Arbeitsrecht

Streit um die Wirksamkeit von Änderungskündigungen, die Weiterbeschäftigung sowie Entgeltansprüche bei Einsatz als Leiharbeitnehmer

Aktenzeichen  11 Sa 296/17

Datum:
13.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 137624
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 S. 1, S. 4, § 11, § 13
KSchG § 4 S. 1, S. 2, § 6, § 7

 

Leitsatz

Der Kläger hat die Klagefrist für eine Folgeänderungskündigung durch die Klage gegen die vorherige Änderungskündigung gewahrt, welche zum gleichen Zeitpunkt wirken sollte (im Anschluss an BAG v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14). Die Equal-Pay-Ansprüche wurden zugesprochen, da der Kläger eine Entleiher-Auskunft über den Verdienst eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers beigebracht hat und die Ansprüche im Sinne einer Gesamtsaldierung hinreichend dargelegt hat. (Rn. 37 – 42 und 49 – 57)

Verfahrensgang

12 Ca 13884/15 2017-03-24 Schlussurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 12 Ca 13884715) vom 24.03.2017 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 12 Ca 13884/15) vom 24.03.2017 abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen:
1. Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit den Änderungskündigungen vom 29.06.2016 und vom 28.07.2016 unwirksam sind.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.07.2016 nicht beendet worden ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.01.2017 hinaus zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.04.1997 und des Änderungsvertrages vom 28.08.2010 als Kfz-Meister weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 4.884,00 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit
01.12.2015 zu bezahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.381,32 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit
02.07.2016 zu bezahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.235,38 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 02.08.2016 zu bezahlen.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
9. Der Streitwert wird auf € 51.713,20 festgesetzt.
III. Des Weiteren wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 4.929,67 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2016 zu bezahlen.
IV. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
V. Die Revision wird bezüglich der ausgeurteilten Zahlungsansprüche nicht zugelassen. Darüber hinaus wird sie zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die Berufung des Klägers zum Großteil begründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaften Berufungen des Klägers und der Beklagten sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie sind daher zulässig.
II.
1. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des Schlussurteils des Arbeitsgerichts München Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Zu Recht hat das Arbeitsgericht unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14) die Einhaltung der Klagefrist bejaht und insoweit eine Wirksamkeit der Kündigung vom 29.07.2016 im Wege der Fiktion der §§ 4, 7 KSchG abgelehnt. Die Änderungsschutzklage, die rechtzeitig gegen die Kündigung vom 28.07.2016 erhoben wurde, wahrt auch die Klagefrist gegenüber der Kündigung vom 29.07.2016, da diese zum selben Zeitpunkt wie die frühere Kündigung wirken sollte und gegebenenfalls eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen sollte.
a) Zu Recht hat zunächst das Arbeitsgericht die Vorbehaltsannahme aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Schriftsatzes des Klägervertreters (Bl. 238 d. A.), in der dieser die Vorbehaltsannahme erklärt hat, nur auf die Kündigung vom 28.07.2016 bezogen.
b) Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht auch zu Recht die Unterschiede in der Sachverhaltskonstellation, die darin liegen, dass im vorliegenden Fall Änderungskündigungen vorgelegen haben und keine Beendigungskündigungen, wovon nur die erstere Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen wurde, nicht als maßgeblichen Unterschied angesehen.
aa) Denn der Kläger hat die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG, zumindest in entsprechender Anwendung von § 6 KSchG, gewahrt.
Zwar hat der Kläger innerhalb der Klagefrist einen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO nicht angekündigt. Allerdings war aufgrund des Antrages nach § 4 Satz 2 KSchG, der sich gegen die Änderungskündigung und die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen infolge der Kündigung vom 28.07.2016 gerichtet hat, erkennbar, dass der Kläger auch andere Beendigungstatbestände nicht gegen sich gelten lassen wollte, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch vor oder bis zu dem mit dieser Kündigung angestrebten Termin bewirken könnten. Denn die Klage gegen die Kündigung vom 28.07.2016 im Hinblick auf die Wirksamkeit der Herbeiführung der Änderung der Arbeitsbedingungen, konnte nur dann Erfolg haben, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu dem fraglichen Termin auch nicht durch einen anderen Auflösungstatbestand, wie etwa durch die Kündigung vom 29.07.2016 beendet würde. Damit war mit dem Antrag, der sich auf die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Kündigung vom 28.07.2016 richtet, auch die Klagefrist im Hinblick auf die Kündigung vom 29.07.2016 gewahrt, da der Kläger jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz auch ausdrücklich noch den punktuellen Kündigungsschutzantrag gestellt hat.
Von einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist regelmäßig auch das Begehren umfasst, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat. Zwar ist Gegenstand und Ziel einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die bestimmte, mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Falls der Klage stattgegeben wird, steht aber zugleich fest, dass das Arbeitsverhältnis vor oder bis zu diesem Termin auch nicht aufgrund irgendeines anderen Umstandes sein Ende gefunden hat. Die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat. Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht fest, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vorgesehenen Auflösungstermin auch nicht durch mögliche andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden. Ein Verständnis, wonach Gegenstand des Antrages nach § 4 Satz 1 KSchG lediglich – rein punktuell – die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung ist, würde dem weitergehenden Wortlaut des Gesetzes nicht gerecht und könnte das Ziel der Rechtskraft, Rechtsfrieden herzustellen und Rechtsgewissheit zu schaffen, nicht erreichen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kläger selbst den Gegenstand eines Kündigungsschutzantrages in dieser Weise begrenzt hat und das Gericht auf die Unwirksamkeit einer später wirkenden Kündigung erkennt, ohne, dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer früher wirkenden Kündigung bereits rechtskräftig entschieden ist. Daraus folgt, dass in einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen liegt, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zuging und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf, Wirkung entfalten sollen und dies auch für den Arbeitgeber erkennbar ist. Ergibt sich weder aus der Klagebegründung noch aus sonstigen Erklärungen des Arbeitnehmers oder aus in den Rechtsstreit eingeführten Umständen, dass er den Gegenstand der Kündigungsschutzklage auf die Wirksamkeit der konkret angegriffenen Kündigung beschränken will, muss der Arbeitgeber davon ausgehen, der Arbeitnehmer wendet sich mit seiner Klage zugleich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch mögliche andere Tatbestände bis zu dem in der angegriffenen Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin (vgl. BAG Urteil v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14).
bb) Im vorliegenden Fall liegt die Besonderheit darin, dass an sich kein Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG gestellt wurde, sondern ein Antrag nach § 4 Satz 2 KSchG, da eine Änderungskündigung ausgesprochen worden war unter dem Datum des 28.07.2016. Jedoch ist die Begründung des Bundesarbeitsgerichts im genannten Urteil, die sich auf Be endigungskündigungen bezieht, auch auf die Änderungskündigung übertragbar, da auch die Änderungsschutzklage nur Erfolg haben kann, wenn im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist, mit dem also dann die geänderten Arbeitsbedingungen gelten sollen, nicht bereits eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist (vgl. BAG Urteil v. 24.08.2004 – 1 AZR 419/03). Denn die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG setzt u.a. voraus, dass zu dem Termin, zu welchem die Änderungskündigung ausgesprochen wird, das Arbeitsverhältnis noch zu den Bedingungen besteht, deren Änderung dem Arbeitnehmer mit der Änderungskündigung angetragen wird. Ist aber das Arbeitsverhältnis bereits zu diesem Zeitpunkt durch die weitere Kündigung beendet, so kann auch die Änderungsschutzklage keinen Erfolg mehr haben. Dieser Auffassung ist auch die Beklagte, welche hinsichtlich der vorhergehenden zwei Änderungskündigungen die Abweisung der Kündigungsschutzklagen bzw. der Änderungsschutzklagen beantragt hat gerade mit der Begründung, dass zu diesem Zeitpunkt infolge der Kündigung vom 29.07.2016 kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe.
cc) Hinzu kommt, dass die Änderungsschutzklage, die im Hinblick auf die Kündigung vom 28.07.2016 erhoben wurde und darauf basiert, dass der Kläger die Änderung der Arbeitsbedingungen durch diese Kündigung unter Vorbehalt angenommen hat, gerade ersichtlich für den Arbeitgeber darauf gerichtet ist, den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht zu gefährden. Im Streit steht daher, das hat die Beklagte auch zutreffend erkannt, im Rahmen der Änderungsschutzklage nur die Frage, welche Arbeitsbedingungen künftig für das Arbeitsverhältnis gelten sollen, während die Beendigungswirkung, die auch in einer Änderungskündigung enthalten ist, nicht mehr im Streit steht. Mit der Vorbehaltsannahme will also der Arbeitnehmer erreichen, dass jedenfalls das Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung nicht beendet ist und letztlich sich der Streit darauf konzentriert, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Durch die Vorbehaltsannahme kann der Arbeitnehmer also erreichen, dass jedenfalls der Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gefährdet ist. Damit ist aber auch mit der Änderungsschutzklage erkennbar für den Arbeitgeber in Verbindung mit der Vorbehaltsannahme, dass das Interesse des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist.
dd) Der Kläger hat auch die Änderungsschutzklage nicht in einer Art und Weise erhoben, dass etwa für den Arbeitgeber ersichtlich gewesen wäre, dass sich die Klage alleine auf diese richtet und weitergehende Kündigungen etwa nicht erfasst sein sollten. Der Kläger ist bereits gegen sämtliche vorher erklärte Kündigungen jeweils vorgegangen. Die Arbeitgeberseite konnte daher nicht davon ausgehen, dass der Kläger eine weitere Kündigung akzeptieren würde bzw. insoweit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses lediglich im Bezug auf die geänderten Arbeitsbedingungen, die vorher angeboten worden waren, überprüft haben wollte. Ersichtlich kam es für den Kläger auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses an.
ee) Hinsichtlich der sozialen Rechtfertigung der letzten Kündigung vom 29.07.2016 kann auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Denn im Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung war im Rahmen der vorliegenden Arbeitnehmerüberlassung jedenfalls nicht eindeutig erkennbar, dass etwa für den Einsatz des Klägers, der zum Ende des Jahres auslaufen sollte, keine Folgebeschäftigungsmöglichkeit vorliegen würde. Unstreitig hat die E-AG jeweils kurzfristig vor Ende des ablaufenden Jahres und des Anforderungszeitraums jeweils eine erneute Anforderung herausgegeben. Dies ist auch im vorliegenden Fall mit Ablauf des Jahres 2016 der Fall gewesen. Daher konnte die Beklagte, welche ohnehin im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung eine weitergehende Darlegungspflicht hinsichtlich des dauerhaften Entfalls des Beschäftigungsbedarfs hat (vgl. BAG Urt. v. 18.05.2006 – 2 AZR 412/05), diesen nicht belegen. Hinzu kommt, dass auch, wie die Änderungskündigungen zeigen, auch ein Einsatz unter geänderten Verhältnissen in Betracht gekommen wäre, somit auch der Vorrang einer Änderungskündigung gegeben ist. Denn die vorhergehenden Änderungskündigungen hatte der Kläger auch unter Vorbehalt angenommen.
Daher erscheint die vorliegende Änderungskündigung vom 29.07.2016 nicht als sozial gerechtfertigt.
2. Soweit sich die Berufung der Beklagten auch gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts richtet, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit den Änderungskündigungen vom 29.06.2016 und vom 28.07.2016 unwirksam seien, und die Beklagte dies damit begründet hat, dass letztlich schon eine Beendigung durch die Kün digung vom 29.07.2016 eingetreten sei, hat die Beklagte selbst diese Kündigungen für gegenstandslos erklärt, was der Kläger auch schriftsätzlich angenommen hat. Da jedoch die Beklagte weiterhin Klageabweisung diesbezüglich beantragt hat, hat der Kläger auch weiterhin das Feststellungsinteresse dahingehend, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen auch durch diese Kündigungen unwirksam ist.
Die Berufung der Beklagte hat daher insgesamt keinen Erfolg.
III.
Die Berufung des Klägers ist zum Großteil begründet.
1. Zunächst hatte die Berufung des Klägers insoweit Erfolg, als sich der Kläger gegen die Beschränkung des Weiterbeschäftigungsausspruchs auf den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits richtet. Der Kläger hatte tatsächlich den Antrag dahingehend gestellt, dass die Weiterbeschäftigung ohne Befristung über den 31.01.2017 hinaus geschuldet sei. Da, wie oben dargestellt, die Kündigungen nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, ist der Kläger tatsächlich weiter zu beschäftigen entsprechend den bisherigen Arbeitsbedingungen als Kfz-Meister. Auch die Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht wirksam herbeigeführt worden, da die ausgesprochenen Änderungskündigungen für gegenstandslos erklärt wurden. Insoweit hat die Berufung des Klägers Erfolg.
2. Darüber hinaus besitzt der Kläger auch die von ihm eingeklagten „Equal-Pay-Ansprüche“, gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG a. F.
a) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen trifft, hat der Verleiher dem Arbeitnehmer die nach diesem Tarifver trag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Gem. § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere, als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, unwirksam. Ein Tarifvertrag kann allerdings abweichende Regelungen zulassen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendungen der tariflichen Regelungen vereinbaren. Gem. § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG hat im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 2 AÜG der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren.
b) Insofern hat sich die Beklagte darauf berufen, dass im Arbeitsvertrag des Klägers hinreichend deutlich und wirksam die Anwendung des Tarifvertrages für die Zeitarbeit, der zwischen der BZA und dem DGB abgeschlossen wurde, vereinbart worden sei, so dass schon insoweit die Equal-Pay-Ansprüche ausscheiden würden.
Zu Recht hat aber das Arbeitsgericht die entsprechende Vereinbarung im Zusatzvertrag nach § 11 AÜG (Bl. 63 d. A.), nicht als wirksam erachtet. Denn tatsächlich ist diese im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Klausel gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB mangels hinreichender Klarheit und Verständlichkeit und Transparenz unwirksam. Denn in diesem Zusatzvertrag ist lediglich geregelt, dass „des Weiteren die Anlehnung an den Tarifvertrag zwischen der BZA und dem DGB gelte“. Damit wird aber nicht hinreichend deutlich, inwieweit tatsächlich jetzt Ansprüche nach dem Tarifvertrag gelten sollen und eine entsprechende tarifliche Vergütung geschuldet sein soll. Denn mit der „Anlehnung“ an den Tarifvertrag ist nicht klar, was damit gemeint sein soll, ob also tatsächlich die tarifvertraglichen Ansprüche voll und umfänglich gelten sollen zwischen den Parteien, oder ob diese nur teilweise der Fall ist, ob, etwa zum Großteil die Vergütungsansprüche sich nach dem Tarifvertrag richten sollen, etwa die Höhe nahezu oder vollständig der tariflichen Vergütung entsprechen soll. Zu Recht hat auch das Arbeitsgericht bemängelt, dass der Tarifvertrag nicht im Einzelnen konkret benannt ist. Jedenfalls war für den Kläger hieraus nicht eindeutig entnehmbar und damit auch nicht hinreichend transparent, inwieweit die grundsätzliche Regelung des § 10 Abs. 4 AÜG durch diese Klausel abbedungen sein sollte und welche tariflichen Ansprüche tatsächlich für ihn gelten sollten. Nachdem diese Vereinbarung daher unwirksam ist, verbleibt es bei den Regelungen des § 10 Abs. 4 AÜG. Der Kläger hat daher Anspruch auf diejenigen Ansprüche, insbesondere hinsichtlich des Arbeitsentgelts, die auch ein vergleichbarer Arbeitnehmer beim Entleiher erhält.
c) Der Kläger hat demgemäß für den Überlassungszeitraum im Jahr 2015 den von ihm eingeklagten Anspruch i.H.v. € 4.884,00 brutto sowie für das Jahr 2016 die entsprechenden Ansprüche, die er diesbezüglich geltend gemacht hat i.H.v. € 3.381,32, € 13.225,38 und € 4.929,67 brutto. Insofern war das erstinstanzliche Urteil abzuändern.
aa) Der Kläger hat, entgegen der Auffassung der Beklagten, die ihm zustehenden Ansprüche, d.h. die Vergütungsansprüche eines vergleichbaren Arbeitnehmers der E-AG hinreichend dargelegt. Das nur globale Bestreiten der Beklagten ist insofern nicht maßgeblich.
Denn der Kläger hat die Auskunft nach § 13 AÜG als das maßgebliche Mittel zur Darlegung der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer und zur Berechnung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG vorgelegt. Dies gilt zumindest für die Ansprüche, die einem vergleichbaren Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Einholung der Auskunft zustanden. Tatsächlich ist der Auskunft zu entnehmen, dass, das ergibt sich insbesondere aus der Höhe der angegebenen tariflichen Vergütung, die Vergütungsansprüche aus dem Jahre 2016 zugrunde gelegt wurden bei der Auskunft der E-AG. Der Kläger hat also zwar nicht für die beiden Überlassungszeiträume im Jahr 2015 und im Jahr 2016 einzelne Auskünfte der E-AG vorgelegt. Dies ist aber auch nicht erforderlich. Denn der Darlegungslast kann der Kläger nicht nur über dieses Mittel der Auskunft nach § 13 AÜG nachkommen, sondern auch in anderer Weise genügen (vgl. BAG Urteil v. 23.10.2013 – 5 AZR 556/12; Urteil v. 13.03.2013 – 5 AZR 146/12).
bb) Dieser ihm obliegenden Darlegungslast ist der Kläger auch hinreichend nachgekommen. Der Kläger hat im Einzelnen die Anspruchsgrundlagen für die Vergütung des vergleichbaren Mitarbeiters, nämlich die tariflichen Regelegungen sowie auch die Betriebsvereinbarungen, auf denen insbesondere die Erfolgsbeteiligung und der Anspruch auf das Weihnachtsgeld beruhen, also die Betriebsvereinbarung „Erfolgsbeteiligung“, benannt. Im Zusammenhang gerade mit der Auskunft der E-AG, die sich auf die Anfrage des Klägervertreters mit Schreiben vom 06.06.2017 (Bl. 849 d. A.) bezieht, hat die E-AG die Vergütung des vergleichbaren Mitarbeiters, der bei ihr beschäftigt ist, mitgeteilt. Dabei ist es auch nicht erforderlich, dass etwa die E-AG einen vergleichbaren Mitarbeiter benennt. Denn die Arbeitgeberseite muss keinen vergleichbaren Arbeitnehmer namentlich benennen. Nach der Rechtsprechung besteht grundsätzlich sogar die Möglichkeit, dass ein vergleichbarer Arbeitnehmer überhaupt nicht beschäftigt ist. In so einem Fall muss der Arbeitgeber also darlegen im Rahmen einer hypothetischen Betrachtung, welche Grundlagen einer Vergütung für einen etwaigen vergleichbaren Arbeitnehmer gelten sollte (vgl. BAG Urteil v. 21.10.2015 – 5 AZR 604/14). Dies bedeutete, dass der Entleiher also lediglich mitzuteilen hat, welche Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Mitarbeiter gelten. Ebenso wenig ist der Kläger letztlich verpflichtet, einen vergleichbaren Mitarbeiter zu benennen. Maßgeblich ist insoweit die Auskunft des Entleihers. Nachdem aber der Auskunft der E-AG zu entnehmen ist, dass in Bezug auf die Beschäftigung des Klägers, die sich zudem auch zwischen den Jahren 2015 und 2016 nicht verändert hat, jeweils der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie i.d.F. vom 9. Oktober 2013 anzuwenden ist und die entsprechende ERA-Entgelttabelle gilt, ebenfalls auch das Urlaubsentgelt gem. § 18 des Manteltarifvertrages i.d.F. vom 09.10.2013 geschuldet ist, sowie auch Weihnachtsgeld und Erfolgsbeteiligung nach der Betriebsvereinbarung „Erfolgsbeteiligung“, die unstreitig auch bereits im Jahr 2015 gegolten hat, hat der Kläger hiermit seiner Darlegungslast dahingehend genügt, welche Arbeitsbedingungen letztlich für einen vergleichbaren Arbeitnehmer zum Tragen kommen.
cc) Nachdem die maßgeblichen Arbeitsbedingungen feststehen und, trotz Bestreitens der Beklagten, auch über diesen Nachweis, der durch die Auskunft des Entleihers erbracht wurde, hinreichend feststehen, hat der Kläger nunmehr auch im Rahmen der Berufungsinstanz den von Seiten der Rechtsprechung geforderten Gesamtvergleich erbracht. Denn zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (vgl. BAG Urteil v. 21.10.2015 -5 AZR 604/14; Urteil v. 23.03.2011 – 5 AZR 7/10). Dabei sind das im Betrieb der Entleiherin einem Stammarbeitnehmer gewährte Vergleichsentgelt und das dem Leiharbeitnehmer vom Verleiher gezahlte Entgelt miteinander zu saldieren. Diesen Anforderungen ist der Kläger im Rahmen der Berufungsinstanz nachgekommen und hat im Einzelnen, hinsichtlich der Höhe auch von Seiten der Beklagten nicht maßgeblich bestritten, dargelegt, welches Vergleichsentgelt letztlich einem Stammarbeitnehmer bei E. unter Berücksichtigung der Auskunft der E-AG zusteht und welches Vergleichsentgelt der Kläger in den Jahren jeweils bezogen hat. Daraus ergibt sich aber, dass der Kläger im Jahr 2015 letztlich bei der Beklagten Entgelt erhalten hat, welches um € 10.021,13 niedriger lag, als etwa bei einem Vergleichsarbeitnehmer der E-AG, so dass die insoweit von Seiten des Klägers geltend gemachte Summe von € 4.884,00 jedenfalls dem Kläger zusteht. Gleichermaßen hat der Kläger durch die Saldierung dargelegt, dass für das Jahr 2016 der Kläger um € 23.195,65 brutto weniger verdienst hat, als ein Stammarbeitnehmer der E-AG, so dass die Zahlungsansprüche des Klägers i.H.v. insgesamt € 21.536,37, welche er für das Jahr 2016 geltend gemacht hat, ebenfalls dem Kläger zustehen. Die jeweilige Berechnung der Ansprüche, die der Kläger dargelegt hat, und die die Beklagte an sich auch nicht hinreichend bestritten hat, konnte daher dahingestellt bleiben, da es insoweit im Rahmen der Equal-Pay-Ansprüche lediglich um eine Saldierung der Ansprüche des Stammmitarbeiters und der Ansprüche des jeweiligen Leiharbeitnehmers geht. Dem Leiharbeitnehmer steht insoweit eine Differenz zu.
Daher hatte die Berufung des Klägers auch insoweit Erfolg.
3. Soweit der Kläger letztlich noch eine allgemeine Feststellungsklage nach eigenen Darlegungen in der Berufungsbegründung ebenfalls weiterhin aufrechterhalten hat, konnte die Berufung jedoch keinen Erfolg haben, da die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht diese allgemeine Feststellungsklage in Ermangelung eines weitergehenden Beendigungstatbestandes abgewiesen hat. Insoweit war auch die Berufung zurückzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.
5. Da dem Rechtsstreit im Hinblick auf die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Einhaltung der Klagefrist bei Folgekündigungen auch auf die vorliegende Konstellation der aufeinanderfolgenden Änderungskündigungen anwendbar ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt, wurde insoweit die Revision zugelassen. Darüber hinaus bestand mangels grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits und im Hinblick auf die vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Insoweit wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen.

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