Aktenzeichen 9 ZB 19.32738
VwGO § 138 Nr. 6
Leitsatz
Erschöpft sich das Zulassungsvorbringen in einer Kritik an der einzelfallbezogenen Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht, wird keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG abschließend aufgeführten gesetzlichen Zulassungsgründe dargelegt. (Rn. 3 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 30 K 17.44754 2019-03-12 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Kläger, nach seinen eigenen Angaben Staatsangehöriger Sierra Leones, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 12. März 2019 wies das Verwaltungsgericht seine Klage ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der auf alle Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylG gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos.
1. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 9 ZB 19.30847 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
Im Zulassungsvorbringen wird schon keine konkrete Frage formuliert und kein über den bloßen Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf aufgezeigt. Der Kläger beschränkt sich auf Kritik an der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht und wendet sich damit vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird allerdings kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund geltend gemacht (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2019 – 9 ZB 19.32190 – juris Rn. 4).
2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) wird ebenfalls nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2014 – 2 B 52.14 – juris Rn. 5 ff.). Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2014 – 10 B 50.14 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 9.5.2019 – 9 ZB 19.31505 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Unabhängig davon, ob es sich beim Europäischen Gerichtshof um ein Divergenzgericht i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG handelt, zeigt der Kläger bereits keinen abstrakten Rechtssatz des Verwaltungsgerichts auf, mit dem es von einem ebensolchen Rechtssatz eines Divergenzgerichts abweicht. Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich vielmehr in einer Kritik an der einzelfallbezogenen Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht, womit keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG abschließend aufgeführten gesetzlichen Zulassungsgründe dargelegt wird. Auf eine fehlerhafte Anwendung eines nicht bestrittenen Rechtssatzes im Einzelfall kann eine Divergenzrüge nicht gestützt werden (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.2019 – 1 B 2.19 – juris Rn. 16).
3. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel einer „Nichtbegründung“ der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO) liegt nicht vor.
Ein Urteil ist dann nicht mit Gründen versehen, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen (vgl. BVerwG, B.v. 1.6.2016 – 3 B 67.15 – BayVBl 2016, 826 = juris Rn. 17 m.w.N.). Der danach gebotenen Unterrichtungs- und Nachprüfungsfunktion genügen die Entscheidungsgründe des hier angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 12. März 2019 allerdings.
Das Verwaltungsgericht setzt sich in den Urteilsgründen sehr ausführlich und äußerst umfangreich mit dem Vorbringen des Klägers auseinander. Es begründet die fehlende Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags konkret und im Einzelnen mit konstruiert wirkenden und nicht nachvollziehbaren Angaben des Klägers, erheblichen Widersprüchen sowie Steigerungen und einem vagen und inhaltsarmen Vorbringen. Diese Würdigung des Verwaltungsgerichts bezieht sich nicht allein auf die homosexuelle Neigung des Klägers, sondern insgesamt auf dessen Angaben zur zeitlichen Abfolge, seiner Verfolgungsgeschichte und seiner Bedrohungslage. Das Verwaltungsgericht folgt außerdem den Feststellungen und der Begründung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. Juni 2017 gem. § 77 Abs. 2 AsylG, so dass kein Fall einer nicht mit Gründen versehenen Entscheidung vorliegt. Abgesehen davon, dass die Infragestellung der Homosexualität des Klägers für das Verwaltungsgericht auch nicht entscheidungserheblich war, handelt es sich bei dem Vorbringen des Klägers auch insoweit um Kritik an der Richtigkeit der Entscheidung, was keinen Zulassungsgrund i.S.d. § 78 Abs. 3 AsylG darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).