Verwaltungsrecht

Darlegung von Berufungszulassungsgründen

Aktenzeichen  10 ZB 17.1343

Datum:
24.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 988
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, § 124a Abs. 4 S. 4
AufenthG § 53 Abs. 1, 2

 

Leitsatz

Die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substanziierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine Auseinandersetzung allein mit dem streitbefangenen Bescheid des Beklagten ist nicht ausreichend. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 K 16.4655 2017-07-06 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger, ein bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger, seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 12. September 2016 weiter, mit dem er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise auf drei Jahre untersagt und seine Abschiebung nach Italien angedroht wurde.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht, wie geltend gemacht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind teilweise schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt, jedenfalls aber liegen sie nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16).
Die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (siehe dazu Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.10.2018, § 124a Rn. 72 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 ff.).
Der Kläger geht bei seinen Ausführungen, warum der Klage nach seiner Meinung hätte stattgegeben werden müssen, allein auf den angefochtenen Bescheid der Beklagten ein, nicht aber auf die darauf bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts.
Selbst wenn man den Vortrag zugunsten des Klägers dahin auslegt, dass er geltend machen will, das Verwaltungsgericht habe unrichtigen Tatsachenvortrag der Beklagten fehlerhaft gewürdigt, ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung.
Der Kläger beanstandet, im Ausweisungsbescheid werde behauptet, er sei gar nicht beschäftigt und habe seine Arbeitsstelle verloren. Dies entspreche jedoch offensichtlich nicht den Tatsachen. Auch wenn der Kläger im Strafverfahren behauptet haben sollte, dass er seine Arbeit verloren habe, um eine mildere Strafe zu erlangen, sei dies eine straflose Selbstbegünstigung.
Zutreffend ist insoweit lediglich, dass die Beklagte bei der Einsicht in die Strafakte das Schreiben des damaligen Bevollmächtigten an das Amtsgericht vom 7. März 2016 vorgefunden hatte, in dem vorgetragen wurde, der Kläger habe aufgrund des Entzugs der Fahrerlaubnis seine Arbeit verloren, weshalb eine Reduzierung der Tagessatzhöhe beantragt werde. In der Stellungnahme im Anhörungsverfahren vom 19. Juli 2016 hatte der Kläger lediglich den ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 2014 vorgelegt. Daher hat die Beklagte in dem Bescheid vom 12. September 2016 den Verlust seiner Arbeitsstelle zugrunde gelegt, allerdings nur in einer Randfrage, nämlich mit der – im Übrigen zutreffenden – Bemerkung, dass sich aus dem vorgetragenen Arbeitsverhältnis kein gesetzlich umschriebenes Bleibeinteresse gemäß § 55 AufenthG ergebe. Belege, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers – entgegen der Behauptung im Strafverfahren – weiterhin fortbestand, wurden erst im Klageverfahren vorgelegt. Das Verwaltungsgericht hat das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses seiner Entscheidung zugrunde gelegt und in die Abwägung der Ausweisungs- und der Bleibeinteressen gemäß § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG eingestellt. Es ist dann allerdings – zu Recht – zu dem Ergebnis gekommen, dass das sich aus den Straftaten des Klägers und der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr ergebende Ausweisungsinteresse das „geringe Bleibeinteresse des Klägers, welches sich vor allem im wirtschaftlichen Interesse an einer Arbeitsstelle in Deutschland erschöpft“, überwiege.
2. Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür zu geben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter (wesentlich) höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.10.2018, § 124a Rn. 75 m.w.N.).
Insoweit sind der Begründung des Zulassungsantrags keine Anhaltspunkte zu entnehmen und auch sonst nicht erkennbar.
3. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist eine bestimmte ober- oder höchstrichterlich noch ungeklärte Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, ferner die Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Frage im Berufungsverfahren aufzuzeigen sowie anzugeben, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Es ist dabei in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, in welchem Sinne und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist, dass das angefochtene Urteil auf der falschen Beantwortung der Frage beruht und warum es folglich erforderlich ist, dass sich das Oberverwaltungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetze (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 124a Rn. 76 m.w.N.).
Auch in dieser Hinsicht ist in der Begründung des Zulassungsantrags nichts dargelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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