Aktenzeichen AN 17 K 18.31075
Leitsatz
1 Das Bundesverfassungsgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff der Offensichtlichkeit in § 30 Abs. 1 AsylG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend ausgelegt, dass diese dann vorliegt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG BeckRS 2000, 22406). (Rn. 17) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Ein asylrelevante Verfolgungshandlung kann nicht darin erblickt werden, dass ein Asylbewerber auf seiner vormaligen Arbeitsstelle (beim kubanischen Ministerium für Wirtschaft und Energie) Kontrollen ausgesetzt war. Denn Sicherheitskontrollen im Zusammenhang mit der Ausübung einer staatlichen Arbeitstätigkeit, die offiziell als sicherheitsrelevant eingestuft ist, sind auch in nicht-autoritären Staaten üblich; allein die Durchführung solcher Kontrollen sind kein Merkmal staatlichen Unrechts asylerheblicher Art. (Rn. 28) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Aufgrund der Auskunftslage kann nicht ausgeschlossen werden, dass aus dem Ausland zurückkehrende Kubaner zumindest mit staatlicher Diskriminierung rechnen müssen, wenn sie sich im Ausland regierungskritisch geäußert haben. Allein die Vermutung, der kubanische Staat könne sich eines Asylbewerbers wegen zweier gegebener Interviews bemächtigen, um diesen als Regimegegner zu verfolgen, genügt für die Annahme einer Verfolgungshandlung dagegen nicht. (Rn. 32) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland hat keine politische Verfolgung unverfolgt und legal aus Kuba ausgereister kubanischer Staatsangehöriger im Falle ihrer Rückkehr dorthin zur Folge (vgl. BayVGH BeckRS 2008, 28000). (Rn. 33) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Dass kubanische Staatsangehörige, die 24 Monate erlaubten Auslandsaufenthalt verstreichen lassen, keine Rückkehrberechtigung mehr erhalten und damit in den Status eines “Emigranten” (Exilkubaners) wechseln, ist im Asylverfahren unbeachtlich, da der Verlust der Rückkehrberechtigung generell an den Ablauf der Rückkehrfrist und damit nicht an die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Merkmale anknüpft (vgl. VG Ansbach BeckRS 2018, 974). (Rn. 34) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden, weil auf diesen Umstand in der Ladung vom 26. November 2018 hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Asylantrags, der sowohl die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Asylanerkennung als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, offensichtlich unbegründet, im Übrigen unbegründet.
Der Bescheid vom 6. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und auf Asylanerkennung (Art. 16a Abs. 1 GG) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Bei der Abweisung einer Asylklage als offensichtlich unbegründet, welche die Unanfechtbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zur Folge hat (§ 78 Abs. 1 AsylG), sind nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts besondere Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung und an die Urteilsbegründung zu stellen. Es muss sich die auf der Hand liegende Aussichtslosigkeit der Klage zumindest eindeutig aus der Entscheidung selbst ergeben (vgl. nur BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3). Das Bundesverfassungsgericht hat zudem den unbestimmten Rechtsbegriff der Offensichtlichkeit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin ausgelegt, dass Offensichtlichkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 AsylG dann vorliegt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (hier: § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Dieselben Anforderungen sind auch an eine gerichtliche Entscheidung über das offensichtliche Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (vgl. BVerfG, B.v. 25.4.2018 – 2 BvR 2435/17 – juris Rn. 21) und an die Abweisung der Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG als offensichtlich unbegründet zu stellen (vgl. zu all dem nur BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3 m.w.N.; BVerfG, B.v. 27.9.2007 – 2 BvR 1613/07 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Darlegung, worauf das Offensichtlichkeitsurteil im Einzelnen gestützt wird, erfordert vor allem dann besondere Sorgfalt, wenn das Bundesamt den Antrag lediglich als (schlicht) unbegründet abgelehnt hat (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – juris Rn. 10 m.w.N.). Steht, wie im Fall der Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet (§ 78 Abs. 1 AsylG), nur eine Instanz zur Verfügung, so verstärkt dies die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Verfahrens im Hinblick auf die Wahrheitserforschung (vgl. nur BVerfG, B.v. 7.11.2008 – 2 BvR 629/06 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Klage hinsichtlich des Begehrens des Klägers auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abzuweisen.
1. Vorliegend ist ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und damit wegen der Identität der Schutzgüter auch ein Anspruch nach Art. 16a Abs. 1 GG offensichtlich nicht gegeben.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.
§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.
Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.
Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.
Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Kuba keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.
Der Kläger hat offensichtlich schon keine Handlungen des kubanischen Staates oder staatlich gelenkter, ziviler Stellen unmittelbar vor seiner Ausreise dargelegt, die Anknüpfungspunkt für eine asylrelevante Verfolgung mit der erforderlichen Eingriffsintensität bieten.
Der Kläger hat sowohl bei seinen Anhörungen vor der Bundespolizei im Mai 2018 und dem Bundesamt im Juni 2018 als auch in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe eine andere Meinung als die politische Führung in Kuba, dies jedoch höchstens im engsten Freundeskreis, nicht jedoch öffentlich geäußert. Dass der kubanische Staat von dieser inneren Einstellung des Klägers vor dessen Ausreise im September 2016 erfahren hat und hieran polizeiliche Maßnahmen geknüpft hätte, behauptet der Kläger nicht. Soweit er gegenüber dem Bundesamt angab, im Jahr 2006 oder 2007 zweimal auf eine Polizeistation vorgeladen worden zu sein und einmal eine Strafe habe bezahlen müssen, bleibt das Vorbringen des Klägers insoweit unsubstantiiert und steht offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der vom Kläger angegebenen inneren oppositionellen Einstellung. Auch das vom Kläger angegebene Ereignis aus dem Jahr 2003 (Bl. 68 d. Bundesamtsakte) lässt offensichtlich keine staatliche Maßnahme diskriminierender Art im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG erkennen, zumal der Kläger angab, Betroffener der beabsichtigten polizeilichen Maßnahme der Rückführung in ein Gebiet außerhalb … sei nicht er, sondern ein Freund gewesen. Er selbst habe sich lediglich eingemischt, was zu einer hitzigen Diskussion geführt habe, die in der Folge aber durch einen höheren Polizeibeamten deeskaliert worden sei. Es sei dann auch nichts weiter passiert.
Eine asylrelevante Verfolgungshandlung im Herkunftsland kann auch nicht darin erblickt werden, dass der Kläger auf seiner vormaligen Arbeitsstelle beim kubanischen Ministerium für Wirtschaft und Energie Kontrollen ausgesetzt war (Bl. 65 d. Bundesamtsakte). Der Kläger gab an, in einem sicherheitsrelevanten Bereich gearbeitet zu haben, in welchem er Zugang zu als geheim eingestuften Dokumenten gehabt hätte (Bl. 66 d. Bundesamtsakte). Kontrollen des Staates bei der Arbeitsstelle des Klägers hätten dann eingesetzt, nachdem sich ein befreundeter Kollege Ende des Jahres 2013 nach Frankreich abgesetzt hatte. Diese Kontrollen hätten beim Kläger viele kleine Dinge aus seiner Vergangenheit ans Licht gebracht. Er sei dann als nicht vertrauenswürdig eingestuft worden. Entlassen worden sei er jedoch nicht, sondern es sei Druck auf ihn ausgeübt worden. In der mündlichen Verhandlung spezifizierte der Kläger dies dahingehend, dass ihm beispielsweise einmal ein bereits genehmigter Urlaub widerrufen und er zurückbeordert worden sei. Dieser vom Kläger vorgetragene Sachverhalt lässt offensichtlich keinen Schluss auf staatliche oder nichtstaatliche Verfolgungshandlungen zu. Es ist gerichtsbekannt, dass Sicherheitskontrollen im Zusammenhang mit der Ausübung einer staatlichen Arbeitstätigkeit, die offiziell als sicherheitsrelevant eingestuft ist, auch in nicht-autoritären Staaten üblich sind. Allein die Durchführung solcher Kontrollen ist kein Merkmal staatlichen Unrechts asylerheblicher Art. Jedoch erblickt das Gericht auch in der Art und Weise solcher Kontrollen beim Kläger im Jahr 2014 keinen Anknüpfungspunkt für eine systematisch diskriminierende Handlung oder Handlung psychischer Gewalt im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG. Dazu taugt jedenfalls das vom Kläger angegebene Beispiel des Urlaubswiderrufs nicht. Eine weitergehende Spezifizierung unter Nennung weiterer Beispiele, wie sich der Druck auf seiner Arbeitsstelle auf ihn konkret auswirkte bzw. in welchen Handlungen sich dieser äußerte, konnte der Kläger weder im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung vornehmen. trotz dahingehender Nachfrage des Gerichts. Der Kläger bleibt insoweit in seinem Sachvortrag unkonkret und stellt Spekulationen anstelle von Tatsachen in den Raum, indem er angibt, er wisse aus Erfahrung, dass zunächst die Ausgrenzung am Arbeitsplatz erfolge und sodann weiterer Ärger drohe. Woraus sich dieses Erfahrungswissen speist, konnte der Kläger nicht angeben. Es ist zudem unglaubhaft, dass der kubanische Staat den Kläger trotz einer Einstufung als nicht vertrauenswürdig weiter in einem sicherheitsrelevanten Bereich habe beschäftigen wollen. Dass nämlich eine Umsetzung des Klägers im Anschluss an die Sicherheitskontrollen angedroht oder durchgeführt worden wäre, gibt dieser nicht an. Eine asylerhebliche Verfolgungshandlung ist folglich auch bezogen auf seine Tätigkeit beim Staat offensichtlich nicht dargetan.
Soweit der Kläger einen weiteren Vorfall mit dem CDR-Komitee schildert (Bl. 65 a.E. d. Bundesamtsakte), räumte er in der mündlichen Verhandlung ein, dass er diesbezüglich zwar ein Gespräch mit dem „Blockwart“ des CDR seines Wohnviertels hatte, dieser ihm auch mit Gefängnis gedroht habe, es aber dabei geblieben sei, trotz des Umstandes, dass er sich dennoch geweigert hatte, in die Nutzung seiner Hauswand für staatliche Propaganda einzuwilligen. Da der Kläger weiter einräumte, dieser Vorfall habe sich bereits Ende 2013 oder Anfang 2014 ereignet, schließt das Gericht aus, dass dieses singuläre Ereignis dem Kläger in asylerheblicher Form zum Nachteil gereichte. Es fehlt offensichtlich an einer erheblichen Intensität dieses Vorfalls im Rahmen der Bewertung einer Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Allein die einmalige, unbestimmte Drohung mit einer Verhaftung oder Gefängnisaufenthalt erfüllt nicht das Merkmal „gravierend“ im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
Der Kläger konnte unbehelligt über einen Zeitraum von ca. eineinhalb Jahren weiter in … leben und sich nach einen Käufer für seine Wohnung umschauen, nach erfolgtem Verkauf einen Reisepass beantragen und ein Flugticket kaufen sowie ohne staatliche Hindernisse letztlich aus Kuba ausreisen. Diese Umstände sind ein starkes Indiz dafür, dass der kubanische Staat an dem Kläger insbesondere auch nach dessen Kündigung seiner staatlichen Arbeitsstelle kein besonderes Verfolgungsinteresse hatte und diesen jedenfalls nicht als Regimegegner bzw. Staatsfeind oder als Mitglied einer besonderen Berufsgruppe einstufte (vgl. dazu auch die Erkenntnislage: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 14.3.2017, Punkt. 17. Bewegungsfreiheit).
Der demnach nicht vorverfolgt aus Kuba ausgereiste Kläger hat nach Auffassung des Gerichts im Falle einer Rückkehr nach Kuba nicht mit einer im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigenden Rückkehrgefährdung zu rechnen. Er hat sich in der Folge weder in Serbien noch in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigt noch sonst erhebliche Nachfluchtgründe dargetan, die die Gefahr einer Verfolgung bei Rückkehr des Klägers nach Kuba nahelegen.
In diesem Zusammenhang sind die vom Kläger gegebenen Interviews offensichtlich nicht geeignet, für diesen nachteilige Auswirkungen bei einer Wiedereinreise nach Kuba herbeizuführen. Der Kläger gab bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt an, er habe sich in den Interviews nur allgemein geäußert, insbesondere aber keine Geheimnisse verraten (Bl. 69 d. Bundesamtsakte). Gestützt wird dies durch die vom Kläger eingereichten Transkriptionen, die in deutscher Übersetzung vorliegen und in der mündlichen Verhandlung auszugsweise verlesen wurden (Bl. 152 – 159 d. Bundesamtsakte). Dabei kommt der vom Kläger eingereichten Transkription eines Interviews, das er der BBC gegeben haben will, nur Indizwert zu, denn dem Gericht liegt kein Originalmanuskript eines von der BBC publizierten Artikels mit diesem Interview vor und es ist nicht nachvollziehbar, aus welcher Quelle der Kläger diese Interviewabschrift bezogen hat. Auch gab der Kläger an, selbst nicht zu wissen, ob alle von ihm gegebenen Interviews, insbesondere das der BBC gegebene, auch tatsächlich veröffentlich wurden. Soweit der Kläger ein Interview, das auf der Webseite notimerica.com veröffentlicht wurde (Bl. 137 ff. d. Bundesamtsakte), vorlegte, hat das Gericht den in spanischer Sprache verfassten Ausdruck in Augenschein genommen und dabei festgestellt, dass die mit dem Artikel gefertigten Fotos stets eine vermummte Person zeigen, die keine eindeutige Zuordnung zum Kläger ermöglicht. Zudem nehmen regimekritische Äußerungen der Person, über die in diesem Artikel berichtet wird, nur einen spärlichen Raum ein und beschränken sich letztlich auf die Sätze, dass „… … Kenntnis von der beklagenswerten politischen Situation in meinem Land“ erlangte und „wo er das Leben führen konnte, das er sich wünschte, außerhalb eines politischen Systems, des kubanischen Systems, mit dem er nie übereingestimmt hat.“. In dem weiteren Interview, das der Kläger der serbischen Zeitschrift „Blic“ gegeben hat, fehlen solche politischen Aussagen zum Regime in Kuba komplett, was durch Verlesen der amtlichen deutschen Übersetzung des benannten Artikels in der mündlichen Verhandlung festgestellt wurde. Dass der Kläger insoweit auf einem Foto zu diesem Artikel in der Zeitschrift „Blic“ deutlich zu erkennen ist, ist nach Überzeugung des Gerichts unschädlich. Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass das kubanische Regime auch angesichts des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs seit Publikation dieser Interviews kaum mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Kenntnis von diesen Artikeln erlangen wird. Dass dies mittlerweile geschehen sei und aufgrund dessen nach dem Kläger in Kuba durch staatliche Stellen gefahndet werde, behauptet der Kläger nicht und dahingehend gibt es auch keine Anhaltspunkte. Zwar kann aufgrund der Auskunftslage nicht ausgeschlossen werden, dass aus dem Ausland zurückkehrende Kubaner zumindest mit staatlicher Diskriminierung rechnen müssen, wenn sie sich im Ausland regierungskritisch geäußert haben (vgl. „Schweizerische Flüchtlingshilfe Kuba: Rückkehr“, 16. Februar 2009, Ziffer 2). Allein die Vermutung, der kubanische Staat könne sich des Klägers wegen zwei gegebener Interviews bemächtigen, um diesen als Regimegegner zu verfolgen, genügt für die Annahme einer Verfolgungshandlung nicht. Zudem ist, wie bereits angemerkt, eine Zuordnung der Person des Klägers zu dem insoweit allein als kritisch zu betrachtenden Artikel auf der Webseite notimerica.com nicht ohne weiteres möglich.
Auch die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland hat keine politische Verfolgung unverfolgt und legal aus Kuba ausgereister kubanischer Staatsangehöriger im Falle ihrer Rückkehr dorthin zur Folge (BVerwG, B.v. 7.12.1999 – 9 B 474.99; BayVGH, U.v. 29.7.2002 – 7 B 01.31054; B.v. 6.10.2003 – 7 ZB 03.31113; B.v. 5.6.2008 – 15 ZB 07.30102; VG Augsburg, U.v. 5.7.2011 – Au 7 K 10.30473; VG Ansbach, U.v. 24.9.2015 – AN 3 K 14.30542; alle juris). Diese Einschätzung wird im Wesentlichen auch durch die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel bestätigt. In der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Kuba: Rückkehr, 16. Februar 2009“ (im Folgenden „Schweizerische Flüchtlingshilfe“) wird z.B. ausgeführt, dass Personen, die im Ausland einen Asylantrag stellen, von der kubanischen Regierung als Regimekritiker eingestuft werden können und in diesem Fall bei ihrer Rückkehr nach Kuba von willkürlichen staatlichen Repressalien bedroht sind (z.B. Entzug der Lebensmittelmarken, Beschlagnahme von Privatbesitz, erschwerter Zugang zum Arbeitsmarkt). Die Asylantragstellung allein kann dann zu Problemen beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Sozialleistungen führen, wenn die kubanischen Behörden von der Asylantragstellung erfahren (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 14.3.2017, Punkt. 21. Rückkehr; Schweizerische Flüchtlingshilfe Ziffer 2). Jedoch ist bei dem Kläger nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er von solchen Repressalien im Falle seiner Rückkehr betroffen sein wird. Denn den Quellen lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die kubanischen Behörden zu derartigen Repressalien greifen. Die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung reicht für die Annahme einer Rückkehrgefährdung nicht aus.
Dass kubanische Staatsangehörige, die 24 Monate erlaubten Auslandsaufenthalt ohne Verlängerung verstreichen lassen, keine Rückkehrberechtigung mehr erhalten und damit in den Status eines „Emigranten“ (Exilkubaner) wechseln, ist im Asylverfahren unbeachtlich, da der Verlust der Rückkehrberechtigung generell an den Ablauf der Rückkehrfrist und nicht an die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Merkmale anknüpft (VG Ansbach, U.v. 14.9.2015 – AN 3 K 14.30542; U.v. 30.1.2018 – AN 3 K 17.31547).
Das Gericht sieht die Klage im Übrigen nicht aus § 30 Abs. 2 AsylG als offensichtlich unbegründet an, weil es sich – obwohl dafür Anhaltspunkte bestehen – nicht die Überzeugung bilden konnte, der Kläger sei allein aus wirtschaftlichen Gründen aus Kuba ausgereist. Die offensichtliche Unbegründetheit ergibt sich in der Gesamtschau im vorliegenden Fall aber aus § 30 Abs. 1 AsylG.
Nach alledem hat das Gericht im Ergebnis der mündlichen Verhandlung keine vernünftigen Zweifel, dass der Kläger ohne Vorverfolgung legal aus Kuba ausreiste und sich auch in der weiteren Folge im Ausland nicht in einer Weise betätigte, die das kubanische Regime als feindlich betrachten und zum Anlass repressiver Maßnahmen gegen den Kläger nehmen könnte. Insoweit ist die Klage im Punkt Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich unbegründet.
2. Dem Kläger steht auch offensichtlich kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.
Zwar gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung an, er befürchte, bei einer Rückkehr nach Kuba könne er auch erschossen werden. Diese Mutmaßung, die vom Kläger zudem selbst offenkundig als Extrem eingestuft wird, entbehrt jedoch jeglicher Tatsachengrundlage. Bei Ausreise des Klägers aus Kuba war gegen diesen nach eigenem Wissen kein Strafverfahren anhängig, was Grundlage für die Verhängung der Todesstrafe sein könnte. Damit korrespondiert auch die Tatsachse, dass der Kläger ungehindert aus Kuba ausreisen konnte. Ungeachtet dessen ergibt sich aus der dem Gericht vorliegenden Erkenntnislage, dass der kubanische Staat seit Jahren die Todesstrafe nicht mehr anordnet und vollstreckt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 14.3.2017, Punkt. 13. Todesstrafe) und insbesondere auch gegen Regierungsgegner eher mit dem Mittel der Verhaftung und Schikanierung vorgeht (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 14.3.2017, Punkt. 9. Allgemeine Menschenrechtslage).
Darüber hinaus ergeben sich für das Gericht aufgrund der mündlichen Verhandlung auch keine Anhaltspunkte für eine reell anzunehmende Verhaftung des Klägers mit einem einhergehenden längeren Gefängnisaufenthalt. Unter dem Gesichtspunkt der Gewährung subsidiären Schutzes ist nämlich auch beachtlich, ob eine solche Verhaftung ernsthaft anzunehmen ist und welche Haftbedingungen in einem solchen Fall für den Asylsuchenden in seinem Herkunftsland zu erwarten sind (vgl. VG München, B.v. 23.6.2016 – M 16 S 16.31341). Da aber keine validen Anhaltspunkte für eine Verhaftung des Klägers in seinem Heimatland bestehen, insbesondere sich solche auch nicht aktuell ergeben, wie der Kläger im Hinblick auf ein kürzlich von ihm mit seiner in Kuba lebenden Mutter geführtes Telefonat einräumt, kommt die Gewährung subsidiären Schutzes unter Anknüpfung an die Merkmale des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
Schließlich besteht in Kuba auch kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die schlechte wirtschaftliche Situation in Kuba (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 14.3.2017, Punkt. 19. Grundversorgung und Wirtschaft) – und die damit zusammenhängenden Gefahren grundsätzlich nicht zu einer individuellen, gerade dem Kläger drohenden Gefahr führt, sondern unter die allgemeinen Gefahren zu subsumieren ist, denen die Bevölkerung oder relevante Bevölkerungsgruppe allgemein ausgesetzt ist und die gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG durch Anordnungen gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen sind.
Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in den Gründen des angegriffenen Bescheids nimmt das Gericht Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ebenso wenig besteht im Falle des Klägers ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für den Kläger, der im mittleren Alter ist, gesund und gut ausgebildet sowie nach eigenem Bekunden ohne familiäre Verpflichtungen im Falle seiner Rückkehr nach Kuba eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Zwar hat der Kläger nach Verkauf seiner Wohnung in … dort voraussichtlich keinen festen Lebensmittelpunkt mehr. Indes hat er aus dem Verkauf einen für kubanische Verhältnisse nicht unerheblichen Geldbetrag erhalten und kann auf ein familiäres Netzwerk – wenn auch nicht in … – zurückgreifen. Ihm war es darüber hinaus insbesondere nach seiner eigenen Kündigung der Arbeitsstelle im staatlichen Sektor ohne weiteres möglich, seinen existenziellen Grundbedarf durch eine andere Tätigkeit zu decken. Insoweit war er gerade nicht unabdingbar zur Lebenssicherung auf den Verkauf seiner Wohnung und die daraus resultierenden finanziellen Mittel angewiesen. Dass der Kläger folglich nach einer Rückkehr nach Kuba in existenzielle Schwierigkeiten geraten wird, ist nicht ersichtlich und unwahrscheinlich.
4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.
5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Er verfügt im Bundesgebiet über keine engeren Beziehungen, die insoweit rechtlich beachtlich wären.
Die Klage war demnach insgesamt abzuweisen, hinsichtlich des Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Dieses Urteil ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 AsylG.