Aktenzeichen 4 Sa 68/17
BetrVG § 75 Abs. 1, Abs. 2, § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 10
BGB §§ 305 ff., § 310 Abs. 4 S. 1, § 315
Leitsatz
1. Sieht eine durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung geregelte Versorgungsordnung vor, dass von der Anpassungsautomatik entsprechend der Veränderung der gesetzlichen Altersrente abgewichen werden kann, wenn die Arbeitgeberin die Veränderung in dieser Höhe für nicht vertretbar hält, ergibt sich nach Auslegung der Versorgungsordnung, dass von dieser Abweichungsbefugnis nur in engen Grenzen Gebrauch gemacht werden kann. Dazu muss die Arbeitgeberin darlegen, dass die Übernahme der gesetzlichen Rentensteigerung ihre, d.h. unternehmensbezogene finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigt. (Rn. 104 – 112)
2. Schreibt die Versorgungsordnung die Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge vor, so verstößt die Entscheidung der Arbeitgeberin, nur einen Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge zu erhöhen, gegen die mitbestimmten Verteilungsgrundsätze und ist unwirksam. (Rn. 118 – 122)
Verfahrensgang
8 Ca 6862/16 2016-12-21 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 21. Dezember 2016 – 8 Ca 6862/16 – wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Endurteils des Arbeitsgerichts in Ziffern 1 und 2 wie folgt neu gefasst wird:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 1. Dezember 2016 über den Betrag von monatlich € 1.347,29 hinaus jeweils zum Monatsersten € 74,15 brutto zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 370,75 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils € 74,15 seit 2. Juli 2016, 2. August 2016, 2. September 2016, 2. Oktober 2016 und 2. November 2016 zu zahlen.
II. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe
A.
Die nach § 64 Abs. Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§ 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) Berufung ist überwiegend nicht begründet. Im Ergebnis zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin für die Jahre 2015 und 2016 eine Anpassung der ihr gewährten Betriebsrente im Umfang der Erhöhung der gesetzlichen Rentenansprüche verlangen kann. Allein aufgrund von Rundungsdifferenzen ist eine teilweise Abänderung des Entscheidungstenors veranlasst.
I.
Die Klage ist zulässig. Dies gilt insbesondere für den Klageantrag zu 1., mit dem wiederkehrende Leistungen geltend gemacht werden. Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 495 Abs. 1, § 258 ZPO kann bei wiederkehrenden Leistungen auch wegen der erst nach Erlass es Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden. Bei Betriebsrentenansprüchen, die von keiner Gegenleistung abhängen, handelt es sich um wiederkehrende Leistungen in diesem Sinne. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass die Schuldnerin sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. BAG, Urteil vom 14. Juli 2015 – 3 AZR 594/13 -, juris, Rn. 12, m.w.N.).
II.
Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, dass die an sie zu gewährende Betriebsrente entsprechend der Anpassung der gesetzlichen Rentenansprüche ab 1. Juli 2015 um 2,0972% und ab 1. Juli 2016 um weitere 4,2451% erhöht wird.
1. Der Anspruch auf Anpassung in dieser Größenordnung ergibt sich aus § 6 Nr. 1 AB-BVW. Danach werden die Gesamtversorgungsbezüge jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG bzw. §§ 65 und 68 SGB VI vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.
a) Die Klägerin zählt zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Nach § 2 Nr. 1 B-BVW wird die Pensionsergänzung solchen Betriebsangehörigen gewährt, die beim Eintritt des Versorgungsfalls mindestens zehn Jahre in einem festen Anstellungsverhältnis zur E. Unternehmensgruppe stehen und einen Anspruch auf Rentenleistung aus der Versorgungkasse besitzen. Nach § 2 Nr. 2 GB-BVW wurde die Versorgungskasse für Neuaufnahmen am 31. März 1985 geschlossen.
b) Die Klägerin war ab 1. April 1974 bei der E. AG beschäftigt. Ein Arbeitsverhältnis bestand damit bereits vor dem 1. April 1985 zu einem Unternehmen der E. Unternehmensgruppe. Sie bezieht seit dem 1. Mai 1999 betriebliche Versorgungsleistungen, u.a. aus der Versorgungskasse und aus dem BVW. Die Klägerin hat damit nach § 2 Nr. 3 GB-BVW einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Pensionsergänzungsfonds, der nur durch die in den Ausführungsbestimmungen enthaltenen Widerrufsvorbehalte eingeschränkt ist. Damit steht der Klägerin auch der Anspruch auf Anpassung ihrer Gesamtver-sorgungsbezüge nach § 6 Nr. 1 AB-BVW zu.
2. Der Anpassungsanspruch nach § 6 Nr. 1 AB-BVW wurde in den Jahren 2015 und 2016 nicht durch die Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 6 Nr. 3 AB-BVW ersetzt. Die gemeinsamen Beschlüsse dieser Gremien vom 26. August und 9. Oktober 2015 sowie vom 20. und 22. Juni 2016 erweisen sich als unwirksam.
a) Die Unwirksamkeit der Beschlüsse beruht dabei jedoch nicht auf der Unwirksamkeit der Regelung des § 6 Nr. 3 Satz 1 AB-BVW. Diese Vorschrift erweist sich nach gebotener Auslegung als hinreichend bestimmt und verstößt weder gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats noch gegen Recht und Billigkeit im Übrigen.
aa) Die Bestimmung, die Teil einer Gesamtbetriebsvereinbarung ist, genügt dem Bestimmtheitserfordernis.
(1) Betriebsparteien als Normgeber sind an den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit gebunden (vgl. BAG, Urteil vom 29. September 2010 – 3 AZR 557/08 -, juris, Rn. 29; BAG, Urteil vom 28. April 2009 – 1 AZR 18/08 – Rn. 16 f.). Aus dem Prinzip der Normenklarheit folgt, dass eine Betriebsvereinbarung aufgrund ihrer unmittelbaren und zwingenden Einwirkung auf die einzelvertraglichen Rechtsverhältnisse im Betrieb bestimmt genug sein muss (vgl. BAG, Beschluss vom 26. Mai 2009 – 1 ABR 12/08 -, juris, Rn. 17 f.; Lorenz, in: Düwell, BetrVG, 4. Aufl. 2014, § 77 Rn. 22). Dieser Grundsatz reicht nicht weiter als das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Damit ist es den Betriebsparteien nicht verwehrt, durch die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs eine Auslegung und Anwendung ihrer Betriebsvereinbarungen auf der Basis geänderter tatsächlicher Verhältnisse zu ermöglichen, wenn dies aufgrund der Besonderheiten des Regelungsgegenstandes erforderlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 29. September 2010 -3 AZR 557/08 -, juris, Rn. 29). So steht dem Gebot der Klarheit und Bestimmtheit von betriebsverfassungsrechtlichen Normen prinzipiell nicht entgegen, dass sie der Auslegung bedürfen, unbestimmte Rechtsbegriffe oder Generalklauseln enthalten (vgl. BAG, Be-schluss vom 18. Juli 2017 – 1 ABR 59/15 -, juris, Rn. 23, m.w.N.). Ohne unbestimmte Rechtsbegriffe ist weder eine praktikable und den Anforderungen des modernen sozialen und wirtschaftlichen Lebens entsprechende Rechtsordnung noch eine funktionsfähige Rechtsprechung möglich. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind daher im Rechtsleben unverzichtbar (vgl. BAG, Urteil vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 -, juris, Rn. 48). Diese zur Vergütungsordnung des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) ergangene Rechtsprechung ist auf Betriebsvereinbarungen ohne weiteres übertragbar, da es sich insoweit ebenfalls um Rechtsnormen handelt (LAG Hamm, Beschluss vom 22. März 2016 -7 TaBV 50/15 -, juris, Rn. 60).
Wie ein Tarifvertrag erweist sich eine Betriebsvereinbarung erst dann wegen mangelnder Bestimmtheit als unwirksam, wenn die Justitiabilität in Frage steht, etwa weil unbestimmte Rechtsbegriffe eine willkürliche Subsumtion erlauben (vgl. BAG, Urteil vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 -, juris, Rn. 62; Löwisch/Rieble, TVG, 4. Aufl. 2017, § 1 Rn. 991 f.).
Bei unbestimmtem Wortsinn ist jedoch der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben (BAG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 1 AZR 435/13 -, juris, Rn. 26). Denn Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. BAG, Urteil vom 24. Januar 2017 – 3 AZR 372/15 -, juris, Rn. 32; BAG, Urteil vom 13. Oktober 2015 – 1 AZR 853/13 -, juris, Rn. 22; BAG Urteil vom 5. Mai 2015 – 1 AZR 435/13 -, juris, Rn. 26; BAG, Beschluss vom 18. November 2014 – 1 ABR 18/13 -, juris, Rn. 16).
(2) Unter Berücksichtigung dessen erweist sich die Regelung des § 6 Nr. 3 Satz 1 AB-BVW als hinreichend bestimmt.
(a) Dies gilt zunächst für die auf Tatbestandsseite normierte Formulierung „nicht für vertretbar halten“. Im Wege der Auslegung kann für diese auslegungsbedürftige, aber auch auslegungsfähige Tatbestandsvoraussetzung ein Inhalt ermittelt werden, der die Regelung auf Tatbestandsseite justitiabel macht und eine willkürliche Subsumtion ausschließt.
Das Berufungsgericht geht – wie die Beklagte – davon aus, dass das „Nicht für vertretbar Halten“ i.S.d. § 6 Nr. 3 Satz 1 AB-BVW einen sachlichen Grund voraussetzt, der die Abweichung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beklagten und der anspruchsberechtigten Betriebsrentnerinnen und -rentner rechtfertigt. Zu berücksichtigen ist dabei die Systematik der Regelung, die grundsätzlich von einer Anpassung entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Renten ausgeht und nur im Ausnahmefall eine Abweichung zu Lasten der Betriebsrenten ermöglicht (so auch LAG Hamburg, Urteil vom 1. Juni 2017 – 7 Sa 96/16 -, juris, Rn. 62). Dies führt dazu, dass die Ausnahmebestimmung eng auszulegen ist. Nicht folgen kann die Kammer hingegen der Ansicht der Beklagten, jeder sachlich vertretbare und nicht willkürliche Grund genügt. Vielmehr bedarf es konkreter Gründe, die die wirtschaftliche Lage der Beklagten betreffen und die Übernahme der Anpassung der gesetzlichen Renten finanziell untragbar machen.
(aa) Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung. Vertretbar steht nach allgemeiner Definition dafür, dass etwas so geartet ist, dass man es gutheißen oder vertreten kann bzw. von einem bestimmten Standpunkt aus für berechtigt und gut halten kann (vgl. Drosdowski , Duden – Das große Wörterbuch der deutschen Sprache – 2. Aufl. 1995; Drosdowski , Duden – Bedeutungswörterbuch – 2. Aufl. 1985; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1984). Als Synonyme werden die Begriffe „legitim“, „tragbar“, „akzeptabel“ oder „verantwortbar“ verwendet (Drosdowski , Duden – Bedeutungswörterbuch – 2. Aufl. 1985; https://www…de/suchen/dudenonline/vertretbar).
Bei der Rechtsanwendung ist eine vertretbare Entscheidung eine solche, wenn sich nicht durch allgemein überzeugende Argumente erweisen lässt, dass die Lösungsmöglichkeit unrichtig ist und eine andere, konkurrierende Variante den Vorzug verdient (vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 7. Aufl. 1999, § 16 III.). Daher ist von einem Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot auch nur dann auszugehen, wenn ein Richterspruch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1934/93 -, juris, Rn. 49, stRspr).
Unvertretbar ist ein Ergebnis damit nur im Ausnahmefall und zwar dann, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände nicht hingenommen werden kann und sich als falsch erweist. Ob ein Festhalten an der vereinbarten Regelung zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt, kann nach dem Bundesgerichtshof nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2017 – IV ZR 126/16 -, juris, Rn. 22, m.w.N., zu § 313 Abs. 1 BGB).
(bb) Auch systematische Erwägungen sprechen für die Notwendigkeit einer Abwägung. Nach § 6 Nr. 1 AB-BVW besteht ein Anspruch auf Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Renten. In § 6 Nr. 2 AB-BVW wird ein Gleichlauf auch in zeitlicher Hinsicht angeordnet. Von diesem Anspruch kann nach § 6 Nr. 3 Satz 1 AB-BVW nur ausnahmsweise abgewichen werden. Auch wenn der Vorbehalt in § 6 Nr. 3 AB-BVW Teil der Zusage ist, handelt es sich dabei um die Regelung einer Ausnahme von einem grundsätzlich bestehenden Anspruch. Im Ergebnis ermächtigt diese Abweichungsbefugnis zu einem Eingriff in die Entwicklung laufender Leistungen. Dafür ist eine Abwägung der Änderungsgründe der Arbeitgeberin gegen die Bestandsschutzinteressen der Beschäftigten durchzuführen. Je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen werden soll, desto gewichtiger müssen die Gründe sein, die den Eingriff rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 27. August 1996 – 3 AZR 466/95 -, juris, Rn. 53, m.w.N.).
(cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auf Seiten der Arbeitgeberin jedoch nicht jeder willkürfreie, sachliche Grund herangezogen werden, um eine Abweichung zu rechtfertigen. Vielmehr können dies hier nur wirtschaftliche Gründe sein, so dass eine Abweichung nur möglich ist, wenn die Erfüllung der erhöhten Betriebsrentenansprüche die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beklagten überstiege.
Schon aus der Überschrift des § 6 AB-BVW unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich die Beschränkung der eine Abweichung tragenden Gründe. Ausweislich der Überschrift regelt diese Vorschrift die Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse. Dabei geht es einerseits um die wirtschaftlichen Verhältnisse, die für die einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer relevant sind, aber auch um die, die für die Beklagte von Bedeutung sind. Während es aus Sicht der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger darum geht, eine inflationsbedingte Abwertung ihrer Betriebsrenten zu vermeiden und ihre Bezüge an die allgemeine Teuerung anzupassen, geht es bei der Beklagten um die wirtschaftliche Zumutbar-keit im Sinne einer Finanzierbarkeit der Betriebsrentenanpassung. Entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 8. August 2017, S. 3 = Bl. 901 d.A.) bezieht sich die Überschrift nicht nur auf die grundsätzliche Anpassungsautomatik in § 6 Nr. 1 AB-BVW, sondern auf den gesamten Regelungskomplex des § 6 AB-BVW, wozu auch die hier streitbefangene Abweichungsmöglichkeit nach § 6 Nr. 3 AB-BVW zählt. Da es in § 6 AB-BVW mithin um die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Seiten geht, verfängt auch der Hinweis der Beklagten auf den Wortlaut von § 12 AB-BVW nicht. Darin geht es allein um das Recht der Beklagten zur Kürzung oder Einstellung der Leistungen, das u.a. für den Fall eingeräumt ist, dass sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so wesentlich verschlechtert, dass die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zumutbar ist.
Das Verständnis, dass nur Gründe, die die wirtschaftliche Lage der Beklagten betreffen eine Abweichung rechtfertigen können, findet eine Stütze zudem in der Regelungssytematik. Die Betriebsparteien sind mit der Kopplung der Gesamtversorgungsbezüge an die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung davon ausgegangen, dass die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Renten die Interessen der Beschäftigten sowie die der Beklagten angemessen berücksichtigt und damit den Regelfall darstellt. Damit gingen die Betriebsparteien davon aus, dass es für die Arbeitgeberseite grundsätzlich zumutbar ist, finanzielle Mittel im Umfang der Anpassung der gesetzlichen Rentenbezüge zur Verfügung zu stellen, um die Rentenleistungen der Berechtigten bedienen zu können. Eine Abweichung von dieser Anpassungsautomatik soll nur im Ausnahmefall gerechtfertigt sein. Der Ausnahmefall liegt demnach vor, wenn es der Beklagten als Verpflichteter nicht mehr möglich ist, die entsprechenden finanziellen Mittel zur Steigerung der Gesamtversorgungsbezüge aufzubringen. Damit geht es um wirtschaftliche Gründe, die die Finanzierbarkeit der betrieblichen Altersversorgung durch die Beklagte betreffen.
(b) Auch mit Blick auf die Regelung der Rechtsfolgen erweist sich § Nr. 3 Satz 1 AB-BVW als hinreichend bestimmt.
(aa) Mit der Formulierung „was nach seiner Auffassung geschehen soll“ eröffnen die AB-BVW den Organen der Beklagten einen Spielraum für die Leistungsbestimmung. Für diesen Fall sieht § 315 Abs. 1 BGB vor, dass diese Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist und damit eine angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erfordert (vgl. BAG, Urteil vom 19. März 2014 – 10 AZR 622/13 -, juris, Rn. 41; Urteil vom 12. Oktober 2011 – 10 AZR 746/10 -, juris, Rn. 26).
(bb) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen wird allerdings dadurch beschränkt, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beachten ist. Die Ausnahmeregelung in § 6 Nr. 3 AB-BVW ist auf Rechtsfolgenseite daher so aufzufassen, dass die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen durch die Beklagte unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts, konkret der mitbestimmten Verteilungsgrundsätze, zu erfolgen hat (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 1. Juni 2017 – 7 Sa 96/16 -, juris, Rn. 70 ff.).
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, ergibt sich das Recht des Betriebsrats, bei der Regelung von Fragen der betrieblichen Altersversorgung mitzubestimmen, wenn sich die Arbeitgeberin verpflichtet hat, selbst Versorgungsleistungen zu erbringen, aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dabei ist zu unterscheiden zwischen mitbestimmungsfreien unternehmerischen Grundentscheidungen und der konkreten Ausgestaltung der Leistungsordnung, die mitbestimmungspflichtig ist. Letzteres soll der Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Entgeltgefüges und der Wahrung der innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit dienen. Die Entscheidung der Arbeitgeberin, ob sie überhaupt betriebliche Altersversorgung gewährt und welche Mittel sie dafür zur Verfügung stellt, ist mitbestimmungsfrei. Die Arbeitgeberin muss den Betriebsrat nicht bei der Entscheidung beteiligen, welchen Dotierungsrahmen sie vorgibt. Mitbestimmungspflichtig sind demgegenüber alle Regeln, mit denen die zur Verfügung stehenden Mittel auf die Begünstigten verteilt werden. Dies gilt auch für die Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen. Die Reduzierung des Dotierungsrahmens ist häufig nicht zu trennen von der Aufgabe, die verbliebenen Mittel nach durchschaubaren und den Gerechtigkeitsvorstellungen der Betriebsparteien entsprechenden Kriterien auf die Begünstigten zu verteilen. Solche Eingriffe sind nur dann mitbestimmungsfrei, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen kein Verteilungsspielraum für die verbliebenen Versorgungsmittel bleibt, ein abweichender Leistungsplan also nicht aufgestellt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 21. Januar 2003 – 3 AZR 30/02 -, juris, Rn. 26, m.w.N.).
Dabei dürfen der Arbeitgeberin durch eine Betriebsvereinbarung gewisse Entscheidungsspielräume in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten eingeräumt werden. Der Betriebsrat kann aber über sein Mitbestimmungsrecht im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in der Weise verfügen, dass er in der Substanz auf die ihm gesetzlich obliegende Mitbestimmung verzichtet und er der Arbeitgeberin das alleinige Gestaltungsrecht über den mitbestimmungspflichtigen Tatbestand eröffnet (vgl. BAG, Urteil vom 26. April 2005 – 1 AZR 76/04 -, juris, Rn. 18).
(b) Unter Berücksichtigung dessen muss sich die Abweichung von der Anpassungsautomatik nach § 6 Nr. 1 AB-BVW darauf beschränken, dass die Beklagte von der Übernahme der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Gesamtversor-gungsbezüge befreit wird, nicht aber etwa die Zusammensetzung der Gesamtversor-gungsbezüge nach § 5 AB-BVW verändern, die Anpassung bei einzelnen Bestandteilen der Gesamtversorgungsbezüge oder zu einem anderen Zeitpunkt vornehmen kann.
Ginge man hingegen davon aus, dass die Arbeitgeberin bei ihrer Entscheidung völlig frei wäre, läge das alleinige Gestaltungsrecht über die Verteilungsgrundsätze bei der Arbeitgeberin. Damit läge – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – ein unzulässiger Verzicht auf das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Da bei der Auslegung – wie dargestellt – ein Verständnis zu Grunde zu legen ist, das zu einem gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt, ist von einem mitbestimmungsgerechten Normverständnis auszugehen (vgl. LAG Hamburg, a.a.O., Rn. 73 f.).
Dieser Auslegung stehen die unterschiedlichen Begriffe in § 6 AB-BVW nicht entgegen. Während Nr. 1 und Nr. 2 von „Anpassung“ sprechen, geht es in Nr. 3 um „Veränderung“ und in Nr. 4 um „Erhöhung“. Dabei ist der Begriff „Anpassung“ im Sinne von Veränderung zu verstehen. Denn § 6 Nr. 1 AB-BW regelt nichts anderes als die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Rentenansprüche. Die Regelung in § 6 Nr. 3 Satz 1 AB-BVW nimmt ausdrücklich Bezug auf Nr. 1 („Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1“), so dass auch der verwendete Begriff der Veränderung synonym für Anpassung steht. Dass in Nr. 4 der Begriff „Erhöhung“ verwendet wird, führt nicht dazu, dass die Begriffe „Anpassung“ nach Nr. 1 und 2 bzw. „Veränderung“ in Nr. 3 anders zu verstehen wären. Dies liegt schon daran, dass Nr. 4 mit der Pensionsergänzungszahlung ein anderes Bezugsobjekt aufweist. Unabhängig davon erfassen „Anpassung“ und „Veränderung“ als allgemeinere Begriffe neben einer möglichen Absenkung und einer Nullrunde auch die Erhöhung.
Ebenso wenig hindern die nach dem Wortlaut weitreichende Reaktionsmöglichkeit („was geschehen soll“) und die subjektive Komponente („nach seiner Auffassung“) die vorgenommene Auslegung. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik. Der Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat ersetzt gemäß § 6 Nr. 3 Satz 2 AB-BVW die Anpassung nach Nr. 1. Die Regelung in Nr. 2, die den Zeitpunkt der Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge regelt, bleibt von Nr. 3 unberührt. Hätte der Beschluss nach § 6 Nr. 3 AB-BVW einen anderen Inhalt als die Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge um einen von der gesetzlichen Rentenentwicklung abweichenden Prozentsatz – etwa eine Erhöhung der Pensionsergänzungsansprüche oder die Erhöhung zu einem anderen Zeitpunkt -, liefe die Regelung in Nr. 2, die sich nur auf die Erhöhung der Gesamtversor-gungsbezüge bezieht, leer bzw. stünde zu dem Beschluss sogar in Widerspruch. Auch der Umstand, dass die Betriebsparteien für eine Abweichung lediglich ein Anhörungsrecht des Gesamtbetriebsrats bzw. der örtlichen Betriebsräte vorgesehen, aber keine Zustimmung wie etwa in § 4 Nr. 1 B-BVW vorausgesetzt haben, spricht gegen die Annahme einer weiten Entscheidungskompetenz, die auch die der Mitbestimmung unterliegenden Verteilungsgrundsätze betrifft.
Das subjektive Element ist im Zusammenhang mit dem Vorschlagsrecht des Vorstands zu lesen und bringt zum Ausdruck, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat den Wert der Erhöhung vorschlägt, den er aus seiner Sicht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten für vertretbar hält.
bb) Mit dem im Wege der Auslegung gefundenen Inhalt begegnet die Regelung des § 6 Nr. 3 AB-BVW auch im Übrigen keinen Bedenken.
(1) Eine Prüfung der Regelung am Maßstab der §§ 305 ff. BGB, wie von der Klägerin anfangs vertreten, scheidet bereits mit Blick auf § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus.
(2) Die Regelung hält jedoch auch einer durchzuführenden Prüfung am Maßstab von Recht und Billigkeit stand.
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, können die Betriebsparteien durch Betriebsvereinbarun gen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen. Das Betriebsverfassungsgesetz geht nach seiner Konzeption von einer grundsätzlich umfassenden Kompetenz der Betriebsparteien zur Regelung materieller und formeller Arbeitsbedingungen aus. Dies folgt insbesondere aus § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG. Zwar dient diese Regelung in erster Linie der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie. Zugleich zeigt sie aber, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen oder den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zulassen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht. Allerdings unterliegt diese Regelungsbefugnis Binnenschranken. Die Betriebsparteien sind beim Abschluss ihrer Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden und damit auch zur Wahrung der grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte verpflichtet (vgl. BAG, Urteil vom 12. April 2011 – 1 AZR 412/09 -, juris, Rn. 19 f., m.w.N.).
(b) Durch die Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen – sowohl bei den tatbestandlichen Voraussetzungen der Abweichungsregelung als auch bei deren Rechtsfolgen im Rahmen des § 315 Abs. 1 BGB – können die grundrechtlich geschützten Positionen beider Seiten hinreichend berücksichtigt werden. Es kann dabei insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Betriebsrentnerinnen und -rentner ihre Leistungen bereits erbracht haben, andererseits aber für die Unternehmen die Notwendigkeit besteht, eine Anpassung an veränderte Umstände vornehmen zu können.
Nach der vorgenommenen Auslegung ist überdies sichergestellt, dass von der Anpassungsautomatik nach § 6 Nr. 1 AB-BVW nicht grundlos Gebrauch gemacht werden kann, sondern nur dann, wenn die Übernahme der Rentenentwicklung aus wirtschaftlichen Gründen nicht tragbar ist und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beklagten übersteigt.
Die Abweichungsbefugnis erweist sich damit entgegen der Auffassung der Klägerin als verhältnismäßig.
b) Dieses Normverständnis zu Grunde gelegt, erweisen sich die Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten vom 26. August und 9. Oktober 2015 sowie vom 20. und 22. Juni 2016 als unwirksam, weil die Voraussetzungen für eine Abweichung nicht vorliegen und sich die Beschlüsse nicht auf einen von der gesetzlichen Rentenentwicklung abweichenden Prozentsatz bei der Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge beschränken.
aa) Es fehlt schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entkopplung der Gesamtversorgungsbezüge von der Entwicklung der gesetzlichen Renten. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit den Erhöhungen entsprechend denen in der gesetzlichen Rentenversicherung entgegenstünde.
(1) Dem Vortrag kann nicht entnommen werden, warum nur die vorgenommenen Anpassungen in Höhe von jeweils 0,5% statt der 2,0972% bzw. 4,2451% finanziell verkraftbar sind. Die Beklagte gibt zwar an, dass im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 Einsparungen in Höhe von € 739.536,00 und im Zeitraum 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 Einsparungen in Höhe von € 1.219.596,00 zu verzeichnen seien (vgl. Bl. 606 d.A.). Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit lassen sich daraus jedoch nicht ziehen. Soweit die Beklagte dem – zugegeben auf den Konzern bezogenen -Vortrag der Klägerin, die Unternehmen der C.-Gruppe hätten Gewinne erwirtschaftet, einwendet, dass die Zahlen aufgrund langjähriger Entwicklungen nur begrenzt aussagefähig seien, stellt sie dem allerdings kein das Gegenteil bezeugendes aussagekräftiges Zahlenmaterial zur Verfügung.
(2) Nichts anderes gilt für die Ausführungen der Beklagten zum schwierigen Marktumfeld. Ein solches mag zwar durchaus gegeben sein. So beruft sich die Beklagte u.a. auf die geringste Überschussbeteiligung, die der C.-Konzern unter den zehn größten Anbietern von Lebensversicherungen bietet und auf die Notwendigkeit, wegen der Niedrigzinsphase eine Zinszusatzreserve zu bilden, auf gesetzlichen Vorgaben und Solvency II, ein Projekt der Europäischen Kommission, auf die schwache konjunkturelle Entwicklung und die steigenden Kundenanforderungen sowie auf daraus resultierende betriebliche Herausforderungen im Branchenumfeld. Abgesehen davon, dass es sich insoweit um sehr pauschale Erwägungen handelt, wird nicht deutlich, inwiefern diese Umstände konkret die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten in der Weise tangieren, dass die Übernahme der Erhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung finanziell nicht verkraft bar wäre. Hinzu kommt, dass sich die Erwägungen überwiegend auf den C.-Konzern insgesamt, nicht aber auf die Beklagte als Versorgungsschuldnerin beziehen.
(3) Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte auch mit dem von ihr herangezogenen Konzept „XY“ unter Schilderung zahlreicher Einzelmaßnahmen nicht reüssieren. Mit diesem Konzept soll die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit im Konzern sichergestellt werden. Auch insofern ist lediglich ein Konzernbezug hergestellt, nicht aber der bei § 6 Nr. 3 AB-BVW erforderliche konkrete Bezug zur Beklagten als Versorgungsschuldnerin. Zudem geht aus dem Vortrag der Beklagten nicht hervor, dass nur aufgrund dieses Konzepts die Leistungsfähigkeit der Beklagten erhalten werden kann, um die Betriebsrentenansprüche der Leistungsempfängerinnen und -empfänger weiter zu bedienen.
(4) Die von der Beklagten angeführte Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung im Konzern mag einen sachlichen Grund zur Rechtfertigung von Eingriffen in eine bestehende betriebliche Altersversorgung darstellen. Unabhängig davon, dass hier nicht erkennbar ist, worin das Interesse an der Vereinheitlichung genau liegt und welches Gewicht ihm zukommt (vgl. BAG, Urteil vom 24. Januar 2006 – 3 AZR 483/04 -, juris, Rn. 52), kann daraus – jedenfalls nicht ohne weitere Darlegungen – ein Bezug zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten hergestellt werden. Die Schilderungen zur durchschnittlichen Jahresrente in den Münchener Versorgungen (vgl. Bl. 610 d.A.) erlauben keine dahingehende Schlussfolgerungen.
bb) Selbst wenn aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abweichung von der Entwicklung der gesetzlichen Renten gegeben wäre, rechtfertigt dies nicht die vorgenommene Anpassung der Pensionsergänzungszahlung. Die Beklagte bewegt sich mit dieser Entscheidung außerhalb des ihr durch § 6 Nr. 3 AB-BVW eröffneten Entscheidungsspielraums.
Wie oben dargestellt, ist der Änderungsvorbehalt in § 6 Nr. 3 AB-BVW so aufzufassen, dass auf Rechtsfolgenseite nur ein von der gesetzlichen Rentenentwicklung abweichender Faktor für die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge in Betracht kommt. Mit der Anpassung der Pensionsergänzungsansprüche um jeweils 0,5%verlässt die Beklagte den mitbestimmten Rahmen für abweichende Anpassungen und stellt neue Verteilungsgrundsätze des zur Verfügung gestellten Budgets auf.
Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argumentation, bei einer Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge um 0,5% wäre es zu einem Stagnieren oder Absinken der auszuzahlenden Pensionsergänzung gekommen, verfängt nicht. Aufgrund der nach § 5 Nr. 1.1 AB-BVW einzubeziehenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der dortigen Erhöhung beschreibt die Beklagte zutreffend ein mögliches Szenario. Sie bleibt allerdings schuldig, warum es nicht möglich gewesen wäre, einen entsprechend reduzierten Faktor bei den Gesamtversorgungsbezügen anzusetzen, der einerseits die wirtschaftliche Situation aus ihrer Sicht abgebildet und trotz der Erhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erhöhung der Pensionsergänzungsansprüche geführt hätte.
Ebenso wenig verfängt die Argumentation, dass die Betriebsrentnerinnen und -rentner aufgrund der Anpassungsentscheidungen nach denselben Maßstäben beurteilt worden seien. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang, dass allen Leistungsbeziehenden dieselbe prozentuale Erhöhung ihrer Pensionsergänzung zuteil wurde. Unbeachtet bleibt dabei allerdings, dass es bei der in § 6 Nr. 1 AB-BVW vorgesehenen Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge zu prozentual unterschiedlichen Anhebungen der Pensionsergänzungen – abhängig von der Höhe der einzelnen Komponenten nach § 5 Nr. 1 AB-BVW – gekommen ist und kommt. Die Vereinheitlichung des Anpassungsfaktors bei der Pensionsergänzung führt dazu, dass bestimmte Beschäftigte einen größeren Anteil am zur Verfügung gestellten Budget für die Anpassungen erhalten als andere, womit in die Verteilung des Budgets eingegriffen wird.
3. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge der Klägerin nach § 6 Abs. 1 AB-BVW führt unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen dazu, dass der Klägerin ab 1. Juli 2015 monatliche Zahlungen in Höhe von weiteren € 23,01 brutto zustehen.
a) Nach § 1 Abs. 1 RWBestV 2014 betrug der aktuelle Rentenwert ab dem 1. Juli 2014 € 28,61. Dieser wurde durch § 1 Abs. 1 RWBestV 2015 auf € 29,21 erhöht. Der An stieg um € 0,60 bedeutet eine Erhöhung um 2,097168822% (€ 0,60 dividiert durch € 28,61 mal 100). Unter Berücksichtigung von § 121 Abs. 1 SGB VI, wonach Berechnungen auf vier Dezimalstellen durchgeführt werden, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist, ergibt sich damit ein Faktor von 2,0972%.
b) Bei der Berechnung der Pensionsergänzungsansprüche können die der Klägerin monatlich gewährten Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach § 5 Nr. 1.1 AB-BVW Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind, außer Betracht bleiben. Die von der Klägerin und von der Beklagten ausdrücklich nicht beanstandete Berechnungsweise, dass die bisher geleisteten Zahlungen aus der Versorgungskasse und den Pensionsergänzungszahlungen, die sog. E.-Rente, um den jeweiligen Faktor erhöht werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies bestätigt die angestellte Vergleichsberechnung, die von Gesamtversorgungsbezügen in Höhe von € 4.000,00, davon Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von € 1.500,00, aus der Versorgungskasse in Höhe von € 500,00 und einer Pensionsergänzung in Höhe von € 2.000,00, ausgeht.
Bei einer Rentenerhöhung um 2% ergäben sich Gesamtversorgungsbezüge in Höhe von € 4.080,00 und gesetzliche Rentenansprüche in Höhe von € 1.530,00. Unter Berücksichtigung der unveränderten Leistungen aus der Versorgungskasse ergäben sich Pensionsergänzungsansprüche in Höhe von € 2.050,00 (€ 4.080,00 minus € 1.530,00 minus € 500,00), so dass eine Erhöhung um € 50,00 geschuldet wäre.
Erhöht man – nach dem anderen Rechenweg – lediglich die bisherigen Leistungen aus der Versorgungskasse und die bisherige Pensionsergänzungszahlung um den Faktor, ergibt sich folgendes Bild: Dies Summe aus Leistungen der Versorgungskasse (€ 500,00) und Pensionsergänzung (€ 2.000,00) beläuft sich auf € 2.500,00. Bei einer Erhöhung um den Faktor 2% ergibt sich ein Betrag in Höhe von € 2.550,00 und mithin eine Erhöhung der Zahlung um € 50,00.
c) Bei einer Summe aus Leistungen der Versorgungskasse und auf Pensionsergänzung zum 30. Juni 2015 in Höhe von € 1.335,55 brutto (€ 336,48 plus € 999,07) ergibt sich unter Zugrundelegung des Faktors von 2,0972% eine Erhöhung um € 28,01 brutto, was zu einem Zahlungsanspruch ab 1. Juli 2015 in Höhe von insgesamt € 1.363,56 brutto führt. Unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen in Höhe von monatlich € 1.340,55 brutto, womit Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, besteht ein monatlicher Zahlungsanspruch für die Zeit ab 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 in Höhe von € 23,01 brutto. Kumuliert für zwölf Monate ergibt sich der vom Arbeitsgericht zutreffend ermittelte und unter Ziffer III. tenorierte Betrag in Höhe von € 276,12 brutto.
4. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge der Klägerin nach § 6 Abs. 1 AB-BVW führt unter Berücksichtigung der bereits geleisteten und unstreitigen Zahlungen dazu, dass der Klägerin ab 1. Juli 2016 monatliche Zahlungen in Höhe von weiteren € 74,15 brutto zustehen.
a) Mit § 1 Abs. 1 RWBestV 2016 wurde der aktuelle Rentenwert von € 29,21 auf € 30,45 erhöht. Der Anstieg um € 1,24 bedeutet eine Erhöhung um 4,245121534% (€ 1,24 dividiert durch € 29,21 mal 100). Unter Berücksichtigung von § 121 Abs. 1 SGB VI, wonach Berechnungen auf vier Dezimalstellen durchgeführt werden, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist, ergibt sich damit ein Faktor von 4,2451%.
b) Bei einer Summe aus Leistungen der Versorgungskasse und auf Pensionsergänzung zum 30. Juni 2015 in Höhe von € 1.363,56 brutto ergibt sich unter Zugrundelegung des Faktors von 4,2451% eine Erhöhung um € 57,88 brutto, was zu einem Zahlungsanspruch ab 1. Juli 2015 in Höhe von insgesamt € 1.421,44 brutto führt. Unter Berücksichtigung der ab 1. Juli 2016 geleisteten Zahlungen in Höhe von monatlich € 1.347,29 brutto, womit Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, besteht ein monatlicher Zahlungsanspruch für die Zeit ab 1. Juli 2016 in Höhe von € 74,15 brutto.
Für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 30. November 2016 ergibt sich kumuliert für fünf Monate ein Betrag in Höhe von € 370,75 brutto. Auf diesen Betrag ist das erstinstanzliche Urteil in Ziffer II. abzuändern.
Für die Zeit ab 1. Dezember 2016 hat die Klägerin mithin einen Anspruch auf Zahlung von € 74,15 brutto über den unstreitigen Betrag in Höhe von € 1.347,29 brutto hinaus. Dahin gehend ist das erstinstanzliche Urteil in Ziffer I. zu ändern. Unberührt hiervon sind eventuelle Anpassungsansprüche zum 1. Juli 2017, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.
5. Da die monatlichen Rentenzahlungen aufgrund des unstreitigen Parteivortrags jeweils zum ersten Kalendertag des laufenden Monats fällig werden (Sitzungsniederschrift vom 7. September 2017, S. 2 = Bl. 974 d.A.), bestehen Ansprüche auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 247 Abs. 1 BGB ab dem Zweiten eines jeden Kalendermonats.
Da es sich vorliegend nicht um eine Leistungsbestimmung durch Gestaltungsurteil nach § 315 Abs. 3 BGB handelt, tritt die Fälligkeit nicht erst mit Rechtskraft des Urteils ein (vgl. zur Fälligkeit bei Leistungsbestimmung durch Gestaltungsurteil: BAG, Urteil vom 27. Januar 2016 – 4 AZR 916/13 -, juris, Rn. 38 f.).
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Beklagten fallen als mit dem Rechtsmittel im Wesentlichen unterliegender Partei die Kosten des Rechtsmittels zu Last. Soweit aufgrund von Rundungsdifferenzen eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils veranlasst war, betrifft dies eine geringfügigen Anteil, der nicht zu höheren Kosten geführt hat. Die Kosten des Berufungsverfahrens können damit in vollem Umfang der Beklagten auferlegt werden.
C.
Die Revision ist für die Beklagte nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Für die Klägerin ist die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG zulassen sollte.