Aktenzeichen Vf. 15-VII-13
BV Art. 95 Abs. 1 S. 2
GG Art. 14
AnVNG Art. 2 § 1 S. 1
Leitsatz
Die in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG vorgesehene Anrechnung von Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung auf die Versorgungsbezüge der Beamten überschreitet die durch das Alimentationsprinzip (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV) vorgegebenen Grenzen. Hat die öffentliche Hand zum Aufbau solcher Leistungen keine Mittel beigetragen, fehlt es an sachlichen Gründen, die eine Anrechnung rechtfertigen würden. (Rn. 48)
Tenor
1. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, ber. S. 764, BayRS 2033-1-1-F), das zuletzt durch § 4 des Gesetzes vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 326) geändert worden ist, verstößt gegen Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV und ist nichtig.
2. Dem Antragsteller sind die durch das Popularklageverfahren entstandenen notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.
Gründe
I.
1. Gegenstand der Popularklage ist Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, ber. S. 764, BayRS 2033-1-1-F), das zuletzt durch § 4 des Gesetzes vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 326) geändert worden ist.
Die angegriffene Bestimmung und weitere damit in Zusammenhang stehende Regelungen des Art. 85 BayBeamtVG haben folgenden Wortlaut:
Art. 85 Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten
(1) 1Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. 2Als Renten gelten
1.Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,
2.Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes,
3.Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,
4.Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, …
5.Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung,
(2) 1Als Höchstgrenze gelten
1. für Ruhestandsbeamte und Ruhestandsbeamtinnen der Betrag, der sich als Ruhegehalt ergeben würde, wenn der Berechnung zugrunde gelegt werden
a) bei den ruhegehaltfähigen Bezügen die Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet,
b) als ruhegehaltfähige Dienstzeit die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintritt des Versorgungsfalls abzüglich von Zeiten nach Art. 25, zuzüglich ruhegehaltfähiger Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sowie der Zeiten, um die sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit erhöht, und der bei der Rente berücksichtigten Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nach Eintritt des Versorgungsfalls,
(5) 1Bei der Ermittlung der nach Abs. 1 anzusetzenden Rente bleibt der Teil der Rente außer Ansatz, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruht. 2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.
Weitere für die Popularklage bedeutsame Regelungen des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes lauten wie folgt:
„Art. 19 Sonstige Zeiten
Die Zeit, während der ein Beamter oder eine Beamtin
1. a) als Rechtsanwalt, Rechtsanwältin oder als Beamter, Beamtin oder Notar, Notarin, der oder die ohne Ruhegehaltsberechtigung nur Gebühren bezogen hat, oder tätig gewesen ist oder kann als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, die Zeit nach Nr. 1 Buchst. a und Nr. 3 jedoch höchstens bis zur Hälfte und in der Regel nicht über zehn Jahre hinaus.“
Art. 24 Allgemeine Bestimmungen zur Berücksichtigung von Dienstzeiten
(2) Zeiten im Sinn der Art. 16 bis 19 und 21 werden nur berücksichtigt, wenn sie vor der Berufung in das Beamtenverhältnis zurückgelegt wurden.
(4) Im Rahmen der Ermessensausübung nach Art. 19, 20 und 22 Sätze 3 bis 5 ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtversorgung aus den dort genannten Tätigkeiten hervorgehenden Versorgungsleistungen und den nach diesem Gesetz zu leistenden Versorgungsbezügen die Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 nicht übersteigen soll.
2. Im Rahmen der Föderalismusreform durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034), in Kraft getreten am 1. September 2006, ist die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Besoldung und Versorgung der in einem öffentlich-rechtlichen Dienst und Treueverhältnis stehenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Ländern (Art. 74 a Abs. 1 GG a. F.) abgeschafft worden. Für diese Regelungsbereiche haben seither die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG). Nach den Übergangsregelungen (Art. 125 a Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 BeamtVG) galt für die Beamten der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts das Bun-desbeamtenversorgungsgesetz in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 16. März 1999, BGBl I S. 322, ber. S. 847, 2033, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2005, BGBl I S. 1818), soweit es nicht durch Landesrecht ersetzt wurde. Diese Ersetzung erfolgte mit Ausnahme von hier nicht relevanten Änderungen in Bayern durch das als § 2 des Gesetzes zum Neuen Dienstrecht in Bayern vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, BayRS 2033-1-1-F) erlassene und am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Bayerische Beamtenversorgungsgesetz. Bis zum Inkrafttreten des Art. 85 BayBeamtVG regelte in Bayern die bundesrechtliche Norm des § 55 BeamtVG in der bis 31. August 2006 geltenden Fassung die Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge. Diese lautete und lautet auch heute noch (soweit hier von Relevanz):
§ 55 Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten
(1) 1Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. 2Als Renten gelten
1.Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,
2.Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes,
3.Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, …
4.Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.
(4) 1Bei Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt außer Ansatz der Teil der Rente (Absatz 1), der
1. dem Verhältnis der Versicherungsjahre aufgrund freiwilliger Weiterversicherung oder Selbstversicherung zu den gesamten Versicherungsjahren … entspricht,
2. auf einer Höherversicherung beruht.
2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.
3. Eine Kürzung der Altersversorgungsleistungen von verbeamteten Versorgungsempfängern, die auch Leistungen aus einer Lebensversicherung empfingen, sah erstmals die am 1. Januar 1966 in Kraft getretene Regelung des § 115 Abs. 3 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 31. August 1965 (BGBl I S. 1007) vor. Die Bestimmung war in § 115 BBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1961 (BGBl I S. 1801) eingefügt worden, der in erster Linie die Berücksichtigung von Vordienstzeiten von Beamten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn als ruhegehaltfähige Dienstzeit regelte. Mit dem gleichen Gesetz erließ der Gesetzgeber auch die sog. Ruhensregelungen nach § 160 a BBG 1965 und § 85 a Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG 1965), die das Zusammentreffen von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes mit beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen regelten. Die Beamtenversorgung sollte im Wege einer Anrechnung der Renten auf die Versorgungsbezüge für den eine bestimmte Höchstgrenze überschreitenden Betrag „zum Ruhen gebracht“, die festgesetzte Versorgung also in Höhe des Ruhensbetrags nicht ausgezahlt wer den (BVerwG vom 27.1.2011 Buchholz 449.4 § 55 b SVG Nr. 1 Rn. 25). Ziel der Regelung war der Abbau der Überversorgung durch den Bezug von Beamtenversorgung einerseits und von gesetzlicher Rente andererseits, deren Ursache vor allem in der Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten und in der Gestaltung der Ruhegehaltsskala gesehen wurde (BT-Drs. IV/2174 S. 18 ff.). Anders als bei den gesetzlichen Renten sah sich der Gesetzgeber allerdings bei der Altersvorsorge durch Lebensversicherungen, an der sich der öffentlich-rechtliche Dienstherr aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Regelung beteiligt hatte, infolge der „privaten Grundlage“ außerstande, solche Vorsorgeleistungen durch Anrechnung auf die Versorgungsbezüge in die Ruhensregelung des § 160 a BBG 1965 miteinzubeziehen. Zum Abbau der Doppelversorgung wählte er deshalb einen anderen Weg und beschränkte die Berücksichtigung von Vordienstzeiten (vgl. BT-Drs. IV/2174 S. 23). § 115 Abs. 3 BBG 1965 lautete: „Ist das Beamtenverhältnis nach dem 31. Dezember 1965 begründet worden (§ 111 Abs. 3 Satz 2), so dürfen Zeiten eines Beschäftigungsverhältnisses ., soweit der öffentlich-rechtliche Dienstherr während dieser Zeiten aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnisses Zuschüsse zu einer Lebensversicherung geleistet hat, nur zur Hälfte als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden.“
Diese nur für Bundesbeamte geltende Regelung übernahm der Bundesgesetzgeber – auf der Grundlage der ihm im Jahr 1971 durch Art. 74 a GG zugewiesenen konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für die Besoldung und Versorgung auch in den Ländern – in § 10 Abs. 3 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl I S. 2485) und dehnte sie auf Landesbeamte aus (später § 10 Abs. 2 BeamtVG, vgl. Gesetz vom 22. Dezember 1981, BGBl I S. 1523). Zugleich stellte er klar, dass die (Halb-)Anrechnung von Dienstzeiten auch bei Zuschüssen zu einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung galt; er vertrat die Auffassung, dass diese Zuschüsse denjenigen zu einer Lebensversicherung gleichstünden (BT-Drs. 7/2505 S. 48). Die davon unabhängigen Ruhensregelungen nach § 160 a BBG 1965 und § 85 a BRRG 1965 wurden mit geringen Änderungen in § 55 BeamtVG 1976 überführt.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes sowie sonstiger versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG 1993) vom 20. September 1994 (BGBl I S. 2442) bezog der Bundesgesetzgeber – unter Aufgabe seiner früheren Bedenken – die Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer (befreienden) Lebensversicherung in die Ruhensregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG als Nr. 3 ein (später Nr. 4, vgl. Gesetz vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 3926). Die auch heute noch (für Bundesbeamte) geltende Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG stellt diese Formen der Altersversorgung mit den Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und anderen Leistungen, wie der zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes, aber nur in den Fällen gleich, in denen ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse geleistet hat. Zum Ausgleich für die neue Möglichkeit der Kürzung von Versorgungsbezügen hob der Gesetzgeber die Regelung über die (Halb-)Anrech-nung von Vordienstzeiten nach § 10 Abs. 2 BeamtVG 1981 auf (vgl. BT-Drs. 12/7547 S. 35).
4. Die Bestimmung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG diente dem bayerischen Gesetzgeber als Vorbild für die mit der Popularklage angegriffene Vorschrift des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG zur Anrechnung von Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung auf die Versorgungsbezüge (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 507 ff.). Anders als der Bundesgesetzgeber hat der bayerische Landesgesetzgeber die Anrechnung auf Versorgungsbezüge allerdings nicht auf Leistungen beschränkt, „zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat“, sondern auf alle Leistungen ausgedehnt, die der Beamte aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung erhält, auch wenn er vor Eintritt in das Beamtenverhältnis nicht bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber beschäftigt war, die Beiträge oder Zuschüsse somit nicht von der öffentlichen Hand mitfinanziert wurden.
II.
Der Antragsteller stand seit 10. Juli 1989 als verbeamteter Hochschullehrer im Dienst des Freistaates Bayern. Am 1. April 2013 trat er in den Ruhestand. Vor der Verbeamtung auf Lebenszeit war er Beamter auf Zeit und Angestellter im öffentlichen Dienst. Diese Beamtenzeit hat der Freistaat Bayern nachversichert, für die Zeit im Angestelltenverhältnis hat er als öffentlich-rechtlicher Dienstherr Arbeitgeberbeiträge entrichtet. Unter Einbeziehung der weiteren Dienstzeiten wurden bei der Berechnung des Ruhegehaltssatzes Vordienstzeiten von rund 18 Jahren berücksichtigt. Neben den Versorgungsbezügen aus dem Beamtenverhältnis erhält der Antragsteller Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, die zu einem erheblichen Teil auf die Versorgungsbezüge angerechnet werden. Die Leistungen beruhen auf der Tätigkeit des Antragstellers als selbständiger Rechtsanwalt in mehreren Zeiträumen zwischen dem 30. September 1978 und dem 9. Juli 1989, auf freiwilligen Beiträgen des Antragstellers, auf einer Nachversicherung durch den Dienstherrn und auf seiner Angestelltentätigkeit im öffentlichen Dienst.
Mit seiner Popularklage rügt der Antragsteller, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG verstoße gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV) und das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:
1. Die angegriffene Vorschrift verletze das von der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV umfasste Alimentationsprinzip. Sie unterscheide sich von der bisherigen Rechtslage dahingehend, dass die Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung bei der Beamtenversorgung nunmehr unabhängig davon anzurechnen seien, ob ein Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Zuschüsse geleistet habe oder nicht. Zur früheren Rechtslage habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. September 1987 (BVerfGE 76, 256/298 ff.) Stellung 9 genommen. Unter Zugrundelegung der dort genannten Prämissen greife Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG in unzulässiger Weise in die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ein; diese würden in ihrem Wesensgehalt angetastet.
Das von der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV umfasste Alimentationsprinzip gebiete die Zahlung von Dienstbezügen, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung in einer – nach der Bedeutung des Amtes und der damit verbundenen Verantwortung abgestuften – Höhe, welche den standesgemäßen Unterhalt sichere. Es sei grundsätzlich mit Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vereinbar, wenn der Dienstherr Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die dem Unterhalt des Beamten dienten, auf die von ihm zu leistende Alimentation anrechne; dies entspreche dem Grundsatz, dass eine Doppelali-mentation durch die öffentliche Hand nicht stattfinde. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG führe aber auch Leistungen der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung einer Anrechnung zu. Das sei verfassungswidrig, weil es sich hierbei nicht um Leistungen aus einer öffentlichen, sondern aus einer privaten Kasse handle. Die Anwaltsversorgung sei seinerzeit gegründet worden, um dem Umverteilungsmechanismus der Sozialversicherung zu entgehen. Sie werde vom reinen Versicherungsprinzip beherrscht. Es gälten die Prinzipien der versicherungsmathematischen Äquivalenz und der Kapitaldeckung, nicht das Umlageverfahren. Da soziale Gesichtspunkte dabei keine Rolle spielten, bestehe nicht die Gefahr einer Doppelberücksichtigung sozialer Tatbestände. Die angegriffene Norm unterscheide demgegenüber nicht danach, ob die Rentenzahlungen aus privaten oder öffentlichen Kassen stammten. Dies zeige besonders die Anrechnung von Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung, welche ausschließlich aus privaten Kassen gezahlt würden.
Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Organisationsform und zum Umfang der Rechtsaufsicht stünden der Annahme der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Norm nicht entgegen. Zwar sei die Anwaltsversorgung öffentlich-rechtlich organisiert, sie unterliege aber nicht der gleichen strengen Aufsicht wie die Sozialversicherung. Dies lasse sich dem Vergleich etwa der Satzungen der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung entnehmen. Aufsichtsbehörden der Deutschen Rentenversicherung Bund seien das Bundesversicherungsamt, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie das Bundeszentralamt für Steuern. Ausweislich des § 25 Abs. 2 und des § 39 Abs. 2 der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Bund bestünden umfangreiche Unterrichtungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden. Im Fall von Beanstandungen sei eine aufschiebende Wirkung bis zu einer Entscheidung durch die Aufsichtsbehörde angeordnet. Ferner werde durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften eine umfassende Fachaufsicht über die Deutsche Rentenversicherung Bund ausgeübt. Demgegenüber werde nach § 2 Abs. 2 und § 3 der Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung nur eine Rechts- und Versicherungsaufsicht durch das Bayerische Staatsministerium des Innern ausgeübt; nur Satzungsänderungen unterlägen einer aufsichtlichen Genehmigung. Das finde in der angegriffenen Norm keine Berücksichtigung.
2. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG verstoße ferner gegen die dem Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV unterfallende Fürsorgepflicht sowie gegen das im allgemeinen Gleichheitssatz verankerte Willkürverbot. Der Normgeber habe nicht nur keine Unterscheidung im Hinblick auf private und öffentliche Kassen vorgenommen, sondern auch auf eine Differenzierung dahingehend verzichtet, ob die dem Rentenanspruch zugrunde liegenden Beitragszahlungen mindestens zur Hälfte durch einen Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst geleistet worden seien. Eine solche Differenzierung sei aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen geboten. Es finde eine Gleichmacherei statt, die nicht nur sachlich unbegründet sei, sondern sogar enteignungsgleichen Charakter aufweise. Die angegriffene Norm führe faktisch dazu, dass sich der Staat mit der Schaffung von Pflichtversicherungen von seinen Ali-mentierungspflichten durch Anrechnung entlasten könne, gleichgültig ob die Beitragszahlungen zu öffentlichen oder privaten Kassen geleistet würden.
Selbst wenn man annehmen wollte, dass insoweit nicht differenziert werden müsse, was das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Beiträge von Selbständigen offengelassen habe, sei darauf hingewiesen, dass dieser Entscheidung andere Verhältnisse zugrunde gelegen hätten. Das Berufsbeamtentum unterliege einem deutlichen Wandel, welcher einerseits durch neue Anforderungen, eine andere gesellschaftliche Betrachtungsweise und auch individuell neue Lebenskonzepte geprägt sei, andererseits dem ausgeprägten Sparzwang und der intensiven Haushaltsdisziplin der öffentlichen Kassen geschuldet sei. Der Typus des bestens versorgten Nur-Beamten, von dem das Bundesverfassungsgericht ausgegangen sei, existiere heute in weiten Bereichen kaum mehr. Die angegriffene Vorschrift führe dazu, dass eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst gerade für Angehörige der Versorgungswerke im Hinblick auf die spätere Altersversorgung unattraktiv werde. Sie widerspreche damit dem in der Verfassung verankerten Ziel der Erhaltung des Berufsbeamtentums, insbesondere soweit sie herausragende akademische Tätigkeiten in Forschung und Lehre betreffe.
3. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Maßstäbe, die bei Ausführung der bisherigen Ermessensrichtlinien zur Berücksichtigung von Kannvordienstzeiten angelegt worden seien. Die Popularklage richte sich gegen die Anrechnungsvorschrift des Art. 85 BayBeamtVG. Davon sei die Frage der Anerkennung von Kannvordienstzeiten zu unterscheiden, die bereits nach der Gesetzessystematik der Frage der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten zuzuordnen sei.
Jedenfalls liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Bei der Anrechnung von Vordienstzeiten werde lediglich darüber entschieden, aus welchen ruhegehaltfähigen Dienstzeiten sich der Ruhegehaltssatz des Beamten errechne. Damit würden letztlich die Vordienstzeiten statisch in einen bestimmten Prozentsatz überführt, sodass jeder Vordienstzeit ein fester Geldwert gegenüberstehe. Die berufsständischen Versorgungseinrichtungen seien hingegen beitragsorientiert. Die Höhe der Beiträge richte sich nach dem aus der Tätigkeit erzielten Einkommen. Die Verwaltungspraxis, die Anrechnung von Kannvordienstzeiten als Korrektiv zu 15 verwenden, erweise sich damit letztlich als willkürlich. Sie ersetze ohne sachgerechten Grund die individuelle Arbeitsleistung des einzelnen Beamten in einem bestimmten Zeitraum durch einen statischen Versorgungsprozentsatz.
Soweit der Gesetzgeber im Rahmen der Neuregelung des Art. 85 BayBeamtVG nicht mehr an die Herkunft der finanziellen Mittel, sondern allein an die Berufstätigkeit und Arbeitsleistung des Beamten anknüpfe, würden ungleiche Sachverhalte fehlerhaft gleich behandelt. Im Unterschied zur selbständigen Tätigkeit zeichne sich die Tätigkeit im öffentlichen Dienst durch ein hohes Maß an beruflicher und wirtschaftlicher Sicherheit aus. Angehörige der freien Berufe hätten dagegen in der Regel die Höhe ihres Einkommens und damit auch die Höhe der von ihnen zu entrichtenden Beiträge selbst in der Hand. Daher sei es vertretbar, wenn Tätigkeiten im öffentlichen Dienst versorgungsrechtlich einer „statischen“ Umrechnung zugeführt würden. Keinesfalls dürfe dies aber bei Einkommen aus selbständigen Tätigkeiten erfolgen, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien und letztlich auf unterschiedlichen Lebensentscheidungen beruhten.
Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung nicht nur die frühere Anrechnungspraxis auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, sondern sei weit darüber hinausgegangen. Dies zeige das Beispiel des Antragstellers, bei dem nach der früheren Rechtslage 38,89% der Leistungen aus der Anwaltsversorgung anrechnungsfrei geblieben wären. Mit der vollständigen Anrechnung nach neuem Recht erfolge ein mittelbarer Zugriff auf privat erworbene Ansprüche, zu welchen der Staat keinerlei Eigenleistung erbracht habe. Für eine Anrechnung auch solcher Leistungen gebe es keine dem Alimentationsprinzip und dem Gebot des Vertrauensschutzes standhaltende Rechtfertigung.
Der Gesichtspunkt der Vermeidung einer Überversorgung habe keinen verfassungsrechtlichen Rang. Die Alimentation sei keine Sozialleistung, die unter einem Bedürftigkeitsvorbehalt stehe. Zwar könne sich der öffentliche Arbeitgeber darauf berufen, dass der Beamte aus einer anderen öffentlichen Kasse bereits Leistungen erhalte. In diesen Fällen könne er die Versorgungsleistung entsprechend kür 18 zen, wenn die Gesamtversorgung die Obergrenzen überschreite. Dies gelte aber nur für Altersversorgungsleistungen aus öffentlichen Kassen oder solchen Kassen, zu denen der öffentliche Arbeitgeber mindestens 50% der Beiträge geleistet habe. Es sei nicht Sinn des Alimentationsprinzips, zu verhindern, dass jemand aufgrund vorangegangener nichtstaatlich finanzierter Vorsorge eine höhere Altersversorgung erziele als ein Nur-Beamter, nur weil er zuletzt Beamter gewesen sei. Der Neuregelung gehe es in Wahrheit nicht darum, Doppelbegünstigungen zu vermeiden. Sie habe vielmehr in erster Linie fiskalische Gründe, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung aber nicht ausreichten. Die Beschränkung der Anrechnung auf Versorgungsleistungen aus öffentlichen Kassen stelle keine ungerechtfertigte Privilegierung der Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken dar.
Selbst wenn man es als verfassungsrechtlich zulässig ansehen sollte, dass der Staat im Rahmen seiner Alimentationspflicht nahezu unbegrenzt auch Alterseinkünfte, die nicht aus öffentlichen Kassen stammten, anrechnen dürfe, hätte es zumindest einer Übergangsregelung bedurft. Der Altersversorgung müsse unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes besondere Bedeutung beigemessen werden, weil eine Verschlechterung der Bedingungen kurz vor Eintritt in den Ruhestand nicht mehr kompensiert werden könne.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unbegründet.
Ein Beamter, der weitere Versorgungsbezüge erhalte, weil er neben seiner Tätigkeit als Beamter eine andere Tätigkeit ausgeübt habe, dürfe keine Überversorgung erhalten, sondern sei wie ein Nur-Beamter zu behandeln. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass Einschränkungen der beamtenrechtlichen Versorgung mit dem Alimentationsprinzip vereinbar seien. Dieses gebiete, dem Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt entsprechend seinem 22 Dienstrang zu gewähren. Der Beamte müsse über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleiste und einen gewissen Lebenskomfort ermögliche. Eine Überversorgung, die gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoße, sei nicht geschützt. Eine solche Überversorgung könne sich aber ergeben, wenn der Beamte im Ruhestand neben der allgemeinen Beamtenversorgung Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen erhalte. Wegen der mit einem Nur-Beamten vergleichbaren Rechtsstellung müsse dies zu einer Beschränkung der Altersruhegelder führen. Nicht angerechnet würden nur Einkommen, die sich aus einer privaten Altersversorgung oder aus zusätzlich vom Beamten angesparten Vermögenswerten ergäben. Im Übrigen schließt sich der Bayerische Landtag den Ausführungen der Bayerischen Staatsregierung an.
2. Nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung ist die Popularklage ebenfalls unbegründet.
a) Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG verletze nicht das Alimentationsprinzip. Dieses gebe unter anderem vor, dass der Unterhalt des Beamten und seiner Familie im Alter durch den Dienstherrn vollständig gesichert sein müsse und insofern von dem Beamten keine private Vorsorge aus Eigenmitteln gefordert werden dürfe. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass das derzeitige Versorgungsniveau dem Grundgedanken der Alimentation ausreichend Rechnung trage und dem Ruhestandsbeamten einen angemessenen Lebensstandard gewähre. Bei der Ausgestaltung der Versorgung verbleibe dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum. Er sei aber verpflichtet, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu wahren. Diesem Erfordernis sei genügt, wenn für eine Vorschrift ein sachlich vertretbarer Grund bestehe. Ein solcher Grund liege vor.
Die Beamtenversorgung sei als Vollversorgung ausgestaltet, deren Höhe sich an der Alterssicherungsleistung bemesse, die ein so genannter Nur-Beamter aufgrund seiner gesamten Lebensarbeitszeit höchstens erreichen könne. Das versorgungsrechtliche Leitbild des Nur-Beamten orientiere sich an einem Beamten, der eine ruhegehaltfähige Dienstzeit von mindestens 40 Jahren vorweisen könne. Tatsächlich wiesen nur ca. 20% der Ruhestandsbeamten eine Mischbiografie auf, während 80% weiterhin das Leitbild des Nur-Beamten erfüllten. Die damit verbundene Höchstversorgung solle auch derjenige nicht überschreiten können, der durch ein weiteres Beschäftigungsverhältnis einen zusätzlichen, ebenfalls der Alterssicherung dienenden Anspruch erworben habe. Weitere Beschäftigungen könnten durch die Berücksichtigung von Kannvordienstzeiten versorgungserhöhend wirken, obwohl die Alterssicherung über Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung gewährleistet sei. Solche Alterssicherungssysteme seien von jeher nicht auf die Beamtenversorgung abgestimmt. Die notwendige Abstimmung zur Vermeidung einer Überversorgung könne der Landesgesetzgeber nicht leisten, weil es sich um gänzlich verschiedene Systeme handle, die historisch gewachsen seien und für die eine Regelungskompetenz fehle. Daher müsse die Korrektur im Wege der Anrechnung der Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen auf die Beamtenversorgung erfolgen. Werde durch die Gesamtversorgung aus dem Ruhegehalt und den Leistungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung die Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG überschritten, sei deshalb eine Anrechnung der überschießenden Beträge vorgeschrieben. Ein Beamter mit Mischbiografie werde damit dem NurBeamten gleichgestellt, der nach mehr als 40 Dienstjahren ebenfalls nur die Höchstversorgung erhalte. Dass die Ausrichtung der Höhe der Versorgung am Nur-Beamten ein tragendes Prinzip der Beamtenversorgung darstelle, zeige auch Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG. So werde sichergestellt, dass die Gesamtversorgung eines Beamten im Regelfall die Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG nicht überschreite und alle Ruhestandsbeamten gleich behandelt würden. Auch das Bundesverfassungsgericht gehe davon aus, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, die Überversorgung von Renten beziehenden Ruhestandsbeamten zu beseitigen und an die Versorgung von Nur-Beamten anzugleichen.
Mit Art. 85 BayBeamtVG habe der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel vollzogen. Er knüpfe die Anrechnung von Renten nicht mehr an den Tatbestand der Doppelalimentierung aus öffentlichen Kassen, d. h. an die Herkunft der finanziellen Mittel, sondern an das Vorliegen einer Berufstätigkeit, auch um die bis zum 31. Dezember 2010 angewendeten Ermessensrichtlinien durch eine gesetzliche Grundlage zu ersetzen. Die Anknüpfung an die Arbeitsleistung des Beamten habe das Bundesverfassungsgericht als geeignetes Differenzierungskriterium für die Anrechnung von Renten angesehen.
Die Beamtenversorgung sei bifunktional ausgestaltet, d. h. sie umfasse die Regelsicherung und eine Art Betriebsrentenanteil. Beamte seien daher nicht darauf angewiesen, ihre Alterssicherung über ein weiteres Beschäftigungsverhältnis zu sichern. Der Lebensbedarf des Beamten und seiner Familie werde durch die Versorgung vollständig gedeckt, unabhängig von einer weiteren Berufstätigkeit des Beamten. Eine private Vorsorge aus Eigenmitteln sei nicht erforderlich, könne aber freiwillig erfolgen. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Leistungen würden auf die Versorgung nach Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG nicht angerechnet. Darunter seien aber nur Beiträge zu verstehen, die der Beamte nicht im Rahmen einer Pflichtversicherung leiste, sondern als eigenständige, selbst veranlasste Vermögensdispositionen erbringe. Insoweit komme es nicht entscheidend darauf an, aus welchen finanziellen Quellen die Beiträge stammten. Auch im Fall der auf Antrag Pflichtversicherten gehe das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass es für die Anrechnung von Renten unerheblich sei, ob die Beiträge vom Beamten selbst geleistet würden, solange die Rente aus einem Arbeitsverhältnis entstehe.
Zu berücksichtigen sei außerdem, dass Zeiten, die über eine Pflichtversicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung abgedeckt würden, im Normalfall als Kannvordienstzeiten, etwa nach Art. 19 und 22 BayBeamtVG, anerkannt würden und so versorgungserhöhend wirkten. Würden die Leistungen aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet, würde der Ruhestandsbeamte für denselben Zeitraum seiner Berufstätigkeit doppelt profitieren, nämlich zum einen durch die Erhöhung der Versorgung infolge der Anerkennung von Kannvordienstzeiten und zum anderen durch die Leistungen aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Eine solche Doppelberücksichtigung gleicher Zeiten gelte es zu vermeiden. Es sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Anrechnung aber nicht zwingend erforderlich, dass die der Rente zugrunde liegenden Zeiten bei der Bemessung des Ruhegehalts Berücksichtigung gefunden hätten. Entscheidend sei lediglich, dass die Anrechnungsregelungen einer ungerechtfertigten Überversorgung Renten beziehender Versorgungsempfänger umfassend entgegenwirkten, um Mischlaufbahn-Beamte gegenüber Nur-Beamten nicht zu privilegieren. Dies habe der Gesetzgeber mit den Anrechnungsregelungen des Art. 24 Abs. 4 und des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG umgesetzt.
b) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege nicht vor. Dieser verbiete auch im Versorgungsrecht, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Eine fehlerhafte Gleichbehandlung der Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung liege nicht vor. Die Sach-verhalte seien nicht wesentlich ungleich. Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, im Rahmen der Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG nicht mehr auf die Herkunft der finanziellen Mittel, sondern auf die Berufstätigkeit und Arbeitsleistung des Beamten abzustellen. In dieser Hinsicht unterschieden sich Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gerade nicht. Zwar leisteten viele Versicherte einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ihre Beiträge überwiegend oder in voller Höhe selbst. Die Leistungen dienten aber nicht der freiwilligen Altersvorsorge, da hinter ihnen nicht die bloße Fiktion einer Arbeitsleistung, sondern eine tatsächliche Arbeitsleistung stehe. Bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen bestehe zudem eine Pflichtmitgliedschaft, die die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung ersetze.
Selbst wenn sich aber Leistungen aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundlegend unterscheiden würden, wäre die Gleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG diene dazu, eine Privilegierung von Mischbiogra-fie-Beamten effektiv zu vermeiden. Die Privilegierung resultiere nicht aus einer höheren Lebensarbeitszeit des Mischbiografie-Beamten, sondern ergebe sich aus dem unkoordinierten Nebeneinander von verschiedenen Alterssicherungssystemen. Ein Mischbiografie-Beamter könne ohne die Anrechnungsmöglichkeit des Art. 85 BayBeamtVG eine wesentlich höhere Alterssicherung erreichen als ein Nur-Beamter. Daher sei es gerechtfertigt, dem Beamten mit Mischbiografie ebenfalls nur die Höchstversorgung unabhängig davon zukommen zu lassen, ob das weitere Beschäftigungsverhältnis vor oder während der Beamtentätigkeit bestanden habe. Zudem dürften Mitglieder von Kammerberufen, die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versichert seien, gegenüber Angestellten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert seien, nicht privilegiert werden. Zwar leisteten die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Versicherten ihre Beiträge voll oder zumindest überwiegend selbst, während bei Angestellten der Arbeitgeber für die Hälfte der Beiträge aufkomme. Doch werde auch bei der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeitgeberanteil letztlich aus der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erwirtschaftet, sodass der Unterschied zwischen hälftiger Beitragszahlung durch pflichtversicherte Arbeitnehmer und alleiniger Beitragszahlung durch in der berufsständischen Versorgungseinrichtung Versicherte im Ergebnis von geringer Bedeutung sei.
Im Übrigen liege es allein im Ermessen des Gesetzgebers, auf welche Weise die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für Fachkräfte und Quereinsteiger gefördert werde. Man habe sich dafür entschieden, Vordienstzeiten umfassend als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen, damit auch Bewerber mit Mischbiogra-fien die Möglichkeit hätten, bis zum Erreichen der Altersgrenze den Höchstruhe-gehaltssatz zu erdienen und das Versorgungsniveau eines Nur-Beamten zu erlangen. Für den Freistaat Bayern ergäben sich nach wie vor keine Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Nachwuchskräften, sodass eine Gefährdung für das Bestehen und die Qualität des Berufsbeamtentums nicht ersichtlich sei.
c) Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG verstoße auch nicht gegen das in Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV enthaltene Rückwirkungsverbot. Die Regelung wirke auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stelle sich deshalb als tatbestandliche Rückanknüpfung dar. Diese unechte Rückwirkung sei zulässig, weil die Veränderungsgründe des Gesetzgebers die Bestandsinteressen der Betroffenen überwögen. Zwar werde gerade im Beamtenversorgungsrecht besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Die Neuregelung sei aber aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Insbesondere im Bereich der Anrechnung von Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen sei zu berücksichtigen, dass auch vor Inkrafttreten der angegriffenen Regelung am 1. Januar 2011 über § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG hinaus ein Ausgleich für diese Leistungen stattgefunden habe, indem Kannvordienstzeiten nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien in bestimmten Fällen nur eingeschränkt anerkannt worden seien. Hintergrund dieser Praxis sei bereits damals die Verhinderung einer Überversorgung gemessen am Leitbild des Nur-Beamten gewesen. Die Anrechnung von Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen verfolge im allgemeinen Interesse den Zweck, eine Überalimentierung im Vergleich zum Nur-Beamten zu verhindern. Mit der Neuregelung sollten die Grundsätze der früheren Ermessensrichtlinien auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Aus der Überleitungsvorschrift des Art. 101 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG, die den Bestandsschutz für Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängern regle, die bis zum 1. Januar 2011 in den Ruhestand getreten seien, ergebe sich nichts Anderes. Der unterschiedliche Status von aktiven Beamten und Versorgungsempfängern rechtfertige die Differenzierung. Zudem habe die Regelung einen Ausgleich für die Versorgungsempfänger schaffen sollen, die unter Geltung der alten Rechtslage von einer Kürzung der Kannvordienstzeiten betroffen gewesen seien. Wegen der besonderen Bestandskraft des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG habe die ruhegehaltfähige Dienstzeit nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr angepasst werden können.
IV.
Die Popularklage ist zulässig.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählt auch Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG.
2. Der Antragsteller rügt einen Verstoß gegen die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV, die – soweit die persönliche Rechtsstellung des Beamten betroffen ist – ein grundrechtsähnliches Recht gewährt, dessen Verletzung in zulässiger Weise mit der Popularklage gerügt werden kann (VerfGH vom 11.2.2015 BayVBl 2015, 558 Rn. 23 m. w. N.). Daneben macht er einen Verstoß gegen das in Art. 118 Abs. 1 BV verankerte Willkürverbot geltend. Der Antragsteller hat damit gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG subjektive Rechte verbürgende Verfassungsnormen als verletzt bezeichnet. Er hat auch die Gründe dargelegt, aus denen er die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmung ableitet.
V.
Die Popularklage ist begründet. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, ber. S. 764, BayRS 2033-1-1-F), das zuletzt durch § 4 des Gesetzes vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 326) geändert worden ist, verstößt gegen das durch Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV geschützte Alimentationsprinzip.
1. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang – und damit auch nach Beendigung des aktiven Dienstes -angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Grundlage dieses Anspruchs und der entsprechenden Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn ist die mit der Berufung in das Beamtenverhältnis verbundene Pflicht des Beamten, unter Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit diesem – grundsätzlich auf Lebenszeit – seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Die entsprechende Ali-mentation in Form von Dienstbezügen sowie einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung ist Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher und rechtlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann. Er ist nicht gezwungen, durch zusätzliche Arbeit oder Aufwendungen seinen Unterhalt und die Versorgung seiner Familie, insbesondere nach seinem Tod, sicherstellen zu müssen. Die Ali-mentationsverpflichtung des Dienstherrn ist unabdingbar und kraft ihrer besonderen rechtlichen Struktur nicht teilbar. Sie muss vom Dienstherrn selbst gewährt werden, der sich hinsichtlich keiner der bedeutsamen Alimentationsleistungen durch einen Dritten entlasten darf (VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 27 m. w. N.).
Bei der Konkretisierung der aus Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen er das Besoldungs- und Versorgungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Dementsprechend hat der Beamte grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm die für die Bemessung der Bezüge maßgeblichen Regelungen, unter denen er in das Beamten- und Ruhestandsverhältnis eingetreten ist, unverändert erhalten bleiben. Vielmehr darf der Gesetzgeber das Besoldungs- und Versorgungsrecht auch zulasten der Beamten und ihrer Hinterbliebenen ändern, wenn dies aus sachlichen Gründen und nicht allein aus fiskalischen beziehungsweise finanziellen Erwägungen gerechtfertigt ist (VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 29 m. w. N.).
Allerdings rechtfertigt der Gedanke der Fortentwicklung des Beamtenrechts keine Aufweichung des Kernbestands der verfassungsrechtlich geschützten Strukturprinzipien. Deshalb hat der Gesetzgeber auch hierbei das Alimentationsprinzip zu beachten, das nicht nur Grundlage, sondern auch Grenze der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist. Dem Beamten steht, wenn auch nicht hinsichtlich der Höhe und der sonstigen Modalitäten, so doch hinsichtlich des Kernbestands seines Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt ein durch seine Dienstleistung erworbenes Recht zu, das durch Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV ebenso gesichert ist wie das Eigentum durch Art. 103 Abs. 1 BV bzw. Art. 14 GG (VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 30 m. w. N.).
2. Ein das Alimentationsprinzip prägender Grundsatz besteht darin, dass die Versorgung unabhängig von der Bedürftigkeit des Ruhestandsbeamten zu gewähren ist. Deshalb ist die angemessene Alimentation unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln, wie insbesondere aufgrund privatrechtlicher Ansprüche oder aus privatem Vermögen, zu bestreiten. Daher kann sich die öffentliche Hand hinsichtlich ihrer Alimentationspflicht grundsätzlich nicht dadurch entlasten, dass sie den Beamten auf Einkünfte verweist, die er von privater Seite erhält. Zwar kann der Gesetzgeber Ausnahmen von dem Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte auf die Alimentation zulassen, wenn dies unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Allerdings dürfen Besoldung und Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen durch Regelungen, die Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtanrechen-barkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte auf die Alimentation zulassen, weder rechtlich noch tatsächlich zu einer subsidiären Leistung des Dienstherrn im Fall der Bedürftigkeit gemacht und dadurch in ihrem Wesen verändert werden. Zu den finanziellen Erwägungen, die hinter einer Anrechnungsregelung stehen, müssen deshalb in aller Regel weitere Gründe hinzukommen, die einen besonderen Bezug zum System der Besoldung und Versorgung haben und die Anrechnung unter Beachtung der allgemeinen Strukturprinzipien des Beamtenrechts als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen (VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 32 m. w. N.).
a) Sachliche Gründe für eine grundsätzliche Anrechenbarkeit anderweitiger Einkünfte bzw. Versorgungsleistungen auf die beamtenrechtliche Alimentation haben die verfassungsgerichtliche und die fachgerichtliche Rechtsprechung für zwei Fallgestaltungen als rechtlich unbedenklich anerkannt (vgl. im Einzelnen VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 33 ff. m. w. N.):
aa) Der Dienstherr soll sich von seiner Alimentationspflicht dadurch entlasten können, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Hierzu zählen vor allem Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie nicht auf einer überwiegend durch den Arbeitnehmer finanzierten freiwilligen Weiter-, Selbst- oder Höherversicherung beruhen. Dass Versorgungsbezüge durch die Anrechnung der aus einer öffentlichen Kasse fließenden Renten gekürzt werden, ist durch Gründe, die im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen, als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Hierdurch wird eine nur schwer verständliche Begünstigung von Personen, die ihr Arbeitsleben teilweise im Beamtenverhältnis und teilweise in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis verbracht haben (sog. Mischlaufbahn-Beamten), gegenüber Nur-Beamten beseitigt. Da das Versorgungsrecht der Beamten davon ausgeht, dass dieser sein ganzes Arbeitsleben in den Dienst des Staates stellt, kommt es bei Mischlaufbahn-Beamten in der Regel zu einer Überhöhung der Gesamtversorgung. Diese entsteht nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern dadurch, dass Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht nicht hinreichend aufeinander abgestimmt, weil unterschiedlich strukturiert sind und dass die für den Fall einer verkürzten Lebensarbeitszeit im einen wie im anderen Bereich vorgesehene und insoweit sozial gerechtfertigte überproportionale Versorgung auch dem Mischlaufbahn-Beamten -allerdings grundlos – zugutekommt. Ein weiterer sachgerechter Grund, die Kosten der Alimentierung in diesen Fällen zu senken, ist darin zu sehen, dass bei Mischlaufbahn-Beamten das korrelativ ausgewogene, auf Lebenszeit angelegte Dienstund Treueverhältnis in ein beachtliches Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten gerät. Erst der späte Eintritt in das Beamtenverhältnis oder der frühe 40 Austritt aus diesem eröffnet dem Mischlaufbahn-Beamten die – einem vergleichbaren Nur-Beamten verschlossene – Möglichkeit, seine Arbeitskraft während eines Teils seines Berufslebens in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und damit zur Begründung eines Rentenanspruchs einzusetzen. Der vor Aufnahme oder nach Beendigung des Beamtenverhältnisses erworbene Rentenanspruch besitzt dadurch eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Beamtenverhältnis und zu der in diesem begründeten Alimenta-tionspflicht des Dienstherrn (vgl. VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 35 f. m. w. N.).
Dieser Fallgruppe gleichgestellt sind insbesondere auch Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat. Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht entlasten, wenn der Versorgungsberechtigte zwar aus einer öffentlichen Kasse keine weiteren Versorgungsleistungen erhält, ihm aber durch aus öffentlichen Mitteln stammende Aufwendungen des Dienstherrn weitere Einkünfte verschafft werden, die ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Blieben diese vom öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber mitfinanzierten Leistungen aus der befreienden Lebensversicherung im Rahmen der Beamtenversorgung anrechnungsfrei, hätte der Dienstherr aus öffentlichen Mitteln sowohl die Beamtenversorgung als auch – zu einem wesentlichen Anteil – die private Altersvorsorge finanziert. Darin würde eine kaum verständliche Begünstigung gegenüber den Nur-Beamten liegen (vgl. BVerwG vom 28.1.2004 DVBl 2004, 768/769 ff. zu Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 4 BeamtVG; vgl. auch VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 41 m. w. N.).
bb) Darüber hinaus wird eine Anrechnung von Einkünften auf die Alimentation als gerechtfertigt erachtet, soweit diese darauf beruhen, dass das Verhältnis der Ali-mentationspflicht des Dienstherrn zur Dienstleistungspflicht des Beamten gestört, d. h. zulasten des Dienstherrn verschoben ist, und dadurch Vorteile, die der Beamte hieraus ziehen kann, ausgeglichen werden sollen (sog. Vorteilsausgleich).
Diese Fallgruppe betrifft vor allem die Berücksichtigung von privatem Erwerbseinkommen, das einem Ruhestandsbeamten infolge seines vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand zufließt. Durch den früheren Ruhestandseintritt entfällt die Pflicht des Beamten, seine ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, vorzeitig. Dieser vorzeitige Wegfall der Dienstleistungspflicht kann auf Seiten des Beamten Arbeitskraft freisetzen und ihm – im Einzelfall – ermöglichen, in erheblichem Umfang außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein. Die Vorteile, die der Beamte aus der vorzeitigen Ruhestandsversetzung ziehen kann, schlagen sich typischerweise zulasten des Dienstherrn nieder. Diesem geht infolge des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand die Arbeitskraft des Beamten verloren. Gleichzeitig ist er über einen im Vergleich zum Regelfall längeren Zeitraum hinweg zur Erbringung von Versorgungsleistungen verpflichtet. Aufgrund dieser Verschiebung des Pflichten-gefüges ist eine Anrechnung von privatem Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge des Ruhestandsbeamten (bis zum Erreichen der allgemeinen Altersgrenze) sachlich gerechtfertigt (vgl. VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 45 f. m. w. N.).
b) Die aufgrund des Alimentationsprinzips gemäß Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV vorgegebenen Grenzen wurden nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs hingegen durch die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG überschritten. Er hat die dort vorgesehene Anrechnung von sonstigen – ohne jede Beteiligung des Dienstherrn beispielsweise aus einer privaten (Betriebs-)Rentenversicherung stammenden – Versorgungsleistungen auf die Versorgungsbezüge der Beamten für nichtig erklärt. Denn insoweit ist weder eine Betroffenheit öffentlicher Kassen gegeben noch steht eine Störung des beamtenrechtlichen Pflichtengefüges inmitten; sachliche systemimmanente Gründe für eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte, die der Versorgung dienen, liegen deshalb nicht vor (VerfGH BayVBl 2015, 558 Leitsatz und Rn. 48 f.).
3. Entsprechend zu beurteilen sind Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, wenn kein 46 Dienstherr oder öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber Beiträge oder Zuschüsse zu der hieraus stammenden Versorgung des Beamten geleistet hat.
Die angegriffene Anrechnungsregelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG erfasst in Fortentwicklung des bisherigen Rechts (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 507 f.) laufende oder einmalige (vgl. Art. 85 Abs. 4 BayBeamtVG) Versorgungsleistungen, die – auch ohne jegliche Beteiligung eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn – aus diesen Kassen stammen; ausgenommen sind nur solche Versorgungsleistungen, die auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruhen, soweit sich der (private) Arbeitgeber hieran nicht zumindest zur Hälfte beteiligt hat (vgl. Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG). Anders als nach der früher auch für Landesbeamte geltenden Bestimmung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG hat der bayerische Landesgesetzgeber die Anrechnung nicht nur auf solche Leistungen beschränkt, zu denen ein (öffentlich-rechtlicher) Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat. Vielmehr sind -von der Ausnahme des Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG abgesehen – alle Leistungen betroffen, die der Beamte aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung erhält, auch wenn er außerhalb des Beamtenverhältnisses, auf dem seine Versorgung beruht, nicht bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber beschäftigt war und die Beiträge oder Zuschüsse deshalb nicht oder nicht mindestens zur Hälfte von der öffentlichen Hand, sondern durch vollständige Eigenleistung oder anteilig von ihm und seinem privaten Arbeitgeber finanziert wurden. Damit will der Gesetzgeber – wie bei der vom Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärten Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG – auch hier ausschließlich aus privaten Mitteln finanzierte Leistungen auf die Versorgungsbezüge eines mit Erreichen der allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getretenen Beamten anrechnen. Dies überschreitet die durch das Alimentationsprinzip vorgegebenen Grenzen und bewirkt eine unzulässige Kürzung der Versorgungsbezüge. Das gilt für ausschließlich privat finanzierte Leistungen sowohl aus einer befreienden Lebensversicherung (vgl. dazu unten a) als auch aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (vgl. dazu unten b).
a) Bei einer befreienden Lebensversicherung im Sinn des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG handelt es sich um eine Sonderform der vom Arbeitgeber mitfinanzierten Alterssicherung, die Angestellte bis zum 31. Dezember 1967 zum Zweck der Befreiung von der Angestelltenpflichtversicherung abschließen konnten. Angestellten, die infolge Überschreitens einer bestimmten Jahresarbeitsverdienstgrenze bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten (Angestelltenversicherungs-Neuregelungs-gesetz – AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I S. 88) nicht versicherungspflich-tig waren und aufgrund dieses Gesetzes versicherungspflichtig wurden, wurde durch Art. 2 § 1 Satz 1 Buchst. b AnVNG für eine begrenzte Übergangszeit die Möglichkeit eingeräumt, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht für Angestellte befreien zu lassen. Um die Befreiung von der Versicherungspflicht zu erreichen, mussten sie mit einer öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmung für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensjahres abgeschlossen haben und für diese Versicherung mindestens ebenso viel aufwenden, wie für sie Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen gewesen wären. Wegen der Anhebung der Jahresarbeitsverdienstgrenzen wurden entsprechende Befreiungsmöglichkeiten in den Jahren 1965 und 1967 durch Novellierungen des Art. 2 § 1 AnVNG geschaffen (vgl. Art. 2 § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften vom 9. Juni 1965, BGBl I S. 476/496, bzw. Art. 2 § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil – Finanzänderungsgesetz 1967 – vom 21. Dezember 1967, BGBl I S. 1259/ 1268). Im Hinblick auf diese Befreiungstatbestände wurden in übereinstimmender Praxis der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Lebensversicherungsunternehmen zwischen diesen und den versicherungspflichtigen Angestellten sogenannte „befreiende Lebensversicherungen“ abgeschlossen (vgl. Hülsmann, VersR 1993, 1188). Auch wenn der Abschluss der Lebensversicherung Vo raussetzung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war, sind Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung keine Leistungen aus öffentlichen Kassen, sondern Leistungen eines Versicherungsunternehmens aufgrund eines Lebensversicherungsvertrags (vgl. BVerwG DVBl 2004, 768/770; BSG vom 5.5.2010 NZS 2011, 300 Rn. 16). Damit sind sie -vergleichbar den Versorgungsleistungen, die ohne jede Beteiligung des Dienstherrn aus einer privaten (Betriebs-)Rentenversicherung stammen (vgl. VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 48) – Leistungen aus einer privaten Kasse.
Private Kassen unterscheiden sich wesentlich von den öffentlichen Rentenkassen und können mit diesen nicht gleichgesetzt werden. Denn private Kassen sind anders als die Rentenkassen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestimmt von den Prinzipien der Solidarität und des sozialen Ausgleichs, die ihren Ausdruck insbesondere in der rentensteigernden Zurechnung von Zeiten, die nicht durch Beitragsleistungen gedeckt sind (Berücksichtigung von Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten bei den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren), in der Finanzierung durch das vom Generationenvertrag geprägte Umlageverfahren sowie in dem aus Steuermitteln finanzierten Bundeszuschuss finden (vgl. BVerfGE 76, 256/300 f.; vgl. auch §§ 153, 213 SGB VI). Sie beruhen vielmehr auf dem reinen Versicherungsprinzip, das – ohne finanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand -vom Risikoausgleich und der gemeinsamen Selbsthilfe von gleichartig Gefährdeten durch ihren Zusammenschluss geprägt ist (vgl. BVerfGE 76, 256/300), und unterliegen daher einem völlig anderen Finanzierungs- und Leistungssystem (vgl. VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 49 m. w. N.). Es gilt das Prinzip der Kapitaldeckung, bei dem – ohne finanzielle Beteiligung der Steuerzahler – die vom Versicherten eingezahlten Versicherungsbeiträge rentierlich angelegt und im Versicherungsfall nach Abzug der angefallenen Verwaltungskosten wieder an den Versicherungsnehmer ausgezahlt werden (vgl. BVerfGE 76, 256/303; BVerfG vom 30.9.2015 NJW 2016, 469 Rn. 44; vgl. auch §§ 1, 150 ff. VVG sowie §§ 138, 232 Abs. 1 Nr. 1 VAG).
Um eine solche private Kasse handelt es sich bei einer befreienden Lebensversicherung. Denn unbeschadet öffentlich-rechtlicher Elemente, wie der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder eine zuständige Landesaufsichtsbehörde (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nrn. 33 und 34, § 320 Abs. 1 Nr. 1, § 321 VAG), werden die Leistungen aus einer (befreienden) Lebensversicherung nicht umlagefinanziert aus laufenden Beiträgen mit sozialen Komponenten und Zuschüssen aus Steuermitteln erbracht. Vielmehr findet das Kapitaldeckungsverfahren Anwendung.
Leistet die öffentliche Hand hierzu keine Beiträge oder Zuschüsse, betrifft die Leistung aus der befreienden Lebensversicherung keine von der öffentlichen Hand (mit-)finanzierte Kasse. Eine auf Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung neben beamtenrechtlichen Versorgungsleistungen beruhende „Überversorgung“ des Beamten resultiert daher nicht – wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung – aus einer staatlichen und infolge sozialer Fürsorge gewährten Leistung der Allgemeinheit (ohne Arbeitsleistung des Versorgungsempfängers als Gegenleistung), sondern allein aus der Eigenleistung des Beamten bzw. seines privaten Arbeitgebers. Ebenso wenig besteht die Gefahr einer Doppelleistung aus öffentlichen Haushalten, weil die öffentliche Hand zum Aufbau der Versorgungsleistungen aus der befreienden Lebensversicherung keinerlei finanzielle Mittel geleistet hat.
Auch eine Störung des beamtenrechtlichen Pflichtengefüges steht insoweit nicht inmitten. Zwar besteht bei Mischlaufbahn-Beamten auch hinsichtlich (rein) privat erworbener Ansprüche eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Beamtenverhältnis insoweit, als die Dienstleistungspflicht zugunsten des Dienstherrn regelmäßig nur während eines Teils des Berufslebens besteht und diese Beamten – anders als Nur-Beamte – lediglich wegen eines späteren Eintritts in das Beamtenverhältnis oder eines früheren Austritts aus diesem private Versorgungsansprüche außerhalb von öffentlichen Kassen erwerben können (vgl. 51 BVerfGE 76, 256/316 f.). Diese „Überversorgung“ durch private Versorgungsansprüche schlägt sich aber nicht zulasten des Dienstherrn nieder. Insbesondere folgt sie nicht daraus, dass verschiedene (öffentliche) Alterssicherungssysteme, wie Beamtenversorgung und Rentenversicherung, die jeweils den vorzeitigen Abbruch von Tätigkeiten begünstigen, nicht aufeinander abgestimmt sind, sodass Systemwechsler hiervon grundlos, weil ohne Eigenleistung, durch eine überproportionale Versorgung profitieren. Soweit keine Leistungen eines öffentlichrechtlichen Arbeitgebers aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst erbracht wurden, beruht die Versorgungsleistung vielmehr auf einer reinen Eigenleistung des Beamten und seines privaten Arbeitgebers. Ein beachtliches Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten aus dem im Regelfall als Lebensberuf konzipierten Dienst im Beamtenverhältnis ist in diesem Fall nicht gegeben, da der Beamte für diese Zeiten nicht – quasi doppelt bzw. überhöht – aus öffentlichen Kassen, sondern – nur zusätzlich – von privater Seite Versorgungsleistungen erhält. Der Dienstherr muss, unabhängig davon, ob die privaten Versorgungsansprüche auf der Grundlage einer eigenständigen Vermögensdisposition des Beamten (durch Zahlung freiwilliger Beiträge) oder aufgrund von Leistungen des Arbeitgebers entstanden sind, die erdiente Versorgung nur einmal aus öffentlichen Mitteln leisten (vgl. VerfGH BayVBl 2015, 558 Rn. 53).
Ein Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten des Beamten ergibt sich insoweit auch nicht aufgrund einer teilweisen oder vollständigen Anrechnung von sog. Kannvordienstzeiten auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit eines Beamten, etwa aufgrund einer Beschäftigung als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a BayBeamtVG oder aufgrund von wissenschaftlichen Qualifikationszeiten nach Art. 22 Sätze 3 bis 5 BayBeamtVG. Zwar wirkt die Berücksichtigung dieser Zeiten versorgungserhöhend, ohne dass insoweit eine Gegenleistung des Beamten erbracht wird. Eine Anerkennung dieser Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit, die nach der gesetzgeberischen Intention dem Zweck dient, Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten diejenige Altersversorgung zu er möglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Vordiensttätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten, und die in erster Linie Anreizfunktion hat und der Gewinnung qualifizierten Nachwuchses dienen soll (vgl. BVerwG vom 26.1.2012 ZBR 2012, 265/267 und vom 19.11.2015 ZBR 2016, 259/260 jeweils zu §§ 10 bis 12, 67 Abs. 2 BeamtVG a. F.), ist aber verfassungsrechtlich nicht zwingend. Sie wurde dementsprechend vom Gesetzgeber in Art. 19 und 22 BayBeamtVG als Ermessensregelung ausgestaltet, die nach Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG zudem unter den Regelvorbehalt („soll“) der NichtÜberschreitung der Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG durch die Gesamtversorgung des Beamten gestellt wurde.
b) Vergleichbar ist die Lage bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.
Hierbei handelt es sich um eine selbständig neben den sonstigen gesetzlichen Altersversorgungssystemen stehende Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung für Beschäftigte und selbständig Tätige freier Berufsgruppen (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten u. ä.), die von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Eine berufsständische Versorgungseinrichtung, wie etwa die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung, ist zwar auch durch zahlreiche öffentlich-rechtliche Elemente gekennzeichnet, die sie von der typischen Erscheinungsform einer privaten Kasse unterscheiden und sie der gesetzlichen Rentenversicherung annähern (vgl. BVerfG vom 4.4.1989 NJW 1990, 1653; vom 18.2.1998 BVerfGE 97, 271/297; BVerwG vom 29.2.2000 NJW 2000, 2038/2039). Sie wird insbesondere nicht – wie die private Lebensversicherung – vom reinen Versicherungsprinzip beherrscht, sondern hat – wie die gesetzliche Rentenversicherung – auch soziale Komponenten. Diese kommen etwa in der bestehenden Pflichtmitgliedschaft zum Ausdruck (Art. 30 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 VersoG, §§ 15 ff. der Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberatungsversorgung, Stand 1. Januar 2017 – im Fol 55 genden: Satzung) oder darin, dass die Höhe der Beiträge nicht vom Ausmaß des Risikos einer durch Alter oder Berufsunfähigkeit verursachten Erwerbsunfähigkeit abhängt, sondern sich im Wesentlichen nach dem Einkommen der einzelnen Mitglieder bemisst (Art. 31 VersoG, §§ 19 ff. der Satzung). Ferner bestimmt sich die Höhe der Leistungen nicht allein nach der Höhe der eingezahlten Beiträge des einzelnen Mitglieds, sondern auch nach einem Rentenbemessungsfaktor, der von der Sicherstellung aller Versorgungsverpflichtungen und der Lebenserwartung der gesamten Mitgliederschaft abhängig ist (Art. 32 VersoG i.V. m. § 32 der Satzung). Im Fall der Berufsunfähigkeit wird ein Zuschlag zu den aufgrund der Beitragsleistung ermittelten Rentenpunkten gewährt (§ 33 der Satzung). Die Hinterbliebenenversorgung (§§ 36 ff. der Satzung) wird auch aus den Beiträgen derjenigen Mitglieder finanziert, die selbst keine Hinterbliebenen haben. Es handelt sich bei der berufsständischen Versorgung demnach um eine auf dem Solidaritätsprinzip beruhende Versorgungseinrichtung (VerfGH vom 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 – juris Rn. 94; BayVGH vom 30.4.2015 – 21 N 14.2 – juris Rn. 37). Weitere für private Rentenversicherungen untypische Merkmale liegen darin, dass die Versorgungsanstalten öffentlich-rechtlich organisiert sind, etwa in Bayern als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (vgl. Art. 1 Abs. 1 VersoG), und der staatlichen Rechts- und Versicherungsaufsicht unterliegen (vgl. Art. 18 Abs. 1 VersoG), die auch eine Fachaufsicht beinhaltet (vgl. VerfGH vom 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 – juris Rn. 114). Sie stehen nicht wie Privatversicherungen miteinander im Wettbewerb, sondern sind auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und ausschließlich gemeinnützig tätig (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 VersoG). Zudem fehlt es an den für eine private Kasse typischen privatrechtlichen Handlungsformen; so werden etwa die Beiträge sowie die Leistungen der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberatungsversorgung durch Bescheid festgesetzt (vgl. Art. 10 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 und Art. 31 Abs. 1 VersoG i.V. m. § 42 Abs. 1 der Satzung bzw. Art. 32 Abs. 1 Satz 3 VersoG) mit der Folge, dass für Rechtsstreitigkeiten der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet ist (vgl. BVerwG vom 29.10.1963 BVerwGE 17, 74/75 f.).
Hieraus kann indessen nicht gefolgert werden, dass es sich bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen um der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare öffentliche Kassen im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 55, 207/239; 76, 256/298 ff.) handelt und deshalb eine Anrechnung der Leistungen auf die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge auch dann gestattet ist, wenn hierzu kein finanzieller Beitrag eines öffentlichen Arbeitgebers aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst geleistet wurde. Denn trotz der zahlreichen, einer privaten Rentenversicherung fremden Merkmale unterscheiden sich berufsständische Versorgungseinrichtungen gravierend von gesetzlichen Rentenkassen. Anders als bei der gesetzlichen Rentenversicherung werden die Leistungen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen nicht aus laufenden Beiträgen im Wege des Umlageverfahrens (vgl. § 153 SGB VI) mit entsprechenden sozialen Komponenten (z. B. unter Berücksichtigung von Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten, denen keine Beitragszahlungen gegenüberstehen, wie etwa bei Anerkennung von Kindererziehungszeiten, vgl. § 56 SGB VI) und auch nicht unter Beteiligung der öffentlichen Hand durch Zuschüsse aus öffentlichen Steuermitteln finanziert, sondern – ohne jede finanzielle Beteiligung aus öffentlichen Mitteln – nach dem Kapitaldeckungsverfahren oder dem offenen Deckungsplanverfahren ausschließlich aus den Mitgliederbeiträgen bzw. Arbeitgeberzuschüssen (vgl. § 172 a SGB VI, Art. 31 Abs. 3 VersoG) sowie den Gewinnen aus Investitionen (vgl. VerfGH vom 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 – juris Rn. 133). Auch der soziale Ausgleich unter den einzelnen Mitgliedern erfolgt bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen nicht etwa als versicherungsfremde Leistung aus einer Kasse der öffentlichen Hand, sondern ausschließlich aus selbst finanzierten Beiträgen der Mitglieder bzw. ihrer privaten Arbeitgeber. Darin liegen wesentliche strukturelle Unterschiede zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BVerfG vom 4.12.2006 NJW 2007, 1446/1447; BVerwG vom 27.5.2009 BVerwGE 134, 99 Rn. 18), die eine Einstufung der berufsständischen Versorgungseinrichtungen als öffentliche Kassen verbieten.
Hat die öffentliche Hand zum Aufbau der Versorgungsleistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung keine Mittel beigetragen und werden auch finanzielle Risiken von ihr nicht aufgefangen, ist – wie bei den Leistungen aus der befreienden Lebensversicherung – weder eine ungerechtfertigte Überversorgung des Beamten noch die Gefahr von Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln gegeben. Es fehlt daher an sachlichen Gründen, die eine Anrechnung dieser Versorgungsleistungen auf die Versorgungsbezüge der Beamten rechtfertigen würden.
4. Nach alledem entlastet sich der Dienstherr durch die Anrechnung der zweckidentischen Versorgungsleistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, jedenfalls soweit zu deren Aufbau kein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber einen Finanzierungsbeitrag geleistet hat, in unzulässiger Weise bezüglich eines Teils der erdienten Versorgungsbezüge von seiner Alimentationsverpflichtung. Abgesehen vom Vorteilsausgleich besteht der verfassungsrechtliche Anspruch auf angemessene Alimentation, wozu auch der erdiente Versorgungsanspruch gehört, ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit der Berechtigte über sonstige Mittel verfügt. Diese verfassungsrechtlich vorgegebene Grenze überschreitet Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG.
Die angegriffene Norm ist insgesamt für nichtig zu erklären. Wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei einer Neuregelung kommt eine Teilnichtigkeitserklärung – etwa in der Form, dass die Bestimmung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG mit einem der bundesrechtlichen Regelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG entsprechenden Zusatz („zu denen der Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat“) aufrechterhalten wird – nicht in Betracht.
5. Auf die weiteren Rügen des Antragstellers kommt es nicht mehr an.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dem Antragsteller sind die durch das Popularklageverfahren entstandenen notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten (Art. 27 Abs. 3 VfGHG).