Aktenzeichen 24 O 2878/19
Leitsatz
Eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung kommt jedenfalls nach Änderung des § 506 BGB ohne entsprechende Anpassung nicht in Betracht. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 6.243,84 € festgesetzt.
Gründe
Der Feststellungsantrag war abzuweisen.
Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache nicht erledigt, § 264 Nr. 2 ZPO.
Die ursprünglich erhobene Klage war zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
1. Feststellungsinteresse
Die mit dem Antrag begehrte Feststellung, dass der Kläger keine weiteren Zins- und Tilgungsleistungen nach Widerruf schuldet, ist ein zulässiges Feststellungsziel nach einem Widerruf (vgl. zum Darlehenswiderruf: BGH, Urt. v. 16.05.2017 – XI ZR 586/15). Nachdem sich die Beklagte weiter berühmt, aufgrund des wirksamen Leasingvertrags Ratenzahlungen vom Kläger fordern zu können, besteht ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.
2. Zuständigkeit
Das Landgericht Landshut ist auch örtlich zuständig. Gemäß § 29 ZPO ist Erfüllungsort für die streitige Verpflichtung auf Zahlung der Raten aus dem Leasingvertrag der Wohnort des Leasingnehmers, mithin des Klägers. Dieser liegt im Bezirk des Landgerichts Landshut (Zöller, ZPO, § 29 Rn. 25.40).
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Widerrufsfrist war zum Zeitpunkt des Widerrufs im Jahr 2019 bereits abgelaufen.
1. Gesetzliches Widerrufsrecht
Der Klagepartei steht bereits kein gesetzliches Widerrufsrecht zu.
Bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag handelt es sich um einen Leasingvertrag mit km-Abrechnung. Da die Klagepartei vertraglich weder zum Erwerb des Fahrzeugs verpflichtet ist, noch die Beklagte den Erwerb von der Klagepartei verlangen kann, noch die Klägerin für einen bestimmten Wert bei Beendigung des Fahrzeugs einzustehen hat, ist § 506 Abs. 2 BGB nicht direkt anwendbar.
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf (Urteil v. 20.10.2012 – 24 U 15/12) ist § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung entsprechend anzuwenden. Allerdings ist zu beachten, dass die Vorschriften insbesondere über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen und damit auch bei Verbraucherdarlehensverträgen nach Erlass der Entscheidung des OLG Düsseldorf geändert wurden, aber die Regelung des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB unverändert belassen wurde, sodass nicht vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden kann. Eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB kommt danach nicht in Betracht (OLG München, Senatshinweis vom 20.08.2019 – 32 U 3419/19).
Damit scheidet ein gesetzliches Widerrufsrecht aus. Ob in dem Fall, indem dem Verbraucher eine Widerrufsbelehrung erteilt wird, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, ein vertragliches Widerrufsrecht zwischen den Parteien vereinbart wird, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Selbst wenn man von einer solchen Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts ausgehen würde, könnte dieses im vorliegenden Fall wegen Fristablaufs nicht mehr ausgeübt werden.
2. Vertragliches Widerrufsrecht
Der Klagepartei steht auch kein vertragliches Widerrufsrecht (mehr) zu.
Die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts kommt aufgrund der erteilten Widerrufsinformation in der Anlage K1 in Betracht.
Wird nämlich die Widerrufsbelehrung erteilt, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, ist dies aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (BGH, XI ZR 372/18).
Aber auch wenn man ein vertragliches Widerrufsrecht annehmen möchte, konnte dieses wegen Fristablaufs nicht mehr ausgeübt werden. Die eingeräumte Widerrufsfrist von 14 Tagen war zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits abgelaufen. Ohne gesetzliche Verpflichtung zur Einräumung eines Widerrufsrechts ist nicht davon auszugehen, dass der Unternehmer den Anlauf des Widerrufsrechts davon abhängig machen möchte, dass er dem Verbraucher eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Für eine solche Annahme bedürfte es konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung. Die bloße Wahl einer Formulierung, die sich an den Vorgaben für ein gesetzliches Widerrufsrecht orientiert, reicht hierfür nicht aus (vgl. OLG München, 32 U 123/19).
III.
Die Bedingung für die hilfsweise gestellten Anträge ist nicht eingetreten, weshalb über diese nicht zu entscheiden war. Dies gilt auch für die erhobene Hilfswiderklage.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
V.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
VI.
Der Streitwert wurde gemäß § 48 Abs. 1 GKG i.V.m § 3 ZPO festgesetzt.
Das wirtschaftliche Interesse des Klägers ist auf die Rückabwicklung des gesamten Vertrags gerichtet, weshalb sämtliche zu leistende Raten und Sonderzahlungen zu berücksichtigen sind.