Verwaltungsrecht

Ausweisung wegen Straffälligkeit

Aktenzeichen  AN 5 K 18.01356

Datum:
27.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 33495
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 11 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 1, § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 4
StPO § 456a
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
GG Art. 6

 

Leitsatz

Es besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der nachhaltigen Abschreckung vor der Begehung von Betäubungsmitteldelikten. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit die Aufhebung der Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides begehrt wird. Die Beklagte hat in Ziffer I festgestellt, dass die bis 12. April 2018 befristete Aufenthaltserlaubnis spätestens zum 13. November 2015 erloschen ist. Da die Gültigkeit der Aufenthaltserlaubnis unstreitig mit Befristungsablauf (12. April 2018) und damit vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides (13. Juni 2018) und vor dem von der Klägerbevollmächtigten vorgetragenen, konkludenten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis (8. Mai 2018) ausgelaufen ist, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung einer etwaigen Rechtswidrigkeit der Verfügung in Ziffer I nicht gegeben.
Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Ausweisung des Klägers (Ziffer II), das auf die Dauer von 8 Jahren befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer III), die Abschiebungsanordnung (Ziffer V), die Abschiebungsandrohung (Ziffer VI) und die Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels (Ziffer IV) sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, §§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.
1. Die in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids vom 13. Juni 2018 verfügte Ausweisung ist rechtmäßig.
Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem Verbleib des Ausländers ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 16; U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 25.8.2014 – 10 B 13.715 – juris Rn. 37).
Die Kammer geht vorliegend mit der Beklagten davon aus, dass vom Kläger auch für die Zukunft eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, § 53 Abs. 1 AufenthG. Diese Bewertung wird von generalpräventiven und spezialpräventiven Erwägungen getragen.
Die Beklagte hat die Ausweisung unter anderem auf generalpräventive Gründe gestützt. Ein Abstellen auf generalpräventive Gründe im Rahmen der Gefahrenprognose ist grundsätzlich zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hat zuletzt in den Urteilen vom 12. Juli 2018 und 9. Mai 2019 entschieden, dass sich auch nach dem seit 1. Januar 2016 geltenden Recht mit generalpräventiven Gründen ein Ausweisungsinteresse begründen lässt (BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 17). Dem Gedanken der Generalprävention liegt zugrunde, dass – über eine ggf. erfolgte strafrechtliche Sanktion hinaus – ein besonderes Bedürfnis besteht, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich ist regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpft, geeignet ist, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Bei der generalpräventiven Aufenthaltsbeendigung ist besonders sorgfältig das Gewicht der mit ihr verfolgten, im öffentlichen Interesse liegende Ziele zu ermitteln. Hierzu gehört auch für die Verwaltungsgerichte eine genaue Kenntnisnahme und Würdigung des der Aufenthaltsbeendigung zugrundeliegenden Tatgeschehens und seiner strafgerichtlichen Bewertung (BVerfG, B.v. 21.3.1985 – 2 BvR 1642/83 – juris Rn. 24). Der Kläger gehört nicht zu den durch § 53 Abs. 3 AufenthG privilegierten Personengruppen, so dass insoweit das Abstellen auf generalpräventiven Gründe nicht ausgeschlossen ist.
Die generalpräventiven Erwägungen der Beklagten sind im vorliegenden Fall auch konkret nicht zu beanstanden. Es besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der nachhaltigen Abschreckung vor der Begehung von Betäubungsmitteldelikten. Die Beklagte ist vorliegend zu Recht davon ausgegangen, dass die vor Bescheiderlass begangenen Straftaten des wiederholten unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln (Heroin) erhebliche Rechtsverstöße darstellen und dass hierdurch das Interesse der Bundesrepublik in erheblichem Maße beeinträchtigt wird. Es besteht daher ein besonderes Bedürfnis, durch die Ausweisung des Klägers andere Ausländer von Betäubungsmittelstraftaten im Bundesgebiet abzuhalten.
Auch die von der Beklagten herangezogenen spezialpräventiven Gründe sind nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (BayVGH, B.v. 16.2.2018 – 10 ZB 17.2063 – juris Rn. 9).
Gemessen an diesen Grundsätzen geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass von ihm auch künftig eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gem. § 53 Abs. 1 AufenthG ausgeht. Anlass der Ausweisung war die Verurteilung des Klägers durch das Urteil des Landesgerichts … (Az.: …*) vom 12. September 2017 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 7 Jahren und 3 Monaten. Die Gefahren, die vom gewerbsmäßigen illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, sind besonders schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit der Bürger nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 1 C 20/11 – juris Rn. 19). Der illegale Drogenhandel zählt zu den Straftaten, die in Art. 83 Abs. 1 AEUV als Bereiche besonders schwerer Kriminalität genannt werden. Dies begründet eine schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht den Handel mit Betäubungsmittel als schwerwiegende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Interessen an (vgl. EGMR, U.v. 3.11.2011 – Nr. 28770/05, Arvelo Aponte/Niederlande – Rn. 58 und EGMR, U.v. 12.1.2010 – Nr. 47486/06, Khan/Vereinigtes Königreich – InfAuslR 2010, 369 Rn. 40 m.w.N.).
Von einer mittlerweile geänderten Gefahrenlage kann vorliegend schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Straftaten des Klägers suchtmotiviert waren und der Kläger eine entsprechende Therapie noch nicht begonnen hat. Bei Straftaten, die auch auf der Suchterkrankung des Ausländers beruhen, kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie beziehungsweise eine andere Suchttherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Angesichts der erheblichen Rückfallquoten während einer andauernden Drogentherapie und auch noch in der ersten Zeit nach dem erfolgreichen Abschluss einer Drogentherapie kann allein aus der begonnenen Therapie noch nicht auf ein künftiges straffreies Leben geschlossen werden (BayVGH, B.v. 26.11.2015 – 10 ZB 14.1800 – juris Rn. 7; B. v. 13.5.2015 – 10 C 14.2795 – juris Rn. 4; B.v. 21.2.2014 – 10 ZB 13.1861 – juris Rn. 6). (Selbst eine erfolgreich abgeschlossene Drogentherapie schließt eine Rückfall- und Wiederholungsgefahr nicht per se aus (BayVGH, B.v. 24.5.2012 – 10 ZB 11.2198 – juris Rn. 13).)
Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, spricht nicht entscheidend gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar gehen die Straf- und Verwaltungsgerichte davon aus, dass die erstmalige Verbüßung einer Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördert und die Gefahr, erneut straffällig zu werden, mindern kann (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 10 ZB 16.901 – juris Rn. 10). Gegen eine entsprechende Nachreifung und Stabilisierung spricht die mehrfache, teilweise einschlägige deliktische Auffälligkeit des Klägers und seine massive Drogenabhängigkeit. Nach dem persönlichen Verhalten des Klägers muss daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Im Fall des Klägers liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Nach dieser Norm wiegt das Ausweisungsinteresse unter anderem dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen.
Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht im vorliegenden Fall weder ein schwerwiegendes, noch ein gar besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers im Sinne des § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG entgegen. Insbesondere besteht kein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Mit § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG hat der Gesetzgeber u.a. ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse für die Fälle vertypt, in denen der Ausländer sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen ausübt. Um ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse im Sinne dieser Norm zu begründen, müssen Personensorge und Umgangsrecht durch den Ausländer aber tatsächlich ausgeübt werden; bestehen sie nur auf dem Papier, reicht dies für die Annahme eines besonders schwerwiegenden Bleibeinteresses nicht aus. Nach der Gesetzesbegründung muss es sich „um eine tatsächlich gelebte Nähebeziehung, d.h. ein tatsächliches Kümmern um den deutschen Minderjährigen, handeln“ (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 53).
Die Tochter des Klägers lebt bei der vom Kläger getrennt lebenden Mutter. Während der Haftzeit fand nur sporadischer persönlicher Umgang statt, der das Kind aufgrund der Umstände verstört und therapiebedürftig zurückgelassen hat. Ausweislich der familiengerichtlichen Regelung vom 19. November 2018 ist der Umgang des Klägers mit seiner Tochter aktuell im Sinne des Kindeswohls auf brieflichen und telefonischen Kontakt beschränkt. Vor diesem Hintergrund ist eine tatsächliche, gelebte Nähebeziehung zwischen dem Kläger und seiner Tochter nicht zu bejahen. Der Umstand, dass der Kläger nach eigenem Vortrag im Interesse des Kindes auf weiteren Umgang verzichtet hat, begründet keine andere Bewertung. Vielmehr unterstreicht er, dass ein Bleibeinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, das primär einen dem Kindeswohl dienenden Umgang ermöglichen soll (vgl. insoweit Bergmann/Dienelt/Bauer/Dollinger, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 55 Rn. 10), nicht vorliegt.
Auch ein vertyptes, schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers im Sinne des § 55 Abs. 2 AufenthG besteht nicht. Insbesondere kann der Kläger ein entsprechendes Bleibeinteresse nicht auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG stützen, da er im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war. Die ursprünglich nach § 28 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis war bis zum 12. April 2018 befristet. Zwar gilt eine befristete Aufenthaltserlaubnis gem. § 81 Abs. 4 AufenthG bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn ein Verlängerungsantrag vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt wurde. Vorliegend erfolgte aber die (im Übrigen allenfalls konkludente) Beantragung der Verlängerung am 8. Mai 2018 und damit erst nach Ablauf der ursprünglichen Aufenthaltserlaubnis. Darüber hinaus hat die Beklagte in Ziffer IV des streitgegenständlichen Bescheides die Verlängerung des Aufenthaltstitels abgelehnt, so dass mit dieser Entscheidung eine entstandene Fiktionswirkung entfallen wäre.
Im Rahmen der Abwägung hat die Beklagte trotz Nichtvorliegens eines vertypten Bleibeinteresses im Sinne des § 55 AufenthG zutreffend eingestellt, dass der Kläger eine minderjährige, deutsche Tochter hat, zu der ein (wenn auch sporadischer) Umgang besteht und dass der Kläger seit 2010 in Deutschland lebt. Die Beklagte hat aber auch gesehen, dass der Kläger schwere Straftaten begangen hat und aufgrund der Drogensucht des Klägers auch weiter von der Begehung entsprechender Taten auszugehen ist. Vor diesem Hintergrund geht die Beklagte zutreffend vom Überwiegen des Ausweisungsinteresses aus.
Die Ausweisung des Klägers verstößt nicht gegen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass der Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Recht auf Ehe und Familie vorliegend aus Gründen der Gefahrenabwehr notwendig und erforderlich ist. Der Kläger hat sich trotz seines Kindes nicht von der Begehung von Straftaten abhalten lassen. Die Trennung ist dem Kläger zuzumuten, da sie ausschließliche Konsequenz seines kriminellen Verhaltens ist. Zudem besteht die Trennung schon seit geraumer Zeit. Dem Kläger ist insoweit zumutbar, dass er über Briefe, Telefon oder das Internet weiteren Kontakt zu seiner Tochter hält. Ein darüber hinausgehender Kontakt ist dem Kläger aktuell ohnehin nicht gestattet. Der Kläger hat über seinen in Tunesien lebenden Vater und die dort lebenden drei Geschwister eine relativ enge Bindung zum Heimatland. Er hat 23 Jahre dort gelebt und sich auch in den letzten Jahren wiederholt in Tunesien aufgehalten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich der Kläger in seinem Heimatland wieder wird integrieren können.
Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf die Dauer von acht Jahren ab Abschiebung bzw. Ausreise begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der Fassung vom 15. August 2019 ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot hat nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zur Folge, dass der Kläger nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf. Ihm darf selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 AufenthG von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise zu laufen beginnt. Über die Länge der Frist, die nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten darf, wird nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannte Höchstfrist von fünf Jahren ist dabei fallbezogen ohne Bedeutung, da der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrwirkung muss sich dabei an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 – 10 B 13.715 – juris Rn. 56). Gemessen an diesen Vorgaben kann der Kläger auch nicht hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten beanspruchen, über die Befristung der Wirkung der Ausweisung und Abschiebung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die Beklagte hat das Gewicht des im Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung bestehenden Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck herausgearbeitet und ist beanstandungsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Befristung von acht Jahren angemessen ist. Insbesondere hat die Beklagte gewürdigt, dass der Kläger ein minderjähriges deutsches Kind hat und sich geraume Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und vor diesem Hintergrund die Befristungsentscheidung von zehn auf acht Jahre reduziert.
Die in Ziffern V und VI des streitgegenständlichen Bescheids verfügten ausländerrechtlichen Annexentscheidungen begegnen ebenfalls keinen Bedenken.
2. Auch die Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 AufenthG begegnet keinen Bedenken. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht mit der streitgegenständlichen, rechtmäßigen Ausweisung jedenfalls schon die gemäß § 11 Absatz 1 Satz 2 AufenthG erlassene Titelerteilungssperre entgegen. Dabei ist die fehlende ausdrückliche Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots vorliegend unschädlich. Zwar ist nach der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, BGBl. 2019 I S. 1294) gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, kann in einer behördlichen Befristungsentscheidung jedoch regelmäßig der konstitutive Erlass eines befristeten Einreiseverbots gesehen werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017 – 1 C 28.16 – DVBl 2017, 1430 Rn. 42).
Zur weiteren Begründung wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 13. Juni 2016 Bezug genommen.
Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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