Aktenzeichen 83 O 1498/19
BGB § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 1, § 355 Abs. 2, Abs. 3, § 357a Abs. 1, § 492 Abs. 2, § 495, § 506
ZPO § 12, § 17, § 29, § 256
Leitsatz
Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ist als maßgeblicher Erfüllungsort einer auf die Rückabwicklung eines Verbraucherleasingvertrags abzielenden Feststellungsklage – unabhängig von deren konkreter Fassung – der Sitz der Beklagten anzusehen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorlaufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.148,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist weder zulässig noch begründet und war daher vollumfänglich abzuweisen.
1. Die Klage ist bereits unzulässig
Es fehlt an der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Regensburg. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus § 29 ZPO.
Der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten ist gemäß §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO an deren Sitz in Darmstadt begründet.
Das Gericht verkennt nicht, dass nach überkommener, inzwischen aber zunehmend kritisierter Auffassung für negative Feststellungsklagen grundsätzlich jedes Gericht zuständig sein soll, das für eine Leistungsklage umgekehrten Rubrums zuständig wäre (wie hier auch LG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2019, Az. 10 O 202/18). Diese sog. „Spiegelbildformel“ erscheint jedoch bereits im Ansatz fragwürdig, da sie das allgemeine, in § 12 ZPO verankerte und der prozessualen Waffengleichheit dienende Prinzip des „actor sequitur forum rei“ aus den Angeln hebt (vgl. LG Düsseldorf, a. a O.). Das „Spiegelbildprinzip“ kann daher allenfalls – als Ergebnis einer jeweils zweckgerichteten, teleologischen Auslegung der einzelnen Zuständigkeitsgründe – für ausschließliche oder besondere Gerichtsstände, die primär an die Sachnähe anknüpfen (wie z.B. § 29 Abs. 1 ZPO und § 32 ZPO), in Betracht kommen, nicht aber für den – ausschließlich an die Parteinähe anknüpfenden – allgemeinen Gerichtsstand nach § 12 ZPO (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O.)
Unter der vorstehenden Prämisse besteht weder in Bezug auf die mit dem Hauptantrag zu 1. begehrte Feststellung, dass die Beklagte aufgrund des Widerrufs aus dem verfahrensgegenständlichen Leasingvertrag keine Rechte (mehr) herleiten könne, noch in Bezug auf die mit dem Hilfsantrag zu 2. erstrebte Verurteilung der Beklagten auf Rückzahlung geleisteter Leasingraten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs (Hilfsantrag zu 3.) ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers.
Wurde der Leasingvertrag – wie hier – nicht als sog. Haustürgeschäft geschlossen (§ 29c Abs. 1 ZPO), kommt allenfalls der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß § 29 Abs. 1 ZPO in Betracht. Hiernach ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass für eine auf die Erbringung der nach dem Leasingvertrag geschuldeten Raten gerichtete Leistungsklage der Beklagten nicht nur der allgemeine Gerichtsstand gemäß §§ 12, 13 ZPO, sondern auch der besondere Gerichtsstand gemäß § 29 Abs. 1 ZPO am Wohnsitz des hiesigen Klägers begründet wäre. Hieraus entsprechend der (einschränkend ausgelegten) „Spiegelbildformel“ auf einen identischen Gerichtsstand für die negative Feststellungsklage zu schließen, würde jedoch die Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation verkennen (so auch LG Düsseldorf, a.a.O.).
Das Gericht vertritt im Anschluss an die genannte Entscheidung des LG Düsseldorf vom 19. Juli 2019 die Auffassung, dass bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung als maßgeblicher Erfüllungsort einer auf die Rückabwicklung eines Verbraucherleasingvertrags abzielenden Feststellungsklage – unabhängig von deren konkreter Fassung – der Sitz der Beklagten anzusehen ist.
Die hier – sinngemäß – begehrte (negative) Feststellung, dass der Kläger der Beklagten ab dem Zeitpunkt des Widerrufs keine Leasingraten zu leisten hat, ist betreffend das Klageziel vergleichbar mit der (positiven) Feststellung der infolge des wirksamen Widerrufs erfolgten Umwandlung des Leasingvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 04.12.2018, XI ZR 196/18). Für das wirtschaftliche Interesse an jener Feststellung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Hauptforderung maßgeblich, die der Leasingnehmer beanspruchen zu können meint, mithin der Anspruch auf Rückgewähr der bis zum Widerruf erbrachten Leasingraten. Als Konsequenz dieser Sichtweise muss dieser Anspruch auch im Rahmen der negativen Feststellungsklage als die streitige Verpflichtung im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO angesehen werden (so auch LG Düsseldorf, a.a.O.).
Die Verpflichtung zur Rückgewähr der Leasingraten hätte die Beklagte – einen wirksamen Widerruf unterstellt – nach allgemeinen Regeln (§§ 269 Abs. 1 und 2, 270 Abs. 4 BGB) an ihrem Sitz zu erfüllen.
Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel bestehen, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Rückabwicklung des Leasingvertrags im Schwerpunkt auf den Rückerhalt der erbrachten Leasingraten, und nicht auf die Befreiung von der Verpflichtung zur Erbringung weiterer Raten gerichtet ist. Wenn der Kläger in dieser Situation gleichwohl nicht (zumindest auch unbedingt) die naheliegende Leistungsklage, sondern im Hauptantrag ausschließlich eine negative Feststellungsklage erhebt, kann dies allein von dem aus Sicht des Gerichts rechtsmissbrauchlichen Bestreben getragen sein, sich in Kenntnis des Umstandes, dass das Landgericht Darmstadt als allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten in ständiger Rechtsprechung Klagen wie diese – völlig zu Recht, wie noch aufzuzeigen sein wird, – vollumfänglich abweist, einen für eine Leistungsklage nicht bestehenden Gerichtsstand an seinem Wohnsitz (vgl. den für den Fall des Eintritts der innerprozessualen Bedingung gestellten Hilfsverweisungsantrag) zu verschaffen. Da dieses Ziel zweifellos nicht vom Sinn und Zweck des § 29 Abs. 1 ZPO gedeckt ist, kann diese Vorschrift im vorliegenden Fall auch nicht Anknüpfungspunkt für das „Spiegelbildprinzip“ sein.
Trotz entsprechender Zuständigkeitsrüge der Beklagten wurde von der Klagepartei ein den Hauptantrag umfassender Verweisungsantrag nicht gestellt.
2. Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.
a) Dem Kläger stand nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 506 Abs. 1 BGB grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Bei Bestehen eines Widerrufsrechts gemäß § 495 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung läuft dieses Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 2 BGB für 14 Tage ab Vertragsschluss. Die Widerrufsfrist beginnt nur dann nicht zu laufen, wenn der Verbraucher zum einen nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde und der Leasinggeber sich zum anderen nicht auf den Schutz des gesetzlichen Musters der Anlage 7 zu Art. 247 EGBGB berufen kann. Außerdem beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher im Vertrag alle weiteren Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247, §§ 6-13 EGBGB mitgeteilt worden sind.
b) Die Widerrufsbelehrung ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht zu beanstanden und die erforderlichen Pflichtangaben sind in ausreichender Art und Weise enthalten. Der Widerruf der Klagepartei mit Schreiben vom 06.05.2019 ist daher nicht wirksam, da zu diesem Zeitpunkt die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 BGB bereits abgelaufen war.
aa) Zunächst wurde der Gesamtbetrag zutreffend in dem Leasingvertrag angegeben. Dieser belief sich auf 5.170,61 €. Auf die aus Sicht des Gerichts korrekte Berechnung der Beklagtenpartei wird in diesem Zusammenhang zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen. Die Vertragsangaben sind daher auch im Lichte von Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden.
bb) Die Beklagte hat auch, wie es Artikel 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB erfordert, in hinreichend transparenter und korrekter Form das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrages angegeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien einen Leasingvertrag mit einer festen Laufzeit abgeschlossen haben und infolge dessen dem Kläger ohnehin ein ordentliches Kündigungsrecht nicht zusteht. Im Übrigen ist auch auf das immer bestehende außerordentliche Kündgungsrecht im Leasingvertrag unter Ziffer 7. hingewiesen worden. Dabei war es auch aus Sicht des hiesigen Gerichts nicht erforderlich, die Vorschrift des § 314 BGB ausdrücklich zu nennen in Angesicht dessen, dass die Beklagte das einzuhaltende Kündigungsverfahren verständlich dargestellt hat (vgl. u.a. LG Darmstadt, Urteil vom 22. Oktober 2019, Az. 2 O 131/19).
cc) Der wirksamen Belehrung über das Widerrufsrecht steht auch nicht entgegen, dass in der Widerrufsinformation der im Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung pro Tag zu zahlende Zinsbetrag mit 0,00 Euro angeben wird. Diese Angabe ist weder widersprüchlich noch ein Verstoß gegen Artikel 247 § 6 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB. Die Belehrung als solche ist eindeutig und zweifelsfrei. Im Übrigen wirkt sie sich auch zugunsten des Klägers aus und nicht zuletzt steht es der Beklagten auch frei, im Falle eines wirksamen Widerrufs auf Sollzinsen zu verzichten, so dass die Angabe eines Zinsbetrages mit 0,00 Euro auch zutreffend und nicht verwirrend ist in Anbetracht dessen, dass es sich hierbei um eine exakte Zahlenangabe handelt (so auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.07.2019, Az. 24 U 230/18).
dd) Entgegen der Auffassung der Klagepartei kann sich die Beklagte im Übrigen nach Auffassung des Gerichts auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung berufen, weil die Beklagte das gesetzliche Muster der Anlage 7 EGBGB verwendet hat. Die Gestaltungshinweise wurden dabei in aus Sicht des Gerichts zutreffender Weise umgesetzt.
ee) Weitergehende, noch erörterungsrelevante Fehler in den von der Beklagten verwendeten Vertragsunterlagen sind aus Sicht des Gerichts nicht zu erkennen, so dass die Klage schließlich auch als unbegründet abzuweisen war.
3. Da die Klage im Klageantrag zu 1) nach Ansicht des Gerichts weder zulässig noch begründet ist, war mangels Eintritts der entsprechenden innerprozessualen Bedingung weder zu entscheiden über die weiteren Klageanträge zu 2) bis 4) noch über die Hilfswiderklage.
4. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, weil der Kläger vollumfänglich unterlegen ist.
b) Die Entscheidung über die vorlaufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1, 2 ZPO.