Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag eines pakistanischen Asylbewerbers auf Gewährung von Abschiebungsschutz

Aktenzeichen  M 32 K 17.42577

Datum:
12.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 9114
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 77 Abs. 2, § 78 Abs. 1
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG muss alle Verbürgungen der EMRK in den Blick nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann (BVerwG BeckRS 2013, 49252). (Rn. 10) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Die allgemeine wirtschaftliche und auch sonstige Lage in Pakistan begründet kein Abschiebungsverbot. (Rn. 11) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nur noch gegen die Nummern 3, 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids gerichtete Klage bleibt ohne Erfolg.
Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 34 und 38 AsylG, die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in § 11 AufenthG.
Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und führt ergänzend aus:
1. Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht gegeben. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung (siehe schon BVerwG, u.v. 11.11.1997 – 9 C 13/96 – juris Rn. 8 ff. zur Vorgängerregelung des § 53 Abs. 4 AuslG) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungsverbote, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen, insbesondere nach Art. 3 EMRK das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 36). Für die Frage, wie die Gefahr beschaffen sein muss, mit der die Rechtsgutverletzung droht, ist auf den asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zurückzugreifen.
Ein solches Abschiebungsverbot, insbesondere nach Art. 3 EMRK, liegt hier ersichtlich nicht vor. Der Vortrag des Klägers gibt auch im Ansatz nichts dafür her, dass ihn eine Abschiebung nach Pakistan in seinen Menschenrechten nach der EMRK verletzen würde. Dem Kläger geht es, wie er in der mündlichen Verhandlung wiederholt hat, allein um eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation durch eine Migration nach Deutschland. Das hat nichts mit Menschenrechtsschutz zu tun. Auch die allgemeine wirtschaftliche und auch sonstige Lage in Pakistan begründet kein Abschiebeverbot, wie das Bundesamt zutreffend ausführt.
2. Es liegt auch kein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Umständen sie beruht. Für die Annahme einer „konkreten“ Gefahr im Sinne dieser Vorschrift genügt aber nicht die bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die geschützten Rechtsgüter zu werden. Vielmehr ist insoweit der Maßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ anzuwenden und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Zudem muss eine auf den Einzelfall bezogene, individuell bestimmte und erhebliche, also auch alsbald nach der Rückkehr eintretende Gefährdungssituation vorliegen und es muss sich um Gefahren handeln, die dem Ausländer landesweit drohen, denen er sich also nicht durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann. § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG erfasst nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen allgemein ausgesetzt ist bzw. sind, werden gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG allein bei Entscheidungen über eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt. Allgemeine Gefahren im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG unterfallen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG selbst dann nicht, wenn sie den Einzelnen konkret und individualisierbar zu treffen drohen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann ein Ausländer aber trotz der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz dann – und nur dann – beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der dortigen Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre oder sonst eine individuelle existenzielle Gefahr für ihn bestünde. Dann – und nur dann – gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Voraussetzung eines solchen Abschiebungsverbots ist, dass der Ausländer bei einer Abschiebung „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen“ ausgeliefert würde und sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren würden (siehe BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14/10 – juris Rn. 21 ff.; siehe auch VGH Mannheim a.a.O., juris Rn. 506 ff.).
Hiervon ausgehend vermag das Gericht bei Weitem kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu erkennen. Der Kläger hat Gefahren im Sinne des Abschiebungsverbots schon nicht geltend gemacht. Sie sind auch nicht im Ansatz ersichtlich.
Die Klage war von daher abzuweisen. Die Abweisung hat als offensichtlich unbegründet zu erfolgen, da aus dem Vortrag des Klägers rechtlich offensichtlich ist, dass damit kein Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote begründet werden kann und sich dem Gericht die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt (§ 78 Abs. 1 AsylG).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Urteil ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 AsylG.

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