IT- und Medienrecht

Sondernutzungsgebühr für ein Plakat

Aktenzeichen  M 10 K 16.4943

Datum:
7.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143294
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen in der … vom 20. Juni 1985 in der Änderungsfassung vom 16. April 2010

 

Leitsatz

Es bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung in einer Satzung, dass für Nutzungen oberhalb einer Höhe von 7 Metern keine Sondernutzungsgebühren erhoben werden. Dass diese Höhe nicht für jede Straße gesondert bestimmt wird, ist nicht unverhältnismäßig. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Gericht kann über die Klage auf Grund des Verzichts der Beteiligten auch ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
1. Wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 15. Dezember 2015 ist die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten vom 20. Juni 1985 in der Änderungsfassung vom 16. April 2010. Die Satzung hat bereits mehrfach gerichtlicher Überprüfung standgehalten (vgl. z.B. VG München, U.v. 15.12.2016 – M 10 K 16.2532 – juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerseite bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Höhe von 7m, ab der nach § 9 der Sondernutzungsgebührensatzung (SoNuGebS) keine Sondernutzungsgebühren mehr erhoben werden. Dass diese Höhe nicht für jede Straße gesondert bestimmt wird, ist nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte ist aus Gründen der Praktikablität darauf angewiesen, nicht in jeder Straße eine Höhe festzulegen, in der der Gemeingebrauch noch beeinträchtigt sein kann. Auch bewegen sich 7m Höhe nach Ansicht des Gerichts noch im Rahmen des Spielraums, innerhalb dessen die Beklagte bestimmt, wann eine Sondersteuer vorliegt (dazu BayVGH, U.v. 22.11.2006, 8 BV 05.1918 „Luftsteuer“ Rn 65 ff.). Bei einer bürgerlich-rechtlichen Sondernutzung besteht per definitionem keine Einwirkung auf den Gemeingebrauch, jedoch kann die Beklagte Gebühren nur analog § 905 S. 2 BGB nur bis zu einer Höhe verlangen, in der sie an einer Ausschließung noch Interesse haben kann. Zur Orientierung können Ampeln, Bäumen etc. herangezogen werden und ein deutlicher Sicherheitszuschlag erhoben werden. In anderen Städten wird von einer Stammhöhe der Bäume von 4,5m ausgegangen (http://www…de/senuvk/umwelt/stadtgruen/stadtbaeume/downloads/ Standards_Pflanzung_GALK-Berlin-2011.pdf). Rechnet man die Baumkrone und einen Sicherheitszuschlag hinzu, erscheint die Höhe von 7m gerechtfertigt, zumal im Gemeindegebiet der Beklagten auch sehr hohe Bäume, z.B. Pappeln, die Straßen säumen. Die Satzung ist auch, insbesondere in § 9 Abs. 1 SoNuGebS bestimmt genug. Denn es ist für den Gebührenpflichtigen klar zu ermitteln, dass eine Gebührenpflicht nur entfällt, wenn die Sondernutzung in einer Höhe von über 7m stattfindet. Der Satzungsgeber hat das Wort „wenn“, nicht das Wort „soweit“ verwendet. Zudem soll nach dem Wortlaut die Gebühr nur ausgeschlossen sein, wenn „die Sondernutzung“ in über 7m stattfindet; eine Einschränkung („ein Teil der Sondernutzung“/„teilweise“/ „auch“) sieht die Satzung nicht vor.
2. Die Beklagte hat die Satzung auch rechtmäßig angewendet.
a. Der Gebührentatbestand ist erfüllt, da das Aufhängen eines derart großen Werbeplakats eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung, mithin um eine Sondernutzung im Sinne der §§ 1, 2 SoNuGebS handelt. Das Anbringen von großflächigen Werbeträgern ist nicht vom Widmungszweck der dem Verkehr dienenden Straße umfasst.
b. Die Höhe der Sondernutzungsgebühren ist mit 7,50 EUR je angefangenem m² und Woche nach Nr. 36 lit. b der Anlage I zur SoNuGebS (Gebührenverzeichnis) korrekt berechnet. Das streitgegenständliche Plakat war in einer Straße der Kategorie III nach der Anlage II zur SoNuGebS aufgehängt.
c. Auch ist die Erhebung der Sondernutzungsgebühren nicht nach § 9 Abs. 1 SoNuGebS ausgeschlossen. Danach werden Gebühren nicht erhoben, wenn die Sondernutzung sich in einer Höhe von mehr als 7m über dem Straßenkörper befindet oder die Sondernutzung ausschließlich oder überwiegend im öffentlichen Interesse dient. Beide Alternativen sind nicht einschlägig: entgegen der Ansicht der Klägerseite kann das Plakat nicht entlang der 7m-Linie in einen darüber befindlichen gebührenfreien und einen darunter liegenden gebührenpflichtigen Teil geteilt werden. Denn ausweislich des Wortlauts („wenn“, nicht „soweit“) ist eine solche Aufspaltung nicht vorgesehen (s.o.). Auch die zweite Alternative kommt nicht in Betracht, da zwar die Staubschutzfolie im öffentlichen Interesse liegen mag, nicht aber der darauf befindliche Werbedruck.
d. Die Klägerin ist Schuldnerin der Sondernutzungsgebühren. Nach § 6 Abs. 1 SoNuGebS ist Schuldner der Sondernutzungsgebühren der Erlaubnisnehmer oder derjenige, der eine Sondernutzung ohne Erlaubnis ausübt. Der Widerspruchsbescheid bezieht sich ebenso wie die Beklagte darauf, die Klägerin habe den wirtschaftlichen Nutzen aus der Werbung erzielt habe. Die Klägerin habe darauf abgezielt, ähnliche Kunden wie die … Hotelgruppe mit dem Projekt anzuziehen. Die Klägerseite trägt demgegenüber vor, sie habe keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Organisation des Werbeplakats erlangt, sondern sei unentgeltlich tätig geworden.
Das Gericht geht ebenso wie die Beklagte und die Widerspruchsbehörde davon aus, dass es auf die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück nicht ankommt. Die Klägerin hat die Sondernutzung ausgeübt, obwohl sie nicht Eigentümerin des Gebäudes war und auch das Baugerüst nicht aufgestellt hat. Denn die Klägerin hat nach eigenem Vortrag veranlasst, dass das Werbeplakat bedruckt und am Gerüst befestigt wurde.
Zwar hat die Klägerin die Werbefläche nicht zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil mehreren Interessenten angeboten und nach eigenem Vorbringen auch gegenüber der Projektgesellschaft keine Entlohnung für diese Tätigkeit verlangt. Jedoch war sie diejenige, die Druck und Anbringung der Folie in Auftrag gegeben und damit veranlasst hat. Auf sie wurde die Rechnung ausgestellt, so dass das Gericht es nach ihrem eigenen Vorbringen als erwiesen ansieht, dass sie Vertragspartnerin des Werbeunternehmens und nicht nur Botin eines Auftrags der Projektgesellschaft war. Vielmehr oblag ihr die Organisation und die Durchführung der Werbemaßnahme. Dies gilt unabhängig davon, dass die Projektgesellschaft die Rechnung beglichen hat und damit das wirtschaftliche Risiko des Auftrags übernommen hat – ebenso wie ihr der hauptsächliche wirtschaftliche Nutzen der Werbewirkung des Plakats zu Gute kam. Denn die Sondernutzung übt aus, wer die über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung veranlasst (vgl. z.B. VG Ansbach, Gerichtsbescheid v. 28.11.2005 – AN 10 K 04.01008 – juris). Dass die Klägerin der Projektgesellschaft die Sondernutzung nicht in Rechnung gestellt hat, ist ihre eigene wirtschaftliche Entscheidung. Allein dass sie im wirtschaftlichen Interesse eines anderen Unternehmens handelte, entbindet sie nicht von der Gebührenpflicht, die auch aus Gründen der Vollstreckbarkeit an der tatsächlichen Ausübung der Sondernutzung anknüpft.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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