Verwaltungsrecht

Rinderhaltung – Maßnahmen zur Beseitigung tierschutzwidriger Zustände

Aktenzeichen  W 8 K 17.538

Datum:
11.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144495
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwVfG Art. 37
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, S. 4, § 114, § 117 Abs. 5, § 167
VwZVG Art. 31 Abs. 3 S. 3, Art. 36
BGB § 121 Abs. 1
TierSchG § 2, § 16a
TierSchNutztV § 4

 

Leitsatz

1 Eine tierschutzrechtliche Anordnung nach § 16a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 TierSchG setzt nicht voraus, dass das Leiden eines Tieres sicher festgestellt werden kann; die Möglichkeit einer Leidensverursachung genügt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es bleibt offen, ob § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG der Behörde auch ein Entschließungsermessen einräumt oder ob es sich um eine gebundene Entscheidung handelt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Fristbestimmung “umgehend” ist keine hinreichend bestimmte Fristbestimmung iSd Art. 36 Abs. 1 S. 2 BayVwVG. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass Nr. 3 des Bescheides vom 30. Dezember 2010 rechtwidrig war, soweit sich die Zwangsgeldandrohung auf die Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheides vom 30. Dezember 2011 bezieht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 21/25, der Beklagte 4/25 zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die erhobene Klage ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung für die Anordnungen in Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheids begründet. Im Übrigen ist der Bescheid des Landratsamts … vom 30. Dezember 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Klage ist zulässig.
Statthafte Klageart ist bezüglich der Nr. 1 bis Nr. 3 des Bescheids die Fortsetzungsfeststellungsklage, da der Kläger inzwischen keine Rinderhaltung mehr betreibt und auch keine Ziegen mehr im Stall auf dem Hof in H… hält. Das im Falle einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist gegeben, da der Kläger aufgrund mehrerer erschienener Zeitungsartikel über seine Tierhaltung ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Im Übrigen ist für die Nr. 5 und Nr. 6 des Bescheids die Anfechtungsklage statthaft nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO.
Die Klage ist jedoch nur hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung für die Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheids begründet. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die im Bescheid getroffenen Anordnungen bezüglich der Rinderhaltung und Ziegenhaltung des Klägers (ausreichende Versorgung mit frischem Trank und mit qualitativen und ausreichendem Futter; Zur-Verfügung-Stellung eines geeigneten und ausreichenden Witterungsschutzes; Entmistung, Säuberung, Einstreuung und Weißelung des Stalls der Hofstelle in H) waren nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) notwendig und verhältnismäßig, da anlässlich der Vorortkontrollen (wiederholt) tierschutzwidrige Verstöße bei der Rinder- und Ziegenhaltung festgestellt wurden. Die Ermessensbetätigung der Behörde war insoweit nicht zu beanstanden; ebenso nicht deren Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung. Das Gericht folgt der Begründung des Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist noch folgendes auszuführen:
Die Anordnungen unter den Nrn. 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 2 des Bescheids des Landratsamts … vom 30. Dezember 2010 wurden zu Recht auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 4 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) gestützt, da anlässlich der wiederholten Vorortkontrollen am 1. Dezember 2010, 2. Dezember 2010, 3. Dezember 2010, 4. Dezember 2010, 6. Dezember 2010, 8. Dezember 2010 und zuletzt am 29. Dezember 2010 tierschutzwidrige Verstöße festzustellen waren.
Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG trifft die Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Nach § 2 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen und darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 TierSchNutztV müssen alle Tiere täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt werden. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV müssen Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist und nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 TierSchNutztV müssen Haltungseinrichtungen so ausgestattet sein, dass den Tieren, soweit für den Erhalt der Gesundheit erforderlich, ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen geboten wird. Nicht maßgebend ist bei einer tierschutzrechtlichen Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 TierSchG für deren Rechtmäßigkeit, dass das Leiden eines Tieres sicher festgestellt werden kann. Es genügt vielmehr die Möglichkeit einer Leidensverursachung, die bei Verstößen im Bereich der Ernährung, Reinhaltung und des Witterungsschutzes ohne weiteres angenommen werden kann (BayVGH, B. v. 9.8.2017 – 9 ZB 15.2487 – juris Rn. 10).
Zur Überzeugung des Gerichts entsprach die Rinder- und Ziegenhaltung des Klägers bis zur letzten Vorortkontrolle am 29. Dezember 2010 bezüglich der ausreichenden Versorgung mit frischem Trank und qualitativ und ausreichendem Futter, der Zur-Verfügung-Stellung eines geeigneten und ausreichenden Witterungsschutze sowie der Entmistung, Säuberung, Einstreuung und Weißelung des Stalls der Hofstelle in H… nicht den oben dargestellten Anforderungen. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des kontrollierenden Amtstierarztes Dr. A… und des Herrn L… vom Staatlichen Veterinäramt des Landratsamtes … anlässlich der sieben Kontrollen im Dezember 2010 (festgehalten in den jeweiligen Ergebnis-Protokollen zu den Tierschutzkontrollen am 1. Dezember 2010, 2. Dezember 2010, 3. Dezember 2010, 6. Dezember 2010, 8. Dezember 2010 und zuletzt am 29. Dezember 2010; in der Aktennotiz des Dr. A… vom 8. Dezember 2010), aus den an den Kontrolltagen gefertigten Lichtbildern bzw. Digitalfotos (Blatt 103 bis 175 der Behördenakte mit den Lichtbildern) und den Erläuterungen der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung. Die Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.
Die tierschutzrechtlichen Anordnungen sind hinreichend bestimmt. Nach Art. 37 VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Hierbei ist ausreichend, wenn aus dessen gesamtem Inhalt, insbesondere aus dessen Begründung und den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses, „im Wege einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichend Klarheit gewonnen werden kann“, was von den Beteiligten zu tun ist. Zur Auslegung eines Verwaltungsakts sind also neben dem Anordnungssatz und der Begründung auch die dem Adressaten bekannten Begleitumstände heranzuziehen, etwa wenn dem Halter aufgrund vorangegangener Beanstandungen klar sein musste, welche Zustände damit vermieden werden sollen (Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 16a Rn. 7a). Bei Anlegung dieser Kriterien, der Heranziehung der Begründung des Bescheides und der Hinweise anlässlich der Kontrollen im Dezember 2010 sind die Anordnungen in Zusammenhang mit den bei den Kontrollen Beklagtenseits dargetanen Missständen, als hinreichend bestimmt anzusehen, um dem Kläger zu verdeutlichen, welches Maß an Wasserversorgung, Fütterung, Witterungsschutz, an Entmistung und Weißeln des Stalls (Hygiene) von ihm geschaffen werden muss. Ebenso war trotz der Formulierung „umgehend“ für die Anordnungen nach Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheids vom 30. Dezember 2010 für den Kläger erkennbar im Zusammenhang mit vorangehenden Aufforderungen der Vertreter des Landratsamtes, dass er ohne Verzögerung und schnellstmöglich die tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen zu beseitigen hat. Für die Nr. 2 des Bescheids (Weißeln des Stalls) wurde ihm sogar eine Frist mit genauem Datum gesetzt.
Die Anordnung in Nr. 1.1 des Bescheids, umgehend sicherzustellen, dass allen Rindern jederzeit frischer Trank zur Verfügung steht, ist nicht zu beanstanden. Nach § 2, 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 TierSchNutztV hat derjenige, der Nutztiere hält, sicherzustellen, dass alle Tiere täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt sind.
Eine ausreichende Wasserversorgung der Rinder konnte bei den sieben Kontrollen im Dezember 2010 nicht festgestellt werden. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den Feststellungen der Mitarbeiter der Veterinärbehörde, denen als beamtete Tierärzte eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt (BayVGH, B.v. 10.8.2017 – 9 C 17.1134 – juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 2.4.2014 – 3 B 62.13 – juris Rn. 10). Diese, dem Bescheid zugrunde gelegten, Feststellungen wurden ausreichend in den Behördenakten dokumentiert. Zum einen wurde schriftlich in Ergebnisprotokollen festgehalten, dass den Rindern wiederholt zu wenig Wasser, gar kein Wasser oder nur gefrorenes Wasser zur Verfügung stand (Blatt 50 bis 57 der Behördenakte). Zum anderen wurden diese vorgefundenen Verhältnisse bildlich dokumentiert. In der Bildmappe auf Blatt 103 bis 175 befinden sich Lichtbilder von mehreren Kontrolltagen, auf denen schwarze Eimer zu sehen sind, die nur einen Bodensatz Wasser enthalten und dieser Bodensatz zum Teil – gut erkennbar – noch gefroren ist.
Der Einwand des Klägers – er habe die Tiere zweimal am Tag getränkt, Anfang Dezember bis 6./7. Dezember, danach habe er die Bottiche mit Wasser stehen lassen – kann aufgrund der entgegenstehenden zutreffenden Feststellungen der Mitarbeiter des Veterinäramtes und der ergänzenden Dokumentation nicht überzeugen.
Der Einwand des Klägers gegen einen Verstoß nach § 2, 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 TierSchNutztV hinsichtlich ausreichender Fütterung der Tiere, damit, dass er eine Tagesration Silage verfüttert habe und der Vorwurf des Veterinäramtes allein darauf beruhe, dass die Tagesration aufgegessen gewesen sei, kann auf keinerlei tatsächlichen Feststellungen gestützt werden und widerspricht den wiederholt gemachten nachvollziehbaren Feststellungen der Mitarbeiter des Veterinäramtes, den Ergebnisprotokollen und durch die Lichtbilder dokumentierten Feststellungen.
Zur Überzeugung des Gerichts waren auch bezüglich des Witterungsschutzes für die Rinder an den Kontrolltagen tierschutzwidrige Verstöße gegen § 2, 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 3 TierSchNutztV, wonach Haltungseinrichtungen den Tieren, soweit für den Erhalt der Gesundheit erforderlich, ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen bieten müssen, festzustellen. Der letztlich durch den Kläger nicht in Abrede gestellte Verstoß, da er selbst angibt erst auf Forderung des Veterinäramtes einen Unterstand gebaut zu haben, der nicht ganz 60m² erreicht habe, wird zum einen durch die Ausführungen im Bescheid und zum anderen durch die Ausführung des Dr. K. in der mündlichen Verhandlung untermauert, dass es Richtlinien für die Unterhaltung gebe, die einen Witterungsschutz vorsähen. Da es sich bei uns überwiegend um nasse Kälte handele, reiche Stroh auf dem Schnee nicht aus. Auch diese tierärztliche Einschätzung ist nachvollziehbar und zutreffend. Die Aussage eines Biokontrolleurs, dies sei aufgrund des Winterfelles ausreichend, widerspricht der maßgeblichen vorrangigen Beurteilung der Veterinärärzte und kann daher keine Zweifel beim Gericht begründen.
Die Anordnung in Nr. 1.4 des Bescheides, den Stall in der Hofstelle einschließlich Laufstall zu entmisten, zu säubern sowie ausreichend einzustreuen ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage für diese Verpflichtung ist § 2 Nr. 1, § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV. Demnach kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen anordnen, um sicherzustellen, dass Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sind, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Die Ausführungen im Bescheid sind nachvollziehbar, zudem ist auch hier wiederum hinsichtlich der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, die vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz der Amtstierärzte maßgeblich. So wurde auch im Bescheid ausgeführt, dass der Kot im Stall bei der Kontrolle am 2. Dezember 2010 an vielen Stellen zwischen 30 cm und 90 cm hochgewesen sei. Der Stall in der Hofstelle sei so stark verschmutzt gewesen sei, dass eine Gefährdung der Tiere nicht sicher ausgeschlossen werde könne und der Mist geeignet gewesen sei, Ungeziefer aller Art zu beherbergen. Entsprechende Feststellungen des Dr. A… und U… wurden auch im Ergebnis-Protokoll der Tierschutzkontrolle am 2. Dezember 2010 festgehalten und werden durch die angefertigten Lichtbilder bestätigt (Behördenakte mit Lichtbildern Blatt 157 bis Blatt 160). Diesen Lichtbildern ist zu entnehmen, dass im Stall der Boden nicht mit sauberem Stroh bedeckt war, sondern mit alt aussehendem Mist, der der im Bescheid angegebenen Höhe entsprach. Auf dieser Grundlage ist die Annahme der Gesundheitsgefährdung der Ziegen durch Ungeziefer nachvollziehbar.
Die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung können die Feststellungen und Beurteilungen des kontrollierenden Veterinäramtes, die sich auch das Gericht zu Eigen macht, nicht widerlegen. Insbesondere ist die Aussage des Klägers, im Stall habe er eine nicht übermäßig hohe Strohmatratze gehabt, nicht geeignet die Feststellungen des Dr. A… in Zweifel zu ziehen.
Ebenso ist die Anordnung in Nr. 2 des Bescheids rechtmäßig. Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, es reiche, wenn der Stall einmal im Jahr geweißelt werde, ist nicht geeignet Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung zu wecken. Insbesondere gab der Kläger nicht an, wann er zuletzt den Stall geweißelt hat. Zudem ist das Weißeln eines Stalles nicht an starre Zeiträume gebunden, sondern muss je nach Bedarf vorgenommen werden. Ein solcher aktueller Bedarf wurde bei den vorgenommenen Kontrollen durch das Veterinäramt festgestellt. Auch die bereits erwähnten Lichtbilder des Stalls untermauern dies aufgrund der erkennbaren hochgradigen Verschmutzung des Stalls.
Die tierschutzrechtlichen Anordnungen im Bescheid vom 30. Dezember 2010 waren auch notwendig und verhältnismäßig. Es kann vorliegend dahinstehen, ob § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG der Behörde neben dem Auswahlauch ein Entschließungsermessen einräumt oder es sich um eine gebundene Entscheidung handelt (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl., § 16 a Rn. 5). Ermessensfehler i.S.v. § 114 VwGO sind nicht ersichtlich; insbesondere sind die angefochtenen tierschutzrechtlichen Anordnungen verhältnismäßig und damit notwendig im Sinne von § 16a Abs. 1 TierSchG. Der Kläger wurde bei den im Dezember stattgefundenen Kontrollen – wie sich aus den Ergebnisprotokollen der Tierschutzkontrollen für diesen Zeitraum ergibt – durch das Veterinäramt mehrmals beraten und aufgefordert umgehend einen Witterungsschutz zu erstellen sowie die Rinder mit ausreichendem und geeigneten Futter zu versorgen.
Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheides), die bei einem (jeweiligen) Verstoß gegen die Anordnungen unter Nr. 1.1 bis 1.4 und 2 jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR vorsieht, war rechtswidrig, soweit sich die Zwangsgeldandrohung auf die Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 bezieht, und verletzte den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 4, Satz 1 VwGO.
Eine Fristbestimmung für die Anordnungen in Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheids mit „umgehend“ ist im Falle der Androhung eines Zwangsgeldes – unabhängig davon, ob sie der Bestimmtheit des Grundverwaltungsaktes genügt, zu unbestimmt. Gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Anordnung eines Zwangsgeldes für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Diese Bestimmung gilt für Handlungsverpflichtungen, wie sie vorliegend Gegenstand der Anordnungen in Nr. 1.1 bis Nr. 1.4 des Bescheids sind. Gerade bei Zwangsgeldandrohungen ist die Fristbestimmung eine wesentliche Vollstreckungsvoraussetzung, da die Fälligkeit des Zwangsgeldes einen fruchtlosen Fristablauf voraussetzt (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG) und aus Gründen der Rechtssicherheit folglich eine eindeutig bestimmte Frist gefordert werden muss. Damit sind nicht von unbestimmten Rechtsbegriffen abhängige, sondern allein kalendermäßig bestimmte Fristen gemeint. Auch wo der Betroffene nach dem materiellen Recht „unverzügliches“ Handeln, d.h. Handeln ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB), schuldet, muss die Verwaltung im Falle der Vollstreckung diesen unbestimmten Rechtsbegriff durch eine kalendermäßige Zeitangabe konkretisieren. Die Verpflichtung zu unverzüglichem Handeln kann als solche nicht mit Zwangsgeld bewehrt werden (vgl. BayVGH, U.v. 24.09.1985 – 20 B 85 A.17 – BayVBl. 1986, 186; VGH BW, B.v. 13.01.1995 – 10 S 3057/94 – NVwZ-RR 1995, 506, 507; OVG Münster, B.v. 12.07.1991 – 4 B 3581/90 – NVwZ-RR 1993, 59). Nichts anderes kann für die Verpflichtung zu umgehenden Handeln gelten.
Dagegen wurde bezüglich der Anordnung der Nr. 2 des Bescheids eine nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zumutbare und bestimmte Erfüllungsfrist gesetzt und somit die Voraussetzungen der Zwangsgeldandrohung eingehalten.
Keinen rechtlichen Bedenken begegnen die Kostenentscheidung (Nr. 5) sowie die Gebühren- und Auslagenfestsetzung (Nr. 6) des Bescheides. Das Landratsamt hat auf der Rechtsgrundlage des Art. 54 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 und Art. 1, 2, 5, 6 und 10 des Kostengesetzes (KG) i. V. m. dem Kostenverzeichnis, Tarifstelle 7.IX.10/2.3 im Bescheid eine Gebühr für den angefallenen Verwaltungsaufwand in Höhe von 1.027,13 EUR sowie Auslagen in Höhe von 3,45 EUR festgesetzt. An Verwaltungsaufwand wurden hierbei die Personalkosten für sieben stattgefundene Kontrollen angesetzt, deren Höhe sich auch innerhalb des Rahmens von 25,00 bis 5.000,00 EUR bewegt, Tarif-Nr. 7.IX.10/2.3 des Kostenverzeichnisses zum KG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 KG. An Auslagen wurden Zustellkosten in Höhe von 3,50 EUR angesetzt. Da für die Zwangsgeldandrohung keine separaten Kosten angesetzt wurden (Tarifstelle 1.I.8.1 des Kostenverzeichnisses zum KG), sondern nur die Personalkosten für die sieben Kontrollen, kann trotz der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung die Kostenentscheidung sowie die Gebühren- und Auslagenfestsetzung nach Art. 16 Abs. 5 KG unverändert bestehen bleiben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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