Baurecht

Kein Gebietserhaltungsanspruch bei Nutzungsänderung eines Hotels in ein Asylbewerberheim

Aktenzeichen  15 ZB 16.2392

Datum:
23.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133253
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34, § 35
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 7

 

Leitsatz

Es ist unerheblich, ob sich ein Bauvorhaben bezüglich der Nutzungsänderung eines Hotels in ein Asylbewerberheim bauplanungsrechtlich im Außenbereich oder im Innenbereich befindet, weil in beiden Fällen kein Gebietserhaltungsanspruch geltend gemacht werden kann. Ein solches Bauvorhaben ist als Anlage für soziale Zwecke (mit wohnähnlichem Charakter) ohne Weiteres auch in einem Dorfgebiet (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO iVm § 34 Abs. 2 BauGB) planungsrechtlich zulässig. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 K 15.1188 2016-09-27 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (Nutzungsänderung eines Hotels in ein Asylbewerber-/Flüchtlingsheim).
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die auf Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids gerichtete Klage mit Urteil vom 27. September 2016 abgewiesen. Die Baugenehmigung verletze weder einen Anspruch der Klägerin auf Gebietserhaltung noch das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weise außerdem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei nur unzureichend ermittelt worden. Das Bauvorhaben (mit 120 Asylbewerbern) sei in der konkreten Umgebung „überdimensioniert“ und verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Es liege auch ein „Ermessensfehlgebrauch“ vor, weil das Landratsamt ein Schreiben der Landtagspräsidentin nicht hinreichend berücksichtigt habe. Schließlich sei auch das Brandschutzkonzept unvollständig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 27. Dezember 2016 und 16. März 2017 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin wird durch die Genehmigung des Bauvorhabens des Beigeladenen nicht in ihren Rechten verletzt. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist zu bemerken:
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt. Für die gerichtliche Entscheidung ist es unerheblich, ob sich das Bauvorhaben des Beigeladenen bauplanungsrechtlich im Außenbereich (§ 35 BauGB) oder im Innenbereich (§ 34 BauGB) befindet, weil die Klägerin – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – in beiden Fällen keinen Gebietserhaltungsanspruch geltend machen kann. Das Bauvorhaben ist als Anlage für soziale Zwecke (mit wohnähnlichem Charakter) ohne weiteres auch in einem Dorfgebiet (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) planungsrechtlich zulässig. Das Bauvorhaben ist in der konkreten Umgebung auch keineswegs „überdimensioniert“, weil es – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – keine bauliche Erweiterung des vorhandenen Gebäudebestands voraussetzt, sondern sich in deren Nutzungsänderung erschöpft.
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass das Bauvorhaben ebenso das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt und die Klägerin, welche unmittelbar lediglich mit einem eigenen landwirtschaftlich genutzten (nicht bebauten) Grundstück das Baugrundstück punktförmig berührt, durch das Bauvorhaben auch sonst nicht in ihren Rechten verletzt wird. Dies gilt sowohl – worauf bereits das Verwaltungsgericht hinweist – bezüglich des Brandschutzkonzepts, welches Bestandteil der Baugenehmigung ist als auch in Bezug auf die Antwort des Bayerischen Landtags auf eine Landtagspetition der Klägerin. Von einem „Ermessensfehlgebrauch“ des Landratsamts kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein, weil es sich bei der Erteilung der Baugenehmigung um eine gebundene und keine im Ermessen stehende Entscheidung des Landratsamts handelt.
2. Die Rechtssache weist nach alledem auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, weil er keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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