Aktenzeichen 42 T 89/19
PStV § 35
FamFG § 58, § 70
GVG § 72 Abs. 1 S. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 2
Leitsatz
1. Der im Geburtenregister vorhandene Zusatz „Identität bzw. Namensführung nicht nachgewiesen“ unterliegt nicht der Beweiswirkung einer Eintragung nach § 54 PStG (KG BeckRS 2017, 110643). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die Eintragung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“ bzw. „Namensführung nicht nachgewiesen“ im Zeitpunkt der Eintragung im Geburtenregister zu Recht vorgenommen worden, weil die Identität oder Namensführung der den Namen des Kindes erteilenden Eltern nicht geklärt war, kann die Eintragung des Zusatzes bei späterer Klärung der Identität der Eltern nicht berichtigt werden, sondern ist allenfalls im Wege der Folgebeurkundung zu streichen. (Rn. 15 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
III 23/19 2019-05-27 Bes AGBAMBERG AG Bamberg
Tenor
Die Beschwerde der sonstigen Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 27.05.2019, Az. 19 UR III 23/19, wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Am … .2017 wurde das Kind der Eltern und in H. geboren.
Bei den Eltern handelt es sich um afghanische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland am 28.07.2016 Asylantrag gestellt haben. Die Anträge wurden am 10.10.2016 abgelehnt, seitdem halten sie sich aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis vom 13.09.2017 im Bundesgebiet auf.
Am 31.05.2017 wurden durch das Standesamt im Geburtenregister unter der Registernummer G /2017 die Namen des Kindes und der Eltern mit dem Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ (Namen der Eltern) sowie „Namensführung nicht nachgewiesen“ (Name des Kindes) eingetragen. Grund hierfür war, dass gültige Reisepässe zum Nachweis der Identität nicht vorgelegt wurden.
Am 20.10.2017 stellte das Standesamt einen Antrag auf gerichtliche Berichtigung des Registereintrages mit dem Inhalt, dass die einschränkenden Zusätze bei den Eltern und dem Kind zu streichen seien. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Eltern mittlerweile gültige Reisepässe vorgelegt hätten, die ihre zuvor beurkundete Identität nachgewiesen hätten. Die Reisepässe seien auf Fälschungshinweise hin untersucht worden, solche seinen nicht erkennbar gewesen. Die einschränkenden Zusätze könnten gestrichen werden. Dieser Antrag wurde mit ergänzenden Ausführungen des Landratsamts als untere Standesamtaufsicht dem Amtsgericht Bamberg – Abteilung für Betreuungssachen – zugeleitet. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 ff. und 4 ff. der Akte Bezug genommen.
Das Amtsgericht Bamberg – Betreuungsgericht – wies den Antrag mit Beschluss vom 27.05.2019 (Bl. 26 ff. d.A.) zurück. Zu dessen Inhalt wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 18.06.2019 (Bl. 32 d.A.) legte das Landratsamt gegen diesen Be schluss Beschwerde ein. Zur Begründung wird im Wesentlichen zunächst ausgeführt, dass die Auffassung des Amtsgerichts geteilt werde, im Interesse einer geordneten Amtsführung jedoch eine obergerichtliche Entscheidung herbeiführen wolle.
Mit Beschluss vom 25.06.2019 (Bl. 33 d.A.) half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landgericht Bamberg zur Entscheidung vor.
Binnen nachgelassener Frist wurde die Beschwerde mit Schreiben des Landratsamtes vom 02.08.2019 (Bl. 40 ff. d.A.) ergänzend begründet.
B.
Die nach §§ 51, 53 Abs. 2 PStG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg Zu Recht ist das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung im Sinne des § 48 PStG nicht vorliegen.
I.
Das Landgericht Bamberg ist, nachdem das Amtsgericht Bamberg – Betreuungsgericht – über den Antrag der Regierung von Mittelfranken entschieden hat, für die Beschwerde zuständig, § 72 Abs. 1 Satz 2 GVG.
Seit der Neufassung der §§ 72, 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GVG durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 20.2.1986 im Sinne der sogenannten „formellen Anknüpfung“ bestimmt sich die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel allein danach, welcher Spruchkörper tatsächlich tätig geworden ist (BGH, Beschluss vom 9.12.1992 – XII ZB 114/92).
II.
Die Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 48 PStG liegen nicht vor.
Eine Berichtigung im Sinne der §§ 47, 48 PStG ist die nachträgliche Änderung des Wortlauts eines durch Unterschrift des Standesbeamten abgeschlossenen Eintrags in einem Personenstandsbuch durch Richtigstellung einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit (OLG München, Beschluss vom 30.7.2015 – 31 Wx 425/14; OLG Hamm OLGZ 1988,129; Bornhofen in Gaaz/Bornhofen, PStG, 4. Aufl., § 47 Rn. 7ff).
Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes – dem die Kammer folgt – ist bereits deswegen der Anwendungsbereich des § 48 PStG nicht eröffnet, weil eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit des Registereintrags betreffend die Namen der Eltern des Kindes und des Kindes selbst nicht gegeben ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Eintragungen in das Geburtenregister ist grundsätzlich die Geburt des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl die Namen der Eltern als auch die des Kindes zutreffend mit, und eingetragen worden. Dies hat sich im Nachhinein durch Vorlage entsprechender Reisepässe, die auf ihre Gültigkeit hin überprüft wurden, bestätigt. Weiter eingetragen wurde zum damaligen Zeitpunkt lediglich der Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ bzw. „Namensführung nicht nachgewiesen“. Aus damaliger Sicht erfolgte auch die Eintragung dieses Zusatzes berechtigt.
Lässt sich der Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht aufklären, sieht § 35 PStV für bestimmte Fälle die Möglichkeit vor, einen Zusatz aufzunehmen, der das Fehlen des Merkmals erläutert. Außer dem in § 35 I 1 1 PStV aufgeführten Fehlen geeigneter Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes wird davon etwa auch der das Kind betreffende Zusatz „Namensführung nicht nachgewiesen“ erfasst, wenn Identität oder Namensführung der den Namen erteilenden Eltern nicht geklärt ist (vgl. KG StAZ 2018, 217 = BeckRS 2017, 123054). Die Regelung in § 35 I PStV ist Ausdruck des sogenannten Annäherungsgrundsatzes (Annäherungsmethode), der von der Rechtsprechung bereits vor der Neuregelung des Personenstandsrechts zum 1. Januar 2009 angewendet worden ist. Danach wurden die erwiesenen Tatsachen eingetragen, während hinsichtlich der nicht belegten eintragungspflichtigen Tatsachen die Eigenangaben übernommen und mit einem Zusatz versehen wurden, der die Beweiskraft des Eintrags entsprechend einschränkte (vgl. BR-Drs. 713/08, 97 f.; OLG Schleswig StAZ 2014, 242 (243 mwN) = BeckRS 2014, 911) (BGH, Beschluss vom 23.1.2019 – XII ZB 265/17, NZFam 2019, 300).
Anerkannt ist deswegen, dass der im Geburtenregister vorhandene Zusatz gemäß § 35 PStV „Identität bzw. Namensführung nicht nachgewiesen“ nicht der Beweiswirkung einer Eintragung nach § 54 PStG unterliegt (OLG Hamm, StAZ 2016, 113; KG Berlin StAZ 2017, 273). Sinn des Zusatzes nach § 35 PStV ist es ja gerade, diese Beweiswirkung auszuschließen, um eine Person auch bei nicht nachgewiesener Identität im Personenstandsregister wenigstens mit den Identitätsangaben beschreiben zu können (OLG Hamm Beschluss vom 25.5.2018 – 15 W 119/18, BeckRS 2018, 40294).
Da unter den Begriff der Berichtigung nicht nur die Richtigstellung von etwas Falschem, sondern auch das Hinzufügen von etwas Fehlendem fällt, muss die Unrichtigkeit von Anfang an bestehen (OLG München, Beschluss vom 30.7.2015 – 31 Wx 425/14; OLG Hamm OLGZ 1988,129; Bornhofen in Gaaz/Bornhofen, PStG, 4. Aufl., § 47 Rn. 7ff).
Dies ist jedoch im vorliegenden Fall bei dem Zusatz „Identität bzw. Namensführung nicht nachgewiesen“ gerade nicht der Fall. Es ist demgemäß bei der Streichung des Zusatzes nach § 35 PStV von einer Folgebeurkundung im Sinne von § 27 Abs. 3 PStG auszugehen, die von dem Anwendungsbereich der §§ 47, 48 PStG gerade nicht umfasst ist (so im Ergebnis wohl auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.3.2017 – I-3 Wx 80/16).
Die Beschwerde war demnach zurückzuweisen.
III.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil die Beschwerdeführerin nach § 51 Abs. 1 S. 2 PStG von Gerichtskosten befreit ist und mangels eines kontradiktorischen Verfahrens keine Grundlage für eine Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht.
Aus diesem Grunde bedarf es auch nicht der Festsetzung eines Beschwerdewertes.