Steuerrecht

Erweiterte Gewerbeuntersagung

Aktenzeichen  M 16 K 17.2209

Datum:
8.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19120
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 2, § 35 Abs. 7a
StGB § 266a Abs. 1

 

Leitsatz

1 Eine anhaltende wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit führt unabhängig von ihren Ursachen nur dann nicht zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (Anschluss an BVerwG BeckRS 2015, 48135). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (Anschluss an BVerwG BeckRS 2015, 48135). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Die Klage ist aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Untersagung der Ausübung des Elektrotechnikerhandwerkes und des Verkaufs von Elektroartikeln ist § 35 Abs. 7a i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Nach § 35 Abs. 7a GewO kann die Untersagung auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden.
a) Die Gewerbeuntersagung konnte gegen den Kläger als Vertretungsberechtigten der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gerichtet werden.
§ 35 Abs. 7a GewO gestattet es, einem in leitender Stellung abhängig Beschäftigten eines Gewerbebetriebs die Ausübung des Gewerbes zu untersagen, das seiner abhängigen Beschäftigung entspricht. Damit ermöglicht es die Vorschrift, einer Person, die nicht Gewerbetreibende ist, die künftige Ausübung eines Gewerbes zu untersagen (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93 – BVerwGE 100, 187 ff).
Die Einleitung eines Untersagungsverfahrens gegen den Vertretungsberechtigten gemäß § 35 Abs. 7a GewO setzt voraus, dass gegen den Gewerbetreibenden selbst ebenfalls ein Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO eingeleitet wurde (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93 – BVerwGE 100, 187 ff). Diese Akzessorietät ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Beklagte hat auch gegen die vom Kläger vertretene Unternehmergesellschaft ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet, das mit Bescheid vom 12. April 2017 abgeschlossen wurde. Die hiergegen gerichtete Klage wurde mit Urteil vom 8. Februar 2019 abgewiesen (M 16 K 17.2208).
b) Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
Maßstab für die Prüfung der Unzuverlässigkeit ist bei der Anwendung des § 35 Abs. 7a GewO kein anderer als im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 GewO. Unterschiede bestehen insoweit, als sich die Unzuverlässigkeit im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf das ausgeübte Gewerbe bezieht, während sie in Anwendung des § 35 Abs. 7a GewO auf die künftige Gewerbeausübung in einem Gewerbe bezogen ist, das der bisherigen unselbständigen Tätigkeit entspricht. Unzuverlässig ist für eine künftige gewerbliche Betätigung der bisher unselbständig Tätige, wenn er nicht die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft ein seiner bisherigen Tätigkeit entsprechendes Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93 – BVerwGE 100, 187 ff).
Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus gewerbebezogenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, wie eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände und die Nichterfüllung von Erklärungspflichten kommt es nicht an, da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach objektiven Kriterien bestimmt. Daher ist es grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm „mildernde Umstände“ zur Seite stehen (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff; BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris).
Vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese – durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete – Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan auch effektiv eingehalten wird (BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 22 C 13.1163 – juris).
Nach diesen Maßstäben rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich einer künftigen gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers aus der Zusammenschau der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen. So hatte der Kläger erhebliche Steuer- und Beitragsrückstände bei Finanzamt und Sozialversicherungsträgern. Auch hat der Kläger ausweislich der Eintragungen im Vollstreckungsportal in sieben Fällen die Vermögensauskunft nicht abgegeben. Hieraus wird deutlich, dass der Kläger die zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflicht, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, freiwillig nicht bereit und daher nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig ist (BayVGH, B.v. 28.8.2013 – 22 ZB 13.1419 – juris). Zudem wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 20. April 2015 wegen neun tatmehrheitlicher Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig verurteilt und hat sich damit als gewerberechtlich unzuverlässig erwiesen. Darüber hinaus hat die Beklagte die negative Prognose hinsichtlich einer künftigen gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers zu Recht auf die erheblichen Steuer- und Sozialversicherungsbeitragsrückstände der Unternehmergesellschaft gestützt, für deren ordnungsgemäße Leitung der Kläger als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer gemäß §§ 5a, 6 Abs. 1, 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) zuständig und verantwortlich war.
c) Die an den Kläger gerichtete Gewerbeuntersagung war auch erforderlich.
Die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung setzt auch im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 7a GewO ihre Erforderlichkeit voraus. Diese Voraussetzung ist im Einklang mit den zu der vergleichbaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO entwickelten Grundsätzen erfüllt, wenn von dem Beschäftigten ein Ausweichen in eine entsprechende selbständige Tätigkeit zu erwarten ist. Die Erforderlichkeit einer Untersagung nach § 35 Abs. 7a GewO ist danach gegeben, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Vertreter das Gewerbe zukünftig selbständig ausübt. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass es für einen solchen Beschäftigten mit Rücksicht auf die gegen seinen Arbeitgeber gerichtete Gewerbeuntersagung naheliegt, sich als selbständiger Gewerbetreibender zu betätigen (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93 – BVerwGE 100, 187 ff).
Anhaltspunkte dafür, dass besondere Umstände der Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit durch den Kläger entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
d) Die Ermessensausübung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, § 114 VwGO.
§ 35 Abs. 7a GewO stellt die Untersagungsverfügung in das Ermessen der Behörde. Die Behörde muss ihr Ermessen erkennen und das Für und Wider eines Eingreifens sachgerecht unter Beachtung der Grundrechte abwägen. Anders als etwa bei ordnungsbehördlichen Maßnahmen zur Beseitigung rechtswidriger Zustände, bei denen das Einschreiten regelmäßig geboten ist, wenn keine besonderen Gegebenheiten vorliegen, muss hier nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Ausweichens auf die selbständige Gewerbeausübung entschieden werden. Insoweit gilt inhaltlich nichts anderes als bei der erweiterten Gewerbeuntersagung. Daher muss der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden können, das Ausweichen in die gewerbliche Betätigung sei so wahrscheinlich, dass deren Untersagung erfolgen solle (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93 – BVerwGE 100, 187 ff).
Auch wenn diesbezüglich in den Bescheidsgründen nicht ausdrücklich von einer Ermessensentscheidung gesprochen wird, ist davon auszugehen, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen erkannt hat. Die Rechtsgrundlage des § 35 Abs. 7a GewO („kann“) wurde zutreffend wiedergegeben und eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung dahingehend vorgenommen, dass das Interesse des Klägers an der Ausübung der von der Gewerbeuntersagung erfassten Tätigkeit hinter dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit zurückzutreten hat. Der Verwaltungsentscheidung kann auch die maßgebliche Erwägung entnommen werden, dass ein Ausweichen in die entsprechende selbständige Tätigkeit so wahrscheinlich ist, dass deren Untersagung erfolgen soll.
e) Die Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5/94 – juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
2. Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung auf die Ausübung jeglichen Gewerbes als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe sowie auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person ist § 35 Abs. 7a i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Nach § 35 Abs. 7a GewO kann die Untersagung auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden.
a) Die Beklagte hat aus überzeugenden Gründen eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers angenommen.
Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung bei der Verletzung von Verpflichtungen vor, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Indem der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses erhebliche Steuer- und Beitragsrückstände hatte und ausweislich der Eintragungen im Vollstreckungsportal die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat, hat er Pflichten verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten. Zudem wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 20. April 2015 wegen neun tatmehrheitlicher Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig verurteilt. Darüber hinaus ist er als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer für die erheblichen Steuer- und Sozialversicherungsbeitragsrückstände der Unternehmergesellschaft verantwortlich. Dies rechtfertigte die Annahme, dass der Kläger ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen würde.
b) Die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist auch erforderlich.
Erforderlich ist die Erstreckung der Gewerbeuntersagung, wenn ein Ausweichen auf entsprechende andere gewerbliche Tätigkeiten zu erwarten ist. Im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger künftig keine anderweitige Tätigkeit im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO ausüben würde. Vielmehr zeigt die Vielzahl der in der Vergangenheit vom Kläger angemeldeten gewerblichen Tätigkeiten, dass ein Ausweichen auf solche Tätigkeiten hinreichend wahrscheinlich ist.
c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 7a i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht im Ermessen der Behörde. Im Falle einer gewerbeübergreifenden Unzuverlässigkeit und der Erforderlichkeit der Erstreckung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
d) Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz in Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1/93 – juris).
3. Hinsichtlich der Bemessung der Frist zur Einstellung der Tätigkeit und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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