Aktenzeichen 13 AS 18.2198
Leitsatz
Eine Wiederherstellungsanordnung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist der Flurbereinigung dienlich, wenn ein Teilnehmer entgegen einer sofort vollziehbaren vorläufigen Besitzeinweisung eigenmächtig entlang der Grenzen seiner Einlageflurstücke Einfriedungen errichtet, um sich dem Fortgang des Flurbereinigungsverfahrens zu widersetzen.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von EUR 15,- erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
Gründe
I.
1. Der Antragsteller ist Teilnehmer des mit Beschluss des Amts für Ländliche Entwicklung O. (ALE) vom 12. Februar 2009 angeordneten Flurbereinigungsverfahrens B. Er ist unter anderem Eigentümer der Einlageflurstücke 949, 950 und 782. Mit Bescheid des ALE vom 26. Oktober 2016 erging im genannten Verfahren die vorläufige Besitzeinweisung mit Wirkung zum 1. Dezember 2016; die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgte im Zeitraum vom 16. bis 30. November 2016. Im Zuge der Flurbereinigung wurde der Grenzverlauf zwischen dem Einlageflurstück 950 des Antragstellers und dem südlichen Weg Einlageflurstück 948 neu abgemarkt.
Am 8. November 2017 erfolgte im Beisein des Antragstellers die Abmarkung des neuen Grenzpunkts im fraglichen Bereich mit einem Grenzstein. Hierbei äußerte der Antragsteller, den neuen Grenzverlauf nicht zu akzeptieren und den alten Grenzpunkt mit einer Eisenstange sichern zu wollen. Daraufhin wurde der Antragsteller seitens eines Vertreters der Teilnehmergemeinschaft mündlich darauf hingewiesen, dass dies zwingend zu unterlassen sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. November 2017 forderte der Antragsteller sodann die Teilnehmergemeinschaft auf, die im Bereich seiner Hofstelle Einlageflurstück 950 und des Wegs Einlageflurstück 948 erfolgte Versetzung des Grenzsteins um ca. 2 m nach Westen rückgängig zu machen.
Am 15. November 2017 wurde der Teilnehmergemeinschaft bekannt, dass der Antragsteller einen Zaun entlang der bisherigen südöstlichen Grenze seines Einlageflurstücks 950 errichten lasse. Mit Schreiben der Teilnehmergemeinschaft vom 16. November 2017 wurde der Antragsteller daher auf die erfolgte Neufestlegung der Grundstücksgrenzen hingewiesen; diese seien bis zur Grenzsteinsetzung am 8. November 2017 mit einem Pflock abgemarkt gewesen. Eine Vorweisung der neuen Grenzen in der Örtlichkeit sei vom Antragsteller nicht beantragt worden und daher auch nicht erfolgt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. November 2017 legte der Antragsteller sodann Widerspruch gegen die vorläufige Besitzeinweisung ein. In dieser sei richtigerweise keine Ausweisung der neuen abgemarkten Grundstücke erfolgt. Jedenfalls habe er erst jetzt davon erfahren, dass er im Rahmen der vorläufigen Besitzeinweisung eine Beeinträchtigung seines Besitzstands an dem Einlageflurstück 950 hinzunehmen habe.
Mit Schreiben des ALE vom 8. Dezember 2017 wurde dem Antragsteller unter anderem mitgeteilt, dass die durch ihn erfolgte Errichtung des neuen Zauns ohne die nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG erforderliche behördliche Zustimmung erfolgt sei. Der Antragsteller wurde zu einem Rückbau des auf dem Abfindungsflurstück 1398 befindlichen Zaunabschnitts bis zum 4. Februar 2018 aufgefordert. Für den Fall einer nicht fristgerechten Beseitigung wurde der kostenpflichtige Rückbau durch die Behörde selbst angekündigt.
Mit Schreiben des ALE vom 11. Dezember 2017 wurde dem Antragsteller unter anderem mitgeteilt, dass der Widerspruch vom 27. November 2017 gegen die bereits im November 2016 öffentlich bekannt gegebene vorläufige Besitzeinweisung verfristet sei.
Am 24. Januar 2018 fand eine Ortseinsicht unter Beteiligung unter anderem des ALE, des Verbands für Ländliche Entwicklung sowie des Antragstellers statt. Hier wies der Vertreter des Verbands für Ländliche Entwicklung darauf hin, dass der geplante Vollausbau des Wegs ca. 15 m vor einer in unmittelbarer Nähe vorhandenen Eiche ende; die Zufahren zu den bestehenden Nebengebäuden würden höhenmäßig zur künftig 20 cm tiefer liegenden Trasse angeglichen.
Mit Schreiben vom 12. April 2018 teilte die Untere Naturschutzbehörde auf Anfrage mit, dass durch den Ausbau des Weges im fraglichen Bereich weder die alte Eiche noch die Bäume unmittelbar an der Auffahrt zur Scheune beeinträchtigt würden. Insbesondere im Bereich der alten Eiche werde jedoch vorausgesetzt, dass lediglich eine maßvolle Oberbauverstärkung des Wegbestands erfolge, ohne dass Abgrabungen oder Auffüllungen stattfinden. Dem Erhalt der Eiche als Biotopbaum sei auf jeden Fall Vorrang vor baulichen Maßnahmen einzuräumen.
2. Mit dem kostenfreien streitgegenständlichen Bescheid vom 7. August 2018 forderte das ALE den Antragsteller letztmalig auf, den von ihm auf dem Abfindungsflurstück 1398 errichteten Zaun einschließlich der Fundamente bis spätestens zum 28. September 2018 zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen (Nr. 1). Sollte der Antragsteller dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, werde für den Rückbau des Zauns eine Ersatzvornahme auf seine Kosten angeordnet; die entsprechenden Kosten würden vorläufig auf EUR 2.500,- veranschlagt (Nr. 2). Abschließend wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 3).
Zur Begründung wurde unter Verweis auf § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG unter anderem ausgeführt, dass die Errichtung der neuen Einfriedung ohne die nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG erforderliche behördliche Zustimmung erfolgt sei. Der widerrechtlich errichtete Zaun stehe dem notwendigen Wegebau in diesem Bereich entgegen. Ausweislich der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde sei keine unmittelbare Gefährdung der Bäume im fraglichen Bereich zu besorgen. Die hier angedrohte Ersatzvornahme sei das geeignete und auch dem Zweck angemessene Mittel, §§ 9 Abs. 2, 10 VwVG. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei notwendig, da durch die neu errichtete Einfriedung die Verkehrssicherheit gefährdet sei. Hinzu komme, dass die Erschließung in der Ortslage durch die neu geschaffene Verengung für den dort anfallenden Verkehr eingeschränkt werde. Dem Bescheid war ein Flurkartenausschnitt beigefügt, in dem der zurückzubauende Zaun rot eingezeichnet war.
Gegen den Bescheid des ALE vom 7. August 2018 legte der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 7. September 2018 Widerspruch ein; über diesen ist noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2018 teilte das ALE dem Antragsteller mit, dass nunmehr hinsichtlich des Rückbaus des Zauns die Ersatzvornahme auf seine Kosten angeordnet werde.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 teilte der Antragsteller persönlich dem ALE mit, dass ein Rückbau des Zauns nicht erforderlich sei. Ein Überbau an der Scheune (gegenüber der Eiche) sei nunmehr zurückgebaut worden, dadurch sei die volle Breite zwischen Zaun und Scheune verfügbar. Ferner wurde auf ein beigefügtes Gutachten eines Sachverständigen für Baumpflege und die Verkehrssicherheit von Bäumen vom 24. September 2018 verwiesen; hiernach führten die geplanten Baumaßnahmen zur „Begradigung“ des Ortszufahrtswegs zwangsläufig zu erheblichen Schäden an der unter Naturschutz (§ 14 BNatSchG) stehenden, ca. 200-jährigen Eiche. Der Zaun sei zudem zum Schutz der Eiche nach Altbestand (ca. 1900) errichtet worden. Die Eiche, der Weg auf Abfindungsflurstück 1398 sowie die Einfahrten zu den (Hof-)Abfindungsflurstücken 782 (links) und 949, 950 (rechts) gehörten zusammen.
3. Am 17. Oktober 2018 hat der Antragsteller sich mit einem Eilantrag an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gewandt. Er beantragt (sinngemäß),
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. September 2018 gegen den Bescheid des ALE vom 7. August 2018 wiederherzustellen.
Richtigerweise sei im November 2017 durch ihn der seit Jahrzehnten auf dem Anwesen Abfindungsflurstück 949 bestehende Zaun unter Beibehaltung der seit etwa 1900 stehenden Granitsäulen lediglich saniert worden; dies sei durch Lichtbilder des Zustands vor und nach der Maßnahme belegt. Es sei auch erst bei der Abmarkung am 8. November 2017 für ihn erkennbar geworden, dass durch das Flurbereinigungsverfahren eine Änderung im Grenzverlauf erfolgt sei; ein Pflock oder eine sonstige Markierung hätten sich im Bereich des nunmehr vorhandenen Grenzsteins nicht befunden. Der Teilnehmergemeinschaft sei aus dem umfangreichen Schriftverkehr bekannt, dass er mit einer Abtretung privilegierter Flächen aus den (Hof-)Einlageflurstücken 949 und 950 nicht einverstanden sei. Scheinbar habe die Veränderung des Grenzverlaufs das Ziel gehabt, die Durchfahrtsituation zu optimieren, da der Dachstuhl seines landwirtschaftlichen Gebäudes auf Abfindungsflurstück 782 (Scheune) schräg in Richtung Straße ausgelaufen sei. Jedoch sei im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens östlich des (Hof-)Abfindungsflurstücks 949 eine gut ausgebaute weitere Dorfzufahrtsstraße errichtet worden (Abfindungsflurstück 1397), so dass der streitgegenständliche Weg nur eine untergeordnete Rolle spiele. Im Übrigen sei auch über Jahrzehnte hinweg die Zuwegung über den Weg (Abfindungsflurstück 1398) unproblematisch gefahrlos möglich gewesen. Zudem sei der schräg in Richtung Straße ragende Dachstuhl der Scheune zwischenzeitlich zurückgebaut worden, so dass die vollständige Wegbreite des Abfindungsflurstücks 1397 zur Verfügung stehe. Der streitgegenständliche Bescheid berücksichtige auch die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 12. April 2018 nicht hinreichend. Dies bestätige auch das Gutachten des Sachverständigen für Baumpflege und die Verkehrssicherheit von Bäumen vom 24. September 2018, das die negativen Folgen des geplanten Um- und Ausbaus der Straße für die unter dem Schutz von § 14 BNatSchG stehende 200-jährige Eiche aufzeige. Nachdem zum Schutz des Biotopbaums im Rahmen des Wegebaus keinerlei Veränderungen der Straßenführung erfolgen dürften und die Wegnahme einer privilegierten Hoffläche massiv gegen die Abfindungsgrundsätze verstoße, sei der streitgegenständliche Beseitigungsbescheid rechtswidrig. Überdies befinde sich der Zaun auch nach dem Grenzverlauf in der Fassung der geänderten Besitzeinweisung vom 13. August 2018 fast vollständig auf seinen Einlageflurstücken 949 und 950; demnach sei es nicht zutreffend, dass der Zaun sich teilweise auf dem Einlageflurstück 948 der Gemeinde Altenstadt befinde. Im Übrigen verlaufe der Zaun richtigerweise – anders als auf dem dem streitgegenständlichen Bescheid beigefügten Flurkartenausschnitt dargestellt – nicht gerade, sondern in einem leichten Bogen. Für ihn sei es letztlich unzumutbar, wenn vor Bestandskraft des Flurbereinigungsplans vollendete Tatsachen geschaffen würden.
4. Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. In der Sache wurde ausgeführt, dass der Antragsteller bislang nicht dargelegt habe, weshalb es ihm unzumutbar sein solle, mit seinem Vorbringen sowie mit der Errichtung einer Einfriedung bis zur Eröffnung des Flurbereinigungsplans zu warten. Vielmehr scheine der Zaun in erster Linie dazu zu dienen, den Vorausbau durch die Teilnehmergemeinschaft zu behindern. Die vom Antragsteller neu geschaffene Einzäunung führe überdies dazu, dass eine bereits zuvor sehr beengte Erschließung nunmehr in einem gefährlichen Maß weiter eingeschränkt worden sei. Der Zaun befinde sich zudem größtenteils auf dem Abfindungsflurstück 1398 der Gemeinde Altenstadt a. d. Waldnaab, teilweise sogar auf dem Einlageflurstück 948 der Gemeinde, mithin einer Fläche, die dem Antragsteller auch vor Beginn der Flurneuordnung nicht gehört habe. Das Widerspruchsverfahren des Antragstellers hinsichtlich der vorläufigen Besitzeinweisung ruhe derzeit.
5. Mit Wirkung bereits zum 13. August 2018 war eine Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung durch das ALE erfolgt; diese für sofort vollziehbar erklärte Änderung betraf die Beseitigung eines Überbaus an zwei Stellen. Der Bereich, in dem der streitgegenständliche Zaun durch den Antragsteller errichtet wurde, wurde durch die Änderung nicht modifiziert; lediglich im Anschluss an den Zaun wurde die Grenze um ca. 10 cm verlegt. Gegen die Änderung der vorläufigen Besitzeinweisung legte der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 14. August 2018 ebenfalls Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
6. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Zunächst sind vorliegend behördlich die formalen Anforderungen aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gewahrt worden. Hiernach ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Im Lichte von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat die Behörde auf den konkreten Einzelfall abstellende rechtliche und tatsächliche Gründe anzuführen, die darlegen, warum der Verwaltungsakt aus ihrer Sicht sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen werden muss. Formelhafte Wendungen sind unzulässig. Der Begründung kommt zum einen eine Informationsfunktion im Hinblick auf den Adressaten zu, insbesondere im Interesse einer Einschätzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten. Zum anderen hat sie eine Warnfunktion gegenüber der Behörde selbst, durch die dieser der Ausnahmecharakter der sofortigen Vollziehung vor Augen geführt werden soll (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 10.10.2012 – 7 VR 11.12 u.a. – juris Rn. 6; B.v. 30.3.2007 – 9 VR 7.07 – AUR 2008, 70 – juris Rn. 4).
Vorliegend hat die Behörde die Anordnung des Sofortvollzugs damit begründet, dass durch die neu errichtete Einfriedung die Verkehrssicherheit gefährdet sei; hinzu komme, dass die Erschließung in der Ortslage durch die neu geschaffene Verengung für den dort anfallenden Verkehr (z.B. landwirtschaftliche Maschinen, Milch-Lkw, Müllfahrzeug und Feuerwehr) eingeschränkt werde. Damit hat die Behörde hinreichend deutlich gemacht, weshalb im vorliegenden Einzelfall die Rückbauanordnung aus ihrer Sicht sofort und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen werden muss. Dem Erfordernis einer formellen Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist daher genügt; die inhaltliche Richtigkeit der Begründung ist allein Gegenstand der materiellen Prüfung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2014 – 22 CS 14.1597 – BayVBl 2015, 234 – juris Rn. 14).
2. Auch in der Sache bleibt der Eilantrag ohne Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen (stRspr; vgl. BVerfG, B.v. 12.9.1995 – 2 BvR 1179.95 – NVwZ 1996, 58/60). Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 22.3.2010 – 7 VR 1.10 u.a. – juris Rn. 13).
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze war der Eilantrag abzulehnen, da der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Grund hierfür ist, dass die Anordnung der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands unter Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids nach Aktenlage rechtmäßig sein dürfte. Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG. Hiernach kann die Flurbereinigungsbehörde im Fall von entgegen § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG erfolgter Herstellung von Anlagen den früheren Zustand gemäß § 137 FlurbG wiederherstellen lassen, wenn dies der Flurbereinigung dienlich ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend voraussichtlich gegeben.
a) So wurden das Erfordernis der Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG und die Folgen seiner Nichtbeachtung aus § 34 Abs. 2 FlurbG als Teil des Flurbereinigungsbeschlusses vom 12. Februar 2009 ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht (§ 34 Abs. 4 und 5 FlurbG).
b) Auch sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nach Aktenlage gegeben. Die vom Antragsteller errichtete Einfriedung ist unstrittig entgegen § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG ohne Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde errichtet worden.
Zunächst ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass vor Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses vom 12. Februar 2009 jedenfalls der streitgegenständliche Zaun – unabhängig von der Existenz einzelner historischer Granitsäulen – nicht vorhanden gewesen ist. Dies folgt aus der vorgelegten Verwaltungsakte des Antragsgegners, insbesondere den Aktenvermerken der Teilnehmergemeinschaft vom 15. November 2017 sowie vom 24. Januar 2018. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem durch die Antragstellerseite vorgelegten historischen Schwarz-Weiß-Lichtbild, das wohl einen alten Zaun im fraglichen Bereich zeigt. Denn dieses ist undatiert und daher von vornherein nicht zum Beleg geeignet, dass der offenbar im fraglichen Bereich einst vorhandene Zaun zum maßgeblichen Zeitpunkt des 12. Februar 2009 mit dem jetzigen Verlauf und in der jetzigen Form (noch) bestanden hat. Überdies hat der Antragsteller im Schreiben vom 15. Oktober 2018 gegenüber dem ALE selbst eingeräumt, dass der streitgegenständliche Zaun erst kürzlich neu errichtet worden ist („Den Zaun haben wir nach Altbestand errichtet, siehe alte Granitsäule“).
§ 34 Abs. 1 FlurbG statuiert für die Zeitspanne zwischen Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses und Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplans weder ein Verfügungsverbot noch eine Grundbuchsperre, sondern ein Veränderungsverbot mit Erlaubnis- bzw. Zustimmungsvorbehalt. Ohne Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde sind die in § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG aufgeführten Handlungen – insbesondere die Herstellung von baulichen Anlagen – unzulässig. § 34 Abs. 1 FlurbG korrespondiert mit dem das Flurbereinigungsrecht beherrschenden Prinzip, dass jeder Teilnehmer eine seiner Einlage entsprechende wertgleiche Abfindung beanspruchen, aber nicht verlangen kann, in bestimmter Lage abgefunden zu werden, dient also insbesondere dazu, die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets, deren Ergebnisse im Flurbereinigungsplan zusammengefasst werden, zu gewährleisten und die planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verfahrenszwecks zu sichern (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 25.4.1989 – 5 C 24.86 – RdL 1989, 236 – juris Rn. 12; B.v. 12.10.1979 – 5 C 3.77 – RdL 1979, 319 – juris Rn. 5).
Hiervon ausgehend ist vorliegend die Wiederherstellung des früheren Zustands im Wege der Beseitigung des Zauns wohl auch ohne weiteres der Flurbereinigung dienlich. Wie ausgeführt dient § 34 Abs. 1 FlurbG dazu, die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets, deren Ergebnisse im Flurbereinigungsplan zusammengefasst werden, zu gewährleisten und die planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verfahrenszwecks zu sichern. Aus dieser Sicherungsfunktion wird deutlich, dass es den Aufgaben und Zielen der Flurbereinigung gemäß § 37 FlurbG zuwiderläuft, wenn ein Teilnehmer entgegen einer sofort vollziehbaren vorläufigen Besitzeinweisung eigenmächtig entlang der Grenzen seiner Einlageflurstücke Einfriedungen errichtet, um sich dem Fortgang des Flurbereinigungsverfahrens in Form des Wegebaus zu widersetzen. Insoweit ist ein Teilnehmer vielmehr auf die Rechtsschutzmöglichkeiten des Widerspruchs und ggf. nachfolgend einer verwaltungsgerichtlichen Klage zu verweisen. Eine störende Auswirkung der ohne Zustimmung errichteten Einfriedung auf die Flurbereinigung ist im Rahmen von § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nicht erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.1976 – 12 XIII 75 – BayVBl 1978, 210 – juris Rn. 11). Im Rahmen von § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist zudem – trotz des allein auf eine zwangsweise Durchsetzung gerichteten Wortlauts („gemäß § 137 wiederherstellen lassen“) – naturgemäß auch ein verwaltungsaktmäßiges Wiederherstellungsverlangen als ein „Weniger“ gegenüber einer unmittelbaren Ersatzvornahme zulässig (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 34 Rn. 7; OVG NW, B.v. 9.2.1977 – IX D 70/76 – RzF 13 zu § 34 I FlurbG).
Nach Aktenlage ist der streitgegenständliche Anordnungsbescheid auch hinreichend bestimmt. Insbesondere sollte die linienartige Darstellung des Zauns in dem dem Bescheid beigefügten Flurkartenausschnitt ersichtlich nur der örtlichen Konkretisierung des Bescheids dienen; der vom Antragsteller vorgebrachte tatsächlich leicht bogenartige Verlauf des Zauns ist insoweit nicht von Relevanz. Soweit der Antragsteller zudem vorträgt, dass der streitgegenständliche Zaun sich richtigerweise auf seinen Einlageflurstücken 949 bzw. 950 befinde, so ist dies für die Einschlägigkeit des Veränderungsverbots aus § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG ohne Bedeutung. Ohnehin findet der streitgegenständliche Bescheid bereits ausweislich seines Tenors ausdrücklich nur Anwendung auf den Zaun, soweit sich dieser auf dem Abfindungsflurstück 1398 befindet.
c) Die Wiederherstellungsanordnung ist wohl auch mit Blick auf das in § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG eröffnete behördliche Ermessen (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2006 – 10 C 12.05 – juris Rn. 17) rechtlich nicht zu beanstanden.
Zwar ist im Ausgangspunkt festzustellen, dass die behördliche Anordnung vom 7. August 2018 keine ausdrücklichen Ermessenserwägungen enthält. Im Kern werden hier lediglich der vorangegangene Verfahrensgang und der Gesetzeswortlaut von § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG wiedergegeben; sodann wird festgestellt, dass die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben seien, da der widerrechtlich errichtete Zaun dem Wegebau im fraglichen Bereich entgegenstehe. Gleichwohl ist kein Ermessensausfall gegeben. Denn vorliegend war nach Auffassung des Senats eine Ermessensreduktion auf Null dahingehend gegeben, eine Wiederherstellung des früheren Zustands in Form des Rückbaus der errichteten Einfriedung anzuordnen. Denn mit Blick auf die bereits angesprochene Sicherungsfunktion von § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG wäre keine andere Entscheidung ermessensfehlerfrei gewesen. Dies folgt aus dem bereits angesprochenen Umstand, dass der Antragsteller im vorliegenden Einzelfall gezielt entgegen der sofort vollziehbaren vorläufigen Besitzeinweisung entlang der nicht mehr gültigen Altgrenzen seiner Einlageflurstücke eine Einfriedung errichtet hat, um sich dem ordnungsgemäßen Fortgang des Flurbereinigungsverfahrens in Form des Wegebaus zu widersetzen.
Auch ist weder ersichtlich, dass die Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG – bei der es sich um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.1976 – 12 XIII 75 – BayVBl 1978, 210 – juris Rn. 20) -, offensichtlich zu erteilen gewesen wäre, noch, dass sich der Antragsgegner von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet hat (vgl. SächsOVG, U.v. 28.4.2012 – F 7 C 17/10 – juris Rn. 22).
d) Auch die Androhung der Ersatzvornahme unter Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids war nach Aktenlage rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 137 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. §§ 9, 10 und 13 VwVG. Die gesetzte Frist zum Rückbau von etwa sieben Wochen war ohne weiteres angemessen.
3. Abschließend ist klarzustellen, dass Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens lediglich der der Durchsetzung des Veränderungsverbots dienende Anordnungsbescheid vom 7. August 2018 nach § 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist. Nicht von Relevanz sind diesbezüglich insbesondere, ob der Wegebau sowie die Neuordnung des Grenzverlaufs im vorliegenden Flurbereinigungsverfahren rechtmäßig sind. Daher war auch keine ergänzende Akteneinsicht der Antragstellerseite hinsichtlich des Wegebaus im fraglichen Bereich geboten. Ebenfalls war daher naturschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der im fraglichen Bereich befindlichen Eiche nicht weiter nachzugehen. Insoweit ist der Antragsteller auf die ihm zu gegebener Zeit zustehenden Rechtsbehelfe hinsichtlich des Flurbereinigungsplans zu verweisen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 147 Abs. 1, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 13.2.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ausgabe 2013).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO).