Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zur fehlenden Schlüssigkeit eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels aufgrund einer unzureichenden Datenbasis

Aktenzeichen  L 7 AS 408/15

Datum:
14.12.2017
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II SGB II § 22 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Zu den Mietobergrenzen und den Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenenen Unterkunftskosten i.S. von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in der Stadt Augsburg im Zeitraum November 2013 bis August 2015. (Rn. 40 – 49)
2. Wenn die dem grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrunde liegenden Daten weit überwiegend Mietverhältnisse mit wenigen Wohnungsbaugesellschaften betreffen und nicht nachzuvollziehen ist, dass diese Anbieter den gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestand (im unteren Mietpreisniveau) beherrschen bzw. das Mietangebot (zu der ermittelten Angemessenheitsgrenze) im Wesentlichen abdecken würden, fehlt es an einem schlüssigen Konzept. (Rn. 43 – 45) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 8 AS 167/15 2015-05-22 Urt SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Beklagte in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 22. Mai 2015 sowie des Bescheides des Beklagten vom 22. Oktober 2014, geändert durch Bescheide vom 22. November 2014 und vom 12. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015, erneut geändert durch Bescheid vom 12. Mai 2015 verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II iHv 1.193,06 € monatlich in der Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2014 und iHv 1.210,93 € monatlich in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2015 zu gewähren.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.
1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2014 bis 30.4.2015, als sie der Beklagte mit Bescheiden vom 22.10.2014, geändert durch Bescheide vom 22.11.2014 sowie vom 12.1.2015 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 3.2.2015, erneut geändert durch Bescheid vom 12.5.2015 festgestellt hat, sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 22.5.2015, die die hiergegen erhobene Klage abgewiesen hat.
Dabei gelten die insgesamt mit den genannten Bescheiden vorläufig bewilligten Leistungen mit Ablauf des 31.7.2017 als abschließend festgesetzt (§ 41a Abs. 5 S. 1 SGB II i.V.m. § 80 SGB II in der Fassung vom 26.7.2016). Insbesondere ist nach den vorliegenden Akten weder ein Antrag des Klägers auf den Erlass einer abschließenden Entscheidung noch der Erlass einer abschließenden Entscheidung des Beklagten über den streitigen Zeitraum nachzuvollziehen.
2. Die Berufung ist statthaft, da sie vom Sozialgericht zugelassen worden ist (§ 144 Abs. 3 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.
3. Die Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zu korrigieren, da auf die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) die Bescheide des Beklagten antragsgemäß zu ändern sind. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, als ihm vom Beklagten bewilligt wurden. Die vom Beklagten vorgenommene Absenkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die aus seiner Sicht angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung findet keine Stütze im Gesetz, da ihr kein schlüssiges Konzept zugrunde liegt.
4. Der im streitigen Zeitraum 62-jährige Kläger erfüllt die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht erwerbsfähig gewesen sein könnte (vgl hierzu auch Gutachten vom 3.7.2012, Bl 294 der Beklagten-Akte). Der Kläger war im streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig, da er nicht über Einkommen oder Vermögen verfügte, mit dem er seinen Bedarf decken konnte. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Leistungsausschlüssen sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
5. Der Kläger hat Anspruch auf höhere Leistungen, als ihm mit den streitgegenständlichen Bescheiden bewilligt wurden, da er aus diesen seinen Bedarf (§ 19 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 3 SGB II) nicht vollständig decken konnte. Zwar decken die bewilligten Leistungen den Regelbedarf (im streitigen Zeitraum für alleinstehende Personen i.H.v. 391 € monatlich für die Zeit bis Dezember 2014 bzw i.H.v. 399 € monatlich für die Zeit ab Januar 2015), wobei Anhaltspunkte für Mehrbedarfe nicht bestehen, sowie den Zuschuss zum Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB II (1/2 Beitrag zum Basistarif iHv 313,88 € + tatsächlicher Beitrag zur Pflegeversicherung i.H.v. 34,38 € monatlich bis Dezember 2014 bzw 1/2 Beitrag zum Basistarif i.H.v. 319,69 € + tatsächlicher Beitrag zur Pflegeversicherung i.H.v. 38,44 € monatlich). Zu Recht hat der Beklagte schließlich die vom Kläger geschuldete monatliche Vorauszahlung für Heizung i.H.v. 60 € vollumfänglich als Bedarf berücksichtigt, da nicht ersichtlich ist, dass diese unangemessen i.S. des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sein könnte. Rechtswidrig teilweise ungedeckt bleibt hingegen der Bedarf für Unterkunft i.S. des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
6. Rechtsgrundlage für die damit i.E. ausschließlich streitige Höhe der Leistungen für Unterkunft i.S. der sog Bruttokaltmiete ist § 22 Abs. 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – RdNr. 13; Urteil vom 26.5.2011 – B 14 AS 132/1 R – RdNr. 17; Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 18). Weiter müssen die Unterkunftsbedarfe als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 18.11.2013 – B 4 AS 9/14 R – RdNr. 13 mwN).
7. Eine solche realitätsgerechte Berechnung der Unterkunftsbedarfe ist dem Beklagten mit dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel nicht gelungen. Dabei kann dahinstehen, ob die dort gewählte Methode grds ein schlüssiges Konzept i.S. der genannten Rechtsprechung begründen kann. Denn die realitätsgerechte Beantwortung der Frage, wie viel auf dem Wohnungsmarkt der Stadt A. im streitigen Zeitraum für eine einfache Wohnung aufzuwenden war, scheitert vorliegend – unter Berücksichtigung jedes im Raum stehenden methodischen Ansatzes – daran, dass die zugrundeliegenden Daten nicht hinreichend repräsentativ sind.
a) Dabei ist dem Beklagten zunächst insoweit zuzustimmen, als zur Feststellung der Beschaffenheit des örtlichen Mietwohnungsmarktes nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel i.S. der §§ 558c f BGB abgestellt werden muss (vgl BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – RdNr. 16; Urteil vom 19.1.2010 – B 14 AS 50/10 R – RdNr. 31; zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheit zu bestimmen vgl aber u.a. BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – RdNr. 32 f sowie Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 25 ff; zur Repräsentativität und Validität der Datenerhebung bei Mietspiegeln vgl BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – RdNr. 28; zur Empfehlung sich im Rahmen von Grundsicherungsrelevanten Mietspiegeln hinsichtlich Stichprobenumfang und Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard anzulehnen vgl BSG, Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – RdNr. 24;). Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss gleichwohl auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben (stRspr, vgl ua BSG, 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – RdNr. 16; Urteil vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R – RdNr. 17; Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 24).
Das kann ua dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (BSG, Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – RdNr. 16). Dabei ist eine Auswertung nur des Wohnungsbestandes bestimmter Anbieter bei der Erstellung des Konzepts zulässig, wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass hierdurch das untere Mietpreisniveau des gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes realistisch abgebildet wird. So ist es u.a. nicht zulässig, Hilfebedürftige auf bestimmte Wohnungsbaugesellschaften als Anbieter zu verweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass diese das in Bezug zu nehmende Mietsegment aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung im Wesentlichen abdecken (BSG, Urteil vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R – RdNr. 19). Datenerhebungen allein bei den örtlichen Wohnbaugenossenschaften sind nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann (BSG, Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – RdNr. 20 aE).
b) Diese Anforderungen erfüllt der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel nicht. Die ihm zugrunde gelegte Datenbasis ermöglicht kein realitätsgerechtes Abbild der (im Vergleichszeitraum bzw streitigen Zeitraum) aktuellen Situation bei Neuanmietungen.
aa) Zwar stützt sich der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel auf eine Datenbasis von 10% des regional in Betracht zu ziehenden Wohnungsbestands für die Ermittlung der angemessenen Mietwerte (vgl BSG, Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R; Urteil vom 23.8.2011 – B 14 AS 91/10 R – RdNr. 24) und berücksichtigt Daten über den gesamten Vergleichsraum (vgl S. 14 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels; hier das Gebiet der Stadt A., vgl BSG, Urteil vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R – RdNr. 16).
bb) Es ist allerdings unter keinem Gesichtspunkt nachzuvollziehen, dass die erhobenen Daten die (im Jahr 2013 und in der Folge) aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietmarktes der Stadt A. wiedergeben.
Insoweit lässt der Kläger zu Recht darauf hinweisen, dass die dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrunde liegenden Daten weit überwiegend Mietverhältnisse mit wenigen Wohnungsbaugesellschaften betreffen. So stammen von den im März und April 2013 zum Stichtag 30.4.2013 erhobenen 16 765 sog Primärdatensätze 15 955 von lediglich sieben Anbietern, wobei innerhalb dieser Datensätze wiederum 14 032 Datensätze von drei (Wohnungs- und Siedlungsbau B. GmbH & Co. OHG, W. GmbH des Landkreises A-Stadt und Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A. GmbH) Anbietern von Wohnraum stammen. Dies entspricht hinsichtlich der sieben Anbieter rd 95% bzw hinsichtlich der drei zuletzt genannten Anbieter rd 84% der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden Daten.
Es ist an Hand keiner der für den Vergleichsraum vorliegenden statistischen Datenerhebungen (vgl zensus 2011 – Gebäude und Wohnungen Kreisfreie Stadt A., Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung) nachzuvollziehen, dass diese Anbieter den gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestand (im unteren Mietpreisniveau) derart beherrschen. Einen entsprechenden Schluss lässt auch die vom Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel angenommene Ausgangslage nicht zu, nachdem er den Daten des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung (aaO) im Wesentlichen entsprechend von 93 588 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum ausgeht und gleichzeitig in seine 16 765 Datensätze umfassende Stichprobe mit 15 955 sämtliche zu Wohnzwecken vermietete Wohnungen der genannten Anbieter einstellte. Die in der Stichprobe erfassten Daten können nicht als repräsentativ angesehen werden, da die Daten der genannten sieben Unternehmen mit einem Umfang und damit Gewicht berücksichtigt wurden, das nicht dem entspricht, das ihnen in der Realität zukommt.
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die genannten sieben Anbieter im Wesentlichen das Mietangebot (zu der vom Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel in der ersten Stufe ermittelten Angemessenheitsgrenze) im Wesentlichen abdecken würden. So haben die im Rahmen der Erstellung des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels erhobenen Daten (vgl S. 18 f des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels sowie Stellungnahme R. vom 29.7.2016 Bl 141, 149 der LSG-Akte) ergeben, dass von den insgesamt 1 659 erhobenen Angebotsmieten „lediglich“ 182 von Wohnungsunternehmen stammten. Dies entspricht schließlich bei weitem nicht dem Umfang an Angebotsmieten, die der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel in der Folge als der im Schritt 1 ermittelten Angemessenheitsgrenze entsprechende Angebotsmieten identifiziert (vgl S. 20 Abbildung 15 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, die nach den vorherigen Ausführungen unter 4.3 bzw Abbildung 14 allein bei Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften von rd 210 und insgesamt (also über alle Bedarfsgemeinschaftsgrößen) von 427 angemessenen Angebotsmieten ausgeht (vgl auch S. 21 Abbildung 17 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels).
dd) Die dargestellte Problematik des Ansatzes des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, die Primärdaten im Wesentlichen bei sieben Wohnungsunternehmen zu erheben, kann schließlich auch durch die Überarbeitung während des Berufungsverfahrens (vgl Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel Juli 2017) nicht „geheilt“ werden. Dort wird zur Ermittlung des zur Angemessenheitsgrenze verfügbaren Angebots nicht mehr auf die zum Stichtag 30.4.2013 erhobenen Daten von Angebotsmieten zurückgegriffen. Nunmehr werden zur Ermittlung, wie viele Wohnungen den nachfragerelevanten Gruppen zu den ermittelten Angemessenheitsgrenzen zur Verfügung stehen, ausschließlich die im Rahmen der Bestandsmieten zum 30.4.2013 erhobenen Neuvertragsmieten, dh den Mietpreis von Wohnungen, deren Mietverträge in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag 30.4.2013 geschlossen worden sind oder bei denen eine Mietpreisveränderung erfolgt ist, herangezogen (S. 14 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels Juli 2017). Damit setzt sich aber die hinsichtlich der Bestandsmieten dargestellte Problematik in der Bestimmung des Mengengerüsts der Angebotsseite fort, da davon auszugehen ist, dass auch bei den Neuvertragsmieten ein Übergewicht an Wohnungen von Wohnungsunternehmen vorliegt, das in der Realität am Wohnungsmarkt A-Stadt so nicht nachzuvollziehen ist. Insgesamt spricht an dieser Stelle alles dafür, dass dieser Ansatz, sprich die Berücksichtigung ausschließlich der zusammen mit den nicht repräsentativ erhobenen Bestandsmieten erhobenen Neuvertragsmieten, die fehlende Schlüssigkeit bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze aus den Bestandsmieten fortschreibt.
ee) Es ist schließlich weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die in der Datenerhebung im Wesentlichen berücksichtigten Wohnungsunternehmen oder Teile von diesen jedem Hilfebedürftigen rechtzeitig vor einer Absenkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf den aus Sicht des Beklagten angemessenen Umfang eine Wohnung anbieten könnten. Damit ist auch unter diesem Gesichtspunkt die vom Beklagten vorgenommene Gewichtung der Wohnungsunternehmen bei der Erhebung der Bestanddaten nicht zu rechtfertigen.
ff) Das dargestellte Defizit der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden Datenbasis kann schließlich nicht durch die vom Beklagten oder der Beigeladenen (punktuell) erhobenen Daten zu den Angebotsmieten aus der Lokalpresse oder einschlägigen Internetportalen (vgl Ausführungen im Widerspruchsbescheid bzw der Stellungnahme des Beklagten vom 30.4.2015 vor dem Sozialgericht bzw der dieser beigefügten Stellungnahme der Beigeladenen, Bl 65 ff der SG-Akte) behoben werden (vgl BSG, Urteil vom 16.6.2015 – B 4 AS 44/14 R – RdNr. 22 zur fehlenden systematischen Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten). Entsprechendes muss im Hinblick auf Ausführungen unter bb) bis ee) hinsichtlich des Hinweises auf die zur Angemessenheitsgrenze von der Wohnungsbaugenossenschaft der Stadt A. GmbH im Zeitraum 2014 und 2015 neu vermieteten Wohnungen (vgl Anlage 7 und 8 zur Berufungsschrift des Beklagten im Verfahren L 7 AS 466/16) gelten (vgl BSG, Urteil vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R – RdNr. 19).
gg) Die fehlende Repräsentativität der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden Daten kann schließlich nicht deshalb unbeachtlich bleiben, weil dem Beklagten bzw der Beigeladenen als für die Kosten der Unterkunft nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II zuständigen kommunalen Träger auch nach beachtlichen Bemühungen um eine hinreichende Datenbasis schlussendlich weitere und insbesondere repräsentative Daten nicht zur Verfügung stehen. Denn es ist Angelegenheit und Verantwortung des Grundsicherungsträgers, bereits im Verwaltungsverfahren ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu entwickeln. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung ist dessen Aufgabe (BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – RdNr. 21; Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – RdNr. 26). Ist – wie hier – eine umfassende (oder hinreichende) Datenerhebung im Verwaltungsverfahren nicht gelungen (und kann diese – wie hier – im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden) rechtfertigt dies gerade keine Bestimmung der Angemessenheitsgrenze durch ein dann unschlüssiges Konzept. Vielmehr ist in diesem Fall vom Fehlen einer Angemessenheitsgrenze auszugehen (vgl BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – RdNr. 21; Urtiel vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 – RdNr. 27) bzw macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines „Sicherheitszuschlags“ nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich (BSG, Urteil vom 16.6.2015 – B 4 AS 44/14 R – RdNr. 25).
c) Fehlt es aber bereits an einer zureichenden Datenbasis, kommt es auf die weitere Auseinandersetzung mit den Überlegungen des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels nicht weiter an. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass – wie dargestellt – nicht ersichtlich ist, dass die fehlende Repräsentativität der Daten innerhalb des Konzepts korrigiert werden könnte.
d) Der Senat sieht keine Möglichkeit, wie im Hinblick auf den zwischenzeitlich abgelaufenen Streit- und Vergleichszeitraum eine zureichende Datenbasis – die schließlich Grundlage eine jeden schlüssigen Konzepts ist – noch erreicht werden könnte. Einen (qualifizierten) Mietspiegel i.S. der §§ 558c f BGB oder einem solchen zugrunde liegende Daten gibt es für den Streit- bzw. Vergleichszeitraum nicht. Auch sonst ist nicht ersichtlich, woher oder wie die (für eine Nachbesserung des konzeptionellen Ansatzes des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) validen Daten zur Abbildung der Verhältnisse des Augsburger Mietwohnungsmarktes in 2014 und 2015 noch erreicht werden könnten. So war bereits Ausgangspunkt des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, dass es Mietwerterhebungen für das gesamte Stadtgebiet gerade nicht gibt und die Beigeladene betonte bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, über andere Daten nun einmal nicht zu verfügen.
8. Damit sind der Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Kläger dessen tatsächliche Aufwendungen zugrunde zu legen, die allerdings – im streitigen Zeitraum – durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt sind (stRspr, vgl zuletzt BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R – RdNr. 25), wobei wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umstände im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte zurückzugreifen und ein Sicherheitszuschlag i.H.v. 10% des genannten Tabellenwerte einzubeziehen ist (zur den Werten des vorliegend maßgeblichen § 12 WoGG vgl BSG, aaO – RdNr. 27 f).
Auf dieser Grundlage errechnet sich für einen Ein-Personen-Haushalt unter Berücksichtigung der Mietenstufe IV für die Gemeinde A-Stadt (vgl Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung in der Neufassung der Bekanntmachung vom 19.10.2013, BGBl I 2722) ein Tabellenwert nach § 12 WoGG iHv 358 € monatlich, der unter Berücksichtigung des Sicherheitszuschlags i.H.v. 10% aus 358 € eine Begrenzung der dem Kläger im streitigen Zeitraum zustehenden Leistungen für Unterkunft (ohne Heizung) auf 393,80 € (358 € + 35,80 €) bedeutet.
9. Da der Kläger darüber hinausgehende Leistungen vorliegend nicht geltend macht, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht darauf an, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen für Unterkunft (insbesondere das Vorliegen einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung und der subjektiven Zumutbarkeit einer Kostensenkung) erfüllt sind.
10. Insgesamt errechnet sich damit der vom Kläger begehrte Leistungsanspruch in den Monaten November und Dezember 2014 i.H.v. 1.193,06 € monatlich (391 € + 393,80 € + 60 € + 313,88 € + 34,38 €) bzw in der Zeit in der Zeit von Januar bis April 2015 i.H.v. 1.210,93 € monatlich (399 € + 393,80 € + 60 € + 319,69 € + 38,44 €).
Dem entsprechend waren das Urteil des Sozialgerichts sowie die streitgegenständlichen Entscheidungen des Beklagten abzuändern.
11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
12. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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