Aktenzeichen W 7 S 18.839
Leitsatz
Durch die Unterstützung der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ sind die erhöhten Voraussetzungen des § 53 Abs. 1, Abs. 3 AufenthG, die an eine Ausweisung zu stellen sind, erfüllt. (Rn. 34 – 51) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.
Gründe
I.
1. Der am … … 1988 geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste am 8. April 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für studienvorbereitende Zwecke nach § 16 Abs. 1 AufenthG. Aufgrund der veränderten Situation in Syrien erhielt er in der Folge eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Zum Sommersemester 2014 begann der Antragsteller ein Medizinstudium an der Universität Würzburg. Am 14. Juli 2016 beantragte er bei der Stadt Würzburg die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Am 7. September 2016 gab der Antragsteller im Rahmen einer sicherheitsrechtlichen Befragung nach vorheriger Belehrung an, keinerlei relevante Berührungspunkte zu terroristischen Vereinigungen, auch nicht zum „Islamischen Staat“ (IS) zu haben oder gehabt zu haben (S. 529ff. E-Akte).
Der Antragsteller stellte am 5. Februar 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag, den er am 15. Februar 2018 zurücknahm. Das Asylverfahren wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Februar 2018 eingestellt. Am 5. Oktober 2018 stellte der Antragsteller einen weiteren Asylantrag, über den noch nicht entschieden ist.
Der Antragsteller ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. April 2016 wurde der Antragsteller wegen versuchter Nötigung, Beleidigung und Bedrohung zu einer Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 10. August 2016 wurde er wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Mit – nicht rechtskräftigem – Urteil des Staatsschutzsenats des OLG München vom 2. August 2018 wurde der Antragsteller wegen Werbens um Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland in zwei Fällen und der versuchten Anstiftung zum Verbrechen des Totschlags sowie der vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2018 wies die Regierung von Mittelfranken – Zentralstelle Ausländerextremismus Nordbayern – (jetzt: Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen Zentralstelle Ausländerextremismus Bayern) nach vorheriger Anhörung den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziffer 1). Gleichzeitig wurde sein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 14. Juli 2016 abgelehnt (Ziffer 2). Ferner wurde die Abschiebung aus der Haft heraus nach Syrien angeordnet. Sollte dies nicht möglich sein, wurde der Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Syrien oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, aufgefordert, innerhalb von sieben Tagen nach seiner Haftentlassung die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Ziffer 3). In Ziffer 4 wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf einen Zeitraum von zehn Jahren ab Ausreise befristet. Der Antragsteller wurde verpflichtet, ab seiner Haftentlassung täglich zwischen 08:00 Uhr und 10:00 Uhr sowie ein zweites Mal zwischen 18:00 Uhr und 20:00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion in Tirschenreuth unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapieres persönlich vorzusprechen (Ziffer 5). Zudem wurde der Aufenthalt des Antragstellers ab dem Zeitpunkt der Haftentlassung auf das Stadtgebiet von … beschränkt (Ziffer 6) und der Antragsteller unter Androhung unmittelbaren Zwangs zur Wohnsitznahme in der Gemeinschaftsunterkunft in Tirschenreuth verpflichtet (Ziffern 7 und 12). Darüber hinaus wurde der Antragsteller verpflichtet, sämtliche EDV – gestützten Kommunikationsmittel nicht mehr zu nutzen (Ziffer 8). In Ziffer 9 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 5 und 6 angeordnet. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Aufenthaltsbeschränkung bzw. die Meldeverpflichtung sowie den Fall der Nichtbeachtung des Kommunikationsmittelverbots wurden jeweils Zwangsgelder angedroht (Ziffern 10, 11 und 13). Der Bescheid wurde am 6. Juni 2018 zugestellt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG seien erfüllt, da der Aufenthalt des Antragstellers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung darstelle. Eine Gefährdung dieser Schutzgüter bemesse sich ebenso wie die Begriffe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach den im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht entwickelten Grundsätzen. Danach sei eine Prognose erforderlich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden eintrete. Für Deutschland bestehe aufgrund der aktuellen Sicherheitslage eine große Anschlagsgefahr. Die Bundesrepublik sei erklärtes Ziel jihadistisch motivierter Gewalt, was die jüngste Vergangenheit gezeigt habe. Aus den Ermittlungserkenntnissen im Rahmen des Strafverfahrens der Generalstaatsanwaltschaft München könne auf Basis von Tatsachen der Schluss gezogen werden, dass der Antragsteller Unterstützer des IS sei. Der Antragsteller sympathisiere mit dem IS und habe mehrfach geäußert, einen Anschlag auf eine Synagoge verüben zu wollen und massiv versucht, andere Personen für den IS anzuwerben. Die religiöse Einstellung des Antragstellers entspreche einer salafistisch – jihadistischen Richtung des Islam. Er werde als enorm gefährlich eingeschätzt. Der IS sehe den bewaffneten Jihad als legitimes Mittel zur Durchsetzung islamischer Interessen an und lehne die Werte der freiheitlich- demokratischen Grundordnung ab.
Aufgrund der Unterstützung des IS wiege das Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG besonders schwer, da es sich bei dem IS um eine terroristische Vereinigung handele. Der Antragsteller gefährde die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Er habe wiederholt unbeteiligte Dritte aufgefordert, Selbstmordattentate im Namen des IS zu begehen und versucht, diese als Soldaten zu rekrutieren. Dies seien Unterstützungshandlungen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
Daneben bestehe auch ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nrn. 7 und 8 AufenthG wegen der Falschangaben in der am 7. September 2016 durchgeführten Sicherheitsbefragung im Rahmen der Verlängerung des Aufenthaltstitels. Der Antragsteller habe in wesentlichen Punkten falsche Angaben über Verbindungen zu Organisationen gemacht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung verdächtig seien. Insbesondere habe er wahrheitswidrig verneint, Mitglied im IS zu sein oder gewesen zu sein bzw. dem IS nahe zu stehen. Zudem habe er wahrheitswidrig erklärt, niemals einer Vereinigung angehört zu haben, die den Terrorismus unterstütze oder unterstützt habe und niemals Kontakt zu Personen gehabt zu haben, die einer solchen Vereinigung angehören würden.
Dagegen sei im Falle des Antragstellers ein gemäß § 55 AufenthG normiertes Bleibeinteresse von besonderem Gewicht nicht gegeben.
Das öffentliche Interesse an der Ausweisung überwiege auch unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK, Art. 6 GG und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die privaten Interessen des Antragstellers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Aufgrund der bisherigen aktiven Unterstützung des IS in der Vergangenheit bestehe auch weiterhin die Gefahr künftiger Unterstützungshandlungen bis hin zur Durchführung terroristischer Anschläge. Das Bleibeinteresse müsse daher insgesamt hinter dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zurücktreten.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf zehn Jahre ergehe nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG und sei vorliegend angemessen. Da gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG einem Ausländer, der ausgewiesen worden sei, selbst im Falle eines Anspruchs nach dem AufenthG ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden dürfe, werde auch der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Darüber hinaus sei der Antrag auch aufgrund des absoluten Versagungsgrundes gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG abzulehnen, da ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nummer 2 bestehe.
Zudem sei der Antragsteller abzuschieben, weil er vollziehbar ausreisepflichtig sei und er aufgrund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen worden sei. Die Ausreise des Antragstellers bedürfe der Überwachung, § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, weil der begründete Verdacht bestehe, dass sich der Antragsteller seiner Abschiebung entziehen werde.
Die angeordnete Meldepflicht basiere auf § 56 Abs. 1 AufenthG. Aus Gründen der inneren Sicherheit sei die zweimal tägliche Meldepflicht geeignet, erforderlich und angemessen, um die von dem Antragsteller ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung kontrollieren und überwachen zu können. Aus der Ausweisungsverfügung resultiere eine Aufenthaltsbeschränkung nach § 56 Abs. 2 AufenthG, die Wohnsitznahmeverpflichtung in der bezeichneten Unterkunft für Asylbewerber ergehe nach § 56 Abs. 3 AufenthG. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Antragstellers und die Erforderlichkeit der effektiven Überwachung seien diese Maßnahmen verhältnismäßig. Das Kommunikationsmittelverbot könne nach § 56 Abs. 4 AufenthG angeordnet werden. Das Verbot der Internetnutzung und der Nutzung weiterer Kommunikationsmittel sei im Falle des Antragstellers notwendig und zweckmäßig. Hierdurch könne erreicht werden, dass der Antragsteller keine sicherheitsgefährdenden Inhalte mehr verbreite, sich beschaffe oder konsumiere und eine Kontaktaufnahme zu der terroristischen Szene so weit wie möglich erschwert werde.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1, 5 und 6 sei geboten, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller weitere Unterstützungshandlungen zugunsten des IS verwirklichen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheids vom 14. Mai 2018 Bezug genommen.
2. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. Juni 2018, bei Gericht am 25. Juni 2018 eingegangen, ließ der Antragsteller gegen diesen Bescheid Klage erheben und gleichzeitig beantragen,
„die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 9 in Verbindung mit den Ziffern 1, 5 und 6 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen.“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten, da von diesem keine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgehe. Der Bescheid beruhe auf Vermutungen und ursprünglichen Annahmen der Strafverfolgungsbehörden, die bislang noch nicht bewiesen seien. Es sei weder die Planung oder die Absicht von terroristischen Anschlägen noch die Begehung von Unterstützungshandlungen gerichtlich festgestellt worden. Soweit der Antragsgegner darauf verweise, dass eine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG gesetzlich vorgesehen sei, sei dem entgegenzuhalten, dass § 53 Abs. 3 AufenthG offenkundig eine rechtskräftige strafrechtliche Entscheidung verlange.
Ein Ausweisungsinteresse nach § 53 Abs. 1 AufenthG liege nicht vor, da sich durch den Aufenthalt des Antragstellers auch nach dessen Haftentlassung keine Gefährdung ergebe. Der Antragsteller sei erklärter Gegner des Regimes des Baschar al Assad. Diese politische Einstellung führe aber nicht zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Zudem habe der Antragsteller im Falle einer Ausweisung und Abschiebung nach Syrien politische Verfolgung, Inhaftierung, Folter und Tötung zu erwarten, weswegen er nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht dorthin abgeschoben werden dürfe. Ausschlussgründe nach § 60 Abs. 8 AufenthG lägen nicht vor. Der Antragsteller sei Schutzberechtigter im Sinne des § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG. Eine Abschiebung sei auch nach § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig. Der Antragsteller sei als Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG anzusehen. Zudem seien sowohl die Abschiebung des Antragstellers als auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung unverhältnismäßig, ebenso wie das ausgesprochene Einreise – und Aufenthaltsverbot, die Bestimmung des Aufenthaltsortes und das Kommunikationsmittelverbot.
Der Antragsteller sei durch das nicht rechtskräftige Urteil vom 2. August 2018 unter anderem wegen Werbens um Unterstützer einer terroristischen Vereinigung im Ausland verurteilt worden. Nach Auffassung des Senats habe es für die Mitgliedschaft oder die Eigenschaft als Unterstützer des IS keine Nachweise gegeben. Der Antragsteller habe jedenfalls Sympathie für Tätigkeiten des IS gehegt und diese gegenüber zahlreichen Personen offen verkündet und vehement vertreten. Im Fokus habe dabei aber Syrien und nicht Deutschland gestanden. Der Antragsteller sei davon ausgegangen, dass der IS die stärkste Rebellengruppierung sei, die hilfreich für seine Familie in Syrien sei und am ehesten in der Lage sei, dem Regime des Baschar al Assad entgegenzutreten. In der Gesamtschau sei zwar davon auszugehen, dass der Antragsteller im Freundes- und Bekanntenkreis erhebliche Propaganda für den IS in Syrien geleistet habe, die Handlungen würden jedoch nicht den Tatbestand einer Mitgliedschaft, des Unterstützens oder des Werbens um Mitglieder im Sinne von § 129a und § 129b StGB erfüllen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Antragsbegründung wird auf die Schriftsätze seines Bevollmächtigten vom 22. Juni, 22. August und 25. September 2018 Bezug genommen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Ergänzend wird vorgetragen, dass das Ausweisungsinteresse der Öffentlichkeit die Interessen des Antragstellers deutlich überwiege. Auch sein Medizinstudium sei im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden. Dass der Antragsteller den IS unterstützt habe, ergebe sich aus den polizeilichen Abhörprotokollen und den Chatauslesungen. Auch Sympathiewerbung zähle ausdrücklich zu den Unterstützungshandlungen. Eine rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers sei nicht erforderlich. Der im Strafprozess anzuwendende Grundsatz „in dubio pro reo“ gelte im Verwaltungsverfahren nicht. Die Überwachungsmaßnahmen nach § 56 AufenthG seien verhältnismäßig, weil aufgrund des Abschiebestopps nach Syrien eine Aufenthaltsbeendigung derzeit nicht möglich sei.
Die Ausführungen der Antragstellerseite seien fast ausschließlich strafrechtlicher Natur, die strafrechtliche Betrachtung sei aber für die ausländerrechtlichen Verfahren nur eingeschränkt von Bedeutung. Der Antragsteller werde nicht wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ausgewiesen, sondern wegen deren Unterstützung. Hierzu lägen genügend Belege vor. Es werde sogar eingeräumt, dass der Antragsteller für den IS Sympathie hegte und diese gegenüber anderen Personen offen und vehement vertreten habe. Dies sei durch Zeugenaussagen und Chat-Verläufe belegt. Dies erfülle eindeutig den Tatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Sympathiewerbung zähle ausdrücklich zu den Unterstützungshandlungen. Der Vortrag, dies sei halb ernst, halb spaßig gemeint gewesen, sei eine reine Schutzbehauptung. Dem Antragsteller sei auch klar gewesen, dass der IS nicht nur das Regime Assad stürzen, sondern auch einen Gottesstaat unter Geltung der Scharia errichten wolle und in einem Teilgebiet errichtet habe. Der Antragsteller habe entsprechende Kontakte gepflegt, sodass jede Behauptung, er hätte dies nicht gewusst oder nicht so gemeint, unglaubwürdig sei. Eine glaubhafte Abwendung und Distanzierung des Antragstellers sei nicht feststellbar, vielmehr werde bestritten, dass es überhaupt Unterstützungshandlungen gegeben habe. Sowohl ein Abstandnehmen als auch ein Distanzieren setze voraus, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Ausländer seine innere Einstellung verändert habe und deshalb künftig von ihm keine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mehr ausgehe. Dies bedinge, dass der Ausländer in jedem Fall einräumen müsse oder zumindest nicht bestreiten dürfe, in der Vergangenheit durch sein Handeln die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit gefährdet zu haben. Der Antragsgegner gehe daher nach wie vor von der persönlichen Gefährlichkeit des Antragstellers aus. Auf die Begründung des Sofortvollzugs im Bescheid werde Bezug genommen.
Die Stellung eines weiteren Asylantrags ändere nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheids. Die Ausweisung sei auch gemessen an § 53 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG rechtmäßig. Die Ausweisung erfolge allein aus spezialpräventiven Gründen. Die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei auf das persönliche Verhalten des Antragstellers zurückzuführen, insbesondere auf die Unterstützungshandlungen der Terrororganisation islamischer Staat und die im Rahmen des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse. Die Gefahr sei auch schwerwiegend und berühre bei einem Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland ein Grundinteresse der Gesellschaft. Sie sei auch gegenwärtig, da die Unterstützungshandlungen nicht ausschließlich in der Vergangenheit lägen, sondern vielmehr durch die zutage getretene Persönlichkeit des Antragstellers allgegenwärtig sei, da von einem erkennbaren glaubhaften Abstandnehmen des sicherheitsgefährdenden Handelns nicht die Rede sein könne. Ergänzend wird auf die Schriftsätze des Antragsgegners vom 3. August, 6. September und 22. Oktober 2018 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2018 wurde vom Verfahren W 7 S 18.839 das Rechtsschutzbegehren abgetrennt, soweit sich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffern 5 und 6 des angegriffenen Bescheids richtet und unter dem Aktenzeichen W 7 S 18.841 fortgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch in den Verfahren W 7 K 18.838, W 7 K 18.840 und W 7 S 18.841, der beigezogenen Behördenakten sowie des Urteils des Oberlandesgerichts München – 9 St 7/17 – vom 2. August 2018 verwiesen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 14. Mai 2018 ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO in den Fällen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederherstellen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung besonders angeordnet hat und die Klage daher nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat.
2. Der Antrag ist aber nicht begründet. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage. 2018, § 80 Rn. 152).
Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus. Die in Ziffer 1 des Bescheids vom 14. Mai 2018 verfügte Ausweisung erweist sich nach der hier gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller bereits aus diesem Grund nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderlichen Abwägung überwiegt daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
a) Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs erfüllt die notwendigen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Diese muss auf den konkreten Fall abstellen und darf sich nicht in formelhaften Erwägungen erschöpfen (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2009 – 7 CS 09.2606 – juris Rn. 17). Die Begründungspflicht soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie dazu veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, warum ausnahmsweise von dem gesetzlichen Normalfall der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO abgewichen werden soll (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 84 ff.). Diesen Anforderungen genügen die behördlichen Ausführungen. Auch in materieller Hinsicht ist die Anordnung des Sofortvollzugs nicht zu beanstanden. Es besteht vorliegend ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids, das über das für den Erlass der Ausweisung erforderliche Interesse hinausgeht. Die Behörde hat zutreffend ausgeführt und darauf abgestellt, dass es aufgrund der der Grundverfügung zugrunde liegenden Gefahreneinschätzung und der Tatsache, dass der Antragsteller auch weiterhin andere hinsichtlich der ideologischen Einstellung betreuen oder gar beeinflussen kann, nicht hingenommen werden könne, die Bestandskraft eines Bescheids und den Ausgang eines unter Umständen jahrelang dauernden Verfahrens abzuwarten. Der Antragsteller wurde mit Urteil des OLG München vom 2. August 2018 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, dieses Urteil wurde jedoch mit der Revision angegriffen. Nachdem sich der Antragsteller bisher nicht dauerhaft, nachweislich und glaubhaft von der Unterstützung terroristischer Organisationen losgesagt hat, aber auch von Antragstellerseite die Sympathiewerbung für die Organisation Islamischer Staat nicht in Abrede gestellt wird, geht vom Antragsteller auch in der Haft nach wie vor die Gefahr aus, andere Personen für den IS zu werben bzw. zumindest für das Gedankengut des IS empfänglich zu machen. Denn wie im angegriffenen Bescheid (S.14) angeführt wird, hat er sich noch während der Untersuchungshaft als Mitglied des IS bezeichnet (S. 43 E-Akte).
b) Die Ausweisung des Antragstellers erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
Die Behörde hat die in Ziffer 1 angeordnete Ausweisung des Antragstellers auf die Rechtsgrundlage des § 53 Abs. 1 AufenthG gestützt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 – 1 C 9/12, InfAuslR 2013, 418, Rn. 8; U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11, BVerwGE 143, 277, Rn. 12 m. w. N.) bzw. wie hier der Entscheidung des Gerichts. Nachdem der Antragsteller einen weiteren Asylantrag gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist, ist Rechtsgrundlage für die Ausweisung § 53 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 Nummer 1 AufenthG. Denn gemäß § 53 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes abgeschlossen wird. Nach Satz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift wird von der Bedingung abgesehen, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der nach Abs. 3 eine Ausweisung rechtfertigt. Gemäß Abs. 3 darf ein unter diesen Personenkreis fallender Ausländer nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Bei der Abwägung ist nach § 53 Abs. 2 AufenthG insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner und die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.
Diese Regelung in § 53 Abs. 3 AufenthG modifiziert für die dort genannten Personengruppen den Ausweisungsmaßstab – tatbestandlich – im Sinne erhöhter Anforderungen an das Gewicht der drohenden Rechtsgutsverletzung, indem sie die Ausweisung nur aus spezialpräventiven Gründen zulässt; dabei ist aber auch in diesem Rahmen – mit dem genannten geänderten Maßstab – eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorzunehmen (BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.; vgl. auch VGH BW, U.v. 13.01.2016 – 11 S 889/15, BeckRS 2016, 41711, Rn. 84 ff.; BayVGH, B.v. 13.05.2016 – 10 ZB 15.492, BeckRS 2016, 46956, Rn. 13 f.).
Diese erhöhten Voraussetzungen des § 53 Abs. 1, Abs. 3 AufenthG sind vorliegend gegeben: Durch das persönliche Verhalten des Antragstellers ist ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung ist für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich.
Der Antragsteller verwirklicht ein in § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gesetzlich definiertes besonders schweres Ausweisungsinteresse. Ein solches liegt vor, wenn der Ausländer die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wovon auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.
Der Begriff der Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, ist deutlich weiter als der Begriff der terroristischen Vereinigung in § 129a StGB. Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, wenn sie sich selbst terroristisch betätigt, indem sie ihre politischen Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verfolgt oder wenn sie die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Terrorismusbekämpfungsgesetz, BT-Drs. 14/7386, S. 54; BVerwG, U. v. 30.7.2013 – 1 C 9/12 – juris Rn. 13; U.v. 25.10.2011 – 1 C 13/10 – juris Rn. 19 m.w.N.). Bei dem „Islamischen Staat“, der in Vergangenheit auch unter den Namen „Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS)“, „Islamischer Staat im Irak und Levante (ISIL)“ und „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien (ISIG)“ bekannt war und agierte, handelt es sich zweifellos um eine derartige Vereinigung, die sich terroristisch betätigt. Diese Einschätzung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 30.8.2017 – 1 VR 5/17, 1 VR 5/17 (1 A 6/17) – juris Rn. 23; B. v. 13.7.2017 – 1 VR 3/17, 1 VR 3/17 (1 A 4/17) – juris Rn. 59; B.v. 21.3.2017 – 1 VR 2/17, 1 VR 2/17, 1 PKH 12/17 (1 A 3/17) – juris Rn. 25) und ergibt sich aus den zahlreichen Gewaltakten inner- und außerhalb Europas, zu denen sich die Organisation offiziell bekannt hat. Ergänzend wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bescheid des Antragsgegners Bezug genommen, denen die Kammer folgt (vgl. S. 10 des Bescheids).
Der Antragsteller hat durch sein Verhalten die terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ unterstützt.
Unter einer Unterstützungshandlung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG werden alle Verhaltensweisen verstanden, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeit der Vereinigung auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3/16 – juris Rn. 31). Dazu gehört z. B. auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung sowie ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer terroristischen Bestrebungen fördert und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotential stärkt. Eine Unterstützungshandlung kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift sowohl die Mitgliedschaft in der Vereinigung als auch eine Tätigkeit für die Vereinigung ohne gleichzeitige Mitgliedschaft sein. Der Begriff der Unterstützung umfasst dabei neben dem gezielten Werben um Mitglieder und Unterstützer auch die Sympathiewerbung für terroristische Aktivitäten Dritter (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13/10 – juris Rn. 20). Auf einen nachweisbaren oder messbaren Nutzen für die Verwirklichung der terroristischen Ziele der Vereinigung kommt es ebenso wenig an wie auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Unterstützungshandlungen (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252, BeckRS 2017, 138369 Rn. 32). Voraussetzung ist aber, dass die die Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer erkennbar und ihm daher zurechenbar sein muss (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13/10 – juris Rn. 23; VGH BW, U.v. 13.1.2016 – 11 S 889/15 – juris Rn. 82; BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252, BeckRS 2017, 138369 Rn. 33). An einer Unterstützungshandlung fehlt es insbesondere, wenn die Handlung sich nur auf einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation bezieht, der Ausländer die Unterstützung des internationalen Terrorismus aber nicht befürwortet (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 – 1 C 9/12 – juris). Dies resultiert zum einen aus dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3/16 – juris Rn. 31). Anknüpfungspunkte für eine Ausweisung sind (auch) in der Vergangenheit liegende Unterstützungshandlungen (“unterstützt hat“). Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers ist der Begriff des Unterstützens im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unabhängig von dessen Strafbarkeit im Rahmen der §§ 129a, 129b StGB zu bestimmen. Insbesondere unterscheidet der Ausweisungstatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, anders als § 129a StGB, nicht zwischen Unterstützen und Werben und kennt keine Beschränkung der Werbung auf ein gezieltes Werben um Mitglieder und Unterstützer (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2011 – 1 C 13/10 – juris Rn. 20). Der Unterstützerbegriff ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Regelung weit auszulegen, um dem Terrorismus bereits im Vorfeld wirksam begegnen zu können. Soweit der Antragstellerbevollmächtigte vorträgt, der Antragsteller habe zweifellos Sympathie für Tätigkeiten des IS gehegt, diese gegenüber zahlreichen Personen offen verkündet und vehement vertreten und im Freundes- und Bekanntenkreis erhebliche Propaganda für den IS in Syrien geleistet, so räumt er damit gleichzeitig die Unterstützung des IS nach der ausländerrechtlichen Vorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein. Daher ist es auch nicht von entscheidender Bedeutung, ob die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Gerichte können die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse und Beweismittel der Strafverfolgungsbehörden bei den von ihnen zu treffenden Entscheidungen verwerten und eigenständig würdigen.
Ausgehend davon hat der Antragsteller die terroristische Vereinigung des Islamischen Staates unterstützt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden und den Feststellungen im Urteil des OLG München vom 2. August 2018 sympathisierte der Antragsteller spätestens seit Anfang 2014 mit der extremistisch-islamistischen Terrormiliz IS, die Gewalt gegen Andersgläubige und deren Tötung als legitimes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen ansieht und die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt. Dass auch der Antragsteller diese Weltanschauung befürwortet und sich mit den Zielen des IS und dessen menschenverachtender Ideologie identifiziert, zeigt sich insbesondere anhand der umfangreichen Chatprotokolle (S. 80 ff. E-Akte) auf dem Handy und dem Computer des Antragstellers sowie der dort vorgefundenen Propagandavideos (vgl. S. 78 f. E-Akte) und Bilddateien mit eindeutigem Bezug zum IS, die er zum Teil auch im Freundes- bzw. Bekanntenkreis präsentierte (vgl. S. 86, 135, 154 E-Akte). Gegenüber Freunden und Bekannten vertrat er offen die Ideologien des IS und versuchte, diese von der Haltung des IS zu überzeugen (vgl. S. 82, 119 ff. E-Akte). So teilte er beispielsweise dem Zeugen B* … mit, dass er ISIS gut finde und nur ISIS den Koran richtig umsetze. Wie bereits ausgeführt, sind diese als Sympathiewerbung zu qualifizierenden Materialien und Handlungen für sich genommen bereits als Unterstützung der Terrormiliz IS im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu werten. Dabei ist gänzlich unerheblich, ob Sympathiewerbung auch strafrechtliche Relevanz hat. Das Verbreiten von Bild- und Videomaterial trägt ebenso wie die Verbreitung des extremistischen Gedankenguts zur Verwirklichung terroristischer Bestrebungen des IS bei. Der Antragsteller hat sich sowohl in seinem privaten Umfeld als auch im Internet aktiv und offen für die Bestrebungen des IS eingesetzt. Er hat dem sinnlosen Mord an unschuldigen Menschen das Bild eines gerechtfertigten und notwendigen Kampfes entgegengesetzt und sich damit als Teil dessen Propagandamaschinerie betätigt (vgl. VG München, U.v. 26.1.2017 – M 12 K 16.5397 – juris Rn. 69).
In dieses Bild passt es auch, dass der Antragsteller einen Facebook Account unter dem Pseudonym „… IS“ betrieb. Aus den Akten ergeben sich auch Anhaltspunkte für eine antisemitische Gesinnung des Antragstellers, was mit dem religiösen Ziel des IS übereinstimmt, den Islam und die Normen der Scharia unter Bekehrung oder Auslöschung „Ungläubiger“ weltweit zu verbreiten. So tätigte der Antragsteller mehrmals gegenüber Zeugen im Strafverfahren radikale religiöse Äußerungen. Zahlreiche Male sagte er beispielsweise, er würde Christen und Juden („Ungläubige“) hassen (vgl. S. 73, 84, 132, 140 ff. E-Akte). Nach dem Zwischenbericht der Kriminalinspektion (Z) Unterfranken wurde auf dem Handy des Antragstellers ein Video vorgefunden, in welchem dieser äußert, er werde in Deutschland zum Krieg gehen (…) jeder verdiene es als Märtyrer zu sterben. In der Gesamtschau teilt das Gericht daher die Auffassung des Antragsgegners, dass der Antragsteller erhebliche Sympathiewerbung für den IS betrieben hat.
Ausweislich der behördlichen und gerichtlichen Feststellungen forderte der Antragsteller mehrere Personen auf, sich dem IS anzuschließen und Attentate für diesen zu begehen. Der Antragsteller forderte am 1. März 2014 seinen in Syrien befindlichen Chatpartner dazu auf, ein Attentat für den IS zu begehen, um möglichst viele Menschen töten zu lassen. Weiterhin unternahm der Antragsteller Rekrutierungsversuche gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefährtin und deren minderjährigen Sohn. Dafür nutzte er unter anderem Videomaterial, das zeigte, wie andere Kinder für den IS als Kämpfer trainiert wurden und Kinder, die sich weigerten, am Kampf-Training teilzunehmen, exekutiert wurden. Am 26. Oktober 2014 forderte der Antragsteller seinen Chatpartner über den Nachrichtendienst WhatsApp auf, in Damaskus oder Bagdad einen Selbstmordanschlag zu verüben. Eine derartige Aufforderung über WhatsApp erfolgte auch am 15. Juli 2016 einem Chatpartner gegenüber.
Der Versuch der Rekrutierung von neuen Mitgliedern für den IS stellt eine Unterstützungshandlung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dar, da sie den Fortbestand der terroristischen Organisation fördert und deren potentielle Gefährlichkeit festigt. Wie oben dargestellt wurde, ist unbeachtlich, ob der Anwerbeversuch tatsächlich erfolgreich war, da die Unterstützung weder einen nachweisbaren noch einen messbaren Nutzen für die Verwirklichung der terroristischen Ziele des IS zur Folge haben muss.
Dem Antragsteller sind sämtliche Unterstützungshandlungen zugunsten des IS zurechenbar. Auch wenn der Antragsteller aus der Motivation des Hasses gegen den syrischen Präsidenten Assad heraus gehandelt hat, so war ihm auch aufgrund seines hohen Bildungsgrades gleichwohl bewusst, welche Aktivitäten und Ziele der IS verfolgt und mit welchen Methoden er diese Ziele zu erreichen versucht, was letztlich auch zu dessen Einordnung als terroristische Vereinigung führte. Die Feststellungen der Sicherheitsbehörden lassen keinen Zweifel daran, dass der Antragsteller den internationalen Terrorismus durch den IS befürwortet hat und nicht nur wegen seiner politischen Einstellung gegen das Assad-Regime tätig wurde. Der Antragsteller hat sich von diesen Aktivitäten weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren distanziert. Bei einer solchen Distanzierung handelt es sich um einen inneren Vorgang, weshalb äußerlich feststellbare Umstände erforderlich sind, die eine Veränderung der bisher gezeigten Einstellung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252, BeckRS 2017, 138369, Rn. 53). Mangels dieser Umstände hat der Antragsteller nicht erkennbar und glaubhaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen. Es gibt weder Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Abkehr des Antragstellers von den Ideologien des IS, noch wurden solche vorgetragen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat lediglich ausgeführt, dass eine Unterstützungshandlung nicht vorliege und der Antragsteller daher auch nicht von seinem Handeln Abstand nehmen müsse.
Die Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG setzt weiterhin tatbestandlich voraus, dass der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Von dieser Gefährdung ist im Falle der Terrorismusunterstützung auszugehen, § 54 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 AufenthG. Es bedarf für die Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG gleichwohl stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11, juris Rn. 16; U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11, juris Rn. 18; U.v. 22.2.2017 – 1 C 3/16 – juris Rn. 26). Erforderlich ist die Prognose, dass die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schadenseintritt an den gesetzlich aufgeführten Schutzgütern führen wird, wobei an die Wahrscheinlichkeit umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, mithin eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht (BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252, BeckRS 2017, 138369, Rn. 55 m.w.N.). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Gefahrenbegriff gilt auch unter neuem Recht fort (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Nach Auffassung der Kammer ergibt die vorzunehmende Zukunftsprognose unter Würdigung der vorliegenden, oben dargestellten Gesamtumstände, dass die von dem Antragsteller ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland auch weiterhin andauert. Insbesondere der Umstand, dass der Antragsteller bisher nicht von seiner jihadistischen, extremistischen Einstellung abgerückt ist, spricht für eine fortbestehende Wiederholungsgefahr. Hierbei handelt es sich regelmäßig auch nicht um Ansichten, die einer kurzfristigen Wandlung unterliegen. Vielmehr bezeichnete sich der Antragsteller noch während der Untersuchungshaft als Mitglied des IS, und stellte die Vorgehensweise und Handlungen des IS gegenüber Mitgefangenen als richtig dar. Wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, besteht aufgrund der aktuellen Sicherheitslage weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge in Deutschland. Angesichts der hierbei drohenden schweren Folgen ist auch künftig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit weiteren sicherheitsgefährdenden Handlungen zu rechnen. Dies berührt zweifellos ein Grundinteresse der Gesellschaft im Sinne von § 53 Abs. 3 AufenthG. Zur Wahrung dieses Interesses ist die Ausweisung des Antragstellers unerlässlich.
Neben dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verwirklicht der Antragsteller auch schwerwiegende Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nrn. 7 und 8 AufenthG wegen seiner anlässlich der sicherheitsrechtlichen Befragung am 17. September 2016 gemachten Falschangaben (vgl. S. 530 ff. E-Akte).
Diesem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht kein (besonderes) schwerwiegendes Bleibeinteresse des Antragstellers nach § 55 AufenthG gegenüber. Insbesondere war der Antragsteller zum Zeitpunkt der Ausweisung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, so dass die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht vorliegen.
Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG erforderliche Abwägung geht zu Lasten des Klägers aus. Wenn, wie im vorliegenden Fall, ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 AufenthG gegeben ist, dem kein Bleibeinteresse nach § 55 AufenthG gegenübersteht, ist regelmäßig von einem Übergewicht des öffentlichen Ausweisungsinteresses auszugehen (VGH BW, U.v. 13.1.2016 – 11 S 889/15, BeckRS 2016, 41711, Rn. 103; Hailbronner, in: Ausländerrecht, Kommentar Stand: Januar 2016, § 53, Rn. 12). Nur das Vorliegen einer atypischen Fallkonstellation kann in diesen Fällen eine von der gesetzgeberischen Wertung abweichende Abwägung rechtfertigen (BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.). Hierfür verlangt § 53 Abs. 2 AufenthG eine umfassende und abschließende Abwägung des Ausweisungsinteresses mit dem Bleibeinteresse, wobei neben der gesetzgeberischen Wertung (§ 54 f. AufenthG) die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände sowie die in diesem Zusammenhang maßgeblichen grund- und konventionsrechtlichen Wertungen nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 2 und Art. 6 GG einzubeziehen sind.
Zu Gunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass er im Jahr 2012 legal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und sich zum Zwecke seines Medizinstudiums rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Im Falle der Ausweisung wird eine Weiterführung des Studiums an der Universität nicht mehr möglich sein, was einen erheblichen Einschnitt in den persönlichen und beruflichen Lebensweg des Antragstellers darstellt. Gleichwohl war der Aufenthalt des Antragstellers ursprünglich ausschließlich auf den Zweck des Studiums beschränkt, eine berufliche und wirtschaftliche Integration liegt nicht vor. Der Antragsteller ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog stattdessen staatliche Leistungen zur Finanzierung seines Studiums. Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK schützen das Privat- und Familienleben. Es gibt allerdings keine Anhaltspunkte für enge soziale Bindungen oder eine Verwurzelung des Antragstellers im Bundesgebiet. Bevor dieser nach Deutschland kam, lebte er mit seiner Kernfamilie in Syrien. Hinweise auf den Aufenthalt naher Verwandte des Antragstellers oder auf sonstige persönliche Beziehungen in der Bundesrepublik gibt es keine. Vielmehr ist der Antragsteller kinderlos und unverheiratet. Zu Ungunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass er sich nicht straffrei im Bundesgebiet aufgehalten hat, sondern mehrfach strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wurde. Ausschlaggebend zum Nachteil des Antragstellers und für ein Interesse an dessen Ausweisung sind jedoch die erheblich sicherheitsgefährdenden Aktivitäten des Antragstellers für den IS zu werten. Der Antragsteller hat aus seinen radikalen islamistischen Einstellungen kein Geheimnis gemacht und Propaganda und Sympathiewerbung für den IS betrieben. Das Gericht teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass von dem Antragsteller erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen. Der Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor terroristischen Anschlägen und jihadistisch motivierter Gewalt hat oberste Priorität und stellt ein Grundinteresse der Gesellschaft dar, zumal höchstrangige Rechtsgüter wie die Sicherheit des Staates sowie Leib, Leben und die körperliche Unversehrtheit von Dritten durch Terrorakte gefährdet werden. Nach alledem überwiegt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Antragstellers seine Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung war abzulehnen, da der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, wie sich aus obigen Erwägungen ergibt.