Bankrecht

Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung

Aktenzeichen  17 U 4614/19

Datum:
16.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21497
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Fragen der Aufrechnung gehören nicht zum Belehrungsumfang des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Widerrufsrecht kann nicht auf einen Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB i.V.m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 S. 1 EGBGB gestützt werden, wenn die zu zahlenden Raten in der Addition um 24 Cent höher sind als der angegebene Darlehensgesamtbetrag, wenn es sich also um eine völlig vernachlässigbare und zugleich offenkundige rechnerische Unrichtigkeit handelt. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 13790/18 2019-08-09 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 09.08.2019, Aktenzeichen 3 O 13790/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.128,78 EUR festgesetzt.

Gründe

I . Der Senat nimmt gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts.
Zum Sachvortrag im Berufungsrechtszug verweist der Senat ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.11.2019 (dort S. 2, Bl. 119 d.A.) sowie der Beklagten vom 28.08.2019 (dort S. 2, Bl. 115 d.A.).
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 09.08.2019, Aktenzeichen 3 O 13790/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
III. Auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 19.11.2019 (Bl. 135/138 d.A.), den Klägervertretern zugestellt am 25.11.2019, wird Bezug genommen. Der Schriftsatz des Klägers vom 09.01.2020 (Bl. 143/157 d.A.) enthält keine Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
1. Der Senat hält daran fest, dass die verwendete Belehrung inhaltlich vollständig der Musterbelehrung gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB entspricht, weswegen der Beklagten auch die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB zugutekommt. Fragen der Aufrechnung gehören nicht zum Belehrungsumfang des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung und zur Entrichtung des vereinbarten Sollzinses liegt auch keine inhaltliche Unrichtigkeit vor (vgl. hierzu insgesamt Beschluss des Senats vom 19.11.2019 unter Ziffer 1, Bl. 136/137 d.A.).
2. Das Widerrufsrecht kann auch nicht auf einen Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 S. 1 EGBGB gestützt werden. Soweit die nach dem Zahlungsplan zu zahlenden Raten in der Addition 24 Cent höher sind als der angegebene Darlehensgesamtbetrag, handelt es sich um eine völlig vernachlässigbare und zugleich offenkundige rechnerische Unrichtigkeit, auf die ein Widerruf nicht gestützt werden kann (vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 242 Rn. 53).
3. Der Bundesgerichtshof hat die Widerrufsinformationen der Beklagten mit Urteil vom 05.11.2019 einer Überprüfung unterzogen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, WM 2019, 2353). Danach sind die Widerrufsinformationen vollständig und beanstandungsfrei. Das gilt auch für die vom Kläger gerügten Gesichtspunkte (vgl. insbesondere zur Kündigung BGH a.a.O. unter II 3 = Rn. 26/39).
4. Insgesamt hält der Senat deshalb nach nochmaliger Überprüfung an seiner im Beschluss vom 19.11.2019 dargelegten Auffassung fest.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 708 Nr. 10 analog und 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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