Kosten- und Gebührenrecht

Unstatthafter Antrag auf Wiederaufnahme eines fahrerlaubnisrechtlichen Eilverfahrens

Aktenzeichen  11 C 17.2086

Datum:
7.11.2017
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1, § 153, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 578 Abs. 1, § 579, § 580

 

Leitsatz

Ein Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, das auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, die unter dem Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung steht, ist unstatthaft und damit unzulässig (Anschluss an BVerwG BeckRS 1983, 31329296). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 6 E 17.2069 2017-09-14 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrags wird verworfen.
II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Streitwert für das Wiederaufnahmeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller verfolgt die Wiederaufnahme eines mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2011 – M 6a E 11.2282 – abgeschlossenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Wiederaufnahmeverfahren.
Mit der Begründung, die Wiederaufnahme eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung unstatthaft, verwarf das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. September 2017 den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig und lehnte den Prozesskostenhilfeantrag ab. Eine Umdeutung des Antrags in einen erfolgversprechenden Rechtsbehelf scheide aus.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem am 6. Oktober 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen, als „Berufung“ bezeichneten Schreiben und macht geltend, die gerichtlichen „Beschlüsse“ seien nicht handschriftlich unterschrieben, das Verwaltungsgericht habe im Jahr 2012 keinen gültigen Geschäftsverteilungsplan gehabt und das Verfahren habe eine erhebliche Bedeutung für ihn. Er stelle den Antrag, dass das Verfahren wegen erheblicher Rechtsbeugungen und –verletzungen „auf den vorigen Stand zurück versetzt“ werde. Weitere Begründungen könnten erst erfolgen, wenn er seine Unterlagen wieder habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Rechtsbehelfe sind zweckentsprechend (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO), wie in der Rechtsmittelbelehrungbezeichnet, jeweils als allein statthafte Beschwerde auszulegen.
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrags ist jedoch bereits unzulässig, weil der Antragsteller entgegen § 67 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 VwGO nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten und die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 147 Abs. 1 VwGO) bereits abgelaufen ist. Aus den im Beschluss des Senats vom 7. November 2017 im Berufungszulassungsverfahren – 11 ZB 17.2084 – dargelegten Gründen kommt eine Nachholung der Beschwerdeeinlegung durch einen Prozessbevollmächtigten, ggf. nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO, nicht in Betracht.
Sie hätte im Übrigen auch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Wiederaufnahmeantrag (§ 153 VwGO i.V.m. § 578 Abs. 1, §§ 579, 580 ZPO) des Antragstellers zu Recht als unzulässig erachtet. Nach § 153 Abs. 1 VwGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens wiederaufgenommen werden. Die Vorschrift gilt mithin für rechtskräftige Urteile, urteilsvertretende Beschlüsse und andere Beschlüsse, soweit sie ein Verfahren abschließen (vgl. BVerwG, B.v. 7.12.2015 – 6 PKH 10/15 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 18.12.2002 – 21 A 4534/02 – NVwZ-RR 2003, 535 = juris Rn. 5 ff. m.w.N.). Die Wiederaufnahme eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem eine einstweilige Anordnung getroffen wird, die unter dem Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung steht, kommt daher nicht in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 17.10.1983 – 2 WBW 1/83 – BVerwGE 76, 127 = juris Rn. 7; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 123 Rn. 169 f.; a.A. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 76). Der Wiederaufnahmeantrag ist unstatthaft und damit unzulässig. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 14. September 2017 verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
2. Hiermit ist die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) unbegründet. Ferner hat der Antragsteller, wie im Beschluss des Senats vom 7. November 2017 im Berufungszulassungsverfahren – 11 ZB 17.2084 – dargelegt, auch nicht glaubhaft gemacht, dass er die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung im Beschwerdeverfahren gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.10, 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. den Beschluss des Senats vom 24. November 2011 im Ausgangsverfahren – 11 CE 11.2306 –).
Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen – anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz – Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.
4. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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