IT- und Medienrecht

Übernahme der Kosten für eine Bandscheibenmatratze

Aktenzeichen  L 11 AS 588/17

Datum:
17.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 129776
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 20 Abs. 2, § 21 Abs. 6, § 24 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Wurde mit Leistungen nach dem SGB II bereits schon einmal ein Ausstattungsgegenstand angeschafft, handelt es sich im Wiederholungsfall nicht erneut um eine Erstbeschaffung. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Kosten für ein nicht vom Leistungsträger angefordertes ärztliches Attest sind von diesem nicht zu erstatten. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ist einem Leistungsempfänger trotz Hausverbots das Betreten des Dienstgebäudes zu im Leistungszusammenhang stehenden Belangen möglich, hat dieser keinen Anspruch auf Benennung eines neutralen Orts für Gespräche mit Mitarbeitern des Leistungsträgers. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 13 AS 1269/16 2017-07-12 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 – S 13 AS 1269/16 – wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144, 145, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Insbesondere übersteigen die vom Kläger geltend gemachten Kosten für eine Matratze den Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage auf Kostenübernahme für eine harte (Bandscheiben-)Matratze und die Kosten für das Attest ebenso abgewiesen wie die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Benennung eines Ortes für künftige Gespräche.
Der Senat konnte durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG). Das Einverständnis der Beteiligten hierzu ist nicht erforderlich; das Vorbringen des Klägers führt nicht zur Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung.
Eine Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten für die vom behandelnden Arzt für erforderlich gehaltene harte (Bandscheiben-)Matratze findet sich nicht. Bei der Anschaffung einer Matratze handelt es sich um einen einmaligen, nicht aber um einen laufenden Bedarf i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II. Es handelt sich auch nicht um einen vom Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 SGB II nicht umfassten Bedarf im Sinne der abschließenden Aufzählung des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II, wobei vorliegend vom behandelnden Arzt – wie bereits 2008 – auch lediglich eine harte Matratze empfohlen wird, nicht jedoch eine „orthopädische“ Matratze. Normale Matratzen aber gibt es in verschiedenen Härtegraden (vgl. dazu unter www.wikipedia.de unter dem Begriff „Matratze“; Kauf von Matratzen durch den Kläger 2008). Den Begriff „orthopädische Matratze“ hat der behandelnde Arzt nicht erwähnt und dieser Begriff ist auch nicht speziellen Matratzen zugeordnet. Somit gehört eine (harte) Matratze zu der üblichen Ausstattung einer Wohnung, die aus dem Regelbedarf zu finanzieren ist (vgl. § 5 Abs. 1 Abteilung 4, Abteilung 5 des Gesetzes zur Ermittlung des Regelbedarfes nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Regelbedarf – Ermittlungsgesetz – in der Fassung vom 22.12.2016), es sei denn, es handle sich um eine Erstausstattung der Wohnung im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Eine Erstausstattung mit einer Matratze ist aber vorliegend nicht gegeben, denn der Kläger hatte bereits 2008 nach Vorlage eines identischen Attestes des behandelnden Arztes die Kosten für zwei 90 x 200 cm große Matratzen (Kaufvertrag vom 06.11.2008 über zwei 7-Zonen-Kaltschaummatratzen je 199,00 EUR) bewilligt erhalten (vgl. Bescheid vom 16.12.2008). Die nunmehr begehrte Matratze stellt somit eine Ersatzbeschaffung, nicht aber eine Erstausstattung dar. Dafür, dass seine bisher verwendete Matratzen aufgrund außergewöhnlicher Umstände abhandengekommen seien (vgl. dazu von Boetticher in LPK-SGB II, 6. Auflage, § 24 Rn. 25; vgl. auch Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 24 Rn. 93ff), fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Kläger bewohnt seine Wohnung seit 2008. Ein Erhaltungsbzw. Ergänzungsbedarf – wie vorliegend – ist von der Erstausstattung abzugrenzen. Solche Bedarfe sind nach der gesetzlichen Konzeption über den Ansparbetrag nach § 20 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 SGB II zu decken, bei einem unabweisbaren Bedarf notfalls über ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II (vgl. zum Ganzen: von Boetticher a.a.O. Rn. 26, Blüggel a.a.O. Rn. 94, 95). Ein solches begehrt der Kläger jedoch bislang nicht.
Die Kosten für das Attest vom 01.09.2015 in Höhe von 10,00 EUR sind ebenfalls nicht zu übernehmen, denn auch hierfür findet sich keine Rechtsgrundlage. Der Kläger hat dieses Attest zusammen mit seinem Antrag vom 03.09.2015 auf Kostenübernahme bezüglich der Matratze vorgelegt. Er ist hierzu vom Beklagten aber nicht aufgefordert worden (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-), wobei selbst dann eine Kostenerstattung nicht in Betracht käme (vgl. § 65a SGB I).
Die Klage auf Benennung eines Ortes für künftige Gespräche mit dem Beklagten stellt eine allgemeine Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG dar, da ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen braucht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12.Aufl., § 54 Rdnr. 41). Für eine solche allgemeine Leistungsklage fehlt es aber am Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Keller a.a.O. Rdnr. 41b), so dass sie unzulässig ist. Beim Rechtsschutzbedürfnis ist auf die Frage abzustellen, ob angesichts der besonderen Umstände des Falls die Klageerhebung deshalb nicht erforderlich ist, weil der Kläger seine Rechte auf einfachere Weise verwirklichen kann oder die Klage aus anderen Gründen unnütz ist. Es fehlt ausnahmsweise, wenn unzweifelhaft ist, dass das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde. Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch, wenn das angestrebte Ziel auf einfachere Weise erreicht werden kann (vgl. zum Ganzen: Keller a.a.O. Vor § 51 Rdnr. 16a). Ziel des Begehrens des Klägers nach Benennung eines Ortes für künftige Gespräche ist die Möglichkeit, mit dem Beklagten (mündlich) in Kontakt zu treten. Dieses Ziel kann er jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles auf einfachere Art und Weise erreichen, nämlich durch schriftliche Anmeldung. Zwar ist das erteilte Hausverbot, das der Kläger nicht angegriffen hat und das er auch nicht angreifen wollte, nicht mit der Einschränkung erteilt worden, dass ein Betreten des Dienstgebäudes des Beklagten nach Aufforderung oder schriftlicher Anmeldung möglich sei – die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten finden sich nicht im Verfügungssatz des erteilten Hausverbotes, sondern wurden lediglich als Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung erwähnt -, der Beklagte hat aber im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens zu erkennen gegeben, dass er für diese Fälle ein Betreten des Dienstgebäudes nicht als Verletzung des Hausverbotes ansehen würde; er hat damit aber einen Ort für künftige Gespräche bereits genannt, so dass dem Begehren des Klägers bereits entsprochen wurde. Zudem hat der Kläger die Erteilung des Hausverbotes durch sein unangemessenes Verhalten selbst herbeigeführt; er kann durch angemessenes Verhalten erreichen, das Dienstgebäude wieder betreten zu dürfen. Die Benennung eines Ortes für Gespräche mit dem Beklagten würde auch weder die rechtliche noch die wirtschaftliche Stellung des Klägers verbessern, denn er kann zu klärende Fragen mit dem Beklagten schriftlich, telefonische oder nach Anmeldung klären. Nach alldem bedarf es vorliegend nicht (mehr) der Inanspruchnahme des Gerichts, der Kläger kann das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreichen. Auf die Frage, ob es dem Kläger nur darum geht, die Ressourcen der Verwaltung und des Gerichts zu beanspruchen (vgl. Keller a.a.O. Vor § 51 Rdnr. 17c) braucht daher vorliegend nicht eingegangen zu werden.
Die vom Kläger monierte verspätete Entscheidung des SG über den Antrag auf Bewilligung von PKH – soweit vorliegend bisher überhaupt eine solche getroffen wurde – bzw. Nichteinhaltung von Ladungsfristen hat für die Entscheidung über die Berufung keine Bedeutung.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht erkennbar.

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