Aktenzeichen S 13 U 155/16
SGG § 106, § 109
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die form- und fristgerecht zum zuständigen Sozialgericht Würzburg erhobene Klage ist zulässig aber unbegründet; der Bescheid vom 11.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2016 ist rechtmäßig, da der Nabelbruch nicht Folge des Unfalls vom 12.11.2011 ist und der Klägerin daraufhin aufgrund des Unfalls weder eine Rente durch die Beklagte zu gewähren ist noch die Kosten für die Heilbehandlung.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt. Die Anerkennung als Arbeitsunfall setzt dabei voraus, dass zwischen der zur Zeit des Unfalls ausgeübten versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis einerseits sowie zwischen dem Unfallereignis und dem aufgetretenen Körperschaden andererseits ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises, mit Ausnahme derjenigen, die den haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang ergeben. Für sie genügt angesichts typischer Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Nach den im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweisanforderungen müssen demnach die Gesundheitsstörungen, die als Folge des Arbeitsunfalls geltend gemacht werden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Erst wenn das Vorliegen einer bestimmten Gesundheitsstörung mit diesem Beweisgrad nachgewiesen ist, kann der Zusammenhang dieser Gesundheitsstörung mit dem Arbeitsunfall beurteilt werden. Für den Nachweis dieses Kausalzusammenhangs ist es ausreichend, wenn dieser Zusammenhang mit (hinreichender) Wahrscheinlichkeit erwiesen ist. Wahrscheinlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass bei vernünftigem Abwägen aller Umstände die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs erfüllt diese Beweisanforderung nicht.
Diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen fehlt es bereits daran, dass die Gesundheitsstörung in Form eines Nabelbruches nicht im Vollbeweis vorliegt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die behandelnde Hausärztin Frau Dr. R. am 12.11.2013, gefragt von der Beklagten nach einem Unfall vom 12.11.2011, angab, dass sich die Klägerin „beim Abfangen von Herrn K eine Zerrung der rechten Leiste zugezogen“ hat; von einem Nabelbruch etc. ist diesbezüglich nicht ansatzweise die Rede. Insofern kann das Gericht die Stellungnahme der behandelnden Hausärztin vom 20.10.2016 sowie vom 19.09.2017 in keinster Weise nachvollziehen, wonach sich die Bescheinigung vom 12.11.2013 auf einen im Jahr 2008 stattgehabten Pflegeunfall beziehen soll. Denn die zu pflegende Person im Jahr 2008 war nicht Herr K (der Schwiegervater der Klägerin), sondern ein früherer Bewohner einer vermieteten Wohnung der Klägerin, welcher darüber hinaus kurz nach diesem Ereignis vom 25.02.2008 verstarb (vgl. Angaben von Prof. Dr. Dr. S in seinem Gutachten, welches von der Klägerin der Beklagten übersandt wurde). Somit war sich Frau Dr. R beim Ausfüllen der Bescheinigung vom 12.11.2013 durchaus bewusst, dass es sich um einen Unfall aus dem Jahr 2011 gehandelt hat, so dass für das Gericht kein Zweifel daran ist, dass sich die Klägerin diesbezüglich lediglich eine Zerrung zugezogen hat. Gestützt wird diese Auffassung durch die Ausführungen des Privatdozenten Dr. E in seinem Schreiben vom 18.11.2011 nach persönlicher Untersuchung vom 17.11.2011, d. h. fünf Tage nach dem Arbeitsunfall; darin wird mit keinem Wort das Vorliegen der Symptome eines Nabelbruches beschrieben. Wie Prof. Dr. C. in seinem Gutachten vom 05.09.2016 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.10.2017 jedoch überzeugend ausführt, hätten zu diesem Zeitpunkt die klassischen Merkmale einer Nabelhernie klar erkennbar sein müssen. Insofern kann das Gericht der erneuten Stellungnahme von Privatdozent Dr. E vom 27.11.2017 keinen Glauben schenken, wonach er tatsächlich bei seiner Untersuchung am 17.11.2011 eine entsprechende Nabelhernie befunden konnte. Dann hätte er dies jedoch in den entsprechenden Befundbericht vom 18.11.2011 aufnehmen müssen. Eine Stellungnahme sechs Jahre später erschüttert nach Auffassung des Gerichts den ursprünglichen Beweiswert der Stellungnahme vom 18.11.2011 nicht.
Auch die von der Klägerin successive vorgelegten Seiten des Notarztprotokolls vom 12.11.2011 vermögen nach Auffassung des Gerichts nicht dazu beizutragen, dass tatsächlich der Nabelbruch im Vollbeweis bewiesen ist. Zwar erscheint auf der Seite 1 des Notarztprotokoles die Diagnose „Nabelbruch“ bei der Klägerin, jedoch sind – wie
Prof. Dr. C. wiederum in seinen Ausführungen beschreibt – diesbezüglich nicht die klassischen Indikatoren einer Nabelhernie wie eine Bruchpforte, ein Bruchsack und der Inhalt des Bruchsacks beschrieben. Lediglich die Vorwölbung der Bauchwand mit einer Hämatombildung ist – wie wiederum Prof. Dr. C. überzeugend ausführt – noch kein sicherer Nachweis dafür, dass tatsächlich ein Nabelbruch stattfand.
Insgesamt ist somit der Vollbeweis hinsichtlich eines Nabelbruches zur Überzeugung des Gerichts nicht geführt, so dass ein selbiger nicht Folge des Unfalls vom 12.11.2011 war, so dass aufgrund der lediglich stattgehabten Zerrung keine Leistungen der Beklagten an die Klägerin zu gewähren sind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.