Aktenzeichen 3 U 117/17
Leitsatz
Die Werbeaussagen “Ernährung der Haut”, Förderung des “Stüztgerüstes unserer Haut” und “Ernährung der Collagenstränge” in der Werbung für ein Lebensmittel sind spezielle gesundheitsbezogene Angaben, deren wissenschaftliche Absicherung überprüft werden kann. (Rn. 6) (red. LS Dirk Büch)
Verfahrensgang
3 U 117/17 2017-09-25 Hinweisbeschluss OLGBAMBERG OLG Bamberg
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 20.06.2017, Az. 1 HKO 46/17, wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig
zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Ersturteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,- € festgesetzt.
Gründe
1. Die zulässige Berufung der Beklagten ist durch einstimmigen Beschluss des erkennenden Senats ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, weil sie ohne jedwede Aussicht auf Erfolg und somit offensichtlich unbegründet ist.
Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 25.09.2017, in welchem auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen worden ist, in vollem Umfang Bezug genommen. Die dagegen vorgebrachten Einwände im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 13.10.2017 geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Hierzu ist lediglich noch auszuführen:
Wie im Hinweisbeschluss vom 25.09.2017 dargelegt, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit von auf spezifischen Vorteilen bezogenen gesundheitsbezogenen Angaben, die in der insoweit zentralen Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 HCVO genannt sind, vom Verwender darzulegen und im Bestreitensfall auch zu beweisen (BGH, Urteil vom 17.01.2013, Az.: BGH I ZR 5/12 Rn. 18; siehe hierzu auch OLG Bamberg, Urteil vom 12.02.2014, Az.: 3 U 192/13 = WRP 2014/609 und OLG Bamberg, Urteil vom 14.01.2015, Az.: 3 U 176/14 = GRUR-RR 2015, 222 Rn. 108 ff sowie OLG Bamberg, Beschluss vom 08.08.2017, Az.: 3 U 91/17).
Die hier angegriffene Werbung beinhaltet gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO. Der von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO vorausgesetzte Zusammenhang ist weit zu verstehen. Er erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs des Lebensmittels -Nahrungsergänzungsmittels – nahelegt (OLG Celle, Beschluss vom 24. November 2016 – 13 U 91/16, juris Rn. 38). Werbung, die sich nur auf das allgemeine Wohlbefinden bezieht, ist hingegen nicht gesundheitsbezogen.
Für die Abgrenzung zwischen speziellen und nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben kommt es darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung überprüft werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 07. April 2016 – I ZR 81/15 – -, juris Rn. 24 in Fortführung von BGH GRUR 2016, 412 Rn. 26 – Lernstark).
Bei der Abgrenzung ist von dem Gesamteindruck des Werbemittels auszugehen. Einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung dürfen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden (vgl. OLG Celle, a.a.O., Rn. 41; OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. August 2015 – I-2 U 11/15, juris Rn. 74). Nach den Werbeaussagen der Beklagten soll die Funktion der Haut positiv beeinflusst werden. Wie im Hinweisbeschluss bereits ausgeführt, bewirbt die Verfügungsbeklagte die „Ernährung der Haut“, die Förderung des „Stützgerüstes unserer Haut“ und die „Ernährung der Collagenstränge“. In dem Zusammenhang wird behauptet, die Struktur der Haut breche, wenn die „Collagenstränge nicht ernährt werden“. Diese Behauptungen sind, auch wenn der Zusammenhang nur in allgemein gehaltenen Begriffen umschrieben wird, als spezielle gesundheitsbezogene Angaben anzusehen, deren wissenschaftliche Absicherung überprüft werden kann. Es wird ein bestimmter Wirkungszusammenhang zwischen dem Produkt der Beklagten und der Funktion der Haut hergestellt. Dabei ist es unerheblich, dass die Beklagte kein medizinisch, sondern ein eher umgangssprachliches Vokabular verwendet hat (vgl. BGH, Urteil vom 07. April 2016, a.a.O., Rn. 26).
Soweit die Beklagte auf die Wirkungsweise von Vitamin C abstellt, ist sie darauf zu verweisen, dass sie das Produkt „C. F.“ mit den genannten Aussagen beworben hat. Gesundheitsbezogene Angaben dürfen aber nur für den jeweiligen Nährstoff, die Substanz oder das Lebensmittel gemacht werden, für die sie zugelassen sind, nicht jedoch für das Lebensmittelprodukt, das diese enthält (Senatsurteil WRP 2014, 609 ff.).
Die Berufung der Beklagten ist daher zurückzuweisen.
2. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Senat setzt sich mit seiner Entscheidung nicht in Widerspruch zur Entscheidung anderer Oberlandesgerichte oder Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Rechtsstreit ist geprägt durch die Besonderheiten des Einzelfalls, die ihre Grundlagen im tatsächlichen Geschehen haben. Eine über den Einzelfall hinausgehende Wirkung kommt ihm nicht zu.
Eine mündliche Verhandlung ist in der vorliegenden Sache ebenfalls nicht geboten. Es ist auszuschließen, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen. Die vorliegende Entscheidung enthält auch keine Gesichtspunkte, die nicht bereits Gegenstand einer mündlichen Verhandlung waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.