Arbeitsrecht

Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden

Aktenzeichen  2 UF 140/19

Datum:
20.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2020, 329
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 18 Abs. 1, § 45 Abs. 3
FamGKG § 50 Abs. 1

 

Leitsatz

1. § 18 Abs. 1 VersAusglG – Gleichartigkeit von Anrechten bei Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes
2. Anrechte bei Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes sind in der Regel gleichartig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG.
3. Gleichartig sind insbesondere die Anrechte bei der … – Zusatzversorgungskasse – und Anrechte bei der Bayerischen Versorgungskammer – Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden.

Verfahrensgang

5 F 1650/18 2019-06-05 Bes AGASCHAFFENBURG AG Aschaffenburg

Tenor

1. Auf die Beschwerde der … -Zusatzversorgungskasse – wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht i Aschaffenburg vom 05.06.2019 in Ziffer 2, Abs. 3 und 5 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der … – Zusatzversorgungskasse (Versicherungsnummer …) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden (Versicherungsnummer …), findet nicht statt.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.016,00 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Aschaffenburg hat mit Beschluss vom 05.06.2019 (Az. 5 F 1650/18) die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Hierbei hat es neben der Teilung der jeweiligen Anrechte des Antragstellers und der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Teilung des Anrechts des Antragstellers bei der S. Pensionskasse AG im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der … -Zusatzversorgungskasse, zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 27,65 Versorgungspunkten nach Maßgabe von § 44 der Satzung in der bei Rechtskraft der Scheidung gültigen Fassung, bezogen auf den 31.12.2018, übertragen und im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgung, zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 8,97 Versorgungspunkten nach Maßgabe von § 44 der Satzung in der bei Rechtskraft gültigen Fassung, bezogen auf den 31.12.2018, übertragen.
Hinsichtlich des Anrechts bei der … -Zusatzversorgungskasse (in Folge: …) hat das Amtsgericht einen korrespondierenden Kapitalwert von 6.159,43 Euro, hinsichtlich des Anrechts bei der Bayerischen Versorgungskammer – Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden (in Folge: Bayerische Versorgungskammer) – hat das Amtsgericht den korrespondierenden Kapitalwert mit 4.180,99 Euro festgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 05.06.2019 Bezug genommen.
Gegen diesen, der … am 18.06.2019 zugestellten Beschluss, hat diese mit Schreiben vom 25.06.2019, eingegangen beim Amtsgericht Aschaffenburg am 28.06.2019, Beschwerde eingelegt und beantragt, dass der Ausgleich der durch die Ehegatten in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworbenen Anrechte insgesamt wegen Geringfügigkeit unterbleibe. Bei den Anrechten der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer und des Antragstellers bei der … handele es sich um solche gleicher Art. Die Differenz der Kapitalwerte dieser beiderseitigen Anrechte überschreite nicht den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG, so dass beide Anrechte nicht auszugleichen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerde vom 25.06.2019 Bezug genommen.
Das Beschwerdegericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und zusätzlich mit Verfügung vom 30.07.2019 darauf hingewiesen, dass der Senat dazu neige, von der Gleichartigkeit der Anrechte der Zusatzversorgungskassen bei … und Bayerischen Versorgungskammer auszugehen, so dass ein Ausgleich gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht stattfinde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis vom 30.07.2019 Bezug genommen.
Eine Stellungnahme der Beteiligten ging nicht ein.
Die gemäß § 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der …, führt zur tenorierten Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts. Die Beschwerde der Versorgungsanstalt hat in der Sache Erfolg, da das Anrecht des Antragstellers bei der … und das Anrecht der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer, gleichartig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG sind und dem Halbteilungsgebot auch kein Vorrang einzuräumen ist.
1. Gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.
Anrechte gleicher Art liegen dann vor, wenn sie in den wesentlichen Fragen wie im Leistungsspektrum, in Finanzierungsverfahren, bei der Anpassung der wirtschaftlichen Entwicklung und bei den weiteren wertbildenden Faktoren strukturell übereinstimmen, wobei eine Wertidentität allerdings nicht erforderlich ist (BGH FamRZ 2012, 192 ff. unter Verweis auf Bundestagsdrucksache 16/11903, S. 54 ff.). Letztlich soll ein wirtschaftlich nicht erforderlicher Hin- und Herausgleich von beiderseitigen Anrechten der Ehegatten vermieden werden. Entscheidend für die Gleichartigkeit (so der BGH in der zitierten Entscheidung) ist also, dass den Anrechten beider Ehegatten annähernd vergleichbare kapitalisierte Stichtagswerte zuzuordnen sind, und dass diese Werte auch zu einer vergleichbaren Absicherung und zu ähnlich hohen Versorgungsleistungen führen.
In Anwendung dieser Grundsätze sind das Anrecht des Antragstellers bei der … und das Anrecht der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer gleichartig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG.
Anrechte bei anderen Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes werden in der Rechtsprechung regelmäßig als gleichartig angesehen (vgl. etwa Kammergericht FamRZ 2015, 925, OLG Schleswig FamRZ 2014, 789 und OLG Hamm NJW-RR 2016, 774 ff.).
Dabei handelt es sich – wie hier auch – jeweils um Anrechte der betrieblichen Altersversorgung, für die die Sondervorschrift des § 45 Abs. 3 VersAusglG für die Ermittlung des Ehezeitanteils gilt.
Ferner stimmen beide Anrechte im Leistungsspektrum überein. Sie beinhalten sowohl eine Altersrente als auch eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie eine Hinterbliebenenrente für Witwen, Witwer und Waisen (vgl. § 30 der Satzung der Bayerischen Versorgungskammer und § 30 der Satzung der KDZ). Bei beiden Anrechten errechnet sich die monatliche Altersrente im Wege der Multiplikation der bis zum Rentenbeginn erworbenen Versorgungspunkte mit dem Messbetrag von 4,00 Euro. Zudem sehen beide Satzungen eine Finanzierung der Pflichtversicherung aus Umlagen, Pflichtbeiträgen und Zusatzbeiträgen sowie durch Altersvorsorgezulagen, Vermögenserträge und sonstige Einnahmen vor (vgl. insoweit jeweils § 53 der jeweiligen Satzungen).
Einwände gegen die Gleichartigkeit der Anrechte wurden im Übrigen nicht vorgetragen. Demzufolge liegen hier Anrecht gleicher Art i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG vor.
2. Die Differenz der Ausgleichswerte ist gering, denn sie überschreitet den genannten Grenzwert, der sich zum Ehezeitende auf 3.654,00 Euro belief, nicht. Der korrespondierende Kapitalwert der Anwartschaft des Antragstellers bei der … beträgt 6.159,43 Euro. Der korrespondierende Kapitalwert der Anwartschaft der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer beträgt 4.180,09 Euro. Mithin beträgt die Differenz der Ausgleichswert 1.978,44 Euro und liegt damit unter dem Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG.
Umstände, die ein Abweichen von der Sollvorschrift des § 18 Abs. 1 VersAusglG erfordern, liegen nicht vor. Beide Beteiligte haben Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, die auch ausgeglichen werden. Zudem wird das Anrecht des Antragstellers bei der S. Pensionskasse AG im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Gründe, weshalb eine der Beteiligten auf den Ausgleich des jeweiligen anderen Anrechts aus der Zusatzversorgungskasse dringend angewiesen wäre, liegen damit nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 150 Abs. 1, Abs. 3 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 FamGKG und legt ein dreimonatiges Nettoeinkommen der beteiligten Ehegatten von 10.080,00 Euro zugrunde bei zwei in der Beschwerdeinstanz im Streit stehenden Anrechten.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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