Familienrecht

Fahrtkosten sind von der Vergütung des Berufsbetreuers umfasst

Aktenzeichen  2 XVII 837/17

Datum:
3.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
RPfleger – 2020, 341
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1835 Abs. 3, § 1901 Abs. 3 S. 3
VBVG § 4 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 VBVG sind mit der Vergütung des Berufsbetreuers ausdrücklich auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen (hier Zug- und Flugkosten) mit abgegolten.  (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine gesonderte Geltendmachung entstandener Aufwendungen kommt nur in Betracht, wenn der Betreuer gemäß § 1835 Abs. 3 BGB Dienste erbringt, die zu seinem Gewerbe oder Beruf gehören, nicht aber solche, die zu seiner Tätigkeit als Betreuer gehören. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Erinnerung des Antragsstellers gegen den Beschluss vom 16.12.2019 (Bl. 40 Vergütungsheft) wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Betreuer wendet sich gegen die teilweise Zurückweisung seines Vergütungsantrages. Mit Schriftsatz vom 23.09.2019 beantragte der Betreuer seine Vergütung für den Zeitraum 22.03.2019 bis 21.06.2019 (vgl. Bl. 34 f. des Vergütungsheftes). Neben der pauschalen Vergütung nach § 4 VBVG in Höhe von 264 EUR beantragt der Betreuer zusätzlich die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 168,80 EUR als Aufwendungsersatz und weist auf § 1835 Abs. 1, 2. Hs. BGB i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 JVEG hin.
Das Amtsgericht Bayreuth hat den Antrag in Höhe von 168,80 EUR mit Beschluss vom 16.12.2019 zurückgewiesen und die Fahrtkosten nicht erstattet (Bl. 40 Vergütungsheft).
Hiergegen wehrt sich die am 23.12.2019 im elektronischen Postweg eingelegte Erinnerung des Herrn Rechtsanwalt L. K.
Das Amtsgericht Bayreuth hat der Erinnerung mit Beschluss vom 30.12.2019 nicht abgeholfen.
Die Akten hat es mit Verfügung vom 09.01.2020 vorgelegt.
Die Erinnerung ist zulässig und fristgerecht, jedoch unbegründet.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 21.03.2016 wurde Herr Rechtsanwalt L. K. als vorläufiger Betreuer, sowie mit Beschluss vom 20.05.2016 als endgültiger Betreuer bestellt. In beiden Beschlüssen wurde die berufsmäßige Führung des Betreueramtes ausdrücklich festgestellt.
Aufgrund der berufsmäßigen Führung gilt für die Vergütung des Betreuers das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG). Mit Einführung des VBVG vom 21. April 2005 hat der Gesetzgeber die dem Betreuer zustehende Vergütung pauschaliert. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 VBVG sind mit der Vergütung des Berufsbetreuers ausdrücklich auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen (hier Zug- und Flugkosten) mit abgegolten. Eine gesonderte Geltendmachung entstandener Aufwendungen kommt nur in Betracht, wenn der Betreuer gemäß § 1835 Abs. 3 BGB Dienste erbringt, die zu seinem Gewerbe oder Beruf gehören, nicht aber solche, die zu seiner Tätigkeit als Betreuer gehören.
Gemäß § 1901 Abs. 1 BGB umfasst die Betreuung alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. Zu diesen Pflichten gehört die persönliche Kontaktaufnahme zu der Betreuten (vgl. § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die Kosten, die dem Betreuer hierdurch entstehen, sind anlässlich der Führung der Betreuung entstanden und daher durch die Einbeziehung des Aufwendungsersatzes in die Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 VBVG abgegolten (vgl. BT-Drucks. 15/4874 S. 31, BGH, Beschluss vom 26. März 2014 – XII ZB 346/13 -, juris, Georg Dodegge in: Dodegge/Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2018, 2. Aufwendungsersatz, § 1835 BGB, Rdn. 10; Posselt in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, Anhang zu § 1836 Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern vom 21.04.2005, Rdn. 1; Zimmermann, FamRZ 2006, 1801-1809).
Die Fahrkosten, die der Betreuer geltend macht, sind anlässlich eines Besuchs bei der Betreuten am 06.06.2019 in der Einrichtung in Bayreuth, in der sich die Betroffene aufhält, entstanden. Davor hatte der Betreuer die Betroffene zwei Jahre nicht persönlich gesehen. Der Besuch bei der Betroffenen anlässlich einer Helferkonferenz gehörte zu den erforderlichen Betreuertätigkeiten.
Die Entscheidungen, die der Erinnerungsführer in seinem Schreiben vom 27.01.2020 anführt, nämlich die vom Landgericht Tübingen vom 04.11.1997 (Az. 5 T 307/97), vom Landgericht Lüneburg vom 05.03.2001 (Az. 10 T 135/00) oder vom OLG Frankfurt vom 07.08.2020 (Az. 20 W 506/99) stammen aus der Zeit vor Einführung des VBVG und sind daher überholt. Der Gesetzgeber hat sich in den §§ 4, 5 VBVG nun für eine Pauschalvergütung von Berufsbetreuern und für ein Vergütungssystem auf der Grundlage einer Mischkalkulation entschieden. Es gibt keine Abrechnung mehr nach konkreten Aufwand (vgl. BT-Drucks 15/4874 S. 31).
Die Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig vom 13.02.2019 (Az. 354 F 513/15) betrifft die Vergütung einer Umgangspflegerin, die anderen Regeln folgt.
Folglich ist die Erinnerung vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

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