Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs

Aktenzeichen  5 U 2697/19

Datum:
2.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46630
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 492 Abs. 2

 

Leitsatz

Die Einbeziehung der erforderlichen Pflichtinformationen in einem Darlehensvertrag kann auch über die in den Vertrag einbezogenen allgemeinen Darlehensbedingungen erfolgen (ebenso BGH BeckRS 2017, 120504). (Rn. 12) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

40 O 1608/19 2019-04-25 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.04.2019, Aktenzeichen 40 O 1608/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.329,35 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach Widerruf eines Darlehensvertrags, den er zur Finanzierung eines Pkws geschlossen hatte, geltend.
Der Darlehensvertrag datiert vom 09.08.2016 (vgl. Anl. K 1), der Widerruf erfolgte am 13.04.2018 (Anl. K 3). Wegen der weiteren Einzelheiten, auch der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei verfristet gewesen, da die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs bereits gewesen abgelaufen sei. Die Kläger habe alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben erhalten. Die Widerrufsinformation selbst, insbesondere auch im Punkt „Widerrufsfolgen“, sei ordnungsgemäß.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 07.05.2019 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die er am 29.05.2019 eingelegt und nach Fristverlängerung bis 05.08.2019 mit am 02.08.2019 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und führt aus, die Beklagte habe unzureichend über Pflichtangaben belehrt, die Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite seien nicht Vertragsbestandteil geworden. Auch sei die gewählte Schriftgröße zu klein. Die Widerrufsinformation sei fehlerhaft, weil die Beklagte ein unzulässiges Aufrechnungsverbot zu Lasten des Darlehensnehmers in den Vertrag aufgenommen habe.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz unter Abänderung des am 25.04.2019 verkündeten Urteils (Az.: 40 O 1608/19) zu erkennen:
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. … über nominal 13.329,35 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 13.04.2018 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 19.120,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 2 genannten Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 691,33 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 12.08.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da das Landgericht zu Recht von einer im Zeitpunkt des Widerrufs bereits abgelaufenen Widerrufsfrist ausgegangen sei.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26.08.2019 eingewandt, die Revision sei zuzulassen, weil deutschlandweit keine einheitliche Rechtsprechung hinsichtlich der Erteilung der Pflichtangaben bestehe. Es sei von Amts wegen zu prüfen, ob die Pflichtangaben vollständig erteilt seien. Dies habe das Landgericht unterlassen.
Zur Ergänzung wird auf das landgerichtliche Urteil, den Hinweisbeschluss des Senats sowie die im Berufungsrechtszug eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.04.2019, Aktenzeichen 40 O 1608/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Die zulässige Berufung ist offensichtlich unbegründet. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der Widerrufserklärung die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Hinweisbeschluss vom 12.08.2019 Bezug genommen. Die weiteren Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz vom 26.08.2019 führen zu keiner geänderten Beurteilung.
1. Dem Kläger sind alle Pflichtinformationen erteilt worden, denn die Erteilung der Pflichtinformationen kann auch im Rahmen der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Darlehensbedingungen erfolgen (BGH, Urteil vom 04.07.2017, XI ZR 741/16, Rn. 25, 26). Eine Einbeziehung der Allgemeinen Darlehensbedingungen erfolgte, da gleich zu Anfang des Darlehensvertrags auf die „nachstehenden Bedingungen und beigefügten Allgemeinen Darlehensbedingungen“ Bezug genommen wurde und die Seiten, auf denen die Allgemeinen Darlehensbedingungen abgedruckt sind, fortlaufend in den Vertrag einpaginiert wurden. Zu Recht ist das Landgericht daher sogar von einer einheitlichen Vertragsurkunde ausgegangen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen ausführlich nur mit den von dem Kläger gerügten Pflichtangaben auseinandergesetzt hat (LGU, S. 5-11), denn die Entscheidungsgründe enthalten nur eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Abs. 3 ZPO). Auf sonstige, vom Kläger nicht gerügt Pflichtangaben musste das Landgericht nicht eingehen. Mit der pauschalen Behauptung, das Landgericht sei nicht auf weitere Pflichtangaben eingegangen, habe sie also nicht geprüft, zeigt die Stellungnahme keine Rechtsfehler des Erstgerichts auf. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (siehe BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – XI ZB 7/17 -, Rn. 9, juris). Es fehlen überdies keine Pflichtangaben im Sinne von § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 3 bis 6 EGBGB, wovon sich der Senat überzeugt hat.
2. Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision war nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Umstand, dass eine Vielzahl von gleichgelagerten Klagen wegen verschiedener Autofinanzierungsdarlehensverträgen anhängig gemacht worden sind und werden, gibt der Sache ebenso wenig grundsätzliche Bedeutung wie die Revisionszulassung durch andere Oberlandesgerichte, denn klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird (BGH, Beschluss vom 15.8.2018, XII ZB 32/18 Rn.4). Es liegt – wie hingewiesen – auch kein Fall der Divergenz vor, denn entscheidendes Kriterium ist, dass der Senat mit seinem vorliegenden Beschluss von der bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht (BGH, Beschluss vom 17.1.2012, XI ZR 254/10 Rn.9 und Beschluss vom 9.6.2015, II ZR 227/14 Rn.2). Es ist auch kein Revisionszulassungsgrund, angesichts noch laufender Parallelverfahren eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern. Denn die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten – tragendem – abstrakten Rechtssatz abweicht. Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt eine Abweichung von einem in einer anderen Entscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht schon deshalb vor, weil andere Oberlandesgerichte nach der vorliegenden Entscheidung eine abweichende Entscheidung treffen könnten. Ein Rechtssatz, von dem abgewichen wird, liegt damit noch nicht vor (BGH, Beschluss vom 21.11.2018, VII ZR 232/17 Rn.13).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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