Aktenzeichen 6 CE 19.1163
BLV § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3
ArbPlSchG § 9 Abs. 8 S. 4, § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 3
SG § 58b
Leitsatz
1. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 BLV setzt die Anerkennung der Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes nach § 7 Nr. 2 lit. a BLV neben den Bildungsvoraussetzungen eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus, die zusammen mit einer hauptberuflichen Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten geeignet ist, die Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes zu vermitteln. Die Tätigkeit als freiwillig Wehrdienstleistender als Stabsdienst- und später als Nachschubsoldat in der Laufbahngruppe der Mannschaften entspricht jedoch nur der Ebene des einfachen Dienstes, sodass der freiwillige Wehrdienst (§ 58b SG) nicht nach den Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes auf die Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit iSv § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BLV angerechnet werden kann. (Rn. 8 – 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. §§ 9 Abs. 8 S. 4 und 12 Abs. 2 ArbPlSchG zielen nur auf den Ausgleich von beruflichen Nachteilen nach der Einstellung als Beamter oder Richter, nicht aber auf Absenkung der gesetzlichen Bildungs- und sonstigen Voraussetzungen für die Einstellung ab. (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 16 E 19.830 2019-05-28 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 28. Mai 2019 – AN 16 E 19.830 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.177,14 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit dem 17. Juli 2017 bei der Antragsgegnerin als Bürosachbearbeiter tätig, derzeit unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst Bund. Er begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen seine Nichtberücksichtigung bei der Stellenausschreibung „Verbeamtungsaktion 2018“, die sich an Tarifbeschäftigte in den Entgeltgruppen 5 bis E9a richtet und auf eine Verbeamtung in der Laufbahn des mittleren Dienstes gerichtet ist.
Mit Schreiben vom 8. April 2019 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seiner Bewerbung um eine Verbeamtung aufgrund dieser Ausschreibung nicht entsprochen werden könne. Seine abgeschlossene Berufsausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation entspreche inhaltlich nicht den Anforderungen eines fachspezifischen Vorbereitungsdienstes in der Laufbahn des mittleren Dienstes. Daher sei gemäß § 17 Abs. 3 BBG i.V.m. § 19 Abs. 3 BLV eine hauptberufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten nachzuweisen, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin bzw. eines Beamten derselben Laufbahn entspräche. Der Antragsteller sei erst mit dem 17. Juli 2017 beim Bundesamt beschäftigt und dabei mit Tätigkeiten betraut, die nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit eines Beamten des mittleren Dienstes entsprächen. Damit sei die erforderliche hauptberufliche Tätigkeit von einem Jahr und sechs Monaten bezogen auf das maßgebliche Ende der Ausschreibungsfrist (31.12.2018) noch nicht abgeleistet. Anrechenbare Zeiten aus einer Vorbeschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes lägen nicht vor.
Der Antragsteller hat hiergegen Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten, ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch gegen seine Nichtberücksichtigung in der „Stellenausschreibung 2018 – Verbeamtung mittlerer Dienst (Verbeamtung von Tarifbeschäftigten)“ eine Planstelle freizuhalten. Mit Beschluss vom 28. Mai 2019 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter und macht im gerichtlichen Verfahren geltend, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass er vom 1. April 2016 bis zum 31. Mai 2017 freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr zuletzt als Hauptgefreiter im Stabsdienst geleistet habe, was auf die „Wartezeit“ angerechnet werden müsse. Zudem übe die Antragsgegnerin, wie ihre Abhilfepraxis zeige, das Ermessen ungleich aus.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht geltend gemacht worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiter verfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu entsprechen.
Das Verwaltungsgericht hat mit überzeugenden Gründen einen Anordnungsanspruch mit der Begründung verneint, der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers sei durch die streitige Auswahlentscheidung um eine der ausgeschriebenen Stellen zur Verbeamtung in der Laufbahn des mittleren Dienstes nicht verletzt worden, weil der Antragsteller zum maßgeblichen Stichtag die (Bildungs- und sonstigen) Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BLV für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren Dienst nicht erfülle. Die Einwände der Beschwerde greifen nicht durch.
1. Entgegen der Ansicht der Beschwerde musste die Antragsgegnerin den freiwilligen Wehrdienst (§ 58b SG), den der Antragsteller vom 1. April 2016 bis 31. Mai 2017 geleistet hat, nicht nach den Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes auf die Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BLV anrechnen.
Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 BLV setzt die Anerkennung der Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes nach § 7 Nr. 2 Buchst. a BLV neben den Bildungsvoraussetzungen eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus, die zusammen mit einer hauptberuflichen Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten geeignet ist, die Befähigung für eine Laufbahn des mittleren Dienstes zu vermitteln. Die hauptberufliche Tätigkeit muss gemäß § 19 Abs. 3 BLV nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten derselben Laufbahn entsprechen.
Es ist nichts Substantiiertes dafür vorgetragen, dass die vom Antragsteller ausgeübte Tätigkeit als freiwillig Wehrdienstleistender dem Schwierigkeitsgrad nach der Ebene des mittleren Dienstes entsprechen könnte. Der Antragsteller war ausweislich des Dienstzeugnisses vom 31. Mai 2017 nach der Grundausbildung zunächst als Stabsdienstsoldat, später als Nachschubsoldat eingesetzt, zuletzt im Rang eines Hauptgefreiten, also in der Laufbahngruppe der Mannschaften (vgl. §§ 8 ff. SLV). Das entspricht der Ebene des einfachen Dienstes.
Eine Anrechnung der Dienstzeit nach den Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes scheidet ebenfalls aus. Zwar gilt dieses Gesetz gemäß seinem § 16 Abs. 7 auch im Falle des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b SG mit der Maßgabe, dass die Vorschriften über den Grundwehrdienst anzuwenden sind. Der hier allein in Betracht kommende § 13 Abs. 3 ArbPlSchG sieht vor, dass für einen Arbeitnehmer, dessen Ausbildung für ein späteres Beamtenverhältnis durch eine festgesetzte mehrjährige Tätigkeit im Arbeitsverhältnis anstelle des sonst vorgeschriebenen Vorbereitungsdienstes durchgeführt wird, § 9 Abs. 8 Satz 4 und § 12 Abs. 2 ArbPlSchG entsprechend gelten. Beide Regelungen führen aber nicht zu einer Anrechnung der Zeit des freiwilligen Wehrdienstes auf die Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BLV als Voraussetzung für die Anerkennung der Laufbahnbefähigung. § 9 Abs. 8 Satz 4 ArbPlSchG regelt den Ausgleich von beruflichen Verzögerungen nach der Einstellung als Beamter oder Richter. § 12 Abs. 2 ArbPlSchG betrifft die Anrechnung der Wehrdienstzeit auf das Besoldungsdienstalter oder die Erfahrungszeit, also die besoldungsrechtlichen Auswirkungen bei Einstellung ehemaliger Grundwehrdienstleistender oder freiwillig Wehrdienstleistender.
Beide Regelungen zielen „nur“ auf den Ausgleich von beruflichen Nachteilen nach der Einstellung, nicht aber auf Absenkung der gesetzlichen Bildungs- und sonstigen Voraussetzungen für die Einstellung ab. Dementsprechend bestimmt § 9 Abs. 8 Satz 1 ArbPlSchG für Beamte ausdrücklich, dass Vorbereitungsdienst und Probezeiten um die Zeit des Grundwehrdienstes verlängert werden. Mit gleicher Zielrichtung ordnet § 6 Abs. 3 ArbPlSchG für Arbeitsverhältnisse an, dass die Zeit des Grundwehrdienstes auf Probe- und Ausbildungszeiten nicht angerechnet wird. Dem darin zum Ausdruck kommenden Grundgedanken widerspräche es, die Zeit des freiwilligen Wehrdienstes auf die Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 2 BLV anzurechnen, mit der die Laufbahnbefähigung von Bewerbern nachgewiesen werden soll, deren abgeschlossene Berufsausbildung nicht den inhaltlichen Anforderungen für die angestrebte Laufbahn genügt.
2. Der Antragsteller kann sich auch nicht auf eine angebliche gleichheitswidrige Ermessensausübung bei der Einstellungspraxis berufen.
Er hat bereits nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin Bewerber in vergleichbaren Fällen unter Verstoß gegen § 19 Abs. 1 Nr. 2 BLV eingestellt hätte. Die Vorlage einer anonymisierten Abhilfeentscheidung und die bloße Behauptung, bei drei weiteren Kollegen habe die Antragsgegnerin nicht die Erfüllung der „Wartezeit“ verlangt, genügt hierzu nicht. Im Übrigen könnte der Antragsteller trotz etwaiger – rechtswidriger – Einstellungen anderer Bewerber seine Rechtsposition nicht verbessern („keine Gleichheit im Unrecht“, vgl. BVerfG, B.v. 17.1.1979 – 1 BvL 25/77 – juris Rn. 59).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Anzusetzen ist danach im Ergebnis ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge der Endstufe (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).