Aktenzeichen B 4 S 18.656
BGB § 917, § 918 Abs. 2 S. 2
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 27.03.2018 gegen den Bescheid zur Erhebung eines Herstellungsbeitrags für die Wasserversorgungsanlage der Antragsgegnerin vom 27.02.2018 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.013,42 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nicht mit Gebäuden bebauten Grundstücks Fl.-Nr. aaa/1, Gemarkung …, welches innerhalb des Geltungsbereichs des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „…“ liegt, welcher am 26.02.2016 in Kraft trat. Das Grundstück der Antragstellerin ist neben dem Grundstück Fl.-Nr. aaa/6, Gemarkung …, welches sich seit 20.03.2017 im Eigentum der „… GmbH“ befindet und vorher im Eigentum von R… stand, Teil des sogenannten „Soccerparks …“. Während auf dem Grundstück der … GmbH eine Indoor-Halle mit Kletter- und Hochseilanlage, einem Bistro und einem Fanshop sowie Stellplätze mit Verkehrsflächen angelegt wurden, befindet sich auf dem Grundstück der Antragstellerin eine Fußballgolfanlage mit 18 Bahnen, die eine Länge zwischen 25 m und 120 m aufweisen. Der Soccerpark wurde im August 2016 eröffnet. Das Grundstück der Antragstellerin ist nicht an die Wasserversorgungsanlage der Antragsgegnerin angeschlossen, während das Grundstück der … GmbH von der östlich des Soccerparks verlaufenden Staats straße …, in der sich auch die Hauptversorgungsleitung der Wasserversorgungsanlage befindet, erschlossen ist.
Mit Bescheid vom 27.02.2018 erhob die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für das Grundstück Fl.-Nr. aaa/1 einen Herstellungsbeitrag für die öffentliche Wasserversorgungsanlage in Höhe von 28.053,69 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus einem Betrag in Höhe von 26.218,40 Euro für die beitragspflichtige Grundstücksfläche (20.168 m² bei einem Beitragssatz von 1,30 Euro/m²) und der Umsatzsteuer in Höhe von 1.835,29 Euro (7%) zusammen. Ein Geschossflächenbeitrag wurde nicht erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, die Beitragserhebung für die Grundstücke Fl.-Nrn. aaa/1 und aaa/6 sei aufgrund deren gewerbsmäßiger Nutzung erfolgt. Die auf dem Grundstück der Antragstellerin liegenden Fußballgolfbahnen hätten ohne die Errichtung des Gebäudes auf dem Grundstück der … GmbH, in dem sich zum Beispiel auch Toiletten befänden, nicht genehmigt werden können. Die beiden genannten Grundstücke seien als Vorder- und Hinterliegergrundstück nur gemeinsam als bebaubar anzusehen. Dafür spreche auch die Überplanung der beiden Grundstücke durch die Stadt … mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan.
Mit Schreiben vom 27.03.2018 erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 27.02.2018 Widerspruch und beantragte gleichzeitig, die Vollziehung des angegriffenen Bescheids auszusetzen.
Die Antragsgegnerin half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 18.04.2018 dem Landratsamt … als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Über den Widerspruch wurde bisher noch nicht entschieden. Mit Schreiben vom 23.04.2018 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes seien nicht erkennbar. Da das streitgegenständliche Grundstück gewerblich genutzt werde und durch den Betrieb des Soccerparks erhebliche Einnahmen erzielt würden, sei auch eine unbillige Härte nicht erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 27.06.2018, der beim Verwaltungsgericht am selben Tag einging, hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27.03.2018 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.02.2018 (Bescheid-Nr. …) anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, eine Beitragsschuld für das Grundstück der Antragstellerin sei bisher nicht entstanden. Nach dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin werde ein Beitrag für bebaute, bebaubare, gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke erhoben, wenn für sie ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung bestehe oder wenn sie tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen seien. Beides treffe im vorliegenden Falle nicht zu. Für das Grundstück der Antragstellerin gebe es kein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin, da es nicht durch eine Versorgungsleitung erschlossen werde. Die Erschließung erfolge bei dem tatsächlich nicht angeschlossenen Grundstück über eine öffentliche Leitung. Das Grundstück der Antragstellerin grenze nicht an eine öffentlich gewidmete Straße an. Eine Versorgungsleitung werde nicht bis auf die Höhe des Grundstücks herangeführt. Das Grundstück sei mithin beitragsrechtlich nicht erschlossen. Die Grundstücke der … GmbH und der Antragstellerin bildeten schließlich keine „wirtschaftliche Einheit“ im beitragsrechtlichen Sinne. Nach der Rechtsprechung sei die Bildung einer wirtschaftlichen Einheit von mehreren Buchgrundstücken nur dann zulässig, wenn sich alle Grundstücke im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht im Eigentum derselben Person befänden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Ob die Nutzer eines Hinterliegergrundstücks Einrichtungen eines Vorderliegergrundstücks – hier die Toiletten im Gebäude auf dem Grundstück der … GmbH – nutzten, sei für die Beitragspflicht des Hinterliegergrundstücks unerheblich, solange dieses über kein eigenständiges Anschlussrecht verfüge.
Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 03.08.2018, den Antrag abzulehnen.
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Herstellungsbeitragsbescheids. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „…“ weise das Gesamtareal, bestehend aus den Grundstücken Fl.-Nrn. aaa/7, aaa/6 und aaa/1 als einheitliches Sondergebiet aus. Das Gesamtvorhaben werde einheitlich betrieben und grenzüberschreitend genutzt. Die gewerbliche Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin erfolge über einen Pachtvertrag. Es liege jedoch trotzdem ein einheitliches, gewerblich genutztes Vorhaben vor. Die gewerbliche Nutzung von Fußballgolfbahnen auf dem Grundstück der Antragstellerin sei ohne die auf dem Grundstück Fl.-Nr. aaa/6 befindlichen Einrichtungen weder möglich noch zulässig, weshalb alle Vorhabengrundstücke nur gemeinsam bebaubar und gewerblich nutzbar seien. Dies werde auch im vorhabenbezogenen Bebauungsplan so festgelegt. Auf dieser Grundlage vermittle der tatsächliche Anschluss des Soccerparks an die Wasserversorgungseinrichtung dem gesamten Vorhaben, mithin auch dem Grundstück der Antragstellerin, den erforderlichen Vorteil im Sinne des Beitragsrechts. Da das Grundstück Fl.-Nr. aaa/6 tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen sei, komme es nicht darauf an, ob das Grundstück der Antragstellerin über eine separate Erschließung verfüge. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan stelle die erforderliche Klammer zwischen den verschiedenen Grundstücken dar. Das streitgegenständliche Grundstück löse im Rahmen seiner gewerblichen Nutzung auch einen Anschlussbedarf aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte der Antragsgegnerin und des Landratsamtes … Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere hat die Antragstellerin vor der Antragstellung bei Gericht gem. § 80 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 VwGO bei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27.03.2018 die Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids beantragt. Der Antrag wurde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.04.2018 abgelehnt.
2. Der Antrag ist auch begründet. Entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 VwGO) gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, weil ein Verwaltungsakt – wie der streitgegenständliche Herstellungsbeitragsbescheid – die Anforderung von öffentlichen Abgaben betrifft, kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs durch Beschluss ganz oder teilweise anordnen. Dies hat in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann zu geschehen, wenn entweder so ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen, dass seine Aufhebung oder Abänderung im Hauptsacheverfahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, oder die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts für den Abgabeschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne bestehen an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids vom 27.02.2018, da die Erhebung des Herstellungsbeitrags nicht von Art. 5 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.V.m. der von der Antragsgegnerin erlassenen Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung (BGS-WAS) vom 08.12.2011, zuletzt geändert durch Satzung vom 11.09.2015, gedeckt ist.
2.1 Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Danach können Gemeinden und Landkreise zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Dieses Abgabeerhebungsrecht ist über Art. 22 Abs. 1 und Abs. 2 KommZG auch den Zweckverbänden, hier der Antragsgegnerin, eingeräumt. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erfolgt die Erhebung der Beiträge aufgrund einer besonderen Abgabesatzung. Von dieser Ermächtigung hat die Antragsgegnerin durch den Erlass der BGS-WAS Gebrauch gemacht. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Nach § 1 BGS-WAS erhebt die Antragsgegnerin zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung einen Beitrag. Dieser Beitrag wird nach § 2 Nr. 1 BGS-WAS für bebaute, bebaubare, gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke erhoben, wenn für sie nach § 4 Wasserabgabesatzung (WAS) ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung besteht. Der Beitrag wird auch für tatsächlich angeschlossene Grundstücke erhoben (§ 2 Nr. 2 BGS-WAS). Nach § 4 Abs. 2 WAS besteht das Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung für Grundstücke, die durch eine Versorgungsleitung erschlossen sind.
2.2 Nach dem Vortrag der Antragstellerin, dem die Antragsgegnerin nicht entgegentrat, ist das Grundstück der Antragstellerin nicht an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen. Für das gewerblich genutzte Grundstück der Antragstellerin besteht auch kein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung der Antragsgegnerin, da das Grundstück nicht durch eine Versorgungsleitung erschlossen ist. Erschlossen ist ein Grundstück durch eine Einrichtung in der Regel dann, wenn die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gegeben ist. Das ist anzunehmen, wenn der in der öffentlichen Straße verlegte Versorgungsstrang bis zur Höhe der Grundstücksgrenze heranreicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2008 – 20 ZB 07.3082 – juris Rn. 6 m.w.N.). Für sogenannte Hinterliegergrundstücke, also für Grundstücke, die von einer leitungsführenden öffentlichen Verkehrsfläche oder von der auf anderen Flächen geführten Ver- oder Entsorgungsleitung durch selbständige Grundstücke im bürgerlich-rechtlichen Sinn getrennt werden, kann die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Inanspruchnahme auch dann angenommen werden, wenn die für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erforderliche Herstellung einer Anschlussleitung und deren Verbleib in diesen Zwischengrundstücken (Vorderliegergrundstücken) auf Dauer gewährleistet ist. Stehen das Vorderliegergrundstück und das Hinterliegergrundstück nicht im gleichen Eigentum, wie dies hier mit dem im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstück Fl.-Nr. aaa/1 und dem im Eigentum der … GmbH stehenden Grundstück Fl.-Nr. aaa/6 der Fall ist, ist die Herstellung einer Anschlussleitung erst dann möglich und ihr Verbleib auf Dauer gesichert, wenn zu Lasten des Vorderliegergrundstücks und zu Gunsten des Hinterliegergrundstücks entsprechende Grunddienstbarkeiten bestellt sind (BayVGH, B. v. 12.5.1999 – 23 ZS 99.1327 – juris Rn. 2). Ein dinglich gesichertes Leitungsführungsrecht ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn ein Notleitungsrecht zugunsten des Hinterliegergrundstücks besteht (VG Bayreuth, U.v. 25.05.2016 – B 4 K 15.41 – juris Rn. 21 f. m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zum einen ist das streitgegenständliche Grundstück Fl.-Nr. aaa/1 nicht unmittelbar erschlossen, weil die öffentliche Wasserversorgungsleitung nicht im nördlich angrenzenden Wegegrundstück Fl.-Nr. bbb verlegt ist, sondern in dem entlang des Grundstücks Fl.-Nr. aaa/7 verlaufenden Straßenbereich der Staats straße … Zum anderen ergibt sich auch aus dem Umstand, dass das zum Soccerpark gehörende Grundstück Fl.-Nr. aaa/6 – welches östlich an das streitgegenständliche Grundstück anschließt – einen Anschluss an die Wasserversorgungsanlage besitzt, mangels einer eingetragenen Dienstbarkeit kein gesichertes Leitungsführungsrecht und damit keine Erschließung des Grundstücks der Antragstellerin. Auch ein kraft Gesetzes auf Dauer entstehendes gesichertes Leitungsrecht in Form eines Notleitungsrechts (§ 918 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) ist vorliegend nicht anzunehmen, da hier weder eine Veräußerung stattgefunden noch Vorder- und Hinterliegergrundstück im Eigentum derselben Person gestanden haben. Auch die Begründung eines Notleitungsrechts gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht möglich. Danach kann der Eigentümer eines Grundstücks, dem die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Inhalt eines Notwegerechts nach § 917 BGB kann auch die Befugnis sein, Wasser über ein anderes, fremdes Grundstück zu führen. Anders als ein Notleitungsrecht nach § 918 Abs. 2 BGB entsteht eine Benutzungsduldung gemäß § 917 BGB erst, wenn sie durch den Berechtigten gegenüber dem Pflichtigen verlangt wurde und erforderlichenfalls bei Scheitern einer Einigung zwischen den Nachbarn gerichtlich festgestellt wurde (BGH, U.v. 19.4.1985 – V ZR 152/83 – BHGZ 94, 160/162f. = NJW 1985, 1952/1952). Ohne vorherige Gestattung des unmittelbaren Besitzers des Verbindungsgrundstücks oder gerichtliche Feststellung darf das Notleitungsrecht nicht ausgeübt werden. Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall weder eine Benutzungsduldung verlangt noch wurde eine solche gerichtlich festgestellt. Eine eventuelle Möglichkeit der Begründung eines Notwegerechts ist deshalb nicht geeignet, bereits eine ausreichende Sicherung der Erschließung anzunehmen (BayVGH, B.v. 27.6.2000 – 23 ZB 00.1626 – juris Rn. 13).
2.3 Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin bilden die Grundstücke Fl.-Nrn. aaa/1 und aaa/6 keine wirtschaftliche Einheit. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (z.B. U.v. 16.11.2006 – 23 B 06.1222, v. 23.7.1998 – 23 B 95.3002 und v. 31.8.1984, VGH n.F. 37, 102; B.v. 22.5.2002 – 23 CS 02.906) ist im Beitragsrecht der leitungsgebundenen Einrichtungen im Interesse der Rechtsklarheit und Eindeutigkeit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen. In einem Abgabebescheid muss deshalb in der Regel für jedes Buchgrundstück ein eigener Beitrag festgesetzt und zur Begründung aufgezeigt werden, aufgrund welcher Faktoren sich dieser errechnet (BayVGH, B.v. 22.8.2006 – 23 C 06.2143; U.v. 23.7.1998 – 23 B 95.3002; vgl. Thimet, in: Thimet [Hrsg.], Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand: 11/2018, Frage 6 zu Art. 5 Abschn. A, S. 1). Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff lässt jedoch bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Beitragsveranlagung in Abweichung vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zu (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2006 – 23 C 06.2143). Er darf bei der Berechnung einer Kommunalabgabe anstelle des grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriffs zugrunde gelegt werden, wenn und soweit dadurch die Abgeltung des durch die öffentliche Einrichtung vermittelten Vorteils gerechter erfolgen kann (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.1985 – 23 B 93 A.1034, BayVBl 1986, 339). Die Antragsgegnerin hat daher ein Grundstück im Sinne der WAS definiert als jedes räumlich zusammenhängende und einem gemeinsamen Zweck dienende Grundeigentum desselben Eigentümers, das eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet, auch wenn es sich um mehrere Grundstücke oder Teile von Grundstücken im Sinne des Grundbuchrechts handelt, wobei rechtlich verbindliche planerische Festlegungen zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs. 1 WAS). Für die Annahme einer aus mehreren Buchgrundstücken bestehenden wirtschaftlichen Einheit ist unabdingbare Voraussetzung, dass es sich um denselben Eigentümer handelt. Sind die Eigentumsverhältnisse zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht, hier also zu Beginn des Jahres 2016, nicht dieselben, kann eine wirtschaftliche Einheit nicht angenommen werden, selbst wenn die Grundstücke nach den planerischen Festlegungen einheitlich genutzt werden (vgl. Thimet, a.a.O., Frage 6 zu Art. 5 Abschn. A, S. 4 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Aus dem von der Antragsgegnerin zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.3.2015 (Az. 20 ZB 14.1723) ergibt sich nichts Anderes. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof befasst sich in Rn. 6 ausschließlich mit der Frage der Bebaubarkeit eines Grundstücks, nicht hingegen mit der Frage des Erschlossenseins. Im Übrigen ergibt sich aus dem der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14.7.2014 (Az. RN 3 K 13.1812), dass die dort streitgegenständlichen Grundstücke durch einen in der an die Grundstücke angrenzenden Straße verlegten Kanal erschlossen waren und an diesen hätten angeschlossen werden können. Daher ist der von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Fall mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar.
2.4 Anhaltspunkte für einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 42 Abgabenordnung – AO) sind weder vorgetragen noch für das erkennende Gericht sonst ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (1/4 des Streitwerts in der Hauptsache: 28.053,69 Euro).