Handels- und Gesellschaftsrecht

Bestimmung des zuständigen Gerichts bei streitiger Existenz einer in Anspruch genommenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Aktenzeichen  1 AR 127/19

Datum:
27.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 434
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGZPO § 9
ZPO § 12, § 17 Abs. 1, § 32, § 35, § 36 Abs. 2, § 50
BGB § 14 Abs. 2, § 421, § 826

 

Leitsatz

Zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für eine Klage gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und deren Gesellschafter, wenn die als Gesellschafter in Anspruch genommenen Personen die Existenz eines Personenzusammenschlusses in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestreiten. (Rn. 17 – 27)
1. Im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung hat das Gericht nicht nachzuprüfen, ob die als Parteien des streitigen Verfahrens Bezeichneten parteifähig (§ 50 ZPO) sind, weshalb in diesem Verfahren nicht darüber zu befinden ist, ob eine als  Antragsgegnerin in Anspruch genommene Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als teilrechtsfähige und insoweit parteifähige Personengesellschaft existiert. Existiert die Gesellschaft mangels Gesellschaftsvertrages nicht, ist die Klage mangels Teilrechts- und Parteifähigkeit abzuweisen. Diese Prüfung ist jedoch dem Prozessgericht vorbehalten. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der schlüssige Vortrag von Tatsachen, die – ihre Richtigkeit unterstellt – eine Streitgenossenschaft zwischen den Anspruchsgegnern begründen, genügt im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Gerichts. Darauf, ob die diesbezüglichen Behauptungen des Antragstellers zutreffen, kommt es nicht an. Hinsichtlich dieses Sachverhalts findet daher im Bestimmungsverfahren keine Beweisaufnahme statt. Auszugehen ist vielmehr von den diesbezüglichen Behauptungen des Antragstellers. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

24 O 1387/19 — LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Landgericht Landshut bestimmt.

Gründe

I.
Der im Bezirk des Landgerichts Köln wohnhafte Antragsteller nimmt in dem bei dem Landgericht Landshut rechtshängigen Verfahren die Antragsgegner als Gesamtschuldner auf Rückzahlung von 10.000 € in Anspruch.
Er trägt vor, mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Antragsgegnerin zu 1), mit Vertrag vom 28. September / 1. Oktober 2017 eine Reservierungsvereinbarung über eine Teilfläche eines im Bezirk des Landgerichts München II gelegenen Grundstücks geschlossen zu haben. Die im Vertrag so bezeichnete Reservierungsgebühr von 10.000 € habe er durch Überweisung auf das in der schriftlichen Vereinbarung bezeichnete Konto geleistet. Dem Abschluss der Vereinbarung seien zwei Treffen in einer Gaststätte im Bezirk des Landgerichts München I vorangegangen, über die sich der persönlich nicht anwesende Antragsteller von anderen Teilnehmern habe berichten lassen. Dort habe der Antragsgegner zu 2) in Gegenwart der Antragsgegnerin zu 3) ein angebliches Vorhaben betreffend die Entwicklung von Ackerland zu Bauland vorgestellt. Nach deren Auftreten habe dieses Vorhaben von der Antragsgegnerin zu 1) als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus dem Antragsgegner zu 2) und der Antragsgegnerin zu 3), durchgeführt werden sollen. Dies ergebe sich aus dem in der Reservierungsvereinbarung und in nachfolgender E-Mail-Korrespondenz verwendeten Namen, der aus den Initialen der Familiennamen der Antragsgegner zu 2) und 3), einer dazugesetzten arabischen Zahl und dem auf den Gesellschaftszweck hinweisenden Zusatz „Bauland-Projektentwicklung“ gebildet sei. Das Bankkonto, auf dem die Reservierungsgebühr vereinnahmt worden sei, laute auf die Familiennamen der Antragsgegner zu 2) und zu 3) mit einem Kürzelzusatz, der seinerseits Bestandteil des für die Gesellschaft verwendeten Namens sei. Auch in dem zur Interessentenwerbung verwendeten Exposé sei zur Bezeichnung der Projektentwicklerin dieser Name verwendet worden, ergänzt durch die nachgestellte Nennung der vollständigen Namen (Vor- und Familiennamen) der Antragsgegner zu 2) und zu 3). Der Sitz der Gesellschaft habe sich zunächst an dem in der Reservierungsvereinbarung bezeichneten Ort der Unterschriftsleistung im Bezirk des Landgerichts Landshut befunden und sei laut E-Mail des Antragsgegners zu 2) vom 30. Oktober 2018 unter gleichzeitiger Änderung des Gesellschaftsnamens an die in der Mail bezeichnete Anschrift im selben Gerichtsbezirk verlegt worden.
Die zur Anwerbung von Interessenten verwendete Broschüre sei in wesentlichen Punkten falsch gewesen. Das dort und in der Reservierungsvereinbarung genannte Grundstück existiere unter der Flurstücks-Bezeichnung nicht mit der behaupteten Größe von 65.500 qm. Der im Exposé verwendete Plan zeige ein Grundstück mit anderslautender Flur-Nummer. Gegen die Antragsgegner zu 2) und zu 3) bestehe der Verdacht des gemeinschaftlichen Betrugs zum Nachteil des Antragstellers und weiterer Betroffener. Die Reservierungsvereinbarung habe er daher mit Schreiben vom 2. September 2018 aus wichtigem Grund fristlos gekündigt.
Gegen die Antragsgegnerin zu 1) erwirkte der Antragsteller am 1. April 2019 auf der Grundlage des Mahnbescheids vom 9. Oktober 2018 einen Vollstreckungsbescheid über die Rückzahlungsforderung; die Zustellung wurde bewirkt an die Antragsgegner zu 2) und zu 3) als vertretungsberechtigte Gesellschafter. Nach Einspruchseinlegung wurde das Verfahren an das im Mahnbescheidsantrag angegebene Landgericht Landshut abgegeben.
Mit der Anspruchsbegründung erweiterte der Antragsteller die Klage auf den Antragsgegner zu 2), von dem angenommen werden dürfe, dass sich sein Wohnsitz am Sitz der Gesellschaft befinde, und auf die im Bezirk des Landgerichts Schweinfurt wohnhafte Antragsgegnerin zu 3); gegen beide wird im Bezirk des Landgerichts München I die Untersuchungshaft vollstreckt. Das gegen die Antragsgegnerin zu 1) gerichtete Begehren ist auf die Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheids gerichtet. Die Antragsgegner zu 2) und zu 3) sollen daneben wie Gesamtschuldner zur Zahlung von 10.000 € verurteilt werden. Letztere würden als Gesellschafter akzessorisch und zudem aus Delikt haften, denn sie hätten in Täuschungs- und Schädigungsabsicht vorgespiegelt, mit dem Abschluss der Reservierungsvereinbarung eine Option zum Erwerb von Bauland einzuräumen. Deren deliktisches Handeln wiederum müsse sich auch die Antragsgegnerin zu 1) zurechnen lassen.
Das angerufene Gericht hat mit Verfügung vom 17. Juli 2019 die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens angeordnet und zugleich hinsichtlich des Prozessrechtsverhältnisses zur Antragsgegnerin zu 3) Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit geäußert.
Der Antragsgegner zu 2) hat mit der Klageerwiderung eingewandt, das Landgericht Landshut sei für einen Rechtsstreit gegen ihn nicht zuständig. Sein Wohnsitz stimme mit demjenigen der Antragsgegnerin zu 3) überein. Gesellschafter der ihm unbekannten Antragsgegnerin zu 1) sei er nicht. Ein Unternehmen unter der angegebenen Firmierung und Adresse sei ihm bis zum Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens gänzlich unbekannt gewesen. Er stehe mit der angeblichen Antragsgegnerin zu 1) daher auch nicht in Streitgenossenschaft.
Die Antragsgegnerin zu 3) hat eine Streitgenossenschaft mit den übrigen Antragsgegnern bestritten. Alleiniger Inhaber des Einzelunternehmens, mit dem die Reservierungsvereinbarung geschlossen worden sei, sei der Antragsgegner zu 2). Sie habe zu keinem Zeitpunkt in zurechenbarer Weise den Anschein des Bestehens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gesetzt. Von der zusätzlichen Angabe ihres Namens im Exposé habe sie keine Kenntnis gehabt. Mitinhaberin des Kontos, auf das die Reservierungsgebühr überwiesen worden sei, sei nicht sie, sondern eine andere Person, die denselben Familiennamen wie sie führe und unter der angeblichen Anschrift der Antragsgegnerin zu 1) wohnhaft sei. Zuletzt sei diese Person Alleininhaberin des Einzelunternehmens gewesen, für die der Antragsgegner zu 2) als Generalbevollmächtigter habe handeln dürfen. Mit dem behaupteten Betrug habe sie nichts zu tun; sie sei lediglich die Lebensgefährtin des Antragsgegners zu 2) gewesen.
Den mit der Klageerweiterung gestellten Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts hat das Landgericht dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt, weil ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nach Aktenlage nicht begründet sei und die allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner zu 2) und zu 3) nicht im Bezirk des Gerichts lägen.
Die Beteiligten hatten im Bestimmungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Antragsteller hat auf Hinweis seinen Antrag im Bestimmungsverfahren präzisiert. Er beantragt die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für den Rechtsstreit und regt an, das Landgericht Landshut zu bestimmen.
Die Antragsgegnerin zu 3) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie macht auch im Bestimmungsverfahren geltend, die behauptete Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebe es nicht; daher sei sie auch nicht deren Gesellschafterin. Ein entsprechender Anschein sei weder von ihr noch sonst gesetzt worden. Sie meint, auf der Grundlage der zur Klage vorgelegten Anlagen sei eine Streitgenossenschaft nicht schlüssig vorgetragen. Die Voraussetzungen für eine Bestimmungsentscheidung lägen daher nicht vor.
Der Antragsgegner zu 2) hat sich im Bestimmungsverfahren nicht geäußert.
II.
Auf den jedenfalls nach Klarstellung zulässigen Antrag bestimmt der Senat das Landgericht Landshut als das für den Rechtsstreit örtlich zuständige Gericht.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für das Bestimmungsverfahren zuständig, weil das Gericht, an dem die Antragsgegnerin zu 1) wegen ihres behaupteten Sitzes (§§ 12, 17 Abs. 1 ZPO) im Zuständigkeitsbezirk dieses Gerichts in Anspruch genommen wird, und der allgemeine Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) mindestens der Antragsgegnerin zu 3), gegebenenfalls auch des Antragsgegners zu 2), in unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken (München und Bamberg) liegen.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die Existenz der Antragsgegnerin zu 1), von der auch die Bestimmung ihres Sitzes und somit ihres allgemeinen Gerichtsstands abhängt, streitig ist. Es genügt vielmehr, dass die diesbezüglichen Behauptungen des Antragstellers nicht offensichtlich ins Leere gehen und somit einen möglichen Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Landgerichts Landshut bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009, Xa ARZ 273/08, juris Rn. 11), während der allgemeine Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 3) beim Landgericht Schweinfurt besteht. Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht im Sinne des § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO ist somit der Bundesgerichtshof. An dessen Stelle bestimmt das Bayerische Oberste Landesgericht das für den Rechtsstreit gemeinschaftlich zuständige Gericht.
2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
a) Im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung hat das Gericht nicht nachzuprüfen, ob die als Parteien des streitigen Verfahrens Bezeichneten parteifähig (§ 50 ZPO) sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25. November 1974, Allg Reg 45/74, BayObLGZ 1974, 459).
Daher ist im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu befinden, ob die als Antragsgegnerin zu 1) in Anspruch genommene Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als teilrechtsfähige und insoweit parteifähige Personengesellschaft (vgl. § 14 Abs. 2 BGB; BGH, Urt. v. 29. Januar 2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 [juris Rn. 14 ff.]) existiert.
Existiert die Gesellschaft entgegen der Deutung, die der Antragsteller den vorgetragenen tatsächlichen Umständen beimisst, mangels Gesellschaftsvertrags nicht, so ist die Antragsgegnerin zu 1) als sogenannte Scheingesellschaft (vgl. BGH, Urt. v. 1. Juni 2010, XI ZR 389/09, NJW 2011, 66 Rn. 21) – anders als eine fehlerhafte Gesellschaft (BGH, NJW 2011, 66 Rn. 20) – nicht teilrechtsfähig (vgl. Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, 705 Rn. 377 f.; Hahn in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, 5. Aufl. 2016, § 48 [Streitigkeiten bei der Gründung der GbR] Rn. 16 ff.; Bartels/Wagner, ZGR 2013, 482 ff.) und nicht parteifähig mit der Folge, dass die Klage in diesem Prozessrechtsverhältnis abzuweisen ist (BGH, Urt. v. 29. September 2010, XII ZR 41/09, NJW 2011, 778 Rn. 45; BGHZ 146, 341 [juris Rn. 37]; Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, vor § 50 Rn. 11 m. w. N.). Diese Prüfung ist jedoch dem Verfahren vor dem Prozessgericht vorbehalten (vgl. BGH, NJW 2011, 778 Rn. 14 ff.) und nicht im Bestimmungsverfahren vorwegzunehmen, dem lediglich vorbereitender Charakter zukommt (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 19. Dezember 2019, 1 AR 110/19, juris Rn. 12). Im vorliegenden Verfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird vielmehr das Gericht bestimmt, das für die Prüfung und Entscheidung über die streitige Existenz eines teilrechtsfähigen Personenzusammenschlusses zwischen dem Antragsgegner zu 2) und der Antragsgegnerin zu 3) in der Rechtsform einer Außengesellschaft des bürgerlichen Rechts zuständig ist.
b) Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner als Streitgenossen i. S. v. §§ 59, 60 ZPO in Anspruch.
Nach seinem Vorbringen sind ihm die Antragsgegner nach wirksamer Kündigung zur Rückzahlung der geleisteten Reservierungsgebühr wie Gesamtschuldner verpflichtet, und zwar die Antragsgegnerin zu 1) als Empfängerin der Zahlung und die Antragsgegner zu 2) und zu 3) akzessorisch nach den Grundsätzen, die für die persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten (BGHZ 146, 341 [juris Rn. 39]; BGH, Urt. v. 17. Januar 2012, II ZR 197/10, WM 2012, 323 Rn. 19 f. zur Haftung von Scheingesellschaftern). Eine Verpflichtung der Antragsgegner wie Gesamtschuldner (§ 421 BGB) ist mit dem Tatsachenvorbringen des Antragstellers schlüssig vorgetragen. Das vom Antragsteller unter Vorlage der Broschüre, der Reservierungsvereinbarung und des Zahlungsnachweises gezeichnete Gesamtbild genügt zur schlüssigen Darstellung eines Auftretens als Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Antragsgegnern zu 2) und zu 3) als Gesellschaftern, deren beider Familiennamen in der firmenähnlichen Bezeichnung der Antragsgegnerin zu 1) mit den dort verwendeten Initialen ihren Niederschlag gefunden haben sollen. Seine Annahme, wonach die Antragsgegner zu 2) und zu 3) dabei in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken gehandelt haben, genügt auch zur schlüssigen Darstellung eines gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses. Gleichermaßen schlüssig dargelegt ist ein Vertragsschluss zwischen dem Antragsteller und der Gesellschaft, weil nach dem Vortrag des Antragstellers der Antragsgegner zu 2) bei Unterzeichnung der Reservierungsvereinbarung für die Gesellschaft gehandelt haben und aufgetreten sein soll (vgl. BGH, Urt. v. 23. Januar 2013, XII ZR 35/11, NJW 2013, 1082 Rn. 10 ff.).
Des Weiteren ergibt das Vorbringen des Antragstellers schlüssig das Bild einer sittenwidrigen Schädigung zu seinem Nachteil, § 826 BGB, begangen in gemeinschaftlichem Zusammenwirken der Antragsgegner zu 2) und zu 3) als Organe der Antragsgegnerin zu 1), mithin einer Gesamtschuldnerschaft zwischen den Antragsgegnern zu 1) bis 3) (vgl. BGH, Urt. v. 28. Juni 2016, VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Leitsatz 1 mit Rn. 13).
Der schlüssige Vortrag von Tatsachen, die – ihre Richtigkeit unterstellt – eine Streitgenossenschaft zwischen den Anspruchsgegnern begründen, genügt im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Gerichts (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20. Juli 2005, 1Z AR 118/05, NJW-RR 2006, 210 [juris Rn. 12]; OLG Bremen, Beschluss vom 1. November 2011, 3 AR 16/11, MDR 2012, 490). Darauf, ob die diesbezüglichen Behauptungen des Antragstellers zutreffen, kommt es nicht an. Hinsichtlich dieses Sachverhalts findet daher im Bestimmungsverfahren keine Beweisaufnahme statt. Auszugehen ist vielmehr von den diesbezüglichen Behauptungen des Antragstellers (vgl. BayObLG, Beschluss vom 28. Oktober 1997, 1Z AR 74/97, NJW-RR 1998, 1291 [juris Rn. 4]; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 28).
c) Unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit des Bestimmungsverfahrens nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann dahinstehen, ob für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist.
Ein solcher kommt zwar auf der Grundlage des Tatsachenvorbringens des Antragstellers unter mehreren Gesichtspunkten in Betracht, zum einen als Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß § 29 Abs. 1 ZPO am „Sitz“ der Gesellschaft, an dem sowohl die Gesellschafts- als auch die Gesellschafterschuld zu erfüllen ist (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009, Xa ARZ 273/08, juris Rn. 17; BayObLG, Beschluss vom 9. September 2002, 1Z AR 116/02, MDR 2002, 1360), zum anderen als Gerichtsstand des Delikts gemäß § 32 ZPO, der sowohl am Erfolgsort als auch infolge der wechselseitigen Zurechnung der jeweiligen Tatbeiträge an jedem Handlungsort eröffnet ist (BayObLG, Beschluss vom 1. August 2019, 1 AR 44/19, juris Rn. 16 m. w. N.). Einer Beweisaufnahme über das streitige Vorbringen bedürfte es auch in diesem Zusammenhang nicht. Geht es um die Frage der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, sind vielmehr die Tatsachen im Sinne des Klägervortrags als gegeben zu unterstellen, soweit sie sowohl für die gerichtliche Zuständigkeit als auch für den materiellrechtlichen Anspruch von rechtlicher Relevanz sind (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2008, X ARZ 69/08, NJW-RR 2008, 1516 [juris Rn. 10]; Beschluss vom 11. Juli 1996, V ZB 6/96, BGHZ 133, 240 [243, juris Rn. 15]; Urt. v. 25. November 1993, IX ZR 32/93, NJW 1994, 1413 [juris Rn. 16]; BayObLG, Beschluss vom 22. Dezember 1995, 1Z AR 57/95, juris Rn. 8; OLG Hamm, Beschluss vom 7. Dezember 2018, 32 SA 58/18, juris Rn. 19; Schultzky in Zöller, ZPO, § 12 Rn. 14 m.w.N.).
Zur Vermeidung einer auf Zuständigkeitszweifeln beruhenden Verfahrensverzögerung, die mit einer Klärung der Zuständigkeitsfrage durch klageabweisendes Prozessurteil und Rechtsmittel verbunden wäre, genügt es für die Möglichkeit der Bestimmung des zuständigen Gerichts allerdings, dass das angerufene Landgericht seine örtliche Zuständigkeit für die Klage gegen die Antragsgegner zu 2) und zu 3) verneinen möchte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018, X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 2016, I32 SA 41/16, NJW-RR 2017, 94 Rn. 14 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 36 Rn. 27).
3. Die Auswahl unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie. Auszuwählen ist grundsätzlich eines der Gerichte, an dem die Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13, 17 ZPO) haben.
Der Senat bestimmt das Landgericht Landshut als für den Rechtsstreit örtlich zuständiges Gericht.
Ausgehend von der Sachdarstellung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin zu 1) bei diesem Gericht ihren allgemeinen Gerichtsstand, § 17 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009, Xa ARZ 273/08, juris Rn.17 f.; Urt. v. 27. Mai 1957, II ZR 317/55, juris). Dazu kann auf die Adresse abgestellt werden, die dem Antragsteller mit E-Mail vom 30. Oktober 2018 bezeichnet worden ist und unter der die Zustellung des Mahnbescheids an die Antragsgegnerin zu 1) nach der Postzustellungsurkunde erfolgt ist. Diese Anschrift liegt – ebenso wie der in der Reservierungsvereinbarung angegebene Ort – im Bezirk des Landgerichts Landshut. Auf die Frage der Existenz der Antragsgegnerin zu 1), von der auch die Bestimmung ihres Sitzes abhängt, kommt es auch im Rahmen der Auswahlentscheidung nicht an. Weil – wie ausgeführt – im Zivilprozessrecht der Grundsatz gilt, dass bei Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit einer Klage notwendigerweise erheblich sind, die einseitige Behauptung des Klägers für die Zulässigkeit ausreicht, ist zur Feststellung des allgemeinen Gerichtsstands der Antragsgegnerin zu 1) das doppelrelevante Tatsachenvorbringen des Antragstellers als wahr zu unterstellen. Es genügt daher, dass sich die örtliche Zuständigkeit gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO aus dem schlüssigen Vorbringen des Antragstellers ergibt (vgl. BGHZ 133, 240 [243, juris Rn. 15]).
Für die Bestimmung des Landgerichts Landshut spricht zudem dessen örtliche Nähe zu den Orten, an denen die Untersuchungshaft vollzogen wird. Gegenüber dem allgemeinen Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 3) – und gegebenenfalls auch des Antragsgegners zu 2) – beim Landgericht Schweinfurt erweist sich das ausgewählte Gericht schon wegen seiner räumlichen Nähe als zur Durchführung des Verfahrens besser geeignet. Dieses Gericht hat der Kläger zudem in Ausübung seines Wahlrechts (§ 35 ZPO) angerufen. Es hat sich bereits mit der Sache befasst.
Anhaltspunkte dafür, dass den Antragsgegnern zu 2) und zu 3) eine Verteidigung vor diesem Gericht nicht zumutbar wäre, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

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