Aktenzeichen 10 B 17.997
Leitsatz
Die Berufungsbegründung muss substantiiert und konkret auf den zu entscheidenden Fall bezogen sein; die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags oder die Bezugnahme hierauf ist nicht ausreichend. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 12 K 15.1489 2015-12-10 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2015 ist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 und § 125 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entspricht. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO muss die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils (Berufungsgründe) enthalten.
Erforderlich ist somit zunächst ein bestimmter Antrag. Zwar kann sich das Ziel der Berufung einstweilen aus der Tatsache der Berufungseinlegung oder damit verbundenen Erklärungen entnehmen lassen. Jedenfalls bis zum Ablauf der Begründungsfrist muss aber ein genauer Antrag formuliert werden; die Nachholung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist im Falle der Berufung aufgrund der eindeutigen Sonderregelung des § 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO nicht möglich (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Okt. 2016, § 124a Rn. 49; Roth in Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2017, § 124a Rn. 36 ff.).
Ferner muss die Berufungsbegründung auch die im Einzelnen darzustellenden Berufungsgründe enthalten. Diese müssen erkennen lassen, weshalb das angegriffene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht unrichtig ist und gemäß dem Berufungsantrag geändert werden muss. Die Berufungsgründe müssen substantiiert und konkret auf den zu entscheidenden Fall bezogen sein und sich mit dem angefochtenen Urteil im Einzelnen auseinandersetzen; die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags oder eine bloße Bezugnahme hierauf genügt nicht (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Okt. 2016, § 124a Rn. 53 ff.; Roth in Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2017, § 124a Rn. 44). Eine Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag ist nur dann zulässig und ausreichend, wenn dieser seinerseits den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung genügt (Roth in Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2017, § 124a Rn. 99 m.w.N. der Rspr.).
Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung in dem Schriftsatz vom 28. Juni 2017 nicht.
Zum einen enthält der Schriftsatz keinen bestimmten Antrag. Zwar kann aufgrund des Umstands, dass die Berufung nur hinsichtlich der Ausweisung in Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 17. März 2015 erfolgt ist, vermutet werden, dass weiterhin deren Aufhebung verfolgt wird, doch hat der Schriftsatz die äußere Form eines Antrags auf Zulassung der Berufung (Untergliederung in „1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, § 124 II Nr. 1 VwGO“ und „II. besondere Schwierigkeiten und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, § 124 II Nr. 2, 3 VwGO“). Ein eindeutiges Rechtsschutzziel ist nicht feststellbar.
Zum anderen ist die Begründung selbst unzureichend. Die Seiten 1 bis 4 des Schriftsatzes vom 28. Juni 2017 sind eine wörtliche Übernahme des Schriftsatzes vom 4. März 2016, mit dem der Antrag auf Zulassung der Berufung begründet worden war. Die Ausführungen über besondere Schwierigkeiten und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sind nach der Zulassung der Berufung nicht mehr relevant. Auf die Ermessenserwägungen der Behörde kommt es wegen der Neufassung der Ausweisungsvorschriften nicht mehr an. Der Senat hat die Berufung hinsichtlich der Ausweisung mit Beschluss vom 18. Mai 2017 zugelassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf das (mögliche) Erlöschen der Niederlassungserlaubnis aufgrund von § 51 Abs. 1 Nr. 6 oder § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG sowie auf die Ausnahmeregelung in § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und damit auf das Gewicht des Bleibeinteresses (wegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) besondere Schwierigkeiten aufweist. Der Kläger ist hier insbesondere in Bezug auf die Sicherung des Lebensunterhalts im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt darlegungs- und beweispflichtig. Hierzu finden sich jedoch im Schriftsatz vom 28. Juni 2017 keinerlei Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.