Aktenzeichen 3 U 4833/15
BGB BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 204 Abs. 2 S. 1, § 280 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 442 Abs. 1, § 444, § 634a Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
1 Wer einen Bausachverständigen zur Besichtigung eines Hauses hinzuzieht, kann erwarten, dass dieser die sichtbaren Schadensbilder entsprechend bewertet und in seinen Rat mit einbezieht. Auch wenn eine nur oberflächliche Besichtigung und keine eingehende Untersuchung des möglichen Kaufobjekts vereinbart wird, schuldet der Bausachverständige eine „gewissenhafte“ Beurteilung des Kaufobjekts auf der Grundlage der bei einer nur oberflächlichen Besichtigung zu gewinnenden Erkenntnisse. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2 Diese Begutachtung stellt sich nicht als Planungs- oder Überwachungsleistung im Sinne von § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB dar, weshalb nach § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB von einer dreijährigen Verjährung gemäß § 195 BGB auszugehen ist, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger hiervon Kenntnis erlangt hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Für den Erlass eines Grundurteils ist es ausreichend, dass eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der bestehende Anspruch sich betragsmäßig nicht auf Null errechnet. Diese Wahrscheinlichkeit muss so beschaffen sein, dass es prozessökonomisch sinnvoll ist, den Streit über den Anspruchsgrund „vor die Klammer” zu ziehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
7 O 2813/14 2015-11-27 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27.11.2015 (Az.: 7 O 2813/14) dahingehend abgeändert, dass die Klage im Hinblick auf beide Beklagte dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
II. Das Verfahren wird zur Bestimmung der Höhe der dem Kläger zustehenden Ansprüche an das Landgericht Traunstein zurückverwiesen. Dort wird auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden sein.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO)
Der zulässigen Berufung ist ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.
A. Zum Anspruch gegen den Beklagten zu 1) dem Grunde nach 1) Unstreitig ist zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Kläger ein entgeltlicher Vertrag zustande gekommen, mit dem sich der Beklagte zu 1) zur Besichtigung des Kaufobjekts und Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme in seiner Eigenschaft als Bausachverständiger verpflichtet hat. In der vom Beklagten zu 1) ausgestellten Rechnung (K 2) heißt es hierzu: „hier: Kosten der Gutachtertätigkeit, Besichtigung mögliches Kaufobjekt“. Die Darlegungen in der Berufungserwiderung des Beklagten zu 1) er habe keine „gewissenhafte“ Begutachtung geschuldet, ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn, auch wenn ersichtlich von den Parteien eine nur oberflächliche Besichtigung und keine eingehende Untersuchung des möglichen Kaufobjekts gewollt gewesen sein kann. Selbstredend schuldete der Beklagte zu 1) eine „gewissenhafte“ Beurteilung des Kaufobjekts auf der Grundlage der bei einer nur oberflächlichen Besichtigung zu gewinnenden Erkenntnisse.
2) Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung durch das Landgericht hat der Beklagte zu 1) auch nicht in Abrede gestellt, dass er dem Kläger im Hinblick auf den von ihm vorgefundenen Zustand des Deckenputzes keine Warnhinweise erteilt hat. Er gab vielmehr an, er habe am Deckenputz nichts Auffälliges festgestellt. Wohl habe er Nachbesserungen festgestellt, aber um diese hätten sich keine Risse gebildet. Von Nachfrage vor Ort berichtete der Beklagte zu 1) nichts. Er habe einen ganz typischen alten Deckenputz vorgefunden.
3) Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme hätte der Beklagte zu 1) als Sachverständiger erkennen können, dass der Zustand der Decke und insbesondere die auch vom Beklagten zu 1) angesprochene Nachbesserung zu weiteren Erkundigungen Anlass geboten hätte. Der Sachverständige verweist darauf, dass sich Nachfragen zum Anlass der Ausbesserungen aufgedrängt hätten und die Gefahr von herabfallendem Putz für sich im Raum befindliche Personen die Empfehlung von Bauteilöffnungen erfordert hätte. Bei dieser Einschätzung blieb der Sachverständige auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung durch den Senat im Termin vom 19.07.2017. Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen hierzu hegt der Senat nicht. Der Sachverständige hat ein in sich stimmiges und plausibles schriftliches Gutachten erstellt. Er hat im Rahmen seiner kritischen Befragung namentlich durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) seine Feststellungen selbstkritisch reflektiert und erweckte nicht den Eindruck, an dem zuvor schriftlich festgehaltenen Ergebnis seiner Erhebungen um jeden Preis festhalten zu wollen. Dem Sachverständigen war auch, das ergibt sich sowohl aus dem schriftlichen Gutachten als auch aus seinen Angaben bei der mündlichen Anhörung, bewusst, dass der Beklagte zu 1) nicht den Zustand vorgefunden haben muss, den der Zeuge E. geschildert hat und insbesondere das zur Befestigung des Putzes verwendete Schilf bei der Besichtigung durch den Beklagten zu 1) nicht frei lag. Er stellte bei seiner Beurteilung der an ihn gerichteten Fragen auf das Vorhandensein von Ausbesserungen und Rissen ab. Dass solche vorhanden und sichtbar waren, ist unstreitig. Zweifel an der Sachkunde des von der IHK für München und Oberbayern für Schäden an Gebäuden öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen sind ebenfalls nicht begründbar.
4) Insoweit geht der Senat von einer Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1) nicht schuldhaft gehandelt hat, sind nicht erkennbar. Insbesondere erfolgt aus dem Umstand, dass er seine Begutachtung nur mündlich vorgenommen hat, nicht, dass er die von einem Bausachverständigen zu erwartende Sorgfalt deshalb nur in geringerem Umfang bei der Besichtigung hätte wahrnehmen dürfen. Zu prüfen war in diesem Zusammenhang auch, ob die „kosmetischen Ausbesserungsarbeiten, die die Beklagte zu 2) am Deckenputz veranlasst hatte, die Erkennbarkeit der diesbezüglichen Problematik für den Beklagten zu 1) als Bau-Sachverständigen so erschwert hatte, dass ihm aus deren Nichterkennen kein Vorwurf zu machen wäre. Das hat der Sachverständige ausdrücklich verneint.
5) Der Umstand, dass der Kläger selbst auch erkennen konnte, dass der Deckenputz Risse aufwies, vermag die Haftung des Beklagten zu 1) dem Grunde nach nicht in Frage zu stellen. Wer einen Bausachverständigen zur Besichtigung eines Hauses hinzuzieht, kann erwarten, dass dieser die sichtbaren Schadensbilder entsprechend bewertet und in seinen Rat mit einbezieht. Vom bloßen Herabrieseln von Deckenputz musste der Kläger als bautechnischer Laie nicht darauf schließen, dass die Räumlichkeiten nicht zu Wohnzwecken hätten Verwendung finden dürfen, weil vom Deckenputz Gefahr für Leib und Leben der Bewohner ausgeht.
6) Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) steht dem Anspruch dem Grunde nach auch nicht entgegen, dass der ihm anzulastende Fehler zu keinem Schaden beim Kläger geführt haben kann. Zwar trifft zu, dass der Kläger vom Beklagten zu 1) nur so gestellt werden muss, wie er bei sachgerechter Beratung durch den Beklagten zu 1) stünde und die vom Beklagten zu 1) ins Feld geführte Wertsteigerung durch die Deckensanierung durchaus geeignet ist, insoweit den dem Kläger entstandenen Schaden zu kompensieren. In welchem Umfang es zu einer solchen Wertsteigerung gekommen ist, kann hier aber dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben. Aus Sicht des Senats ist es – in Sinne der zu § 304 ZPO gefestigten Rechtsprechung – für den Erlass eines Grundurteils ausreichend, dass eine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der bestehende Anspruch sich betragsmäßig nicht auf Null errechnet. Diese Wahrscheinlichkeit muss so beschaffen sein, dass es prozessökonomisch sinnvoll ist, den Streit über den Anspruchsgrund „vor die Klammer zu ziehen. Der Senat hält es zwar für naheliegend, dass die Deckensanierung zu einer Wertsteigerung des Bauobjekts geführt hat, auch wenn im Lichte der Einwände der Beklagten zu 2) gegen die vom Kläger gewählte Sanierungsmethode auch möglich ist, dass unter denkmalschützerischen Gesichtspunkten gerade keine Wertsteigerung eingetreten ist. Dass diese Wertsteigerung aber den Sanierungskosten entspricht oder diese gar übersteigt, erachtet der Senat indes für gänzlich unwahrscheinlich.
7) Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) ist sein Fehlverhalten hier auch mitursächlich für die dem Kläger entstandenen Sanierungskosten. Die Beratung durch den Beklagten führte dazu, dass der Kläger eine synallagmatische Verpflichtung einging, die die Sanierungskosten ersichtlich nicht berücksichtigte. Dass der Kläger die sich erst im Laufe des Prozesses ergebende Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten, nicht nutzte, lässt die Mitursächlichkeit des Fehlverhaltens des Beklagten zu 1) für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht entfallen, zumal bei dieser hypothetischen Betrachtung die Einbringlichkeit eines Kaufpreis-Rückforderungsanspruchs gegen die Beklagte zu 2) nicht automatisch unterstellt werden kann und schon deshalb dem Kläger nicht ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden kann, wenn er sich von dem Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt (nach Durchführung der Sanierungsarbeiten und Vermietung des Objekts) nicht mehr lösen wollte. Auch insoweit gilt im übrigen, dass für den Erlass eines Grundurteils die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass dem Kläger etwas zugesprochen wird, nicht ausgeschlossen ist.
8) Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) tritt die Verjährung nicht nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht in zwei Jahren ein. Zwar trifft der Einwand des Beklagten zu 1) zu, wonach die zunächst auch vom Senat gebilligte Auffassung des Klägers, die fünf-jährige Verjährungsfrist nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB sei maßgeblich, in dieser Form nicht zutrifft, weil nach der in der Rechtsprechung noch zu § 638 BGB a. F. entwickelten Lehre Arbeiten an einem bestehenden Bauwerk nur dann der längeren Verjährung unterliegen, wenn diese Arbeiten einer völligen Neuerrichtung des Gebäudes gleichkommen. Der Senat muss nicht entscheiden, ob diese zu § 638 BGB a.F. entwickelte Rechtsprechung auch auf § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB übertragbar ist oder ob sich wegen des Gebots, gleichgelagerte Sachverhalte nicht ohne tragfähiges Differenzierungskriterium nicht unterschiedlich zu behandeln, eine Überprüfung der diesbezüglichen Rechtsprechung angezeigt wäre.
Denn die hier geschuldete Begutachtung stellt sich nicht als Planungs- oder Überwachungsleistung im Sinne von § 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB da, weshalb nach § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB von einer dreijährigen Verjährung gemäß § 195 BGB auszugehen ist, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger hiervon Kenntnis erlangt hat. Diese würde auch gelten, wenn man von einem Dienstvertrag ausgehen würde, was die Parteien hier zurecht nicht annehmen. Das vom Beklagten zu 1) geschuldete Gutachten hat keinen planerischen, sondern nur feststellenden Charakter. Für solche Gutachten gilt § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB (vgl. Busche in MK-BGB, 6. Auflage, 2012, § 634 a Rn. 33; noch weitergehend Gutachten generell § 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB zuordnend Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage 2013, Rn 2872). Zwar ist bei der Einschaltung von Gutachtern, auch Architekten immer die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass deren Aussagen Eingang in die Beplanung eines Grundstücks finden können (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07.12.2012; 11 U 178/11; zitiert nach JURIS). Im vorliegenden Fall ist aber auch nach dem Vortrag des Beklagten zu 1) Gegenstand des Gutachtens gerade keine planerische Aussage, sondern allein die Beratung des Klägers bei der Frage, ob er das Anwesen kaufen soll oder nicht, gewesen. Anders als in dem vom Hanseatischen Oberlandesgericht zu beurteilenden Sachverhalt erstellte der Beklagte zu 1) insbesondere kein „Sanierungsgutachten“, sondern beschränkte sich auf eine mündliche Empfehlung.
Soweit der Beklagte zu 1) auf einen Aufsatz von Motzke (Baurecht 2014, 25 ff.) verweist, ist festzustellen, dass auch dort grundsätzlich zwischen Planungsleistungen und gutachterlichen Stellungnahmen differenziert wird. Dort wird lediglich vertreten, dass Gutachten, die sich mit Planungsleistungen auseinandersetzen, nicht anders zu qualifizieren seien als Planungsleistungen selbst. Das mag auf sich beruhen. Denn der Auftrag des Beklagten zu 1) bestand gerade nicht in der Begutachtung einer Planungsleistung, sondern in der fundierten Aussage zum vorgefundenen Zustand eines Gebäudes.
Die dreijährige Verjährung wurde durch den am 31.12.2013 eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides unterbrochen, da die Zustellung dieses Mahnbescheides am 08.01.2014 und mithin demnächst nach der Antragstellung im Sinne von § 167 ZPO erfolgte. Die Angabe im Mahnbescheid Schadensersatz aus Gutachtensvertrag gemäß Schreiben vom 27.12.2013 genügt hier auch zur Individualisierung des Anspruchs. Entgegen der Annahme des Beklagten zu 1) ist auch danach keine Verjährung eingetreten, da jeweils innerhalb von weniger als sechs Monaten im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB das Verfahren vom Kläger weiter betrieben wurde: Auf die Widerspruchsnachricht des AG Coburg vom 22.01.2014 hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16.07.2014 die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt und am 18.07.2014 den entsprechenden Kostenvorschuss einbezahlt. Auf die Aufforderung zur Anspruchsbegründung vom 30.07.2014 hin reichte der Kläger am 29.01.2015 den entsprechenden Schriftsatz ein.
B. Zum Anspruch gegen die Beklagte zu 2) dem Grunde nach Die Beklagte zu 2) haftet dem Kläger dem Grunde nach gemäß § 437 Nr. 3 BGB i.V.m..§§ 440, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Schadensersatz, weil sie den Kläger auf den ihr bekannten Umstand, dass sich wiederholt größere Brocken vom Deckenputz gelöst hatten und zu Boden gestürzt waren, nicht ausdrücklich hingewiesen hat. Dazu wäre sie aufgrund der ihr bekannten, von diesem Umstand ausgehenden Gefahr verpflichtet gewesen. Der im Kaufvertrag vorgesehene Gewährleistungsausschluss läuft daher gemäß § 444 BGB ins Leere.
Auch kann sich die Beklagte zu 2) nicht darauf berufen, dass der Kläger im Sinne von § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB den Mangel kannte.
1) Zwar muss auch der Kläger gesehen haben, dass sich an der Decke Risse im Putz gebildet hatten und auch der Umstand, dass am Deckenputz Ausbesserungsarbeiten vorgenommen worden waren, war für ihn offen erkennbar. Dass der Deckenputz so schadhaft ist, dass Gefahr für Leib und Leben der sich in dem zu Wohnzwecken bestimmenden Räume aufhaltenden Personen bestand, hat der Kläger ersichtlich deshalb nicht gewusst, denn sonst hätte er die Räume kaum an eine Familie mit einem kleinen Kind vermietet. Vielmehr hat er, um sich Klarheit über den Zustand des Gebäudes zu verschaffen, einen Sachverständigen beauftragt, der im freilich den gebotenen Warnhinweis nicht erteilt hat. Dass der Beklagte zu 1) wiederum selbst die Gefahr, die vom Deckenputz ausging, positiv erkannt hat, ist nicht ersichtlich. Dass dem Kläger dessen positive Kenntnis zuzurechnen wäre, hilft der Beklagten zu 2) daher nicht. Der Beklagte zu 1) hat vielmehr eine Fehleinschätzung des Deckenputzes vorgenommen, die allein als fahrlässiges Verhalten zu qualifizieren ist. Selbst grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers bzw. des Beklagten zu 1), von der der Senat ohnehin nicht ausgeht, würde aber die gegen die Beklagte zu 2) bestehenden Ansprüche gemäß § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB unberührt lassen, da ihr insoweit Arglist anzulasten ist.
2) Dass die Beklagte zu 2) Kenntnis von der Deckenproblematik hatte und diese dem Kläger arglistig nicht offenbaren ließ, folgert der Senat aus der Aussage des Zeugen S. Dieser hatte bereits in seiner Vernehmung durch das Landgericht am 27.03.2015 (Bl. 43 ff. der Akte) bekundet, dass die Beklagte zu 2) ihn kontaktiert hatte, um einen Fleck mit einem Durchmesser von 50 cm auszubessern, nachdem von der Decke zwischen Dachgeschoss und Gang (des vom Kläger später erworbenen Hauses) der Putz heruntergefallen war. Er habe diesen Auftrag abgelehnt, weil nach seinen Feststellungen der gesamte Putz in diesem Bereich lose war. Er empfahl die Erneuerung des Putzes im gesamten Bereich, was die Beklagte zu 2) ihm gegenüber als zu teuer abgelehnt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das Haus schon leer gewesen und für den Verkauf bereit gestanden. Er habe unter Hinweis auf die Gefahr, dass die Decke insgesamt herunterfällt, der Beklagten zu 2) gegenüber den Auftrag auf bloße Ausbesserungsarbeiten abgelehnt. Diese Aussage hat der Zeuge in der Einvernahme durch den Senat am 19.10.2016 (Bl. 204 ff. der Akte) bekräftigt. Er habe der Beklagten zu 2) gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er diese „Flickschusterei“ ablehne. Er habe sie dezidiert auf die Gefahr, dass die ganze Decke herunterfällt, hingewiesen. Wie in erster Instanz bekundete er auch vor dem Senat, dass der Beklagten zu 2) an „kosmetischen“ Ausbesserungen gelegen war (Zitat aus seiner Aussage vor dem Senat: An den genauen Wortlaut des Dialoges kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Aber es ging um das Beschönigen, natürlich.“). Der Senat hegt keine Zweifel an der in sich stimmigen und ohne Belastungseifer vorgetragenen Aussage des Zeugen. Die beiden mehr als eineinhalb Jahre auseinander liegenden Aussagen stimmten in den Kernelementen überein, ohne dass diese Übereinstimmung Anhaltspunkte für ein stereotypes Wiedergeben gab. Ein Motiv für den Zeugen, die Beklagte zu 2) zu Unrecht zu belasten, sieht der Senat nicht. Zwar mag der Zeuge enttäuscht gewesen sein, den zunächst ins Auge gefassten Auftrag von der Beklagten zu 2) nicht erteilt bekommen zu haben und im Hinblick darauf, dass er später vom Kläger mit der Deckensanierung beauftragt wurde, mag man auch unterstellen, dass er für diesen mehr Sympathie empfand. Sein Aussageverhalten ließ aber keine Indizien erkennen, die diese theoretische Möglichkeit untermauert hätten. Dem Zeugen war die Relevanz seiner Aussage für das vorliegende Verfahren bewusst. Er war ersichtlich um eine nüchterne und sachliche Darstellung seiner Wahrnehmungen bemüht.
3) Der Senat geht davon aus, dass ein Hauseigentümer, dem gegenüber ein Handwerker einen Auftrag auf Ausbesserungsarbeiten unter Hinweis auf die damit verbundenen Gefahren ablehnt, den in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit kontaktierten Käufer auf diese Gefahrenlage ausdrücklich hinweisen muss. Der Senat ist weiterhin aufgrund dieser Aussage davon überzeugt, dass die Beklagte zu 2) die danach von einem Dritten durchgeführten Ausbesserungsarbeiten an dem vom Zeugen S. beschriebenen Ort deshalb durchführen ließ, um das Ausmaß der Deckenproblematik zu kaschieren. Darin sieht der Senat Arglist im Sinne von §§ 442 Abs. 1 Satz 2, 444 BGB.
4) Der Einvernahme der von der Beklagten zu 2) im zweiten Rechtszug angebotenen Zeugen R. und B. bedarf es nicht.
a) Der Zeuge B. soll bekunden, dass es bei Gebäuden der vorliegenden Art und des vorliegenden Alters üblich ist, dass die Decken auf Stroh geputzt sind und dass er der Beklagten zu 2) den Ratschlag erteilt habe, die Decke bei Ausbesserungsbedarf auf Stroh zu putzen. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass der im streitgegenständlichen Anwesen ursprünglich vorhandene Deckenputz auf einem Putzträger aus Schilfrohr aufgebracht war, was auch noch in den Gründerzeithäusern ab der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich war. Davon geht auch der Senat aus-. Entsprechend bedarf es hierzu analog § 244 Abs. 3 Satz2 letzte Alternative StPO einer weiteren Beweisaufnahme nicht. Dass der Zeuge zur Beklagten zu 2) gesagt haben soll, Ausbesserungen am Deckenputz auf Stroh „aufzuputzen“, ist für die vorliegende Entscheidung ersichtlich ohne Bedeutung, denn damit ist zum einen schon nicht gesagt, ob Ausbesserungsarbeiten überhaupt in Betracht zu ziehen waren und zum andern steht diese Bekundung in keinem inhaltlichen Bezug zur Frage, ob die Beklagte zu 2) den Kläger über die von dem überalterten Deckenputz ausgehende Gefahr vor Abschluss des Kaufvertrages hat aufklären müssen. Deshalb bedarf es hierzu einer Einvernahme des Zeugen analog § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative StPO nicht.
b) Die Zeugin E., die als Maklerin in die Vertragsverhandlungen eingebunden war, soll bekunden, dass sie den Kläger auf die Deckenputzproblematik hingewiesen hat. Dazu merkt der Senat an, dass die Zeugin in erster Instanz vom Landgericht in ihrer Vernehmung am 29.10.2015 (Bl. 94/100 der Akte) zu dieser Frage einvernommen wurde und bekundet hat, dass sie dem Kläger die Risse in der Decke gezeigt habe. Sie hat aber auch bekundet, dass sie keine näheren Erkenntnisse über den Zustand der Decke hatte. Der Senat geht entsprechend davon aus, dass die Zeugin – wie von der Beklagten zu 2) behauptet, dem Kläger die Risse an der Decke gezeigt hat. Das reicht – wie bereits oben ausgeführt – für einen Haftungsausschluss nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB hier aber nicht aus. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugin würde an diesem Ergebnis ersichtlich auch nichts ändern. Gründe dafür, dass die Zeugin nun andere Bekundungen als in erster Instanz machen würde, sieht der Senat nicht. Sie werden von der Beklagten zu 2) auch nicht vorgebracht.
c) Der Zeuge R. soll bekunden, dass er der Beklagten zu 2) gegenüber gesagt habe, Ausbesserungsarbeiten seien gegenüber einer kompletten Deckensanierung vorzugswürdig. Hierzu stellt der Senat fest, dass dieser Zeuge im Rahmen seiner Einvernahme durch das Landgericht am 27.03.2015 (Bl. 41 f. der Akte) von Äußerungen, die er der Beklagten zu 2) gegenüber getätigt haben soll, nichts berichtet hat. Vielmehr gab er an, das Haus gemeinsam mit dem Kläger besichtigt zu haben. Ihm seien am Deckenputz keine Auffälligkeiten aufgefallen. Wenn ihm etwas aufgefallen wäre, würde er sich daran erinnern, wie ein schadhafter Deckenputz immer ein Punkt ist, „wo die Alarmglocken läuten“. Von Gesprächen mit der Beklagten zu 2), die den Kläger erstmals beim Notartermin getroffen haben will, berichtet der Zeuge hier nichts. Das erklärt sich freilich zwanglos dadurch, dass zum Zeitpunkt der Vernehmung dieses Zeugen die Klage gegen die Beklagte zu 2) noch nicht erhoben war. Es bleibt aber unerklärlich, warum der Zeuge, der das Anwesen im Auftrag des Klägers besichtigt hat und dabei von Problemen am Deckenputz nichts bemerkt haben möchte, obwohl sich aus der Aussage der Zeugin E. ergibt, dass Risse im Deckenputz erkennbar waren, ein Gespräch mit der Beklagten zu 2), die das Anwesen zu diesem Zeitpunkt verkaufen wollte, geführt haben soll, das sich mit der Sanierung der Decken befasst. Letztlich mag aber auch dies auf sich beruhen. Denn für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist der Inhalt dieses Gesprächs ohne jede Bedeutung analog § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO. Denn die Beklagte zu 2) hatte ausweislich der Aussage des Zeugen S. Kenntnis von der vom Deckenputz ausgehenden Gefahr und sie trug sich mit der Absicht, die entsprechende Problematik durch beschönigende Ausbesserungsarbeiten zu kaschieren. Dass dann – nach der Logik der übrigen Feststellungen – zu einem späteren Zeitpunkt ein Architekt sie darin bestärkt haben soll, dass Ausbesserungsarbeiten gegenüber einer Sanierung mit Heraklitplatten vorzugswürdig sind, ändert nichts daran, dass sie den Kläger auf die von herabfallenden Putzteilen ausgehende Gefahren nicht ausdrücklich hingewiesen hat und statt dessen „kosmetische“ Ausbesserungen vornehmen ließ.
5) Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt. Maßgeblich ist hierfür § 438 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 3 BGB, wonach Ansprüche wegen Mängeln an einem Bauwerk in fünf Jahren verjähren. Bei Erhebung der gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage mit Schriftsatz vom 20.05.2015, eingegangen bei Gericht am 21.05.2015, der Beklagten zu 2) zugestellt am 02.07.2015, war die Fünf-Jahres-Frist ersichtlich noch nicht abgelaufen.
C. Zu den Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils nebst Zurückverweisung
1) Die Voraussetzungen des § 304 Abs. 1 ZPO für den Erlass eines Grundurteils liegen für beide Beklagte vor. Hinsichtlich beider Beklagter besteht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach. Hinsichtlich beider Beklagter besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die Ansprüche auch der Höhe nachwenn auch möglicherweise nicht in dem beantragten Umfang – bestehen. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 2) gilt zwar, dass eine durch die Deckensanierung erzielte Wertsteigerung den geltend gemachten Schaden kompensieren kann. Aber auch insoweit gilt, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass dies die klägerischen Ansprüche komplett ausschöpft.
2) Der Kläger hat zur Durchführung des Betragsverfahrens die Zurückverweisung an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO beantragt. Zur Bestimmung der Höhe der geltend gemachten Ansprüche ist noch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, so dass insoweit von Spruchreife noch nicht auszugehen ist. Der Senat hält – auch unter Instanzwahrungsgesichtspunkten – die Zurückverweisung im vorliegenden Fall für angezeigt.
D. Zum Unterbleiben einer Kostenentscheidung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
1) Über die Kosten des Berufungsverfahrens kann vom Senat nicht entschieden werden, da nicht feststellbar ist, in welcher Höhe der Kläger mit seinem Klagebegehren letztlich durchdringen wird. Entsprechend war die Kostenentscheidung dem Landgericht vorzubehalten.
2) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Der Inhalt des vorliegenden Urteils ist zwar weitgehend nicht vollstreckungsfähig. Mit der Abänderung des erstgerichtlichen Urteils ist aber auch die dort ausgesprochene Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinfällig. Die hier angeordnete vorläufige Vollstreckbarkeit dient daher allein dem Zweck, die vorläufige Vollstreckung aus dem Ersturteil abzuwenden. Entsprechend bedarf es keiner Abwendungsbefugnis im Sinne von § 711 ZPO.
E. Zur Frage der Revisionszulassung
Die Voraussetzungen, unter denen die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, liegen nicht vor. Die zentralen Fragen des vorliegenden Rechtsstreits sind tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur.