Verwaltungsrecht

Ausweisung rechtmäßig – verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte vorhanden

Aktenzeichen  10 C 19.315

Datum:
27.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13740
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 6 Abs. 1
EMRK Art. 8
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 53

 

Leitsatz

1.  Nimmt ein wegen zweimaliger Vergewaltigung verurteilter Ausländer keine entsprechende Therapie in Anspruch, ist davon auszugehen, ist vom Fortbestehen einer Wiederholungsgefahr auszugehen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K 18.2515 2019-02-04 Ent VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglos gebliebenen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Bevollmächtigten für seine Klage gegen die von der Beklagten verfügte Ausweisung weiter.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2018, mit dem der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1), die Wiederreinreise für neun Jahre untersagt (Nr. 2) und die Abschiebung nach Nigeria angedroht wurde (Nr. 5). Ferner wurde die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet (Nr. 7). Der Kläger beantragte für die hiergegen erhobene Klage Prozesskostenhilfe, was das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. Februar 2019 mangels hinreichender Erfolgsaussichten ablehnte.
Mit Urteil vom 13. März 2019 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München die Klage abgewiesen. Über den Antrag auf Zulassung der Berufung vom 3. Mai 2019 ist noch nicht entschieden (10 ZB 19.863).
Den vom Kläger am 29. April 2019 gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. April 2019 abgelehnt (M 25 S 19.2014). Die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 2.5.2019 – 10 CS 19.854).
II.
Die Beschwerde gegen die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist zulässig (§ 146 Abs. 1 VwGO), aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen dafür nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorlagen.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, hier nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 C 18.2522 – juris Rn. 17; B.v. 8.2.2019 – 10 C 18.1641 – juris Rn. 4 m.w.N.), hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten getroffene Ausweisungsentscheidung bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
Die Ausweisung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 53 ff. AufenthG. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass vom Kläger eine Wiederholungsgefahr ausgeht, weil er wiederholt straffällig geworden ist und zuletzt wegen Vergewaltigung seiner Stieftochter zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Hinsichtlich dieser Tat ist der Kläger einschlägig vorbestraft (s. Urteil des Landgerichts Ingolstadt v. 3.5.2011 wegen Vergewaltigung, zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung). Da der Kläger ausweislich der vorgelegten Führungsberichte der Justizvollzugsanstalt Bernau vom 20. April 2018 und vom 6. März 2019 sowie nach der von ihm verfassten und in der mündlichen Verhandlung am 13. März 2019 vorgelegten Stellungnahme unverändert die Taten leugnet und auch keine entsprechende Therapie in Anspruch nimmt, besteht die in den Taten zu Tage getretene Wiederholungsgefahr entgegen seinem Beschwerdevorbringen unverändert fort. Diese ist auch nicht, wie der Kläger meint, als „gering einzuschätzen“, weil die letzte Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (hier: Vergewaltigung) im „häuslichen Milieu“ begangen worden sei. So wurde die der Verurteilung vom 3. Mai 2011 zugrunde liegende Tat im öffentlichen Raum verübt (s. Urteil des Landgerichts Ingolstadt v. 16.1.2018, S. 7 – 9).
Aufgrund seiner verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte, die der Kläger in seiner Heimat hat (s. hierzu Niederschrift über die mündliche Verhandlung v. 13.3.2019, S. 2; Stellungnahme JVA Bernau v. 20.4.2018, S. 2, BA Bl. 962), seiner Erwerbsbiographie und seiner Kenntnisse der Landessprache einerseits sowie wegen der fehlenden bzw. gescheiterten sozialen/familiären und rechtlichen Integration andererseits erweist sich die Ausweisung auch im Lichte von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK als rechtmäßig. Das Ausweisungsinteresse überwiegt demnach das Bleibeinteresse des Klägers.
Schließlich begegnet auch die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung zur Dauer der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 3 AufenthG) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife (s.o.) hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten keinen der gerichtlichen Kontrolle nach § 114 Satz 1 VwGO unterliegenden Fehler aufweist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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