Aktenzeichen 20 ZB 18.173
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4
Leitsatz
Weder die Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens noch die im Stile einer Berufungsbegründung vorgebrachte Kritik an dem angefochtenen Urteil oder die Darstellung der eigenen Rechtsauffassung genügen dem Darlegungsgebot im Sinne von § 124a Abs. 4 S. 2 VwGO. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 10 K 16.511 2017-09-28 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 366,33 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) nicht vorliegen oder schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt wurden.
1.
Es bestehen aufgrund der dargelegten Zulassungsgründe keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung mit überwiegender bzw. hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris Rn. 3) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente liegen in diesem Sinne dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 32 und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Daran fehlt es hier.
Das Verwaltungsgericht erachtete die klägerseits behaupteten Einwände gegen die Richtigkeit der durch die Beklagte vorgenommenen Kalkulation für den Bemessungszeitraum 2014 bis 2017 als unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar, nachdem es den Klägern mit Beschluss vom 29. September 2016 eine Schriftsatzfrist für den Vortrag einer Kalkulationsrüge bis 1. März 2017 eingeräumt hatte. Die Kläger legen im Rahmen der Begründung ihres Zulassungsantrags nicht dar, weshalb an der Einschätzung durch das Verwaltungsgericht Zweifel bestehen sollten, sondern wiederholen lediglich ihr Vorbringen aus erster Instanz.
Sie sind weiterhin der Auffassung, substantiierte Rügen erhoben zu haben. Mit der Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und der im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2019 – 20 ZB 18.2418 – juris Rn. 3).
Außerdem gehen die Kläger fälschlicherweise von einem Bemessungszeitraum für die Gebührenkalkulation von sieben Jahren aus, weshalb ihr Zulassungsvorbringen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen vermag. Nach Art. 8 Abs. 6 Satz 1 KAG können bei der Gebührenbemessung die Kosten für einen mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden, der jedoch höchstens vier Jahre umfassen soll. Dabei sind nach Art. 8 Abs. 6 Satz 2 Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, innerhalb des folgenden Bemessungszeitraums auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen in diesem Zeitraum ausgeglichen werden.
Ein Ausgleich von Unter- oder Überdeckungen über die maximale vierjährige Kalkulationsperiode hinaus ist mit dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG nicht vereinbar. Deswegen unterliegen Kostenüberdeckungen, die nicht innerhalb der gesetzlichen Ausgleichsfrist ausgeglichen werden, nicht weiterhin einer Ausgleichspflicht (BayVGH, U.v. 17.8.2017 – 4 N 15.1685 – juris Rn. 38 mit einer Übersicht zu Rechtsprechung und Literatur; Kraheberger in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2019, § 6 Rn. 641b).
Damit kann es für die Frage der Wirksamkeit der Gebührensatzung der Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum 2014 bis 2017 allenfalls auf Überdeckungen aus dem vorhergehenden Zeitraum 2010 bis 2013 ankommen, für den aber nach dem klägerischen Vorbringen eine Unterdeckung errechnet wurde. Ein Verstoß gegen das Kostenüberdeckungsverbot des Art. 8 Abs. 2 Satz 3 KAG ist damit nicht geltend gemacht.
Überdeckungen aus dem Zeitraum 2007 bis 2009, die klägerseits allein geltend gemacht werden, können lediglich Auswirkungen auf die Wirksamkeit der damals geltenden Gebührensatzung und – sollten sie nicht ausgeglichen worden sein – auf die Wirksamkeit der Gebührensatzung für den Zeitraum 2010 bis 2013 gehabt haben.
Aus demselben Grund gehen auch die Ausführungen der Kläger zu der ihrer Auffassung nach „fehlerhaften Ausgliederung der Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen für Ertragszuschüsse aus den Umsatzerlösen“ des Eigenbetriebs ins Leere. Die Kläger gehen auch hier unzutreffend von einem Bemessungszeitraum für die Nachkalkulation von sieben Jahren aus.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind auch nicht im Hinblick auf die rechtliche Würdigung des Abflusses von Konzessionsabgaben in den Jahren 2007 bis 2010 dargelegt. Unabhängig von der Frage, ob die Zahlung einer Konzessionsabgabe von einem Eigenbetrieb der Gemeinde an diese bei der Kalkulation der Gebührenhöhe berücksichtigt werden darf (vgl. dazu Hessischer VGH, U.v. 11.12.2018 – 5 A 1305/17; OVG Schleswig Holstein, U.v. 28.11.2001 – 2 K 6/99; VG Düsseldorf, U.v. 27.2.2018 – 5 K 15795/16 – alle juris; Dr. J. P. Müller „Einbeziehung von Konzessionsabgaben in die Gebührenkalkulation auch bei Rekommunalisierung“ – Müller, jurisPR-VergR 7/2018 Anm. 3), ist die Konzessionsabgabe in der Nachkalkulation der Gebührenhöhe im Bemessungszeitraum 2010 bis 2013 nach den Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts unberücksichtigt geblieben. Dem sind die Kläger mit der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung nicht entgegengetreten.
Soweit die Kläger daneben geltend machen, dass der vom Beklagten angesetzte kalkulatorische Zinssatz von 3% überhöht sei, kann dieser Einwand schon deshalb nicht mehr berücksichtigt werden, weil er erstmals mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018 und damit nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemacht wurde (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a, Rn. 53).
2.
Die im Zulassungsantrag behauptete grundsätzliche Bedeutung haben die Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Hierzu ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, weshalb diese für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (st. Rspr; vgl. etwa BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 10 ZB 12.1095 – juris Rn. 11 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Kläger im Zulassungsverfahren nicht, da sie schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, sondern lediglich darauf verweisen, dass die geäußerten Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gleichzeitig grundsätzliche Bedeutung hätten.
Daher war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Der Streitwert ergibt sich aus §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.