Strafrecht

Einziehung von Wertersatz beim Geschäftsführer einer GmbH

Aktenzeichen  15 Ns 309 Js 157546/15

Datum:
30.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27873
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 73 Abs. 1, § 73c Abs. 1

 

Leitsatz

Die Anordnung der Einziehung von Wertersatz (§ 73c StGB) gegen einen Angeklagten ist nur insoweit möglich, als er selbst etwas aus den Taten erlangt. Erfolgen Zahlungseingänge auf dem Geschäftskonto einer GmbH und zeitnah dazu Auszahlungen an den als Geschäftsführer der GmbH tätigen Angeklagten persönlich, handelt es sich um „durchlaufende Posten“ mit der Folge, dass der Angeklagte diese Zahlungen selbst im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt. (red. LS Alexander Kalomiris)

Verfahrensgang

1122 Ds 309 Js 157546/15 2018-06-25 Urt AGMUENCHEN AG München

Tenor

1. Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des AG München vom 25.06.2018, Az. 1122 Ds 309 Js 157546/15 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass die Einziehung von 9.819,28 EUR zugunsten der geschädigten U… GmbH & Co. KG und von 6.546,18 EUR zugunsten der geschädigten Firma W. … GbR als Wertersatz angeordnet wird.
Die weitergehende Berufung des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten der Berufung des Angeklagten einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
3. Angewandte Vorschriften: § 473 StPO.

Gründe

I.
Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 25.06.2018 wurde der Angeklagte wegen vorsätzlichen Betrugs in 3 Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Daneben wurde die Einziehung von 60.000,00 € zugunsten der geschädigten Firma U. …GmbH & Co. KG und von 40.460,00 € zugunsten der geschädigten Firma W… GbR als Wertersatz angeordnet.
Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Der Angeklagte W.war ab 14.04.2008 bis zum 23.12.2014 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma G… GmbH mit…, die unter der Nummer … im Handelsregister des Amtsgerichts München eingetragen war.
Am 12.09.2013 bestellte der Angeklagte W. im Namen der Firma G… GmbH bei der Firma R. GmbH…, unter Vortäuschung der uneingeschränkten Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der von ihm vertretenen GmbH insgesamt 350 Koffer der Typen Salsa Business Trolley (100 Stück), Salsa Business Multiwheel (60 Stück), Salsa Multiwheel (100 Stück) und Salsa Cabin Multiwheel (90 Stück) zum Preis von insgesamt 63.236,90 EUR. Bei Abschluss des Kaufvertrages war dem Angeklagten W. bekannt, dass die von ihm vertretene Gesellschaft nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeit vollumfänglich zu erfüllen. Die Gesellschaft verfügte bei weitem nicht über die für den Kauf erforderlichen Mittel.
Wie vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen bezahlte er die ihm im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der von ihm vertretenen GmbH am 28.10.2013 überlassene Ware nicht. Am 31.01.2014 leistete der Angeklagte eine Zahlung in Höhe von 5.000,00 Euro. Mit Eingehung des Kaufvertrages entstand der Firma R…GmbH ein Schaden in Form der konkreten Vermögensgefährdung in Höhe von insgesamt 63.236,90 Euro, welcher sich in Höhe von 58.236,90 Euro realisierte. Die erhaltenen Koffer unterliegen der Einziehung.
2. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen 01.07.2014 und 10.07.2014 bestellte die Firma U… GmbH & Co. KG bei der Firma G… GmbH Schmuckstücke der Marke Fossil zum Preis von 65.000,00 Euro. Unter Vortäuschung der Leistungsfähigkeit der von ihm vertretenen Gesellschaft schloss der Angeklagte W. einen entsprechenden Kaufvertrag im Namen der Firma G… GmbH mit der Firma U… GmbH & Co. KG. Bei Abschluss des Kaufvertrages war dem Angeklagten bekannt, dass die von ihm vertretene Gesellschaft ihre Verbindlichkeit zur Lieferung der Ware nicht erfüllen konnte, da sie nicht den erforderlichen Warenbestand besaß und aufgrund Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage war, Ware bei Dritten zu erwerben.
Die Firma U… GmbH & Co. KG zahlte im Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit der G… GmbH den vereinbarten Kaufpreis am 10.07.2014. Wie vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen ist die Lieferung der Ware ausgeblieben. Mit Eingehung des Kaufvertrages entstand der Firma U… ein Schaden zumindest in Form konkreter Vermögensgefährdung in Höhe des vom Angeklagten vereinnahmten Kaufpreises, welcher sich nach Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 5.000,00 Euro am 13.11.2014 in Höhe von 60.000,00 Euro realisierte. Ein Betrag in Höhe von 60.000,00 Euro unterliegt der Einziehung von Wertersatz bei der Firma G… GmbH.
3. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im September 2014 bestellte die Firma W… GbR, …, bei der Firma G… GmbH Uhren zum Preis von 40.460,00 Euro. Unter Vortäuschung seiner Leistungsfähigkeit der von ihm vertretenen Gesellschaft schloss der Angeklagte W. einen entsprechenden Kaufvertrag im Namen der Firma G… GmbH mit der Firma W. … GbR. Bei Abschluss des Kaufvertrages war dem Angeklagten bekannt, dass die von ihm vertretene Gesellschaft ihre Verbindlichkeit zur Lieferung der Ware nicht erfüllen konnte, da sie nicht den erforderlichen Warenbestand besaß und aufgrund Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage war, Ware bei Dritten zu erwerben.
Die Firma W… GbR zahlte im Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit der G… GmbH den vereinbarten Kaufpreis am 16.09.2014 und am 16.10.2014. Wie vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen ist die Lieferung der Ware ausgeblieben. Mit Eingehung des Kaufvertrages entstand der Firma W… GbR ein Schaden zumindest in Form konkreter Vermögensgefährdung in Höhe des vom Angeklagten vereinnahmten Kaufpreises, welcher sich in dieser Höhe realisierte. Ein Betrag in Höhe von 40.460,00 Euro unterliegt der Einziehung von Wertersatz bei der Firma G… GmbH.
4. Der Angeklagte W. hatte in den Fällen 1, 2 und 3 vor, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen. Zudem nahm der Angeklagte W. im Fall 1 die Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes zumindest billigend in Kauf.
II.
Gegen dieses Urteil, welches auf einer Verfahrensabsprache in 1. Instanz beruhte, legte der Angeklagte Berufung ein, die er auf die Frage der Einziehung von Wertersatz beschränkte. Die soweit erhobene Berufung war zum größten Teil erfolgreich.
III.
Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse wird auf die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts München verwiesen. Dieses hatte ausgeführt: …
IV.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die bindenden Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts München, insbesondere zu Zrn. 2 und 3., sowie den infolge der Berufungsbeschränkung rechtskräftigen Schuldspruch verwiesen (siehe oben Ziffer I.).
V.
Die Kammer hat ergänzend festgestellt:
Am 11.7.2014 wurden auf dem Konto Nr. 5… der G…GmbH bei der C…bank AG (ohne Kreditlinie) 65.000 Euro gutgeschrieben, die von der U… GmbH & Co. KG stammten.
Am 13.11.2011 wurden 5.000 Euro an die U… GmbH & Co KG zurücküberwiesen.
Am 16.9.2014 wurden auf dem vorgenannten Konto 20.000 Euro gutgeschrieben, die von W… GmbH überwiesen wurden.
Am 16.10.2014 gingen nochmals 20.460 Euro seitens W… GmbH auf dem genannten Konto ein.
Im Zeitraum vom 11.07.2014 bis 14.11.2014 flossen vom vorgenannten Geschäftskonto insgesamt 30.614,46 € an den Angeklagten.
Im Einzelnen stellen sich die Zahlungen wie folgt dar:
Kto-Nr. 5… der C…bank AG
Kontoinhaber: G… GmbH
Datum
Grund
Betrag
Saldo
Schlüssel
11.07.2014
W. Gehalt
– 2.420,73 €
– 53.489,15 €
Gehaltszahlung
11.07.2014
W. Gehalt
– 2.420,73 €
– 55.909,88 €
Gehaltszahlung
11.07.2014
W.
– 2.175,00 €
– 58.084,88 €
Auszahlung z.G. W.
11.07.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 61.334,18 €
Mietzahlung
23.07.2014
W. Gehalt
– 2.424,50 €
– 2.012,86 €
Gehaltszahlung
05.08.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 1.235,93 €
Mietzahlung
05.08.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 2.735,93 €
Mietzahlung
21.08.2014
W. Gehalt
– 2.424,50 €
531,82 €
Gehaltszahlung
21.08.2014
W.
– 500,00 €
31,82 €
Auszahlung z.G. W.
16.09.2014
W. Gehalt
– 2.424,50 €
– 12.086,81 €
Gehaltszahlung
16.09.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 13.586,81 €
Mietzahlung
18.09.2014
W.
– 3.400,00 €
94,44 €
Auszahlung z.G. W.
16.10.2014
W. Gehalt
– 2.424,50 €
– 14.771,03 €
Gehaltszahlung
16.10.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 16.271,03 €
Mietzahlung
13.11.2014
W.
– 1.000,00 €
– 4.527,18 €
sonstige Ausgaben
14.11.2014
W. Miete
– 1.500,00 €
– 1.027,18 €
Mietzahlung
Weiter wurde festgestellt, dass im Zeitraum vom 23.07.2014 bis 15.12.2014 vom Angeklagten auf das Geschäftskonto der Gesellschaft folgende Einzahlungen in Höhe von insgesamt 32.500,00 € erfolgten:
23.07.14 2.500,00 € Bareinzahlung
29.07.14 1.000,00 € Bareinzahlung
05.08.14 2.000,00 € von W.
05.08.14 2.000,00 € von W.
14.08.14.500,00 € Bareinzahlung
18.08.14 3.000,00 € Bareinzahlung
06.11.14 10.000,00 € Bareinzahlung
13.11.14 5.000,00 € von W.
15.12.14 6.500,00 € von W.
Am 6.4.2017 wurde die Löschung der G… GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragen.
VI.
Ein- und Auszahlungen ergeben sich aus dem Vortrag des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung sowie der Auswertung der Kontoauszüge zum Konto Nr. 5…bei der Cbank AG. Die Löschung der Gesellschaft ergibt sich aus dem Handelsregisterauszug.
VII.
Hinsichtlich des Einziehungsadressaten ist grundsätzlich zwischen dem Angeklagten und der GmbH zu unterscheiden. Da letztere bereits gelöscht ist kam die Anordnung der Einziehungsbeteiligung nicht in Betracht.
Die Einziehung von Wertersatz gegen den Angeklagten war nur insoweit möglich, als er selbst etwas aus den Taten erlangte. Da im Zeitraum 11.7.2014 bis 15.12.2014 Ein- und Auszahlungen vom und an den Angeklagten erfolgten, ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Angeklagte persönlich lediglich die Zahlungen erhielt, die sich aus der oben dargestellten Liste bezüglich der Daten 11.07.2014, 16.09.2014 und 16.10.2014 (fett hervorgehoben) ergeben.
Maßgebend hierfür ist der Umstand, dass an diesen Tagen die Zahlungen der geschädigten Firmen eingingen und somit die am jeweils selben Tag erfolgten Auszahlungen an den Angeklagten nach Überzeugung der Kammer aus den betrügerisch erlangten Geldern stammen.
Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs sowie des Umstandes, dass auf dem Geschäftskonto kein Kredit gewährt wurde, sondern lediglich Überziehungen geduldet wurden, handelt es sich in Höhe der an den Angeklagten ausgekehrten Teilbeträge bei der G… GmbH letztlich nur um „durchlaufende Posten“ mit der Folge, dass der Angeklagte diese Teilzahlungen selbst im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangte. Hierfür spricht auch, dass zwei Zahlungen an den Angeklagten vom 11.07.2014 als Gehalt an den Angeklagten deklariert sind. Dies deutet nach Überzeugung der Kammer darauf hin, dass die G… GmbH mit Gehaltszahlungen im Rückstand war und ein rückständiges Gehalt nur deshalb an den Angeklagten auskehren konnte, weil am 11.07.2014 der Geldbetrag von 65.000,00 € einging. Aus diesem Grund erscheint es gerechtfertigt, diese Teilbeträge als vom Angeklagten persönlich erlangt, anzusehen.
Hinsichtlich der übrigen Zahlungen an den Angeklagten ist dieser unmittelbare zeitliche Zusammenhang nicht gegeben und da der Angeklagte selbst Einzahlungen vornahm lässt sich nicht hinreichend bestimmt feststellen, dass die (weiteren) an den Angeklagten erfolgten Zahlungen aus den betrügerisch erlangten Beträgen der beiden geschädigten Firmen herrührten. Die Voraussetzungen des § 73 a StGB erscheinen nicht gegeben.
Der Angeklagte erhielt am 11.07.2014 Zahlungen in Höhe von 8.516,46 €, am 16.09.2014 und am 16.10.2014 jeweils 3.924,50 €. Zusammen sind dies 16.365,46 €, die im Verhältnis 2/3 zu 1/3 zugunsten der geschädigten Firmen aufzuteilen waren. Zugunsten der Firma U… GmbH & Co. KG wurde die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 9.819,28 € und zugunsten der geschädigten Firma W… GmbH die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 6.546,18 € angeordnet.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.

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