Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen versagter Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten

Aktenzeichen  10 ZB 18.1883

Datum:
17.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27396
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2
AufenthG § 60a Abs. 6 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Die schlichte Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des mit einem Berufungszulassungsantrag angegriffenen Urteils zu begründen. (Rn. 3 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus den Fragen, „in welchem Verhältnis die Erfüllung von Mitwirkungspflichten des Geduldeten auf der einen Seite und die Verpflichtung der Behörde, konkrete Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht zu geben, auf der anderen Seite zu einander stehen, und wann von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht im Sinne der in § 60a Abs. 6 AufenthG genannten Regelbeispiele vorliegt“, ergeben sich keine besonderen Schwierigkeiten in der Sachverhaltsfeststellung und ihrer rechtlichen Bewertung . (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 K 18.462 2018-07-24 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nebst Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten weiter.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung im Fall des Klägers nicht erfüllt seien. Dem Anspruch stehe das absolute Erwerbstätigkeitsverbot nach § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 AufenthG entgegen, weil bei ihm aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen, die er selbst zu vertreten habe, nicht vollzogen werden könnten. Ein solcher Versagungsgrund sei auch in der unzureichenden Mitwirkung bei der Passbeschaffung zu sehen. Vorliegend habe der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung trotz mehrfacher Aufforderungen der Ausländerbehörde, die damit ihre Hinweis- und Anstoßpflicht erfüllt habe, nicht alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen, um in den Besitz von Identitätsnachweisen zu kommen. Zum einen sei er der Aufforderung, bei einer Sammelanhörung durch eine senegalesische Expertendelegation zum Zwecke der Identitätsklärung vorzusprechen, nicht nachgekommen; zum anderen habe er auch im Übrigen nicht genug unternommen, um in den Besitz der erforderlichen Dokumente zu gelangen; dies erläutert das Verwaltungsgericht sodann ausführlich (UA Rn. 26-32).
Der Kläger bringt vor, er habe alle ihm zumutbaren Mitwirkungshandlungen zur Passbeschaffung erfüllt; der Aufforderung zum Erscheinen vor einer senegalesischen Expertenkommission habe er nicht nachkommen müssen.
Trotz seiner umfangreichen Ausführungen kann er aber keine durchgreifenden Zweifel an der Bewertung durch das Verwaltungsgericht geltend machen, zumal er vielfach lediglich erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, mit dem sich das Verwaltungsgericht bereits auseinandergesetzt hat.
Zu der Teilnahme an dem Termin für die Sammelanhörung bei einer senegalesischen Expertenkommission am 8. Mai 2017 ist der Kläger durch bestandskräftigen Bescheid vom 12. April 2017 verpflichtet worden, jedoch ohne eine Begründung nicht erschienen. Soweit der Kläger die Erforderlichkeit dieser Maßnahme bezweifelt, weil dort nach Angaben des Beklagten in der Regel keine Dokumente ausgestellt, sondern „nur die erforderlichen Anträge entgegengenommen und Unklarheiten beseitigt werden“, hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass auf diese Weise zumindest weitere Erkenntnisse über die konkret benötigten Unterlagen hätten gewonnen werden können. Wenn der Kläger meint, er habe wegen der Beschaffung einer Geburtsurkunde bereits alles getan, indem er seine Schwester diesbezüglich angeschrieben habe, berücksichtigt er nicht, dass diese Maßnahme nach seinen eigenen Angaben völlig erfolglos war, weil er von seiner Schwester keine Antwort erhalten hat. Die Teilnahme an dem Termin hätte jedenfalls klären können, wie er eine Geburtsurkunde oder andere notwendige Unterlagen hätte erlangen können, um die Ausstellung eines Reisepasses zu erreichen. Der Kläger bestreitet – trotz der Unanfechtbarkeit des Bescheids – umfangreich, dass er zum Erscheinen zu dem Termin habe verpflichtet und erforderlichenfalls vorgeführt werden können, lässt dabei aber neben der Bestandskraft dieser Verpflichtung völlig außer Acht, dass es an ihm gewesen wäre, aus eigenem Antrieb daran teilzunehmen, wenn es ihm mit seiner bekundeten Absicht, die Ausstellung eines senegalesischen Reisepasses zu erreichen, ernst gewesen wäre.
Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe auch sonst nicht genug unternommen, um in den Besitz der erforderlichen Dokumente zu kommen, kann er nicht nachhaltig in Zweifel ziehen. Er beruft sich hier im Wesentlichen darauf, dass er seine Schwester sowie einen Anwalt im Senegal mit der Bitte um Unterstützung bei der Erlangung der geforderten Geburtsurkunde angeschrieben, aber von beiden keine Antwort erhalten habe. Die vorgelegten Schriftstücke (Schreiben an die Schwester vom 19.7.2017, Bl. 278/279 der Behördenakte; Brief an den Rechtsanwalt vom 21.5.2018, Bl. 89 der VG-Akte), sind sehr vage formuliert und lassen keine konkrete Beauftragung erkennen, und es ist unklar, ob sie jemals ihre Empfänger erreicht haben. Soweit im Berufungszulassungsverfahren noch vorgetragen wurde (Schriftsatz vom 10.12.2018), er habe noch einen Freund im Senegal eingeschaltet, der aber ebenfalls nichts erhalten habe, sowie eine Anwältin kontaktiert und das Innenministerium angeschrieben, ebenfalls ohne eine Antwort zu erhalten, gibt es hierfür keine näheren Belege, dass diese Schritte geeignet und ernstgemeint waren. Vor diesem Hintergrund kann der Kläger der Ausländerhörde auch nicht vorwerfen, sie habe ihm keine konkreten Hinweise gegeben, welche Schritte er im Senegal noch unternehmen könnte, zumal er die Teilnahme an der Sammelanhörung, die gerade derartige Fragen hätte klären sollen, verweigert hat. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Kläger weiß, wie er einen senegalesischen Reisepass erhält, denn er ist im Dezember 2014 mit einem (am 12. September 2013 ausgestellten) senegalesischen Reisepass mit einem Geschäftsreisevisum eingereist (Bl. 129-134 der Behördenakte); überdies besitzt er einen Universitätsabschluss.
2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor bzw. ist schon nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür zu geben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter (wesentlich) höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (BayVGH, B.v. 9.5.2019 – 10 ZB 19.317 – juris Rn. 9; B.v. 20.2.2019 – 10 ZB 18.2343 – juris Rn. 18; Roth in BeckOK Posser/Wolff, VwGO, Stand: 1.7.2019, § 124a Rn. 75 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger legt nicht hinreichend konkret dar, welche der geltend gemachten Umstände in seinem Fall wesentlich höhere Anforderungen an den Tatrichter stellen. Einer „differenzierten Entscheidung“ darüber, „welche Maßnahmen der Ausländerbehörden, insbesondere im Zusammenhang mit einer Aufforderung zur Vorsprache einer Sammelanhörung unter Androhung einer zwangsweisen Vorführung, noch den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen“, bedarf es aus den oben dargelegten Gründen nicht. Auch aus den Fragen, „in welchem Verhältnis die Erfüllung von Mitwirkungspflichten des Geduldeten auf der einen Seite und die Verpflichtung der Behörde, konkrete Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht zu geben, auf der anderen Seite zu einander stehen, und wann von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht im Sinne der in § 60a Abs. 6 AufenthG genannten Regelbeispiele vorliegt“, sind besondere Schwierigkeiten in der Sachverhaltsfeststellung und ihrer rechtlichen Bewertung nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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