Führungsverantwortung stellen die Heraushebungsmerkmale auf die „Größe“ der Einheit ab. Für das „höhere Maß an Verantwortung“ kommt es auf andere Kriterien an, Breier ua., Entgeltordnung VKA, Eingruppierung in der Praxis, Leitende Beschäftigte in der Pflege, D 1.3.11.2, dort Rdz. 53 und 58, 59. Dem tragen auch die Heraushebungsmerkmale der „Eingruppierungsstruktur des Bezirk U… für Leitungskräfte in der Pflege“ für das „höhere Maß von Verantwortlichkeit“ aus Sicht des Gerichtes im Wesentlichen zutreffend Rechnung, wenn dort beispielsweise darauf abgestellt wird, dass der Leitung „arztersetzende“ Tätigkeiten dauerhaft und verantwortlich übertragen werden.
Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass es für die Frage der großen Station darauf ankommt, ob die Führungsverantwortung der Stationsleitung von der Regel abweichend von der üblichen Führungsverantwortung für mehr als 12 Beschäftigte nach unten abweicht, weil bestimmte Führungsaufgaben von der Stationsleitung weggenommen und auf eine Hierarchieebene über oder unter ihr verlagert wurden. So kann die Stationsleitung selbst bestimmte Führungsaufgaben wie Dienstplanung oder Urlaubsplan auf ihre Stellvertretungen übertragen haben mit der Folge, dass sie zwar mehr als 12 Beschäftigte zu führen hat, einen nicht unerheblichen Teil ihrer Führungsverantwortung aber weiter delegiert hat. Die Reduzierung der Führungsaufgaben der Stationsleitung kann sich beispielsweise auch daraus ergeben, dass der Arbeitgeber selbst bestimmte Führungsaufgaben, die üblicherweise der Stationsleitung obliegen, bei der Pflegedienstleitung angesiedelt hat.
Diese Auslegung macht die tarifliche Regelung auch handhabbar und praktikabel. Die „große Station“ als Heraushebungsmerkmal der Entgeltgruppe P 13 beginnt regelhaft bei einer Zahl von mehr als 12 fachlich unterstellten Beschäftigten.
Der Stationsleitung bleibt es aber unbenommen, im Einzelfall auch bei einer geringeren Zahl an fachlich unterstellten Beschäftigten nachzuweisen, dass sie die Heraushebungsmerkmale der Entgeltgruppe P 13 erfüllt, weil ihr mehr Führungsverantwortung als bei einer Stationsleitung üblich obliegt. Ein Beispiel hierfür nennt die „Eingruppierungsstruktur des Bezirk U… für Leitungskräfte in der Pflege“, dort allerdings systemwidrig bei der Konkretisierung des Heraushebungsmerkmales des „höheren Maßes von Verantwortlichkeit“. Dort ist unter Ziffer 3 aufgeführt: „Der Stationsleitung sind weitere Organisationseinheiten zur Leitung unterstellt (zusätzlich Station/Gruppe).“ Dies ist mit einem höheren Maß an Führungsverantwortung für die Stationsleitung über die Beschäftigten der eigenen Station hinaus verbunden.
Ebenso bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, bei einer höheren Zahl an fachlich unterstellten Beschäftigten nachzuweisen, dass die Stationsleitung die Heraushebungsmerkmale der Entgeltgruppe P 13 nicht erfüllt, weil ihr ein Weniger an Führungsverantwortung als üblich obliegt.
Diese Auslegung entspricht auch der tatsächlichen Entwicklung im Pflegebereich. So macht der Beklagte unbestritten geltend, dass in der Vergangenheit zunehmend zwar den Stationsleitungen verantwortungsvolle Tätigkeiten übertragen wurden, dies sich aber im Hinblick auf die tariflich erforderliche Zahl der unterstellten Beschäftigten nicht in einer Höhergruppierung niederschlug und die Häuser deshalb zunehmend Schwierigkeiten hatten, die Position der Stationsleitung mit entsprechend qualifiziertem Personal zu besetzen. Von daher ist es seitens der Tarifvertragsparteien nur folgerichtig, nicht mehr allein und strikt auf Unterstellungsverhältnisse abzustellen, sondern das weitere Heraushebungsmerkmal des „höheren Maßes von Verantwortlichkeit“ einzuführen und die Schwellenwerte für eine Höhergruppierung hinsichtlich der Unterstellungsverhältnisse abzusenken und weniger strikt zu fassen. In diesem Zusammenhang ist es nicht Aufgabe der Gerichte, eine von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Korrektur der Beschäftigtenzahl für eine Höhergruppierung der Stationsleitung auf nunmehr mehr als 12 fachlich unterstellte Beschäftigte zu Gunsten des Arbeitgebers zu ermöglichen. Genau dies strebt aber der Beklagte an, wenn er im Rahmen seiner Organisationshoheit eine durchschnittliche Größe der Stationen von mehr als 14 fachlich unterstellten Beschäftigten verwirklicht hat und diese Größe nun abweichend von der tariflichen Regelung als „normale“ Station definiert und eine „große“ Station erst bei mehr als 18 fachlich unterstellten Beschäftigten sieht.
(3) Die Klägerin ist stellvertretende Stationsleitung der Station K3 des Krankenhauses S…
a) Zum Stichtag 01.01.2017 für die Überleitung der Beschäftigten von den Kr-Entgeltgruppen in die P-Entgeltgruppen waren der dortigen Stationsleitung unstreitig mehr als 12 Beschäftigte fachlich unterstellt. Die Klägerin war deshalb in die Entgeltgruppe P 12 überzuleiten.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Zahl der fachlich unterstellten Beschäftigten in der Folgezeit nach unten bewegt hätte. An der zutreffenden Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe P 12 hat sich deshalb auch in der Folgezeit nichts geändert. Aus der in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagten übergebenen Übersicht der Personalstärke der Station K3 für das Jahr 2017 ergibt sich eine Zahl von 12,36 fachlich unterstellten Beschäftigten im Jahresdurchschnitt. Die Zahl der fachlich unterstellten Beschäftigten ist in der Folgezeit unstreitig gestiegen, auch wenn die Parteien unterschiedlicher Auffassung sind über das Maß des Anstiegs zu bestimmten Zeitpunkten.
b) Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der Station K3 des Krankenhauses S… um eine Station handelt, die trotz einer Beschäftigtenzahl von mehr als 12 noch eine normale Station ist.
Nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast obliegt diese im vorliegenden Fall dem Beklagten. Dieser müsste in tatsächlicher Hinsicht dazu vortragen, auf Grund welcher besonderen Umstände es sich bei der Station K3 des Krankenhauses S… um eine Station handelt, bei der nicht regelhaft von einer großen Station auszugehen ist.
Insoweit trägt der Beklagte vor, die durchschnittliche Zahl der fachlich unterstellten Beschäftigten im Haus liege bei über 14. Dies ist kein tragfähiges Argument, wie bereits weiter oben ausgeführt wurde. Zu einer reduzierten Führungsverantwortung der Stationsleitung der Station K3 trägt der Beklagte dagegen nicht vor.
(4) Soweit die Klägerin vom Beklagten bestritten geltend macht, auf ihrer Station werde auch das „höhere Maß an Verantwortung“ als Heraushebungsmerkmal erfüllt, kommt es darauf im Ergebnis nicht mehr an.
Die Berufung des Beklagten hat daher insgesamt keinen Erfolg.
III.
Der Beklagte trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Revision war zuzulassen nach § 72 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ArbGG.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Befristeter Arbeitsvertrag – Regelungen und Ansprüche

Dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit einem befristeten Vertrag eingestellt werden, ist längst keine Seltenheit mehr. Häufig taucht der Arbeitsvertrag auf Zeit bei jungen Mitarbeitenden auf. Über die wichtigsten Regelungen und Ansprüche informieren wir Sie.
Mehr lesen

Krankschreibung – was darf ich?

Winterzeit heißt Grippezeit. Sie liegen krank im Bett und fragen sich, was Sie während ihrer Krankschreibung tun dürfen und was nicht? Abends ein Konzert besuchen? Schnell ein paar Lebensmittel einkaufen? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Regeln.
Mehr lesen